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Kein Computer, sagte die Überseele.

»Was ist er dann?« fragte Nafai.

Keine Maschine.

»Aber was?«

Lebendig.

»Was könnte nach all diesen Jahren noch leben?«

Der Hüter der Erde. Er ruft uns. Ruft euch. Vielleicht ist mein Wunsch, euch zur Erde zurückzubringen, auch ein Traum vom Hüter. Ich war verwirrt und wußte nicht, was ich tun sollte, und dann kamen mir Ideen in den Sinn. Ich dachte, sie wären die Ergebnisse eines routinemäßig arbeitenden Zufallsgenerators. Ich dachte, sie kämen von meiner Programmierung. Aber wenn du und Muuzh seltsame Träume von Geschöpfen habt, die es auf dieser Welt niemals gegeben hat, könnte man mir doch auch Gedanken eingeben, die nicht in meinen Programmen enthalten sind und die nicht von dieser Welt kommen?

Sie hatten keine Antwort auf die Frage der Überseele.

»Ich weiß nicht, wie es mit euch ist«, sagte Huschidh, »aber ich habe mich darauf verlassen, daß die Überseele alles regelt, und mir gefällt die Vorstellung nicht, daß sie nicht weiß, was überhaupt geschieht.«

»Die Erde ruft uns«, sagte Nafai. »Begreift ihr es nicht? Die Erde ruft uns. Sie ruft die Überseele, aber nicht nur die Überseele, uns. Oder euch beide zumindest und General Muuzh. Sie ruft euch nach Hause zurück.«

Nicht Muuzh, sagte die Überseele.

»Woher weißt du, daß sie Muuzh nicht ruft?« fragte Huschidh. »Wenn du nicht weißt, wie oder sogar ob der Hüter der Erde uns diese Träume gab, kannst du auch nicht wissen, ob Muuzh mit uns in die Wüste kommen soll oder nicht.«

Nicht Muuzh, sagte die Überseele. Laßt Muuzh in Ruhe.

»Warum hast du Muuzh hergebracht, wenn du nicht willst, daß er sich zu uns gesellt?« fragte Nafai.

Ich habe ihn hergebracht, aber nicht wegen euch.

»Er hat die gleichen goldenen und silbernen Fäden wie wir«, sagte Luet. »Und der Hüter der Erde hat zu ihm gesprochen.«

Ich habe ihn hergeholt, damit er Basilika vernichtet.

»Das schlägt dem Faß den Boden aus«, sagte Nafai. »Das ist wirklich nicht zu glauben. Die Überseele hat eine Idee. Der Hüter der Erde hat eine andere. Und was sollen wir tun?«

Laßt Muuzh in Ruhe. Rührt ihn nicht an. Er geht auf seinem eigenen Pfad.

»Genau«, sagte Nafai. »Vor einer Minute hast du uns noch gesagt, du wüßtest nicht, was hier vorgeht, und jetzt sollen wir dein Wort darauf akzeptieren, daß Muuzh nicht Teil von dem ist, was wir tun. Wir sind keine Marionetten, Überseele! Verstehst du mich? Wenn du nicht weiß, was hier vorgeht, sehe ich keinen Anlaß, deine Befehle zu befolgen. Woher weißt du, daß du recht hast und wir uns irren?«

Ich weiß es nicht.

»Woher weißt du denn, daß ich nicht zu ihm gehen und ihn bitten soll, uns zu begleiten?«

Weil er gefährlich und schrecklich ist und er dich benutzen und vernichten könnte und ich ihn nicht aufhalten kann, wenn er sich dazu entschließt.

»Geh nicht«, sagte Luet.

»Er ist einer von uns«, sagte Nafai. »Wenn unsere Absichten gut und richtig sind, dann auch, weil an uns etwas gut und richtig ist, an den Menschen, die die Überseele herangezüchtet hat und die jetzt zur Erde zurückkehren sollen. Wenn es gut und richtig ist, dann auch deshalb, weil der Hüter der Erde uns ruft.«

»Wer auch immer mir diesen schrecklichen Traum geschickt hat«, sagte Huschidh, »ich weiß nicht, ob er gut ist oder nicht.«

»Vielleicht war der Traum eine Warnung«, sagte Nafai. »Vielleicht werden wir mit einer bestimmten Gefahr konfrontiert werden, und der Traum sollte dich davor warnen.«

»Oder der Traum sollte dich vielleicht warnen, dich von Muuzh fernzuhalten«, sagte Luet.

»Wie, in aller Welt, könnte der Traum denn diese Bedeutung haben?« fragte er. Er legte die Kleidung ab, die er vor kurzem in aller Eile angezogen hatte, und kleidete sich nun richtig an, für einen Besuch in der Stadt.

»Weil ich möchte, daß er dies bedeutet«, sagte Luet, und plötzlich weinte sie. »Du bist erst seit einer halben Nacht mein Gatte, und auf einmal willst du zu einem Mann gehen, von dem die Überseele sagt, daß er gefährlich und schrecklich ist, und warum das alles? Um ihn einzuladen, uns in die Wüste zu begleiten? Um ihn einzuladen, seine Heere und seine Königreiche und sein Blut und seine Gewalt aufzugeben und uns auf eine Reise in die Wüste zu begleiten, die irgendwie auf der Erde enden wird? Er wird dich umbringen, Nafai! Oder dich ins Gefängnis werfen und verhindern, daß du mit uns kommst. Ich werde dich verlieren.«

»Das wirst du nicht«, sagte Nafai. »Die Überseele wird mich schützen.«

»Die Überseele hat dich gewarnt, nicht zu gehen. Und wenn du ihr nicht gehorchst …«

»Die Überseele wird mich nicht bestrafen, weil die Überseele nicht einmal weiß, ob ich recht habe oder nicht. Die Überseele wird mich zu dir zurückbringen, weil die Überseele genauso wie ich selbst möchte, daß ich bei dir bin.«

Ich weiß nicht, ob ich dich schützen kann.

»Na ja, aber du weißt eine ganze Menge nicht«, sagte Nafai. »Ich glaube, das hast du uns in dieser Nacht klargemacht. Du bist ein sehr mächtiger Computer und hast die allerbesten Absichten, aber du weißt mittlerweile genausowenig wie ich, was richtig und was falsch ist. Du weißt nicht, ob all deine Pläne für Muuzh vielleicht vom Hüter der Erde beeinflußt worden sind, nicht wahr? Und du weißt nicht, ob die Pläne des Hüters nicht verlangen, daß ich genau das tue, was ich jetzt vorhabe, und deinen Plan, Basilika zu vernichten, zum Scheitern bringe. Ausgerechnet Basilika zerstören! Das ist doch deine erwählte Stadt, nicht wahr? Du hast alle Menschen, die dir am nächsten stehen, an diesem Ort zusammengebracht. Und ausgerechnet diese Stadt willst du vernichten?«

Ich habe sie zusammengebracht, um euch zu schaffen, ihr törichten Kinder. Nun werde ich sie zerstören, um mein Volk wieder auf der ganzen Welt zu zerstreuen, damit der geringe Einfluß, der mir auf dieser Welt noch bleibt, jedes Land und jede Nation erreicht. Was ist schon die Stadt Basilika, verglichen mit der ganzen Welt?

»Als du das letzte Mal so gesprochen hast, habe ich einen Menschen getötet«, sagte Nafai.

»Bitte«, sagte Luet. »Bleib bei mir.«

»Oder laß mich dich begleiten«, sagte Huschidh.

»Das kommt nicht in Frage«, sagte Nafai. »Und, Lutja, ich werde zu dir zurückkehren. Weil die Überseele mich beschützen wird.«

Ich weiß nicht, ob ich es kann.

»Dann tue dein Bestes«, sagte Nafai. Mit diesen Worten war er zur Tür hinaus und verschwunden.

»In dem Augenblick, da er die Straße betritt, werden sie ihn verhaften«, sagte Huschidh.

»Ich weiß«, sagte Luet. »Und ich verstehe auch, warum er es tut, und es ist sehr tapfer, und ich glaube sogar, daß er das Richtige tut, aber ich will trotzdem nicht, daß er es tut!«

Luet weinte, und nun war es an Huschidh, sie zu umarmen und zu trösten. Was für ein Tanz war das heute abend gewesen, dachte sie. Was für eine Hochzeitsnacht für dich, was für eine Nacht der Träume für mich. Doch was wird uns nun am Morgen erwarten? Du könntest Witwe sein, ohne auch nur sein Kind in dir zu tragen. Oder — warum nicht? — der große General Muuzh könnte mit Nafai zurückkommen, seinem Heer entsagen und mit uns in die Wüste verschwinden. Alles könnte passieren. Einfach alles.

In Gaballufix’ Haus und nicht in einem Traum

Muuzh breitete seine Karte der Westküste auf Gaballufix’ Tisch aus und ließ seinen Geist die Natur der Dinge erkunden. Die Städte der Ebene und Seggidugu lagen vor ihm, als könne er sie einfach pflücken. Es war nicht einfach, eine Marschroute auszuarbeiten. Mittlerweile mußten alle gehört haben, daß ein Gorajni-Heer die Tore Basilikas hielt. Zweifellos drängten die Hitzköpfe in Seggidugu auf eine schnelle und brutale Reaktion, doch sie würden sich nicht durchsetzen können — die Nordgrenze Seggidugus lag zu nah an den Stellungen der großen Gorajni-Heere in Khlam und Ulje. Es wären so viele Soldaten nötig, um Basilika einzunehmen, auch wenn sie wußten, daß die Stadt nur von eintausend Gorajni verteidigt wurde, daß Seggidugu anfällig für einen Gegenschlag wäre.