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»Das bedeutet es, Soldat zu sein«, sagte Bitanke.

»Ich bin ebenfalls Soldat«, sagte Muuzh. »Ich muß ebenfalls einem höheren Zweck dienen, dem Willen meines Herren, des Imperators. Und so werde ich sogar ein Ungeheuer sein, wenn es sich nicht vermeiden läßt, um diesen Zweck zu erreichen. Wie du Männer und Frauen verhaften mußtest, die du für unschuldig gehalten hast.«

»Eine Verhaftung ist kein Gemetzel.«

»Bitanke, mein Freund, ich hoffe weiterhin, daß du dich als der Mann erweisen wirst, für den ich dich gehalten habe, als ich dich zum erstenmal sah, damals, als du tapfer am Tor gekämpft hast. Ich habe an diesem Abend angenommen, daß du nicht für irgendeine Einrichtung gekämpft hast, nicht für diesen schwachen Stadtrat, der alle Gerüchte glaubt, die in der Stadt verbreitet werden, sondern für etwas Höheres. Für die Stadt selbst. Für den Begriff der Stadt. Warst du nicht bereit, am Tor dafür zu sterben?«

»Ja«, sagte Bitanke.

»Jetzt biete ich dir die Gelegenheit, der Stadt erneut zu dienen. Du weißt, daß Basilika eine große Stadt war, schon lange, bevor es einen Rat gab. Damals, als Basilika von den Priesterinnen beherrscht wurde. Schon damals war die Stadt Basilika. Und sie war auch Basilika, als sie von einer Königin beherrscht wurde. Und als die Stadt dem großen General Snakietel das Kommando über ihr Heer gab und er die Seggidugu-Krieger zurückschlug und danach das Wasser aus dem See der Frauen trinken durfte, war sie auch schon Basilika.«

Gegen seinen Willen sah Bitanke ein, daß Muuzh recht hatte. Die Stadt der Frauen war nicht der Rat. Die Regierungsform hatte sich schon oft geändert und würde sich auch weiterhin ändern. Wichtig war nur, daß Basilika die heilige Stadt der Frauen blieb, jener eine Ort auf dem Planeten Harmonie, wo die Frauen herrschten. Und wenn Basilika sich für kurze Zeit den Gorajni unterwerfen mußte, weil große Ereignisse über die Westküste hinwegzogen, spielte es auch keine Rolle — solange die Herrschaft der Frauen innerhalb dieser Mauern bestehen blieb.

»Während du nachdenkst«, sagte Muuzh, »denke auch darüber nach. Ich hätte versuchen können, dir Angst einzujagen. Ich hätte dich belügen, versuchen können, dir einzureden, ich sei etwas anderes als der kühl überlegende General, der ich bin. Statt dessen habe ich als Freund zu dir gesprochen, offen und frei, denn ich möchte deine bereitwillige Hilfe, nicht deinen bloßen Gehorsam.«

»Meine Hilfe wobei?« fragte Bitanke. »Ich werde den Rat nicht verhaften, falls du darauf hoffst.«

»Ihn verhaften! Hast du mich denn überhaupt nicht verstanden? Der Rat muß bestehen bleiben — kein einziges seiner Mitglieder darf ausgetauscht werden! Die Bürgerinnen Basilikas sollen sehen, daß ihre Selbstverwaltung unverändert bestehen bleibt. Aber ich brauche auch einen Konsul des Volkes, jemanden, der über dem Rat steht und die äußeren Angelegenheiten Basilikas regelt. Der eine Allianz mit uns eingeht, die Bestand haben wird. Der die Wachen an den Stadttoren kommandiert.«

»Das haben deine Männer bereits übernommen.«

»Aber ich will, daß deine Männer es tun.«

»Ich bin nicht der Befehlshaber der Wache.«

»Du bist einer ihrer führenden Offiziere«, sagte Muuzh. »Ich möchte, daß du ihr Befehlshaber wirst, denn du bist ein besserer Soldat als irgendeiner der Männer, die im Rang über dir stehen. Doch hätte ich dir das Amt des Kommandanten versprochen, würdest du glauben, ich wolle dich bestechen, und du würdest mich zurückweisen und dieses Haus als mein Feind verlassen.«

Bitanke verspürte eine gewaltige Erleichterung. Muuzh wußte also, daß Bitanke kein Verräter war. Daß Bitanke niemals aus reinem Eigennutz handeln würde, sondern nur zum Wohl der Stadt.

»Die Männer der Wache werden nicht bereit sein«, sagte Bitanke, »Befehle von einem anderen als ihrem Kommandanten entgegenzunehmen, der vom Stadtrat erkannt worden ist.«

»Aber stell dir einmal vor, der Rat würde jemanden einstimmig zum Konsul der Stadt ernennen und die Wache bitten, diesem Konsul zu gehorchen.«

»Das wäre bedeutungslos, wenn die Wache diesen Konsul lediglich für eine Puppe der Gorajni hielte. Die Wächter sind nicht dumm, und wir sind auch keine Verräter.«

»So. Du verstehst also mein Dilemma. Ich muß jemanden haben, der die Notwendigkeit einsieht, daß Basilika dem Imperator gegenüber loyal bleibt, doch dieser Konsul wird nur vernünftige Arbeit leisten können, wenn die Bürgerinnen Basilikas einsehen, daß er — oder sie — der Stadt treu ergeben und kein bloßer Strohmann ist.«

Bitanke lachte. »Hoffentlich nimmst du keinen Augenblick lang an, daß ich dieser Konsul sein könnte. Schon genug Leute flüstern, ich müsse deine Marionette sein, weil ich dich überhaupt in die Stadt gelassen habe.«

»Ich weiß«, sagte Muuzh. »Zuerst habe ich an dich gedacht, doch dann wurde mir klar, daß du Basilika — und auch meinen Zwecken — nur dienen kannst, wenn du bleibst, wo du bist, und keinen ersichtlichen Vorteil durch meinen Einfluß in der Stadt gewinnst.«

»Warum bin ich dann hier?«

»Um mich zu beraten, wie ich es dir schon erklärt habe. Du sollst mir sagen, wem in dieser Stadt, würde er — oder sie — zum Konsul ernannt werden, die Wache und die Stadt als Ganzes folgen und gehorchen würden.«

»Solch ein Wesen gibt es nicht.«

»Wenn du dies sagst, könntest du mich genausogut auffordern, das Blut und die Asche der Stadt in den See der Frauen zu schütten.«

»Drohe mir nicht!«

»Ich drohe dir nicht, Bitanke, ich sage dir lediglich, was ich zuvor getan habe und was ich nicht wieder tun möchte. Ich bitte dich, mir zu helfen, diese schreckliche Lösung zu verhindern.«

»Laß mich nachdenken.«

»Um mehr bitte ich dich nicht.«

»Laß mich morgen zu dir kommen.«

»Ich muß heute handeln.«

»Gib mir eine Stunde.«

»Kannst du hier nachdenken? Kannst du nachdenken, ohne das Haus zu verlassen?«

»Dann stehe ich unter Arrest?«

»Dieses Haus wird von tausend Augen beobachtet, mein Freund. Wenn man sieht, daß du gehst und eine Stunde später zurückkehrst, wird es heißen, daß du General Vozmuzhalnoi Vozmozhno zu viele Besuche abstattest. Aber wenn du gehen möchtest, darfst du gehen.«

»Ich bleibe.«

»Dann lasse ich dich zur Bibliothek führen und dir einen Computer geben, auf dem du schreiben kannst. Es wird dir beim Nachdenken helfen, wenn du die Namen und die Gründe aufschreibst, weshalb sie für diese Aufgabe geeignet wären oder weshalb nicht. Komme in einer Stunde mit deiner Namensliste zu mir zurück.«

»Für Basilika tue ich das, nicht für dich.« Und nicht, weil ich einen Vorteil davon hätte.

»Für Basilika bitte ich dich darum«, sagte Muuzh. »Obwohl meine erste Treuepflicht dem Imperator gehört, hoffe ich, diese Stadt vor der Zerstörung bewahren zu können.«

Das Gespräch war beendet. Bitanke verließ den Raum und wurde augenblicklich von einem Gorajni-Soldaten zur Bibliothek eskortiert. Muuzh hatte nichts zu diesem Soldaten gesagt, und doch wußte er, wohin er ihn zu bringen hatte. Wußte er, daß er ihm einen Computer zur Verfügung stellen mußte. Entweder bedeutete dies, daß der General seine Offiziere bei seinen Verhandlungen zuhören ließ, was fast undenkbar war, oder es bedeutete, daß Muuzh diese Befehle gegeben hatte, noch bevor Bitanke eingetroffen war.

War es möglich, daß Muuzh alles geplant hatte, jedes einzelne Wort, das sie gewechselt hatten? War es möglich, daß Muuzh die Kunst der Manipulation derart perfekt beherrschte, daß er den Ausgang dieses Gesprächs im voraus gekannt hatte? In diesem Fall wäre Bitanke wohl nur ein weiterer Narr, der seine Stadt verriet, weil man ihn dazu gebracht hatte, alles zu glauben, was Muuzh sagte.