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Während ich mich lebhaft an meine letzte Steuererklärung erinnerte, pflichtete ich ihm mitfühlend bei, dass eine zweiprozentige Steuerrate wirklich empörend war, und fragte mich gleichzeitig, was zum Kuckuck im Lauf der dazwischenliegenden zweihundert Jahre aus dem Kampfgeist der amerikanischen Steuerzahler geworden war.

»Aber vielleicht sollten wir das Thema wechseln«, sagte ich, denn ich sah, dass man in unsere Richtung zu blicken begann. »Im Haus des Gouverneurs über Steuern zu reden, ist doch in etwa so, als unterhielte man sich im Haus eines Gehängten über Seile, oder nicht?«

An dieser Stelle bekam Mr. Stanhope einen ganzen Krebs in den Hals und verschluckte sich ernsthaft.

Sein anderer Tischgenosse hämmerte ihm hilfreich auf den Rücken, und der kleine schwarze Junge, der mit einer Fliegenklatsche am Fenster beschäftigt gewesen war, wurde hastig losgeschickt, um Wasser zu holen. Für den Fall des Falles wählte ich ein scharfes, schmales Messer, das neben der Fischplatte lag, hoffte aber doch, dass ich nicht gezwungen wäre, an Ort und Stelle einen Luftröhrenschnitt durchzuführen, denn diese Art von Aufmerksamkeit wollte ich nicht erregen.

Glücklicherweise erwiesen sich derart drastische Maßnahmen als unnötig; ein Glückstreffer auf den Rücken löste den Krebs, so dass das Opfer purpurrot und japsend, ansonsten aber unbeschädigt davonkam.

»Wo wir gerade von Zeitungen sprechen«, sagte ich, als Mr. Stanhope von seinen Exzessen gerettet war. »Wir sind erst so kurz hier, dass ich noch keine gesehen habe. Wird in Wilmington regelmäßig eine Zeitung gedruckt?«

Ich hatte meine Hintergedanken bei dieser Frage, die nicht nur Mr. Stanhope Zeit geben sollte, sich zu erholen. Unter den wenigen weltlichen Gütern, die Jamie besaß, befand sich eine Druckerpresse, die zurzeit in Edinburgh gelagert war.

Es stellte sich heraus, dass zwei Drucker in Wilmington ansässig waren, doch nur einer dieser Herren – ein Mr. Jonathan Gilette – stellte regelmäßig eine Zeitung her.

»Und vielleicht ist es bald vorbei mit der Regelmäßigkeit«, sagte Stanhope finster. »Mr. Gilette soll vom Komitee für Sicherheit verwarnt worden – ah!« Er machte einen kurzen Ausruf, und sein rundes Gesicht verzog sich vor schmerzlicher Überraschung.

»Gibt es einen besonderen Grund für diese Frage, Mrs. Fraser?«, erkundigte sich Wylie höflich und warf seinem Freund einen schnellen Blick zu. »Ich habe gehört, dass Euer Gatte Verbindungen zum Druckergewerbe in Edinburgh unterhält.«

»Äh, ja«, sagte ich, überrascht, dass er so viel über uns wusste. »Jamie hat dort eine Druckerei besessen, aber keine Zeitung herausgegeben – nur Bücher, Pamphlete, Theaterstücke und Ähnliches.«

Eine von Wylies fein geschwungenen Augenbrauen hob sich.

»Euer Gatte hat also keine politischen Vorlieben? Wie oft werden doch die Fähigkeiten der Drucker von jenen missbraucht, die ihre Leidenschaften gedruckt sehen wollen – aber natürlich teilt der Drucker diese Leidenschaften nicht notwendigerweise.«

Das ließ diverse Alarmglocken schrillen: Wusste Wylie wirklich etwas von Jamies politischen Verbindungen in Edinburgh – die meisten waren extrem regierungsfeindlich –, oder war dies nur ein normales Tischgespräch? Stanhopes Bemerkungen nach zu urteilen, waren Zeitungen und Politik in den Köpfen der Leute untrennbar verbunden – was ja in Anbetracht der Zeiten auch kein Wunder war.

Jamie, der am anderen Ende des Tisches saß, hatte seinen Namen aufgeschnappt und wandte jetzt leicht den Kopf, um mir zuzulächeln, bevor er sich dann wieder einem ernsten Gespräch mit dem Gouverneur widmete, zu dessen rechter Seite er saß. Ich war nicht sicher, ob diese Sitzordnung Mr. Lillingtons Werk war, der zur Linken des Gouverneurs saß und der Unterhaltung mit dem intelligenten, etwas leidenden Ausdruck eines Bassets folgte, oder Vetter Edwins, der mir gegenübersaß, zwischen Phillip Wylie und dessen Schwester Judith.

»Ach, ein Handwerker«, bemerkte diese Dame jetzt mit wichtiger Stimme. Sie lächelte mich an, sorgfältig darauf bedacht, ihre Zähne nicht zu zeigen. Wahrscheinlich faul, dachte ich. »Und das ist« – sie deutete vage auf ihren Kopf und verglich mein Haarband mit dem turmartigen Aufbau ihrer Perücke – »jetzt Mode in Edinburgh? Wie … hinreißend.«

Ihr Bruder warf ihr einen Blick aus zusammengekniffenen Augen zu.

»Ich habe, glaube ich, auch gehört, dass Mr. Fraser der Neffe von Mrs. Cameron auf River Run ist«, sagte er liebenswürdig. »Hat man mich da richtig informiert, Mrs. Fraser?«

Vetter Edwin, der zweifellos die Informationsquelle war, bestrich emsig ein Brötchen mit Butter. Vetter Edwin sah gar nicht wie ein Sekretär aus. Er war ein großer, einnehmender junger Mann mit einem Paar lebhafter brauner Augen – von denen mir jetzt eines andeutungsweise zuzwinkerte.

Der Baron, den Zeitungen genauso langweilten wie Steuern, wurde lebendig, als er den Namen Cameron hörte.

»River Run?«, sagte er. »Ihr habt Beziehungen zu Mrs. Jocasta Cameron?«

»Sie ist die Tante meines Mannes«, antwortete ich. »Kennt Ihr sie?«

»O ja! Eine bezaubernde Frau, höchst bezaubernd.« Ein breites Lächeln hob die Hängebacken des Barons. »Ich bin schon seit vielen Jahren ein guter Freund von Mrs. Cameron und war auch ein Freund ihres leider verstorbenen Gatten.«

Der Baron begann eine begeisterte Aufzählung der Freuden von River Run, und ich benutzte diesen Monolog, um mir ein kleines Stück Fischpastete reichen zu lassen, die nicht nur mit Fisch, sondern auch mit Austern und Shrimps in einer Sahnesauce gefüllt war. Mr. Lillington hatte offensichtlich weder Kosten noch Mühen gescheut, um den Gouverneur zu beeindrucken.

Als ich mich zurücklehnte, damit der Lakai noch etwas Sauce auf meinen Teller schöpfen konnte, sah ich, dass Judith Wylie mich voll unverhüllter Abneigung beäugte. Ich lächelte ihr liebenswürdig zu, wobei ich meine exzellenten Zähne entblößte, dann wandte ich mich mit neuem Selbstbewusstsein wieder dem Baron zu.

In Edwins Quartier hatte es keinen Spiegel gegeben. Zwar hatte Jamie mir versichert, dass ich gut aussah, doch seine Maßstäbe waren andere als die der Mode. Bei Tisch hatten die Herren nicht mit Komplimenten gegeizt, das stimmte, doch das konnte auch ganz normale Höflichkeit sein – die Herren der Oberschicht neigten zu übertriebener Galanterie.

Doch Miss Wylie war fünfundzwanzig Jahre jünger als ich, sie trug modische Kleider und Schmuck, und wenn sie auch keine große Schönheit war, so war sie doch auch nicht unansehnlich. Ihre Eifersucht reflektierte meine Erscheinung besser als jeder Spiegel, dachte ich.

»Was für ein schöner Stein, Mrs. Fraser – erlaubt Ihr mir, ihn genauer anzusehen?« Der Baron beugte sich zu mir herüber, und seine Wurstfinger schwebten gefährlich dicht über meinem Ausschnitt.

»Oh, aber sicher«, sagte ich hastig, öffnete schnell den Verschluss der Kette und ließ den Rubin in seine breite, feuchte Hand fallen. Der Baron machte ein etwas enttäuschtes Gesicht darüber, dass es ihm nicht vergönnt war, den Stein in situ zu begutachten, doch er hob die Hand und blinzelte den funkelnden Tropfen mit der Miene eines Kenners an – der er offensichtlich war, denn er griff in seine Westentasche und zog eine kleine Vorrichtung heraus, die sich als Kombination optischer Linsen erwies und sowohl ein Vergrößerungsglas als auch eine Juwelierlupe enthielt.

Ich entspannte mich bei diesem Anblick und ließ mir eine Portion von einem heißen, herzhaft duftenden Gericht geben, das der Butler in einer Glasschüssel umhertrug. Was dachten sich die Leute nur dabei, heißes Essen zu servieren, wo die Raumtemperatur mindestens fünfunddreißig Grad betrug?

»Schön«, murmelte der Baron und drehte den Stein sanft in seiner Hand. »Sehr schön.«

Es gab nicht viele Dinge, bei denen ich Geillis Duncan vertraut hätte, aber ich war mir sicher, dass sie einen untrüglichen Geschmack für Edelsteine gehabt hatte. »Es muss ein erstklassiger Stein sein«, hatte sie zu mir gesagt, als sie mir ihre Theorie der Zeitreise mit Hilfe von Edelsteinen erklärte. »Groß und völlig makellos.«