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Blut! sprach Dracula, als er das Fräulein Rosa sah.«Die beiden Tiere im Inneren der Tonne duckten sich, klammerten sich aneinander und hielten die Luft an. Sie hatten jedes Wort der Unterhaltung mitbekommen. 

Irrwitzer drehte sich mit einem Ruck um und sagte:»Ich fürchte, Tyti, aus der Sache kann nichts werden - so leid es mir für dich tut. Du hast eine Kleinigkeit vergessen, oder genauer gesagt zwei Kleinigkeiten, nämlich den Kater und den Raben. Sie werden dabei sein wollen. Da du deine Wünsche laut aussprechen mußt, würden sie alles mitanhören. Dann kommt dir der Hohe Rat der Tiere auf den Hals. Wenn wir aber die beiden einsperren oder mit Gewalt ausschließen, machen wir uns ebenso verdächtig. Es wäre unverantwortlich von mir, wenn ich dir meinen Teil des Rezeptes geben würde. Ich kann nicht zulassen, daß du dich einer solchen Gefahr aussetzt, liebe Tante.«Tyrann] a ließ wieder ihre Goldzähne blitzen.»Wie nett von dir, Bubi, daß du so besorgt um mich bist. Aber was du sagst, ist ganz falsch. Der Kater und der Rabe sollen nämlich dabei sein! Ich lege sogar den größten Wert darauf, sie als Zeugen zu haben. Das ist ja gerade der besondere Spaß an der Sache.«Der Zauberer kam zurück.»Wie denn das?«»Es handelt sich«, erklärte die Hexe,»schließlich um keinen x-beliebigen Zaubertrank. Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch hat eine Eigenschaft, die geradezu ideal ist. Er kehrt nämlich alles, was man wünscht, ins Gegenteil um. Man wünscht Gesundheit, und heraus kommt eine Seuche; man redet von allgemeinem Wohlstand und erzeugt in Wirklichkeit Elend; man spricht von Frieden, und das Ergebnis ist Krieg. Hast du jetzt verstanden, Bübchen, was das für eine feine Sache ist?«Tyrannja gluckste vor Vergnügen und fuhr fort:»Du weißt doch, wie sehr ich Wohltätigkeitsveranstaltungen liebe. Sie sind meine ganze Leidenschaft. Nun, ich werde heute ein wahres Fest - ach, was sage ich - eine Orgie der Wohltä tigkeit veranstalten!«Irrwitzers Augen hinter den dicken Brillengläsern begannen zu glitzern.»Beim strahlenden Strontium!«rief er.»Und die Spione werden sogar noch Zeugen dafür sein, daß wir nur unser Bestes getan haben - nichts als lauter Wohltaten für die arme, leidende Welt!«»Das«, krähte Tyrannja,»wird eine Sylvesterparty, wie ich sie mir erträumt habe, seit ich das GeldhexenEinmaleins gelernt habe!«Und der Neffe fiel ihr mit gröhlendem Baß ins Wort:»Die Welt wird sich noch nach Jahrhunderten an diese Nacht erinnern - an die Nacht, in der die große Katastrophe ausbrach!«»Und niemand wird wissen«, kreischte sie,»woher das ganze Unheil kam!«»Nein, niemand«, johlte er,»denn wir beide, du, Tyti, und ich - wir stehen da, rein wie die Unschuldslämmer!«Und sie fielen sich in die Arme und hopsten herum. Sämtliche Gläser und Tiegel im Raum begannen, einen schrillen, mißtönenden Totentanz-Walzer zu spielen, die Möbel stampften mit den Beinen, das grüne Feuer im Kamin loderte rhythmisch, und auch der ausgestopfte Haifisch an der Wand klappte im Takt mit seinem eindrucksvollen Gebiß. 

»He, Käterchen«, flüsterte Jakob,»ich glaub', mir wird schlecht. Mir is' so komisch im Kopf.«»Mir auch«, antwortete Maurizio ebenso leise,»das macht diese Musik. Wir Sänger haben nämlich sehr empfindsame Ohren.«

»Katzen vielleicht«, meinte Jakob,»unsereinem macht keine Musik was aus.«»Vielleicht kommt es auch von dem Betäubungsmittel«, vermutete der kleine Kater.»Bei dir vielleicht, aber doch nicht bei mir«, raunte der Rabe.»Bist du wirklich ganz sicher, daß du richtig gelesen hast, was auf der Tonne steht?«»Warum?«fragte Maurizio ängsdich.»Vielleicht is' das Zeugs giftig, in dem wir da hocken.«»Was!? Du meinst, wir sind schon verseucht?«Der kleine Kater wollte vor Entsetzen spornstreichs aus der Tonne springen. Jakob hielt ihn fest.»Halt! Doch nicht jetzt! Wir müssen warten, bis die zwei da weg sind, sonst is' alles aus.«»Und wenn sie überhaupt nicht weggehen?«»Dann«, schnarrte der Rabe düster,»wird's eben ein böses Ende nehmen.«»Verzeih mir!«hauchte der kleine Kater zerknirscht.»Was soll ich verzeihen?«»Ich kann überhaupt nicht lesen.«Eine Weile war es still, dann schnarrte Jakob:»Ach, war' ich doch nur bei Tamara im Nest geblieben.«»Ist das wieder eine andere?«fragte Maurizio. Aber Jakob antwortete nicht. 

Zauberer und Hexe waren auf ihre Stühle gesunken und versuchten, wieder zu Atem zu kommen. Ab und zu stieß ihnen beiden noch ein böses Kichern auf. Irrwitzer putzte seine dicke Brille, deren Gläser angelaufen waren, mit dem Ärmel seines Schlafrocks; Tyrannja tupfte sich mit einem Spitzentüchlein vorsichtig, um die

Schminke nicht zu verwischen, den Schweiß von der Oberlippe.»Ach, übrigens, Bubi«, sagte sie beiläufig,»du hast da eben mehrmals von»wirc und»uns«gesprochen. Nur, daß wir uns da nicht mißverstehen: Ich brauche zwar deinen Teil der Rolle und deine Hilfe als Experte, aber dafür wirst du ja mehr als gut bezahlt, nicht wahr? Trinken und wünschen werde ich natürlich allein. Damit hast du nichts zu tun.«»Irrtum, Tantchen«, antwortete Irrwitzer,»du würdest dir dabei nur einen alkohöllischen Schwips zuziehen und womöglich krank werden. Du bist schließlich nicht mehr die Jüngste. Überlaß das getrost mir. Du kannst mir ja sagen, was ich für dich wünschen soll. Nur unter dieser Bedingung mache ich mit.«Tyrannja fuhr in die Höhe.»Ich höre wohl nicht richtig?«schrie sie.»Du hast es bei Plutos Finsterem Bank-Palast geschworen, daß du mir deinen Teil verkaufst.«Irrwitzer rieb sich die Hände.»So? Daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern.«»Um Teufelswillen, Bubi«, schnappte sie,»du wirst doch wohl einen solchen Eid nicht brechen!«»Ich habe nichts geschworen«, antwortete er grinsend,»du mußt dich verhört haben.«»Wohin ist es nur mit unserem alten Familiensinn gekommen«, sie schlug die beringten Hände vors Gesicht,»wenn selbst eine arglose alte Tante ihrem Lieblingsneffen nicht mehr trauen kann!«»Ich bitte dich, Tyti«, sagte er,»beginnst du schon wieder mit diesem Quatsch!«Eine Weile starrten sich beide feindselig an.»Wenn wir in dieser Art weitermachen«, ließ sich schließlich die Hexe vernehmen,»dann sitzen wir nächstes Jahr noch genauso da.«

Wieder blickte sie nach der Uhr, und es war deutlich, daß sie sich nur noch mit Mühe in der Gewalt hatte. Ihre Hängebacken zitterten, und ihr mehrfaches Doppelkinn bebte. Irrwitzer genoß insgeheim die Situation - obwohl es ihm selbst kaum besser erging. Er war so viele, lange Jahre von der Geldhexe abhängig gewesen, und sie hatte ihn das auch gehörig fühlen lassen, daß es ihm jetzt ausgesprochenes Vergnügen bereitete, sie endlich einmal so richtig fertig zu machen. Er hätte dieses Spiel gerne noch länger ausgedehnt, doch blieben ihm selbst ja nur noch wenige Stunden bis Mitternacht.»Das nächste Jahr«, murmelte er etwas abwesend,»beginnt ja schon bald.«»Eben«, platzte Tyrannja heraus,»und weißt du, was dann geschieht, du Idiot? Der Wunschpunsch verliert beim ersten Ton der Sylvesterglocken seine Umkehrwirkung!«»Du übertreibst wohl wie gewöhnlich, Tyti«, meinte Irrwitzer, nun doch etwas unsicher,»ich kann zwar das Glockenläuten auch nicht leiden, weil es mir immer Sodbrennen verursacht, aber du wirst mir nicht einreden wollen, daß ein einziger Glockenton die ganze infernalische Zauberkraft eines so mächtigen Getränks aufheben kann.«»Nicht die Zauberkraft«, schnaubte sie,»sondern die Umkehrwirkung - und das ist viel schlimmer! Dann wird die Lüge zur Wahrheit, verstehst du! Dann gilt alles wortwörtlich so, wie es gesagt wurde.«»Moment mal«, sagte der Zauberer irritiert,»was heißt das?«»Das heißt, daß wir vor Mitternacht unbedingt den Punsch fertig gebraut haben müssen, und zwar möglichst lange vor Mitternacht. Ich muß ihn nämlich bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken und dazu all meine Wünsche gesagt haben, ehe der erste Ton des Neujahrsgeläuts erklingt. Wenn auch nur der kleinste Rest übriggeblieben ist, dann geht alles schief! Stell dir vor, was dann passiert: Alle meine scheinbar so guten Wünsche, auch die, die ich schon vorher gesagt habe, würden sich nicht mehr ins Gegenteil umkehren, sondern ganz buchstäblich in Erfüllung gehen.«»Entsetzlich!«stöhnte Irrwitzer.