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Den Colt locker in der geübten Hand, saß Kowalsky, eine hockende bullige Gestalt, die mit dem Schatten des Ventilationsschachts der Klimaanlage verschmolz, in der heißen römischen Nacht auf dem Hoteldach und sorgte sich um ein kleines Mädchen, das mit Leuko-irgendwas in Marseille im Bett lag. Kurz vor Anbruch der Dämmerung kam ihm eine Idee. Er erinnerte sich, daß Jo-Jo, als er ihn das letztemal sah, davon geredet hatte, sich Telephon in seine Wohnung legen zu lassen.

Am gleichen Morgen, an dem Kowalsky seinen Brief bekam, verließ der Schakal das Hotel Amigo in Brüssel und fuhr per Taxi zur Ecke der Straße, in der Goossens wohnte. Er hatte den Büchsenmacher vor dem Frühstück angerufen und sein Kommen für 11 Uhr angekündigt. Um 10 Uhr 30 traf er an der Straßenecke ein und verbrachte eine halbe Stunde damit, auf einer Bank in einer nahen öffentlichen Anlage sitzend, hinter einer aufgeschlagenen Zeitung hervor die Straße zu beobachten.

Sie erschien ihm ruhig genug. Um Punkt 11 Uhr stand er vor der Tür des Büchsenmachers, der ihn einließ und in das vom Korridor abgehende kleine Arbeitszimmer führte. Als der Schakal eingetreten war, schloß Goossens die Haustür ab und legte die Kette vor. Im Büro drehte sich der Schakal zu ihm um.

«Irgendwelche Schwierigkeiten?«fragte er. Der Belgier blickte verlegen drein.

«Nun ja, ich fürchte schon.«

Der Killer sah ihn aus halbgeschlossenen Augen von oben bis unten kalt an.

«Sie sagten mir, wenn ich am 1. August zurückkäme, könnte ich das fertige Gewehr am vierten mitnehmen«, entgegnete er.»Das ist vollkommen richtig«, sagte der Belgier.»Und ich versichere Ihnen, die Schwierigkeit hat nichts mit dem Gewehr zu tun. Das ist fertig, und ich halte es, ehrlich gesagt, für eines meiner Meisterwerke. Schwierigkeiten hat mir der andere Teil des Auftrags bereitet, bei dem ich ganz von vorn anfangen mußte. Kommen Sie, ich zeige es Ihnen.«

Auf der Tischplatte lag ein etwa sechzig Zentimeter langer, fünfundvierzig Zentimeter breiter und zehn Zentimeter hoher Attachekoffer. Goossens öffnete ihn und ließ den Deckel zurückfallen. Der untere Teil des Koffers war in sorgfältig geformte Kästchen gegliedert, deren jedes den Umriß desjenigen Gewehrteils aufwies, den es enthielt.

«Das ist nicht etwa der ursprüngliche Gewehrkasten«, erklärte Goossens.»Der wäre viel zu lang gewesen. Ich habe den Koffer selbst gebaut. Es paßt alles.«

Entlang der oberen Wand des Koffers war der Lauf mit dem Verschluß untergebracht, deren Länge zusammen nicht mehr als fünfundvierzig Zentimeter betrug. Der Schakal hob den Lauf heraus und untersuchte ihn. Er war sehr leicht und sah aus wie der Lauf einer Maschinenpistole. Der Verschluß enthielt einen schmalen Bolzen, der nach rückwärts in einem gerändelten Riegel endete, welcher seinerseits nicht über die Kammer, in die der Bolzen gebettet war, hinausragte.

Der Engländer nahm den gerändelten Riegel zwischen Daumen und Zeigefinger seiner Rechten und drehte ihn ruckartig im Gegenuhrzeigersinn. Der Riegel rastete aus und legte sich nach links. Als der Engländer an ihm zog, glitt er zurück und ließ die schimmernde Kehlung sichtbar werden, in welcher das Geschoß liegen würde, sowie das dunkle Loch am hinteren Ende des Laufs. Er stieß den Riegel wieder nach vorn und drehte ihn jetzt im Uhrzeigersinn. Geschmeidig rastete er ein.

Unmittelbar unter dem rückwärtigen Ende des Bolzens war eine runde Stahlscheibe von etwas mehr als einem Zentimeter Dicke angeschweißt worden, deren Durchmesser zwei Zentimeter betrug. Der obere Teil der Scheibe wies eine halbmondförmige Perforation auf, die dem Bolzen nach hinten freien Durchlaß gewährte. Im Zentrum der Scheibe befand sich ein Loch von etwas mehr als einem Zentimeter Durchmesser, dessen Ränder, offenbar zur Aufnahme einer Schraube, gerillt waren.

«Das dient zur Befestigung der Streben für die Schulterstütze«, sagte der Belgier.

Der Schakal bemerkte, daß außer den Flanschen entlang der Unterseite des Schlosses vom Holzschaft des ursprünglichen Gewehrs nichts mehr geblieben war. Die beiden Löcher, in denen die den Holzteil mit dem Gewehr verbindenden Schrauben gesessen hatten, waren sorgfältig gedichtet und gebläut worden.

Er drehte das Gewehr herum und betrachtete die Unterseite. Unter dem Verschluß befand sich ein schmaler Schlitz, durch den die Unterseite des Bolzens zu sehen war, der die Zündnadel, die das Geschoß abfeuerte, enthielt. Durch beide Schlitze hindurch ragte der Stumpf des Abzugs; er war in Höhe des Verschlußmantels abgesägt worden.

An dem Stumpf befand sich ein angeschweißter Metallknopf, der ebenfalls ein gerilltes Loch aufwies. Schweigend reichte Goossens dem Engländer ein zweieinhalb Zentimeter langes, gekrümmtes und an einem Ende gerilltes Metallstückchen. Der Schakal führte das gerillte Ende in das Loch ein und drehte die Abzugzunge rasch mit Zeigefinger und Daumen fest. Als sie angeschraubt war, ragte sie unterhalb des Verschlusses heraus.

Der Belgier griff in den kofferartigen Behälter, der geöffnet auf dem Tisch lag, und hielt eine einzelne, schmale Stahlstange hoch, die an einem Ende ein Gewinde aufwies.

«Die erste Strebe für die Schulterstütze«, sagte er.

Der Killer paßte das Ende der Stahlstange in das Loch hinten am Verschluß ein und schraubte sie fest. Von der Seite gesehen, ragte die Stange in einem abwärts geneigten Winkel von dreißig Grad rückwärts aus dem Gewehr heraus. Fünf Zentimeter vor ihrem gerillten Ende war sie flach gewalzt und durch die Mitte dieses abgeflachten Teils in schräger Richtung ein Loch gebohrt worden.

Goossens hielt eine zweite Stahlstange hoch.

«Die obere Strebe«, sagte er.

Auch sie wurde eingeschraubt, so daß jetzt beide Streben — die obere in einem flacheren Winkel als die untere — nach hinten aus dem Gewehr herausragten wie ein spitzwinkeliges Dreieck, dem die Basis fehlte. Goossens ergänzte sie. Die Schulterstütze war gekrümmt, etwa fünfzehn Zentimeter lang und üppig mit schwarzem Leder gepolstert. An beiden Enden der Schulterstütze befand sich ein kleines Loch.

«Hier gibt es nichts anzuschrauben«, sagte der Büchsenmacher.»Drücken Sie es nur gegen die Enden der Streben.«

Der Engländer tat es, und die Schulterstütze rastete ein. Von der Seite betrachtet, sah das Gewehr mit Abzug und einem Kolben, dessen Umrisse von den beiden Streben sowie der Schulterstütze gebildet wurden, jetzt viel normaler aus. Der Schakal brachte es in Anschlag, zielte, die linke Hand an der Unterseite des Laufs, den rechten Zeigefinger um den Abzug gekrümmt, auf die gegenüberliegende Wand und drückte durch. Im Verschluß machte es leise» klick«.

Er drehte sich zu dem Belgier um, der in jeder Hand eine etwa fünfundzwanzig Zentimeter lange schwarze Röhre hielt.

«Schalldämpfer«, sagte der Engländer. Er nahm die ihm gereichte Röhre entgegen und betrachtete den mündungsnahen Teil des Laufs, der mit feinen Rillen versehen war. Der Schakal streifte das breitere Ende des Schalldämpfers über den Lauf und schraubte es fest.

Der Schalldämpfer ragte über die Mündung hinaus wie eine lange Wurst. Der Engländer streckte die Hand aus, und Monsieur Goossens reichte ihm das Zielfernrohr.

In Längsrichtung war oben auf dem Lauf eine Anzahl zweibahniger Nuten eingefräst, in welche die gefederten Klammern an der Unterseite des Zielfernrohrs gedrückt wurden, um die parallele Richtung von Lauf und Teleskop zu gewährleisten. Auf der rechten Seite des Zielfernrohrs wie auch oben auf ihm waren winzige Einstellschrauben angebracht, die zum Adjustieren des Fadenkreuzes in der Optik dienten. Wieder hob der Engländer das Gewehr, kniff das linke Auge zu und blinzelte mit dem rechten, zum Schein zielend, durchs Fernrohr. Dem flüchtigen Beobachter mochte er wie ein Gentleman erscheinen, der sich in einem eleganten Waffengeschäft am Piccadilly Square ein neues Jagdgewehr zeigen ließ. Aber was noch vor zehn Minuten eine Anzahl merkwürdig aussehender Einzelteile gewesen war, war kein Jagdgewehr mehr; es war eine weitreichende, schallgedämpfte Mordwaffe. Der Schakal setzte sie ab. Er wandte sich dem Belgier zu und nickte zufrieden.