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»Wage es ja nicht, die anzufassen!«, sagte ich, riss das nächstbeste Fläschchen aus der Kiste, zog den Korken heraus und schleuderte ihm den Inhalt ins Gesicht.

Wie die meisten von Rawlings’ Mixturen enthielt er einen hohen Anteil an Alkohol. Er schnappte nach Luft, als ihn die Flüssigkeit traf, und taumelte mit tränenden Augen rückwärts.

Das nutzte ich aus, indem ich eine Steingutflasche aus dem Scherbenhaufen ergriff und ihm damit auf den Kopf schlug. Sie landete mit einem höchst zufriedenstellenden Geräusch, doch ich hatte nicht fest genug zugeschlagen. Er stolperte, blieb aber auf den Beinen und griff schwankend nach mir.

Ich holte zum nächsten Schlag aus, doch jemand ergriff von hinten mit eiserner Faust mein Handgelenk.

»Mit Verlaub, meine liebe Mrs. Fraser«, sagte eine vertraute irische Stimme höflich. »Aber ich kann es wirklich nicht zulassen, dass Ihr ihm den Schädel einschlagt. Es stimmt zwar, er ist nicht besonders dekorativ, aber er braucht ihn noch als Hutständer.«

»Verfluchtes Miststück! Sie hat mich geschlagen!« Der Mann, den ich geschlagen hatte, hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Kopf.

Bonnet zerrte mich an Deck und hielt meinen Arm schmerzhaft hinter dem Rücken verdreht. Es war jetzt fast hell, der Fluss glänzte wie eine Silberplatte. Ich starrte unsere Angreifer durchdringend an, denn ich wollte sie erkennen, wenn ich sie wiedertraf, maskiert oder unmaskiert.

Unglücklicherweise erlaubte die Dämmerung auch den Piraten bessere Sicht. Der Mann, den ich geschlagen hatte und der mir das sehr übelzunehmen schien, nahm meine Hand und drehte an meinem Ring.

»Hier, gib mir den!«

Ich entriss ihm meine Hand und setzte an, ihn zu ohrfeigen, wurde aber durch ein bedeutsames Husten aus Bonnets Richtung daran gehindert. Er hatte sich neben Ian gestellt und hielt dem Jungen die Pistole im Abstand von zwei Zentimetern an das linke Ohr.

»Gebt sie ihm lieber, Mrs. Fraser«, sagte er höflich. »Ich fürchte, Mr. Roberts bedarf der Kompensation für den Schaden, den Ihr ihm zugefügt habt.«

Ich zog mir den Goldring vom Finger, und meine Hände zitterten vor Furcht und Wut. Der Silberring ließ sich schwieriger entfernen; er blieb an meinem Fingerknöchel stecken, als wollte er sich nicht von mir trennen. Beide Ringe waren feucht und schlüpfrig vom Schweiß, und das Metall fühlte sich wärmer an als meine plötzlich kalten Finger.

»Her damit.« Der Mann stieß mir grob gegen die Schulter und hielt mir dann seine breite, schmierige Handfläche entgegen. Ich streckte die Hand aus, widerstrebend, die Finger um die Ringe geschlossen – und dann schlug ich mir in einem unreflektierten Impuls die Hand vor den Mund.

Mein Kopf prallte mit einem Knall gegen die Kabinenwand, als der Mann mich zurückstieß. Seine rauhen Finger stachen in meine Wangen und stocherten in meinem Mund herum, wo sie unsanft nach den Ringen suchten. Ich wand mich und schluckte; mein Mund füllte sich mit Speichel und Silbergeschmack, der sowohl vom Metall der Ringe als auch von Blut hätte stammen können …

Ich biss zu, und er riss mit einem Schrei die Hand zurück. Dabei musste mir einer der Ringe aus dem Mund geflogen sein, denn ich hörte irgendwo ein schwaches, metallisches Ping, dann würgte und schluckte ich, und der zweite Ring rutschte mir in die Kehle, hart und rund.

»Miststück! Ich schlitz dir die verdammte Kehle auf! Du fährst ohne deine Ringe zur Hölle, du verschlagenes Biest!« Ich sah das wutverzerrte Gesicht des Mannes und dann das Aufblitzen einer blanken Messerklinge. Dann traf mich ein harter Schlag und warf mich um, und ich fand mich, flach gedrückt von Jamies Körper, auf Deck liegend wieder.

Ich war zu überrumpelt, um mich zu bewegen, obwohl ich mich sowieso nicht hätte bewegen können. Jamies Brust war gegen meinen Hinterkopf gedrückt und quetschte mein Gesicht auf das Deck. Ich hörte Schreie und Verwirrung, gedämpft von den feuchten Leinenfalten um meinen Kopf. Es gab einen dumpfen Schlag, und Jamie fuhr zusammen und stöhnte.

Oh, Gott, sie haben auf ihn eingestochen!, dachte ich, vor Schreck wie gelähmt. Ein weiterer dumpfer Schlag und ein lauteres Stöhnen kündeten allerdings nur von einem Tritt in die Rippen. Jamie bewegte sich nicht; er presste sich nur fester gegen das Deck und drückte mich flach wie einen Sandwichbelag.

»Lass das! Roberts! Ich habe gesagt, lass ihn!«, ertönte Bonnets Stimme, autoritär und scharf genug, um den dämpfenden Stoff zu durchdringen.

»Aber sie –«, begann Roberts, doch sein nörgelndes Gejammer endete abrupt in einem scharfen, kräftigen Klatschen.

»Erhebt Euch, Mr. Fraser. Eure Frau ist sicher – nicht, dass sie das verdient hätte.« In Bonnets heiserem Bariton schwangen Belustigung und Verärgerung mit.

Jamie erhob sich langsam von mir, und ich setzte mich auf. Von dem Schlag auf den Kopf war mir schwindelig und ein bisschen übel. Stephen Bonnet stand da, sah auf mich herab und betrachtete mich mit einer Spur von Abscheu, als wäre ich ein räudiges Fell, das man ihm zum Kauf angeboten hatte. Neben ihm starrte mich Roberts böse an und betupfte eine Blutspur an seinem Haaransatz.

Schließlich kniff Bonnet die Augen zusammen und richtete den Blick auf Jamie, der wieder auf den Beinen war.

»Eine Närrin«, sagte Bonnet kalt, »aber das stört Euch wohl nicht.« Er nickte und ließ ein schwaches Lächeln sehen. »Ich bin dankbar für die Gelegenheit, Euch meine Schulden zurückzuzahlen, Sir. Ein Leben für ein Leben, wie die Bibel sagt.«

»Zurückzahlen?«, sagte Ian aufgebracht. »Nach allem, was wir für Euch getan haben, plündert Ihr uns aus, legt Hand an meine Tante und meinen Hund und besitzt dann die Unverfrorenheit, von Rückzahlung zu sprechen?«

Bonnet fixierte Ian. Seine Augen waren grün, grün wie abgehäutete Trauben. Er hatte ein tiefes Grübchen in der einen Wange, als hätte Gott bei seiner Erschaffung einen Daumenabdruck dort hinterlassen, doch seine Augen waren so kalt wie Flusswasser in der Morgendämmerung.

»Na, du bist wohl nicht besonders bibelfest, was, Junge?« Bonnet schüttelte tadelnd den Kopf und schnalzte mit der Zunge. »Wem ein tugendsam Weib beschert ist, die ist viel edler denn Rubine und die köstlichsten Perlen.«

Er öffnete die Hand, immer noch lächelnd, und der Schein der Laterne brach sich in drei Edelsteinen: einem Smaragd, einem Saphir und dem dunklen Feuer eines schwarzen Diamanten. »Ich bin sicher, dass Mr. Fraser meiner Meinung ist, nicht wahr, Sir?« Er ließ die Hand in seinen Rock gleiten und zog sie leer wieder hervor.

»Und schließlich«, sagte er und ließ seine kalten Augen noch einmal zu Ian wandern, »gibt es verschiedene Arten von Rückzahlungen.« Er lächelte, nicht besonders angenehm. »Obwohl ich denke, dass du noch zu jung bist, um das zu wissen. Sei froh, dass ich nicht in der Stimmung bin, dir eine Lektion zu erteilen.«

Er wandte sich ab und winkte seinen Kameraden zu.

»Wir haben, was wir wollten«, sagte er abrupt. »Kommt.« Er trat auf die Reling, sprang und landete grunzend auf dem schlammigen Ufer. Seine Helfershelfer folgten ihm, wobei Roberts mir einen giftigen Blick zuwarf, bevor er ungeschickt in die Untiefe und dann ans Ufer platschte.

Die vier Männer verschwanden augenblicklich im Unterholz, und ich hörte, wie schrilles Pferdegewieher sie irgendwo in der Dunkelheit begrüßte. An Bord war alles still.

Der Himmel hatte die Farbe von Holzkohle. In der Ferne ertönte schwaches Donnergrollen, und Blitze flackerten dicht über dem Horizont.

»Schweinehunde!«

Kapitän Freeman spuckte zum Abschied über Bord und wandte sich an seinen Maat.

»Hol die Staken, Eutroclus«, sagte er, schlurfte zur Ruderpinne und zog sich im Gehen die Hosen hoch.

Langsam regten sich die anderen und wurden wieder lebendig. Fergus zündete mit einem Blick auf Jamie die Laterne an und verschwand in der Kabine, wo ich hörte, wie er mit dem Aufräumen begann. Ian kauerte auf Deck. Sein dunkler Kopf war über Rollo gebeugt, während er den Hals des Hundes mit seinem zusammengeknüllten Hemd abtupfte.