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»Du sagst, alles, was ich getan habe, war Teil des Plans der Überseele, deine Mutter zu ihrem Gatten zu führen, der in der Wüste in einem Zelt haust?«

»Ich sage, daß deine Absichten gebeugt wurden, damit sie den Plänen der Überseele dienen. So wird es immer sein, General, und so ist es schon immer gewesen.«

»Aber was, wenn ich mich weigerte, deiner Mutter zu erlauben, ihr Haus zu verlassen? Was, wenn ich dich und deine Brüder und eure Frauen dort unter Arrest hielte? Was, wenn ich Soldaten ausschickte, um Schedemei daran zu hindern, Keimlinge und Embryos für eure Reise zu sammeln?«

Nafai war verblüfft. Er wußte von Schedemei? Unmöglich — sie hätte es niemandem gesagt. Wozu war dieser Muuzh fähig, wenn er in eine fremde Stadt kommen und Dinge so schnell in Erfahrung bringen konnte, daß er erkannte, daß Schedemeis Sammeln von Keimlingen etwas mit Wetschiks Exil zu tun hatte?

»Du siehst«, sagte Muuzh, »wo ich herrsche, hat die Überseele keine Macht.«

»Du kannst uns unter Arrest halten«, sagte Nafai. »Aber wenn die Überseele zum Schluß kommt, daß wir gehen müssen, wirst du feststellen, daß du einen zwingenden Grund hast, uns gehen zu lassen. Also wirst du uns auch gehen lassen.«

»Wenn die Überseele will, daß du gehst, mein Junge, kannst du sicher sein, daß du nicht gehen wirst.«

»Du verstehst nicht. Den wichtigsten Teil habe ich dir noch nicht erzählt. Ob du nun glaubst, einen Zwist mit der Version der Überseele zu haben, die du Gott nennst, oder nicht, wichtig ist der Traum, den du hattest. Der von den fliegenden Tieren und den riesigen Ratten.«

Muuzh hörte zu, doch erneut konnte Nafai sehen, daß er zutiefst verwirrt war.

»Nicht die Überseele hat diesen Traum geschickt. Die Überseele versteht ihn nicht.«

»So. Dann war es ein bedeutungsloser Traum, ein ganz normaler Schlaftraum.«

»Keineswegs. Denn auch meine Frau hat von diesen Geschöpfen geträumt und ihre Schwester ebenfalls. Ihr drei habt davon geträumt, und es waren keine gewöhnlichen Träume. Euch allen kamen sie wichtig vor. Ihr habt gewußt, daß sie eine Bedeutung haben. Und doch sind sie nicht von der Überseele gekommen.«

Erneut wartete Muuzh.

»Es ist vierzig Millionen Jahre her, daß die Menschheit die Erde aufgegeben hat, die sie fast völlig zerstört hatte«, fuhr Nafai fort. »Die Erde hat genug Zeit gehabt, sich zu heilen. Neues Leben dort zu schaffen. Einen Ort, wo die Menschheit leben könnte. Viele Arten gingen verloren — deshalb sammelt Schedemei Keimlinge und Embryos für unsere Reise. Wir sind diejenigen, die die Fähigkeit haben, problemlos mit der Überseele zu sprechen. Wir sind diejenigen, die sich hier in Basilika versammelt haben, an diesem Tag, zu dieser Stunde, damit wir zu einer Reise aufbrechen können, die uns zurück zur Erde führen wird.«

»Abgesehen davon, daß die Erde, falls es sie überhaupt gibt, ein Planet ist, der einen weit entfernten Stern umkreist, zu dem nicht einmal Vögel fliegen können«, sagte Muuzh, »hast du noch immer nichts darüber gesagt, was diese Reise mit meinem Traum zu tun haben könnte.«

»Das wissen wir nicht«, sagte Nafai. »Wir können es nur vermuten, aber die Überseele glaubt, daß es stimmt. Irgendwie ruft uns der Hüter der Erde. Über die Lichtjahre zwischen uns und der Erde hinweg hat er nach uns gegriffen und ruft uns zurück. Nach allem, was wir erfahren haben, hat er sogar die Programmierung der Überseele verändert und ihr befohlen, uns zu versammeln. Die Überseele glaubte zu wissen, warum sie dies tat, doch erst vor kurzem hat sie den tatsächlichen Grund dafür erfahren. Genau, wie du erst jetzt den tatsächlichen Grund für alles erfährst, was du in deinem Leben getan hast.«

»Eine Nachricht in einem Traum, und sie kommt von jemandem, der Tausende von Lichtjahren von hier entfernt ist? Dann muß der Traum dreißig Generationen vor meiner Geburt abgeschickt worden sein. Das ist doch lächerlich, Nafai. Du bist viel zu klug, um das zu glauben. Ist dir nicht in den Sinn gekommen, daß die Überseele vielleicht dich manipuliert?«

Nafai dachte darüber nach. »Die Überseele belügt mich nicht«, sagte er dann.

»Aber du hast gesagt, mich habe sie die ganze Zeit über belegen. Also können wir nicht davon ausgehen, daß die Überseele sich strikt der Wahrheit verschrieben hat, nicht wahr?«

»Aber mich lügt sie nicht an.«

»Woher weißt du das?« fragte Muuzh.

»Weil sich das, was sie mir sagt … richtig anfühlt.«

»Wenn sie mich dazu bringen kann, Dinge zu vergessen … und das kann sie, es ist so oft passiert, daß …« Muuzh hielt inne, hatte sich anscheinend entschieden, nicht in diese Erinnerungen einzutauchen. »Wenn sie das kann, kann sie dich doch auch zu der Annahme bringen, daß sich ihre Worte, wie du sagst, >richtig anfühlen<.«

Nafai hatte darauf keine sofortige Antwort parat. Er hatte seine Überzeugung nicht in Frage gestellt und wußte deshalb nicht, wieso Muuzh’ Argumentation falsch war. »Ich stehe nicht allein da«, sagte er in dem Bemühen, solch einen Grund zu finden. »Auch meine Frau vertraut der Überseele. Und auch ihre Schwester. Sie hatten ihr Leben lang Träume und Visionen, und die Überseele hat sie nie belogen.«

»Ihr Leben lang Träume und Visionen?« Muuzh lehnte sich auf dem Tisch vor. »Mit wem genau bist du verheiratet?«

»Ich dachte, ich hätte es dir gesagt«, antwortete Nafai. »Mit Luet. Sie ist eine der Nichten in der Schule meiner Mutter.«

»Die Wasserseherin«, sagte Muuzh.

»Es überrascht mich nicht, daß du von ihr gehört hast.«

»Sie ist dreizehn Jahre alt«, sagte Muuzh.

»Zu jung, ich weiß. Aber sie war bereit zu tun, was die Überseele von ihr verlangt hat, genau wie ich.«

»Du glaubst, du könntest die Wasserseherin aus Basilika fortbringen und auf eine verrückte Reise in die Wüste mitnehmen, um einen uralten, legendären Planeten zu suchen?« fragte Muuzh. »Selbst, wenn ich dich nicht aufhalten würde … glaubst du, die Bürgerinnen dieser Stadt würden das zulassen?«

»Ja, wenn die Überseele uns hilft, und die Überseele wird uns helfen.«

»Und die Schwester deiner Frau, welchen deiner Brüder hat sie geheiratet? Elemak?«

»Sie wird Issib heiraten. Er wartet im Zelt meines Vaters auf uns.«

Muuzh lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und kicherte fröhlich. »Ich weiß nicht so recht, wer wen beherrscht«, sagte er. »Deinen Worten zufolge hat die Überseele eine ganze Reihe von Plänen, in denen auch ich eine kleine Rolle spiele. Ich hingegen habe den Eindruck, daß Gott alles so arrangiert, daß es mir in die Hände spielt. Bevor du hierher kamst, sah es so aus, als habe Gott endlich damit aufgehört, mein Feind zu sein.«

»Die Überseele war nie dein Feind«, sagte Nafai. »Es war deine Entscheidung, daraus einen Zwist zu machen.«

Muuzh erhob sich vom Tisch, ging um ihn herum, setzte sich neben Nafai und nahm seine Hand. »Mein Junge, das war das bemerkenswerteste Gespräch meines Lebens.«

Das trifft auch für mich zu, dachte Nafai, war aber zu erstaunt, um etwas zu sagen.

»Ich bin überzeugt davon, du nimmst den Wunsch, diese Reise antreten zu können, sehr ernst, aber ich kann dir versichern, daß man dich gründlich in die Irre geführt hat. Du wirst diese Stadt nicht verlassen, und das gilt auch für deine Frau und ihre Schwester und alle anderen Personen, die du mitnehmen willst. Das wirst du früher oder später einsehen. Wenn du es früher einsiehst — wenn du es jetzt einsiehst —, habe ich einen anderen Plan für dich, der dir besser gefallen wird als die Vorstellung, zwischen Felsen und Skorpionen herumzukriechen und in einem Zelt zu schlafen.«