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«Merci, monsieur«, sagte der Büchsenmacher und steckte die zwanzig 25-Pfund-Noten ein. Stück für Stück nahm er das Gewehr auseinander und bettete die Einzelteile sorgsam in die mit Flanell ausgeschlagenen Kästen des Attachekoffers. Das Explosivgeschoß, um das der Killer gebeten hatte, wurde in Seidenpapier gewickelt und in das für die Reinigungslappen und — bürsten vorgesehene Fach gelegt. Als der Koffer geschlossen war, reichte er ihn mitsamt der Munitionsschachtel dem Engländer, der die Munition in die Tasche steckte und den Attachekoffer in die Hand nahm.

Höflich geleitete Goossens ihn hinaus.

Der Schakal war rechtzeitig zum Lunch wieder in seinem Hotel. Bevor er in den Speisesaal ging, stellte er den Koffer mit dem zerlegten Gewehr in den Garderobenschrank, schloß ihn ab und steckte den Schlüssel ein.

Am Nachmittag schlenderte er zum Hauptpostamt hinüber und verlangte, mit einer Nummer in Zürich verbunden zu werden. Es dauerte eine halbe Stunde, bis die Verbindung zustande kam, und weitere fünf Minuten, bis Herr Meier an den Apparat geholt worden war. Der Engländer meldete sich, indem er zunächst eine Nummer und dann seinen Namen nannte.

Herr Meier entschuldigte sich für einen Augenblick und war nach zwei Minuten wieder da. Der Tonfall seiner Stimme, der eben noch vorsichtige Zurückhaltung verraten hatte, war wie ausgewechselt. Kunden, deren Guthaben in Dollar und Schweizer Franken stetig wuchs, verdienten mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt zu werden. Der Mann in Brüssel stellte eine Frage, und wiederum entschuldigte sich der schweizerische Bankmanager, um diesmal in weniger als dreißig Sekunden die gewünschte Auskunft: zu geben. Er hatte offenkundig die Bankauszüge und Unterlagen des Kunden aus dem Safe holen lassen und durchgesehen.»Nein, mein Herr«, sagte er.»Wir haben Ihre Anweisung hier vorliegen, daß Sie per LuftpostExpreßbrief unterrichtet zu werden wünschen, sobald neue Einzahlungen erfolgt sind, aber bisher ist in dem von Ihnen genannten Zeitraum nichts überwiesen worden.«

«Danke, Herr Meier. Ich frage nur, weil ich seit zwei Wochen nicht in London war und es für möglich hielt, daß in der Zwischenzeit etwas gekommen sein könnte.«

«Nein, es ist nichts gekommen. Sobald etwas eingezahlt wird, werden wir Sie unverzüglich benachrichtigen.«

Noch ehe der von Herrn Meier geäußerte Schwall guter Wünsche verebbt war, hängte der Schakal ein, erlegte die geforderte Gebühr und ging.

Kurz nach 18 Uhr betrat er die Bar in der Nähe der rue Neuve, wo der Fälscher ihn bereits erwartete. Der Engländer erspähte einen freien Eckplatz und forderte den Fälscher mit einem Kopfnicken auf, sich zu ihm zu setzen.

«Fertig?«fragte er, als der Belgier an seinen Tisch kam.

«Ja, alles fertig. Und beste Arbeit, das muß ich selber sagen.«

Der Engländer streckte die Hand aus.»Zeigen Sie her«, befahl er. Der Belgier zündete sich eine von seinen» Bastos «an und schüttelte den Kopf.

«Bitte begreifen Sie, Monsieur. Hier gibt es zu viele Neugierige. Außerdem brauchen Sie gutes Licht, um sie sich anzusehen, besonders die französischen Karten. Ich habe sie im Studio.«

Der Schakal maß ihn mit einem kalten Blick und nickte dann.

«Gut, also gehen wir dahin, wo wir unter uns sind und ich sie mir genau anschauen kann. «Wenige Minuten später verließen sie die Bar und fuhren im Taxi zur Ecke der Straße, in der sich das Kellerstudio befand. Es war ein warmer Abend, die Sonne schien noch immer, und der Schakal trug wie stets im Freien seine dunkle Sonnenbrille, die wie eine Skibrille große Partien seiner oberen Gesichtshälfte bedeckte und ihn davor schützte, erkannt zu werden.

Die Straße war jedoch so eng, daß kein Sonnenstrahl in sie drang. Ein alter Mann kam ihnen entgegen, aber er war von Gicht gebeugt und schlurfte mit gesenktem Kopf dahin.

Der Fälscher ging vor dem Schakal die Treppe hinunter und schloß die Tür auf. Im Studio war es fast so dunkel, als sei es draußen bereits Nacht. Nur ein paar Streifen trüben Tageslichts sickerten zwischen den an der Innenseite der Scheibe neben der Tür befestigten schaurigen Photos hindurch, so daß der Engländer im Vorraum die Umrisse des Sessels und des Tisches erkennen konnte. Durch den geteilten Samtvorhang ging der Fälscher ihm voran in das Studio und schaltete das Oberlicht ein.

Aus seiner inneren Jackentasche zog er einen braunen Umschlag hervor und breitete den Inhalt auf dem kleinen runden Mahagonitisch aus, der bei Porträtaufnahmen als Requisit diente. Dann trug er das Tischchen in die Mitte des Raums unter die Lampe. Die beiden Scheinwerfer auf der winzigen Bühne an der hinteren Wand des Studios blieben ausgeschaltet.

«Bitte, Monsieur. «Er lächelte breit und deutete auf die drei Ausweise, die auf dem Tisch lagen. Der Engländer nahm den ersten zur Hand und betrachtete ihn unter dem Licht. Es war sein Führerschein. Ein auf die erste Seite geklebter Zettel bekundete, daß Mr. Alexander James Quentin Duggan, wohnhaft in London W. 1., berechtigt sei, innerhalb des Zeitraums vom 10. Dezember 1960 bis zum 9. Dezember 1963 einschließlich Motorfahrzeuge der Gruppen la, Ib, 2, 3, 11, 12 und 13 zu fahren. Darüber war die Nummer des polizeilichen Kennzeichens (eine fiktive Nummer natürlich) angegeben und als ausstellende Behörde das» London County Council «mit dem Zusatz» Road Traffic Act 1960«vermerkt, und ganz oben schließlich stand» Driving Licence «sowie» Fee of 15/- received«. Soweit der Schakal es beurteilen konnte, war es eine perfekte Fälschung; für seine Zwecke jedenfalls schien sie ihm vollkommen ausreichend zu sein. Das zweite Dokument war eine auf den Namen Andre Martin ausgestellte französische Identitätskarte, die das Alter ihres in Colmar geborenen und in Paris wohnhaften Inhabers mit dreiundfünfzig Jahren angab. Um zwanzig Jahre gealtert, mit grauem, bürstenartig geschnittenem, wirrem Haar, starrte ihm aus dem auf eine Ecke der Karte geklebten Photo sein eigenes Gesicht mit leidender Miene entgegen. Die Karte selbst war fleckig und hatte Eselsohren.

Das dritte Exemplar interessierte ihn am meisten. Die Photographie, mit der es versehen war, unterschied sich ein wenig von,derjenigen auf der Identitätskarte, denn das Ausstellungsdatum j beider differierte um einige Monate, weil die Verlängerung, hätte es sich um echte Ausweise gehandelt, vermutlich nicht zum gleichen Datum fällig gewesen wäre.

Das Photo auf dem Ausweis, den er in der Hand hielt, war ebenfalls vor fast zwei Wochen aufgenommen worden, zeigte ihn jedoch in einem dunkleren Hemd und mit der Andeutung eines Stoppelbarts um das Kinn herum. Dieser Effekt war das Resultat geschickter Retuschen, die den Eindruck vermittelten, daß es sich bei den beiden Photographien um zu verschiedenen Zeitpunkten aufgenommene Porträts eines und desselben Mannes in jeweils anderer Bekleidung handelte. In beiden Fällen hatte sich das handwerkliche Können des Fälschers als ausgezeichnet erwiesen. Der Schakal blickte auf und steckte die Ausweise ein.

«Sehr hübsch«, sagte er.»Genau das, was ich suchte. Gratuliere. Wenn ich nicht irre, bekommen Sie noch fünfzig Pfund.«

«Das stimmt, Monsieur. «Der Fälscher lächelte erwartungsvoll.

Der Engländer zog ein einzelnes Päckchen von zehn Fünfpfundnoten aus der Tasche und hielt es ihm mit spitzen Fingern unter die Nase. Bevor er das Bündel losließ, sagte er:»Etwas fehlt noch.«

Der Belgier versuchte vergeblich, so zu tun, als verstände er nicht.

«Monsieur?«

«Die erste Seite des Führerscheins. Die echte, die ich wiederhaben wollte.«

Es konnte kein Zweifel darüber bestehen, daß der Fälscher Theater spielte. Er hob die Brauen in übertriebener Überraschung, als sei ihm die Sache eben erst wieder eingefallen, ließ das Päckchen Banknoten los, drehte sich auf dem Absatz um und entfernte sich, die Arme auf dem Rücken, mit gesenktem Kopf, als sei er in tiefes Nachdenken versunken, ein paar Schritte vom Schakal. Dann kehrte er um und kam zurück.