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»Bald, aber Rasa kann die Zeremonie nicht abhalten«, sagte Muuzh. »Ihr Ruf ist im Augenblick nicht besonders gut, wenngleich ich davon überzeugt bin, daß sich dies bald nach der Hochzeit aufklären wird.«

»Kann ich einen letzten Tag mit meiner Schwester haben?«

»Du gehst du deiner Hochzeit, nicht zu deiner Beerdigung«, sagte Muuzh. »Du wirst noch viele Tage mit deiner Schwester haben. Aber die Hochzeit wird heute stattfinden. Zur Mittagsstunde. Im Orchester, damit die ganze Stadt ihr beiwohnen kann. Und deine Schwester Luet wird die Zeremonie durchführen.«

Es war zu schrecklich. Muuzh verstand es nur allzugut, alles zu seinem Vorteil zu wenden. Wenn Luet die Zeremonie abhielt, würde ihr Ansehen auf seine Ehe fallen. Muuzh würde als edler Bürger Basilikas akzeptiert werden, und sein Marionetten-Konsul war damit überflüssig geworden. Irgendwann würde man ihn selbst als Konsul vorschlagen, und Huschidh würde seine Gefährtin sein, die erste Dame Basilikas. Sie würde in ihrer Rolle glänzen und ihr in jeder Hinsicht würdig sein — einmal abgesehen davon, daß niemand diese Rolle übernehmen sollte und Muuzh Basilika mit seinem Ehrgeiz zerstören würde.

Basilika zerstören …

»Überseele!« rief Rasa aus tiefstem Herzen. »Hast du das von Anfang an geplant?«

»Natürlich hat sie das«, entgegnete Muuzh. »Wie Nafai mir selbst erzählt hat, wurde ich von Gott selbst hierher geschickt. Aus welchem anderen Grund, wenn nicht, um eine Frau zu finden?« Er wandte sich wieder an Huschidh, die noch immer zu ihm aufsah, ihn noch immer mit der Hand am Arm berührte. »Meine liebe Herrin«, sagte Muuzh, »wirst du mich jetzt begleiten? Während deine Schwester sich auf die Zeremonie vorbereitet, müssen wir uns über vieles unterhalten, und du solltest bei mir sein, wenn wir heute morgen den Stadtrat über unsere Hochzeit informieren.«

Luet stand auf und ging zu ihm. »Ich habe nicht eingewilligt, bei dieser abscheulichen Farce mitzuspielen!«

»Lutja«, sagte Nafai.

»Du kannst sie nicht zwingen!« rief Rasa triumphierend.

Aber Huschidh, nicht Muuzh, antwortete ihr. »Schwester, wenn du mich liebst, wenn du mich je geliebt hast, dann bitte ich dich, komme zum Orchester und vollziehe die Zeremonie.« Huschidh betrachtete sie alle. »Tante Rasa, du mußt kommen. Und bringe deine Töchter und deren Gatten mit, und Nafai, bringe deine Brüder und deren Gattinnen mit. Bringt alle Lehrerinnen und Schülerinnen dieses Hauses mit, auch die, die nicht hier wohnen. Werdet ihr sie mitbringen, damit alle sehen, wie ich einen Mann nehme? Werdet ihr mir diese Höflichkeit erweisen, im Andenken an all meine glücklichen Jahre in diesem guten Haus?«

Die Formalität ihrer Ansprache, ihr abweisendes Benehmen brachen Rasa das Herz, und sie weinte, während sie zustimmte. Auch Luet versprach, die Zeremonie abzuhalten.

»Du wirst sie die Hochzeit doch besuchen lassen, nicht wahr?« fragte Huschidh Muuzh.

Er lächelte sie zärtlich an. »Eine Eskorte wird sie zum Orchester geleiten«, sagte er, »und dann wieder zurück nach Hause.«

»Um mehr bitte ich nicht«, sagte Huschidh. Und dann verließ sie den Säulengang an Muuzh’ Arm.

Als sie fort waren, sank Rasa auf die Bank und weinte bitterlich. »Warum haben wir ihr all diese Jahre gedient?« fragte Rasa. »Wir sind nichts für sie. Nichts!«

»Huschidh liebt uns«, sagte Luet.

»Sie spricht nicht von Huschidh«, sagte Nafai.

»Die Überseele!« rief Rasa. Dann brüllte sie das Wort hinaus, als wolle sie es in die aufgehende Sonne schleudern. »Überseele!«

»Wenn du das Vertrauen in die Überseele verloren hast«, sagte Nafai, »habe wenigstens Vertrauen in Huschidh. Begreift ihr denn nicht, daß sie noch immer darauf hofft, die Dinge würden sich so wenden, wir wir es gern hätten? Sie hat Muuzh’ Angebot angenommen, weil sie irgendeinen Plan darin sah. Vielleicht hat die Überseele es ihr sogar befohlen. Daran habt ihr noch nicht gedacht?«

»Ich habe daran gedacht«, sagte Luet, »aber ich kann es mir kaum vorstellen. Die Überseele hat uns gegenüber keinerlei diesbezügliche Andeutungen fallen lassen.«

»Anstatt miteinander zu sprechen«, sagte Nafai, »und anstatt wütend zu werden, sollten wir dann vielleicht lieber lauschen. Vielleicht wartet die Überseele nur darauf, daß wir ihr unsere Aufmerksamkeit schenken, damit sie uns sagen kann, was vor sich geht.«

»Dann werde ich warten«, sagte Rasa. »Aber hoffentlich ist es ein guter Plan.«

Sie warteten, alle drei mit ihren eigenen Fragen in ihren Herzen.

Dem Ausdruck auf Nafais und Luets Gesichtern nach zu urteilen, bekamen sie ihre Antworten zuerst. Und während Rasa wartete, länger und immer länger, begriff sie, daß sie überhaupt keine Antwort bekommen würde.

»Hast du es gehört?« fragte Nafai.

»Nichts«, sagte Rasa. »Überhaupt nichts.«

»Vielleicht bist du zu wütend auf die Überseele, um etwas von ihr zu hören«, sagte Luet.

»Oder sie bestraft mich vielleicht«, sagte Rasa. »Gehässige Maschine! Was hatte sie zu sagen?«

Nafai und Luet sahen einander an. Also war die Nachricht nicht gut.

»Die Überseele hat die Lage nicht gerade unter Kontrolle«, sagte Luet schließlich.

»Es ist meine Schuld«, sagte Nafai. »Daß ich zum General gegangen bin, hat die Dinge mindestens um einen Tag beschleunigt. Er hatte bereits vor, eine von ihnen zu heiraten, aber er hätte die Lage noch mindestens einen Tag lang überdacht.«

»Ein Tag! Wieso macht ein Tag einen solchen Unterschied?«

»Die Überseele weiß nicht genau, ob sie ihren besten Plan so schnell in die Wege leiten kann«, sagte Luet. »Aber wir können Nafai nicht die Schuld dafür geben. Muuzh ist impulsiv und brillant und hätte dies vielleicht auch so getan. Vielleicht bedurfte es dazu gar nicht Nafais …«

»Dummheit«, sagte Nafai.

»Kühnheit«, sagte Luet.

»Also sind wir dazu verdammt, als Muuzh’ Werkzeuge hierzubleiben?« fragte Rasa. »Nun, er kann uns wohl kaum achtloser mißbrauchen, als die Überseele es getan hat.«

»Mutter«, sagte Nafai, und sein Tonfall war ziemlich scharf. »Die Überseele hat uns nicht mißbraucht. Ob Huschidh nun Muuzh heiratet oder nicht, wir werden trotzdem zu unserer Reise aufbrechen. Wenn sie als Muuzh’ Frau endet, wird sie ihren Einfluß benutzen, um uns zu befreien — sobald seine Position in der Stadt gesichert ist, wird er keinen Bedarf mehr für uns haben.«

»Uns?« fragte Rasa. »Uns befreien?«

»Uns alle, die wir die Reise bereits geplant haben, sogar Schedemei.«

»Und was ist mit Huschidh?« fragte Rasa.

»Das ist der Überseele nicht möglich«, sagte Luet. »Wenn sie die Hochzeit nicht verhindern kann, wird Huschidh bleiben.«

»Ich werde die Überseele auf ewig hassen«, sagte Rasa. »Wenn sie der lieben Huschidh dies antut, werde ich der Überseele nie wieder dienen. Habt ihr mich verstanden?«

»Beruhige dich, Mutter«, sagte Nafai. »Hätte Huschidh ihn zurückgewiesen, hätte ich eingewilligt, Konsul zu werden, und Luet und ich wären zurückgeblieben. So oder so, es wäre auf jeden Fall geschehen.«

»Soll das etwa ein Trost für mich sein?« fragte Rasa verbittert.

»Ein Trost für dich!« fragte Luet. »Für dich, Herrin Rasa? Huschidh ist meine Schwester, meine einzige Verwandte — wohingegen dir noch alle Kinder bleiben, die du jemals auf die Welt gebracht hast, und dein Mann. Was verlierst du denn, verglichen mit dem, was ich verlieren werde? Doch siehst du mich weinen?«

»Du solltest weinen«, sagte Rasa.

»Ich werde auf dem ganzen Weg durch die Wüste weinen«, sagte Luet. »Aber jetzt bleiben uns noch ein paar Stunden, in denen wir uns vorbereiten müssen.«