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Auf einmal verstand sie: das sind diejenigen, bei denen es zu einer wahren Verbindung mit der Überseele gekommen ist. Das sind diejenigen, die die Stimme der Überseele am besten hören können, bei denen die genetische Veränderung, die bei der Besiedlung Harmonies durchgeführt worden war, verdoppelt und wieder verdoppelt wurde, so daß sie nicht nur schwache Gefühle empfangen, eine Dummheit der Gedanken, wenn sie sich auf verbotene Pfade der Erfindung oder Handlung begeben, nein, diese besonderen Menschen mit den goldenen und silbernen Banden können klare Vorstellungen, Bilder, sogar Wörter empfangen.

Zuerst waren die goldenen und silbernen Fäden kurz und dünn, nur flüchtige Schimmer hier und dort — Mutationen, zufällige Verbindungen, willkürliche Variationen in den genetischen Molekülen. Doch hier und da fanden sie einander, diese Menschen, und heirateten; und nachdem sie sich gepaart hatten, Gold mit Gold oder Silber mit Silber, waren auch einige ihrer Kinder mit der Überseele verbunden. Zwei verschiedene Erbanlagen, zwei verschiedene Arten von genetischen Verbindungen, erkannte Huschidh; wenn sich Gold mit Silber verband, verfügten die Kinder fast nie über diese Begabung. Sie begriff nun, daß die Überseele mit dem Verlauf der Jahrhunderte in dieser unzählbaren Vielfalt begabte Menschen anstieß, versuchte, sie zusammenzubringen, und nach Millionen von Jahren waren es keine goldenen und silbernen Fäden mehr, sondern starke Taue, die immer regelmäßiger von Generation zu Generation weitergegeben wurden.

Bis schließlich die Zeit kam, da ein Elternteil allein den goldenen Faden an all seine Kinder weitergeben konnte; und dann, viele Generationen später, die Zeit kam, da auch die silbernen Fäden zu einem dominanten Zug wurden, den ein Elternteil weitergeben konnte, ganz gleich, ob das andere begabt war oder nicht.

Nun wurde die Überseele immer eifriger, und die Anstöße wurden immer komplizierter, wenn Menschen über Tausende von Kilometern hinweg zu unwahrscheinlichen Ehen und Kopulationen geführt wurden. Sie sah eine Frau, die nackt aus einem Bach stieg, um sich mit einem Mann zu paaren, den zu finden sie tausend Kilometer gelaufen war, wobei die Frau gar nicht wußte, daß dies der Wille der Überseele war. Der Mann hatte sowohl das Gold als auch das Silber in sich, und es war stark und echt, und das galt auch für die Frau, und ihre Tochter wurde mit Strängen aus hellstem Metall geboren, leuchtend wie mit eigenem Licht.

In ihrem Traum sah Huschidh, daß die Frau das Baby nahm und es in Rasas Arme legte, die selbst über Generationen hinweg mit goldenen und silbernen Strängen verbunden war. Und dann legte dieselbe Frau, dieselbe Mutter, Rasa noch eine Tochter in die Arme, eine noch strahlendere. Vor ihren Augen wuchs das zweite Bund und wurde zu Luet, und nun sah Huschidh, was sie schon an diesem Abend gesehen hatte, sah sie, wie Luet und Nafai verbunden wurden, doch nun konnte sie mehr als nur die Stränge der Liebe und Treue sehen, der Hingabe und Leidenschaft, die Huschidh immer ausmachte. Bei Luet und Nafai waren diese goldenen und silbernen Bande heller als bei allen anderen im Zimmer. Kein Wunder, daß ihre Augen mit solcher Anmut und Schönheit gestrahlt hatten, dachte Huschidh. Sie waren von der Überseele geschaffen worden, genauso, als hätte die Überseele sie aus perfektem Erz gegossen und ihnen mit eigener Hand den Zauber des Lebens eingegeben.

Dann stieg Huschidh in die Luft, als flöge sie über den Säulengang, und nun konnte sie sehen, daß alle Paare, die verheiratet wurden, diese Fäden in sich hatten. Nicht so hell und stark wie bei Luet und Nafai, doch sie hatten sie. In Mebbekew und Elemak war sowohl Gold als auch Silber; Dol hatte nur die silbernen und Eiadh die goldenen mit nur einem Hauch von Silber.

Wer sonst noch? Wie viele andere hast du zusammengebracht, Überseele?

Immer höher erhob sie sich über die Stadt, doch da dies ein Traum war, konnte sie die Menschen auf den Straßen und in den Häusern noch immer deutlich ausmachen. Hier gab es viele helle Spuren von Gold und Silber, viel mehr als in jeder anderen Stadt auf der Welt. Hier in diese Stadt der Frauen waren viele Händler gekommen und hatten nicht nur ihre Waren, sondern auch ihren Samen mitgebracht; viele Frauen waren auf Pilgerfahrten gekommen und geblieben, zumindest lange genug, um ein Kind zu gebären; viele Familien hatten ihre Töchter und Söhne zur Ausbildung hierher geschickt; und nun gab es kaum noch eine Person in Basilika, die nicht die Gabe besaß, den Einfluß der Überseele in bestimmtem Ausmaß zu spüren. Und die, die auf diese Weise berührt waren, konnten nicht nur die Überseele fühlen, sondern auch einander, auch wenn sie nicht begriffen, wie sehr sie einander verstanden. Kein Wunder, daß Basilika eine heilige Stadt ist, dachte Huschidh in ihrem Traum. Kein Wunder, daß sie auf der ganzen Welt wegen ihrer Schönheit und Wahrheit bekannt ist.

Schönheit und Wahrheit, aber auch dunklere Dinge. Die Verbindung mit der Überseele bedeutete nicht, daß ein Mensch freundlicher oder großzügiger war. Und unbewußte Kenntnis von den Gefühlen eines anderen Menschen konnte leicht zu Ausbeutung, Manipulation, Grausamkeit oder Herrschaft mißbraucht werden. Huschidh sah Gaballufix und erkannte, daß die Fäden in ihm fast so hell waren wie die in Rasa oder Wetschik. Kein Wunder, daß er so gut gewußt hatte, wie man die Männer der Palwaschantu führte, die Frauen Basilikas einschüchterte und jene beherrschte, die ihm nahe standen.

Dann sah sie in ihrem Traum, daß Gaballufix aus seinem Haus trat und mit seiner elektrischen Klinge um sich schlug, als griffen ihn tausend unsichtbare Feinde an. Huschidh begriff, daß dies sein Wahnsinn war und die Überseele betrauerte, was er tat. Also ließ sie Gaballufix stolpern. Er fiel zu Boden und blieb liegen, noch immer hell vor Gold und Silber, aber im Augenblick hilf- und harmlos.

Und als er dort lag, kam ein anderer: Nafai, wie sie wußte. Man zeigte ihr Luets Gatten in seinem schrecklichsten Augenblick, denn sie konnte sehen, wie er über dem Mann stand und die Überseele bat, nicht von ihm zu verlangen, worum sie ihn dann doch bat. Doch als er Gaballufix den Kopf abschnitt, wurde er nicht von der Überseele beherrscht. Er hatte sich freiwillig entschlossen, dem Weg der Überseele zu folgen. Gaballufix wurde ausgelöscht, und Nafai stand allein auf der Straße, leuchtend und beschämt.

Huschidh flog über die Stadt und erhaschte Blicke auf ihre hellsten Bewohner. Schedemei, allein in ihrem Laboratorium, wie sie tragbare Trockenbehälter mit Keimlingen und Embryos füllte. Ein Mann, der mit Nafai zum Stadttor ging, eine in ein Tuch eingeschlagene Kugel in der Hand — es mußte Zdorab sein, von dem Nafai ihnen erzählt hatte, und auch in Zdorab leuchtete Gold und Silber. Sevets Gatte, Vas. Kokors Gatte, Obring. Beide fast so hell wie die Töchter von Rasa und Gaballufix selbst. All diese Menschen waren in diesem Augenblick in der Stadt zusammengeführt worden, und die besten von ihnen zogen in die Wüste hinaus, um sich zu Wetschik zu gesellen. Die Überseele hatte sie dafür erzeugt, und nun rief sie sie aus der Welt, um sie an einen anderen Ort zu bringen.

Was werden unsere Kinder sein? Und unsere Enkelkinder?

Erneut schwang sie sich über die Stadt hoch, voller Freude darüber, daß sie nun den Plan der Überseele verstand, als sie noch einen goldenen und silbernen Strang erhaschte, so hell wie die anderen, die sie gesehen hatte. Sie wollte ihn sich näher anschauen, und da es ein Traum war, sank sie augenblicklich tiefer und sah, daß das Licht aus Gaballufix’ Haus kam, doch der Mann war nicht Gaballufix. Statt dessen trug er eine seltsame Uniform, und sein Haar war eingeölt und hing in naß aussehenden Löckchen hinab.