»Bitanke, ich brauche deine Hilfe. Ich will diese Stadt zu jener ehemaligen Stärke führen, die sie hatte, bevor Gaballufix sich einmischte.«
O ja, ich bin sicher, mehr willst du nicht — Muuzh der Altruist, der all dies auf sich nimmt, um der Stadt der Frauen zu helfen. Danach wirst du mit deinen Männern davonmarschieren, belohnt durch ein strahlendes Glühen im Herzen, weil du weißt, daß du so viel Glück zurückläßt.
Aber Bitanke sagte nichts. Zu solch einer Zeit hörte man lieber zu, als etwas zu sagen.
»Ich will nicht abstreiten, daß ich die Dinge hier zu meinem Vorteil wenden will. Es steht ein großer Kampf zwischen den Gorajni und den elenden Pfützenschwimmern von Potokgavan bevor. Wir wissen, daß sie die Herrschaft über Basilika an sich reißen wollten — Gaballufix war ihr Mann. Er wollte die Stadt der Frauen unterwerfen und durch seine Schläger herrschen. Und nun bin ich mit meinen Soldaten hier. Habe ich oder haben meine Männer jemals etwas getan, das Anlaß zu der Vermutung gibt, unsere Absichten wären so ruchlos oder brutal wie die des Gaballufix?«
Muuzh wartete, und schließlich antwortete Bitanke. »Nein, so offensichtlich seid ihr nicht vorgegangen.«
»Ich will dir sagen, was ich von Basilika brauche. Ich muß mich darauf verlassen können, daß die, die hier herrschen, Freunde der Gorajni sind, daß ich mit Basilika in meinem Rücken keinen Verrat von dieser Stadt befürchten muß. Dann kann ich Nachschublinien durch die Wüste zu diesem Ort errichten und damit die Nakavalnu und Izmennik und Seggidugu vollständig umgehen. Du weißt, daß dies eine gute Strategie ist, mein Freund. Potokgavan rechnet damit, daß wir uns den Weg nach Süden, zu den Städten der Ebene, freikämpfen müssen; sie haben darauf gezählt, mindestens ein Jahr, vielleicht sogar mehrere, zu haben, um ihre Position hier zu stärken — und vielleicht ein Heer hierher zu bringen, das gegen unsere Streitwagen bestehen kann. Doch nun werden wir die Städte der Ebene beherrschen — wenn mein Heer in Basilika steht, wird niemand Widerstand leisten. Und dann werden Nakavalnu und Izmennik und Seggidugu nicht wagen, ein Bündnis mit Potokgavan einzugehen. Ohne Eroberungen, ohne Krieg werden wir die gesamte Westküste für den Imperator sichern können, Jahre, bevor Potokgavan dies für möglich gehalten hätte. Das will ich. Das ist alles, was ich will. Und um das zu erreichen, muß ich Basilika nicht brechen, muß ich euch nicht wie ein unterworfenes Volk behandeln. Ich muß nur sicher sein können, daß Basilika treu zu mir steht. Und dieses Ziel läßt sich besser durch Liebe als durch Furcht erreichen.«
»Liebe!« sagte Bitanke höhnisch.
»Bislang«, sagte Muuzh, »mußte ich nichts tun, daß von den Bürgerinnen Basilikas nicht dankbar hingenommen wurde. Hier herrscht jetzt mehr Friede und Sicherheit als in den letzten Jahren. Glaubst du, sie wüßten das nicht?«
»Und glaubst du, die schlechteren Männer aus der Hundestadt und der Torstadt und der Hohen Straße hofften nicht darauf, daß du sie in die Stadt kommen und hier herrschen läßt? Dann hättest du deine treuen Bundesgenossen — wenn du ihnen gibst, was Gaballufix ihnen versprochen hat, die Gelegenheit, diese Frauen zu beherrschen, die sie seit Jahrtausenden von den Bürgerrechten ausgeschlossen haben.«
»Ja«, sagte Muuzh. »Das hätte ich tun können. Ich könnte es noch immer tun.« Er beugte sich über den Tisch vor und sah Bitanke in die Augen. »Aber du wirst mir doch helfen, nicht wahr, damit ich so etwas Schreckliches nicht tun muß?«
Ah. Das war also die Wahl, die man ihm ließ. Entweder, sich mit Muuzh zu verschwören, oder die Vernichtung der Struktur Basilikas mitanzusehen. Alles, was in dieser Stadt schön und heilig war, diente nun als Faustpfand; Muuzh drohte, es den habsüchtigen Männern außerhalb der Stadtmauern zu überlassen. Hatte Bitanke nicht miterlebt, wie furchtbar das gewesen war? Wie konnte er zulassen, daß es noch einmal geschah?
»Was willst du von mir?«
»Hilfe«, sagte Muuzh. »Beratung. Der Stadtrat ist kein zuverlässiges Kontrollinstrument mehr. Er kann Gesetze erlassen, die örtliche Angelegenheiten regeln, doch wer kann schon sagen, daß sich nicht innerhalb einer Woche eine Fraktion bildet, die mit meinem Ziel nicht einverstanden ist, ein festes Bündnis mit dem Heer des Imperators zu schließen? Also muß ich eine einzelne Person als … als was? … einsetzen.«
»Als Diktator?«
»Keineswegs. Diese Person wäre lediglich das Antlitz, das Basilika der Außenwelt zeigt. Er, sie — wer immer es ist — wird das Versprechen geben können, daß Gorajni-Heere hier durchmarschieren dürfen, daß Vorräte hier gelagert und die Potokgavan hier keine Freunde oder Verbündete finden werden können.«
»Das kann der Stadtrat garantieren.«
»Du weißt es besser.«
»Der Rat wird sein Wort halten.«
»Du hast doch noch am heutigen Tag gesehen, wie verräterisch und unfair er gegenüber der Herrin Rasa war, die ihm ihr ganzes Leben lang treu gedient hat. Wie wird er sich dann mit einem Fremden befassen? Das Leben meiner Männer, die Macht des Imperators, das alles wird von der Loyalität Basilikas abhängen — und dieser Stadtrat hat unter Beweis gestellt, daß er nicht einmal seiner würdigsten Schwester gegenüber loyal ist.«
»Du hast diese Gerüchte über sie in die Welt gesetzt«, sagte Bitanke, »und nun benutzt du sie, um mir zu zeigen, wie unwürdig der Rat ist?«
»Ich streite vor Gott ab, daß ich die Herrin Rasa in irgendeiner Hinsicht verleumdet habe — ich bewundere sie mehr als jede andere Frau, der ich je begegnet bin. Doch es spielt keine Rolle, wer das Gerücht in die Welt gesetzt hat, Bitanke, wichtig ist nur, daß man ihm Glauben geschenkt hat. Der Stadtrat hat diesem Gerücht geglaubt, und das zeigt mir, daß ich ihm das Leben meiner Männer nicht anvertrauen kann. Wer soll Potokgavan davon abhalten, eigene Gerüchte in die Welt zu setzen? Sag mir ehrlich, Bitanke, wenn du an meiner Stelle wärest und meine Verantwortung tragen müßtest … würdest du diesem Stadtrat vertrauen?«
»Ich habe diesem Rat mein ganzes Leben lang gedient, Herr, und ich vertraue ihm«, sagte Bitanke.
»Das habe ich dich nicht gefragt«, sagte Muuzh. »Ich bin hier, um dem Imperator zu dienen. Traditionsgemäß schlachten wir die herrschende Klasse des Landes ab, das wir erobert haben, und ersetzen sie durch Männer, deren Volk seit langem von den Besiegten unterdrückt wurde. Weil ich diese Stadt liebe, möchte ich hier eine andere Möglichkeit finden. Aber dabei gehe ich ein großes Risiko ein.«
»Du hast nur eintausend Mann«, sagte Bitanke. »Du willst Basilika ohne Blutvergießen unterwerfen, weil du dir keine Verluste leisten kannst.«
»Du siehst nur die halbe Wahrheit«, sagte Muuzh. »Ich muß hier siegen. Wenn es ohne Blutvergießen vonstatten geht, werden die Städte der Ebene sagen, daß die Macht Gottes mit mir ist, und werden sich meinen Befehlen unterwerfen. Aber ich kann dieses Ziel auch mit Schrecken erreichen. Wenn ich die Führer dieser Städte hierher bringen lasse, und sie sehen, daß diese Stadt in Schutt und Asche liegt, Häuser und Wälder niedergebrannt, und der See der Frauen mit Blut gefüllt ist, werden sie sich ebenfalls unterwerfen. So oder so, Basilika wird meinen Zwecken dienen.«
»Du bist fürwahr ein Ungeheuer«, sagte Bitanke. »Du sprichst von Sakrilegen und einem Gemetzel an Unschuldigen, und dann bittest du mich, dir zu vertrauen.«
»Ich spreche von Notwendigkeiten«, sagte Muuzh, »und bitte dich, mir zu helfen, damit ich kein Ungeheuer sein muß. Du hast einem höheren Zweck gedient — dem Willen des Rates. Manchmal hast du in seinem Namen etwas getan, das du lieber nicht getan hättest, wenn es nach dir gegangen wäre. Ist dem nicht so?«