Выбрать главу

«Aber angenommen, es geht etwas schief und Sie müssen untertauchen…«

«Nichts wird schiefgehen, es sei denn durch Ihre Schuld. Ich werde operieren, ohne mit Ihrer Organisation Kontakt aufzunehmen und ohne meinerseits von ihr kontaktiert zu werden — und das aus dem gleichen Grund, aus dem Sie mich kommen lassen mußten: Weil es in Ihrer Organisation von Agenten und Spitzeln nur so wimmelt, Monsieur Casson.«

Casson sah aus, als würde er gleich explodieren. Montclair starrte blicklos auf das Fenster und versuchte sich darüber klarzuwerden, wie er rasch eine halbe Million Dollar auftreiben könnte. Rodin blickte den ihm gegenübersitzenden Engländer nachdenklich an.

«Beruhigen Sie sich, Andre. Monsieur wünscht allein zu arbeiten. Soll er doch, wenn er das unbedingt will. Jedenfalls werden wir die halbe Million nicht einem Mann zahlen, der genauso gehätschelt und gepäppelt werden muß wie unsere eigenen Scharfschützen.«

«Was ich wissen möchte«, murmelte Montclair,»das ist, wie wir soviel Geld so schnell aufbringen sollen.«

«Bedienen Sie sich Ihrer Organisation, um ein paar Banken auszurauben«, schlug der Engländer leichthin vor.

«Das ist ausschließlich unser Problem«, sagte Rodin.»Gibt es noch irgendwelche Punkte, die zu klären wären, bevor unser Besucher nach London zurückfliegt?«

«Was hindert Sie, die erste Viertelmillion einzukassieren und sich nie wieder blicken zu lassen?«fragte Casson.

«Ich sagte Ihnen bereits, messieurs, daß ich mich zur Ruhe setzen will. Ich lege keinen Wert darauf, von einer ganzen Armee ehemaliger Fallschirmjäger aufgespürt und um den halben Erdball gejagt zu werden. Um mich vor ihnen zu schützen, müßte ich mehr Geld ausgeben, als mir die Sache eingebracht hätte. Es wäre bald alle.«

«Und was«, insistierte Casson,»hindert uns zu warten, bis der Auftrag ausgeführt ist, und Ihnen dann die Auszahlung der zweiten Viertelmillion zu verweigern?«

«Der gleiche Grund«, antwortete der Engländer ungerührt.»In dem Fall würde ich mich auf eigene Rechnung an die Arbeit machen. Und das Ziel wären dann Sie, meine Herren. Ich glaube jedoch nicht, daß dergleichen nötig sein wird. Was meinen Sie?«

Rodin unterbrach den Wortwechsel.»Nun, wenn das alles ist, sollten wir unseren Gast nicht länger aufhalten. Oh, da wäre noch eine Kleinigkeit. Ihr Name. Wenn Sie anonym bleiben wollen, sollten Sie sich einen Decknamen zulegen. Haben Sie diesbezüglich schon irgendwelche Ideen?«

Der Engländer überlegte einen Augenblick.»Da wir von der Jagd gesprochen haben — was hielten Sie von der Bezeichnung >Der Schakal<? Ginge das?«

Rodin nickte.»Ja, das wäre ausgezeichnet. Tatsächlich gefällt mir der Name sogar ausnehmend gut.«

Er geleitete den Engländer zur Tür und öffnete sie. Viktor trat aus seinem Alkoven und trat näher. Rodin lächelte erstmals und reichte dem Mörder die Hand.»Wir werden in vereinbarter Weise das Weitere veranlassen, sobald wir können. Würden Sie Ihrerseits inzwischen schon einmal mit den allgemeinen Vorausplanungen beginnen, damit nicht allzu viel Zeit verlorengeht? Gut. Dann also bon soir, Monsieur Schakal!«

Viktor blickte dem Besucher nach, der so leise davonging, wie er gekommen war. Der Engländer verbrachte die Nacht im Flughafenhotel und flog mit der ersten Morgenmaschine nach London zurück.

In der Pension Kleist sah sich Rodin ganzen Salven von Vorwürfen und verspäteten Einwänden von seilen Cassons und Montclairs ausgesetzt, die beide von den zwischen 21 Uhr und Mitternacht vergangenen Stunden sichtlich mitgenommen waren.

«Eine halbe Million Dollar«, wiederholte Montclair unermüdlich,»wie, zum Teufel, sollen wir eine halbe Million Dollar auftreiben?«

«Möglicherweise werden wir die Anregung des Engländers aufgreifen und ein paar Banken ausrauben müssen«, entgegnete Rodin.

«Ich mag den Mann nicht«, sagte Casson.»Er arbeitet allein, ohne Helfer. Solche Männer sind gefährlich. Man hat sie nicht unter Kontrolle.«

Rodin beendete die Diskussion.»Hören Sie, wir haben einen Plan entwickelt, uns auf einen von mir gemachten Vorschlag geeinigt und einen Mann gesucht, der fähig und bereit ist, den Präsidenten der Republik Frankreich gegen Geld zu ermorden. Ich verstehe ein bißchen was von solchen Männern. Wenn es irgend jemand schafft, dann er. Wir haben die Weichen gestellt. Tun wir weiter unsere Arbeit, und lassen wir ihn seine verrichten.«

DRITTES KAPITEL

Während der zweiten Hälfte des Juni und den ganzen Juli des Jahres 1963 hindurch wurde Frankreich von einer Serie gegen Banken, Juwelierläden und Postämter gerichteter Gewaltverbrechen heimgesucht, die damals ohne Beispiel war und sich in diesem Ausmaß seither nicht wiederholt hat. Die Einzelheiten jener Welle von Einbrüchen und Überfällen sind heute aktenkundig.

Von einem Ende des Landes bis zum anderen wurden Bankangestellte von Pistolen, Schrotflinten mit absägtem Lauf und Maschinenpistolen nahezu tagtäglich bedroht. Einbrüche in Juwelierläden häuften sich in den genannten anderthalb Monaten so sehr, daß die örtlichen Polizeikräfte nicht selten, kaum daß sie die Aussagen zitternder und oft auch blutender Juweliere und ihrer Angestellten aufgenommen hatten, schon zu einem weiteren gleichartigen Überfall innerhalb ihres Distrikts gerufen wurden. Zwei Bankangestellte wurden bei dem Versuch, den Räubern Widerstand zu leisten, erschossen.

Gegen Ende Juli hatte sich die Situation derart verschärft, daß die Männer des Corps Republicain de Securite, der jedem Franzosen unter der Abkürzung CRS geläufigen Spezialeinheit zur Niederwerfung von Aufständen und Bekämpfung von Sabotageakten, zusammengerufen und erstmals mit Maschinenpistolen bewaffnet wurden. Die Bankkunden gewöhnten sich rasch an den Anblick eines oder zweier blauuniformierter Gardisten, die mit umgehängter Maschinenpistole in der Schalterhalle Wache standen.

Von den geschädigten Bankiers und Juwelieren, die den Behörden Laxheit vorwarfen, unter Druck gesetzt, verstärkte die Polizei die nächtliche Überwachung der Banken durch vermehrte Kontrollgänge und erhöhten Einsatz von Streifen — jedoch ohne Erfolg, denn die Räuber waren keine professionellen Einbrecher, die sich darauf verstanden, im Schütze der Dunkelheit Tresorkammern aufzusprengen, sondern maskierte Gangster, schwer bewaffnet und entschlossen, beim geringsten Anlaß zu schießen.

Die Überfallgefahr bestand bei Tage, während die Bankschalter geöffnet waren und die Juweliere ihre Kunden bedienten. Überall im Lande, am hellichten Tag, konnten plötzlich zwei oder drei bewaffnete und maskierte Männer auftauchen und» Hände hoch!«befehlen. Drei Bankräuber wurden gegen Ende Juli bei verschiedenen Überfällen angeschossen und festgenommen. Zwei von ihnen waren kleinere Betrüger und Schwindler, von denen man wußte, daß sie die Existenz der OAS als Vorwand zu anarchistischem Treiben benutzten, und bei dem dritten handelte es sich um einen Deserteur aus einem der ehemaligen Kolonialregimenter, der zugab, der OAS anzugehören. Aber trotz eingehender Verhöre in der Polizeipräfektur konnte keiner der drei überredet werden, über die Hintergründe dieser urplötzlich im ganzen Land auftretenden Serie von Raubüberfällen mehr auszusagen, als daß ihm sein »patron« (Bandenchef) das Objekt — eine Bank oder ein Juweliergeschäft — genannt habe. Über kurz oder lang kam die Polizei zu dem Schluß, daß den Festgenommenen der Zweck der Raubüberfälle nicht bekannt war; man hatte ihnen einen Anteil an der Beute versprochen, und da sie nur kleine Diebe waren, hatten sie getan, was man ihnen auftrug.

Die französischen Behörden brauchten nicht allzu lange, um sich darüber klarzuwerden, daß die OAS hinter dem Ganzenstand und auch daß sie aus irgendeinem Grund sehr rasch Geld benötigte. Warum, das sollte die Polizei freilich erst Wochen später, in den ersten vierzehn Tagen des August, herausfinden, und das dann auf eine ganz andere Weise.