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Alexander James Quentin Duggan, geboren am 3. April 1929 in der St.-Markus-Gemeinde, Sambourne Fishley.

Er notierte sich die Einzelheiten, dankte dem Vikar überschwenglich und ging. Wieder in London, wandte er sich an die zentrale Meldestelle für Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle, wo seine Visitenkarte, die ihn als Partner eines Anwaltsbüros in Market Drayton, Shropshire, auswies, wie auch seine Erklärung, daß er den Aufenthaltsort der Enkel einer kürzlich verstorbenen Klientin seiner Firma, die ihnen ihren Grundbesitz vermacht habe, ausfindig zu machen versuche, von einem hilfsbereiten jungen

Behördenangestellten ohne Rückfragen akzeptiert wurden. Eines dieser Enkelkinder sei Alexander James Quentin Duggan, geboren in Sambourne Fishley am 3. April 1929.

Englische Beamte pflegen sich im allgemeinen freundlich und entgegenkommend zu zeigen, wenn sie höflich um eine Auskunft gebeten werden, und der junge Behördenangestellte machte darin keine Ausnahme. Eine Überprüfung der Akten ergab, daß die eingetragenen Daten des betreffenden Kindes mit den vom Auskunftsuchenden angegebenen genau übereinstimmten; ferner, daß es am 8. November 1931 bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen sei. Gegen Zahlung einer Gebühr von wenigen Shilling erhielt der Schakal eine Photokopie sowohl der Geburts- als auch der Sterbeurkunde. Auf seinem Heimweg suchte er eine Filiale des Arbeitsministeriums auf, um sich ein Paßantragsformular aushändigen zu lassen, hielt dann vor einem Spielzeugladen, wo er für 15 Shilling einen Setzkasten für Kinder kaufte, und schließlich an einem Postamt, auf dem er eine Postanweisung über l Pfund ausfüllte.

In seiner Wohnung füllte er das Antragsformular auf den Namen Duggan aus, wobei er Alter, Geburtsdatum usw. bis auf die Personenbeschreibung korrekt angab. Er nannte seine eigene Größe, Augen- und Haarfarbe und schrieb unter» Beruf «schlicht» Geschäftsmann «hin. Den vollen Namen der Eltern, der auf der Geburtsurkunde des Kindes stand, trug er ebenfalls ein. Als Referenz machte er den Reverend James Elderly, Vikar an der St.-Markus-Kirche in Sambourne Fishley, namhaft, den er an jenem Vormittag aufgesucht hatte und dessen voller Name samt seines juristischen Doktortitels praktischerweise auf einem Schild an der Kirchentür prangte. Die Unterschrift des Vikars fälschte er in magerer Handschrift mit verdünnter Tinte und spitzer Feder, und mit Hilfe des Setzkastens verfertigte er einen Stempel mit der Aufschrift:»St.-Markus-Pfarrkirche, Sambourne Fishley«, den er mit festem Druck neben den Namen des Vikars placierte. Die Photokopie der Geburtsurkunde, das ausgefüllte

Antragsformular sowie die Postanweisung schickte er dem Paßamt in der Petty France zu, und die Sterbeurkunde vernichtete er. Vier Tage später, als er gerade die Ausgabe des» Figaro «jenes Morgens las, erhielt er die Benachrichtigung, daß der nagelneue Paß seiner Deckadresse zugestellt worden sei. Er holte ihn sich nach dem Lunch ab. Am späten Nachmittag sperrte er die Wohnung zu und fuhr zum Flughafen hinaus, wo er ein Ticket nach Kopenhagen buchte, und zwar, um die Benutzung eines Scheckhefts zu vermeiden, gegen bar. Im doppelten Boden seines Handkoffers, einem Geheimfach, das kaum dicker als eines der gängigen Publikumsmagazine und so gut wie unauffindbar war, befanden sich 2000 Pfund, die er am gleichen Tage seiner im Tresor einer Anwaltsfirma in Holborn verwahrten Privatkassette entnommen hatte.

Der Besuch in Kopenhagen war kurz und verlief geschäftsmäßig. Bevor er den Flughafen Kastrup verließ, buchte er bei der Sabena für den Nachmittag des folgenden Tages einen Flug nach Brüssel. Als er die Innenstadt erreichte, waren die Geschäfte bereits geschlossen. Er nahm sich im Hotel D'Angleterre am Kongens Nytorv ein Zimmer, aß vorzüglich im» Seven Nations«, flirtete auf einem abendlichen Bummel durch den Tivoli-Park mit zwei dänischen Blondinen und lag um ein Uhr morgens in seinem Hotelbett.

Am nächsten Tag kaufte er bei einem der besten Herrenausstatter Kopenhagens einen leichten Anzug in klerikalem Dunkelgrau, ein Paar schlichte schwarze Schuhe, ein Paar Socken, eine Garnitur Unterwäsche und drei weiße Hemden mit festem Kragen. Er achtete sorgfältig darauf, nur solche Artikel zu kaufen, die auf der Innenseite den Namen ihres dänischen Herstellers auf einem kleinen Stoffschild trugen. Bei den drei weißen Hemden, die er nicht benötigte, ging es ihm lediglich um die Schildchen, die er heraustrennen und an das priesterliche Hemd, den runden hohen Kragen und das Bäffchen annähen würde — drei Bekleidungsartikel, die er sich unter der Vorspiegelung, er sei ein kurz vor dem Empfang der Weihen stehender Theologiestudent, in London besorgt hatte.

Sein letzter Einkauf in Kopenhagen war ein in dänischer Sprache verfaßtes Buch über die bedeutendsten Kirchen und Kathedralen Frankreichs. Zum Lunch nahm er in einem am Seeufer gelegenen Restaurant im Tivoli-Park einen kalten Imbiß zu sich, und um 15 Uhr 15 bestieg er die Maschine nach Brüssel.

VIERTES KAPITEL

Weshalb sich ein Mann von so unbestreitbaren Gaben wie Paul Goossens in mittleren Jahren eine derart schwerwiegende Verfehlung hatte zuschulden kommen lassen können, war nicht nur seinen wenigen Freunden, sondern auch seinen um einiges zahlreicheren Kunden und nicht zuletzt der belgischen Polizei ein Rätsel geblieben. In den dreißig Jahren, in denen er als hochgeschätzte Fachkraft in der Fabrique Nationale in Liege arbeitete, hatte er sich auf einem technischen Spezialgebiet, auf dem Exaktheit absolut unerläßlich ist, den Ruf unfehlbarer Präzision erworben. Und was die Aufrichtigkeit seines Charakters betraf, so hatte es niemals auch nur den Schatten eines Zweifels gegeben. Darüber hinaus war er in jenen dreißig Jahren zum hervorragendsten Experten der Firma für alle Waffenarten und — typen geworden, die sie produziert und die von der winzigsten Damen-Automatic bis zum schwersten Maschinengewehr reichen.

Auch in den Kriegsjahren war sein Verhalten vorbildlich gewesen. Zwar hatte er nach der Besetzung in der dann von den Deutschen geleiteten Waffenfabrik für die Rüstung der Nazis weitergearbeitet, aber eine spätere eingehende Überprüfung seiner beruflichen Laufbahn ergab zweifelsfrei, daß er im Untergrund für die Resistance gearbeitet, sich privat an der

Gewährung sicheren Unterschlupfs für abgeschossene alliierte Flieger beteiligt und in der Fabrik einen Sabotagering geleitet hatte, der dafür sorgte, daß ein beträchtlicher Prozentsatz der hergestellten Waffen entweder nicht zielgenau feuerte oder beim fünfzigsten Schuß explodierte und die deutschen Schützen tötete.

Goossens war ein so bescheidener und zurückhaltender Mann, daß seine Verteidiger alles das später mühsam aus ihm herausholen mußten, um es in der Verhandlung triumphierend zu seiner Entlastung vorzubringen. Es trug wesentlich zur Milderung seines Strafmaßes bei, und die Geschworenen waren von seinem zögernden Eingeständnis beeindruckt, daß er sich über seine Tätigkeit während des Krieges deswegen ausgeschwiegen habe, weil ihm nachträglich erwiesene Ehrungen und verliehene Orden nur in Verlegenheit gebracht hätten.