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Rob J.s Verletzung war nicht schwer, aber alles andere als ein bloßer Kratzer. Das Geschoss hatte zwar den Knochen verfehlt, jedoch Fleisch und Muskeln weggerissen. Coppersmith versorgte die Wunde sorgfältig und schien bei dieser Aufgabe große Befriedigung zu empfinden.

Rob J. wurde mit sechsunddreißig anderen Verwundeten in ein Lazarett in Fredericksburg gebracht, wo er zehn Tage blieb. Sie waren in einem ehemaligen Lagerhaus untergebracht, das sauberer hätte sein können, doch der diensthabende Sanitätsoffizier, ein Major namens Sparrow, der vor dem Krieg in Connecticut praktiziert hatte, war ein fähiger Mann. Rob J. erinnerte sich an Dr. Milton Akersons Experimente mit Chlorwasserstoff in Illinois, und Dr. Sparrow gestattete ihm, seine eigene Wunde von Zeit zu Zeit mit einer milden Chlorwasserstofflösung auszuwaschen. Es brannte, doch die Wunde heilte langsam ohne Infektion, und die beiden Ärzte kamen überein, dass es wahrscheinlich sinnvoll sei, dieses Verfahren auch bei anderen Patienten anzuwenden. Rob J. war in der Lage, seine Finger abzubiegen und seine linke Hand zu bewegen, obwohl es ziemlich schmerzte. Er war sich mit Dr. Sparrow einig, dass es noch zu früh sei, darüber zu urteilen, inwieweit der verletzte Arm schließlich wieder zu gebrauchen wäre.

Colonel Symonds kam ihn nach einer Woche im Lazarett besuchen. »Fahren Sie heim, Doktor Cole! Wenn Sie sich erholt haben und zu uns zurückkommen wollen, sind Sie herzlich willkommen«, sagte er, obwohl beide wussten, dass Rob J. nicht zurückkommen würde. Symonds dankte ihm unbeholfen. »Falls ich überlebe und es Sie irgendwann einmal nach Fort Wayne in Indiana verschlägt, müssen Sie mich unbedingt in der Symonds Lamp Chimney Factory besuchen. Und dann werden wir eine Menge essen und eine Menge trinken und endlos über die schlechten alten Zeiten reden.« Sie schüttelten einander bewegt die Hand, bevor der junge Colonel ging.

Rob J. brauchte dreieinhalb Tage, um nach Hause zu kommen, und musste nach der Fahrt mit der Baltimore & Ohio Railway viermal auf andere Bahnlinien umsteigen. Alle Züge fuhren mit Verspätung, waren schmutzig und vollgestopft mit den unterschiedlichsten Reisenden. Robs Arm hing in einer Schlinge, doch da er hier nur irgendein Zivilist mittleren Alters war, stand er mehrmals für fünfzig Meilen oder mehr auf dem Gang eines schwankenden Waggons. In Canton, Ohio, wartete er einen halben Tag auf den Anschlusszug, und dann teilte er sich einen Doppelsitzplatz mit einem Vertreter namens Harrison, der für eine Handelsfirma arbeitete, die Tintenpulver an die Army verkaufte. Der Mann erzählte ihm, er sei mehrmals auf Hörweite am Kampfgeschehen gewesen, und steckte voller unwahrscheinlicher Geschichten, die mit den Namen wichtiger militärischer und politischer Persönlichkeiten gespickt waren, doch Rob J. störte dies nicht, denn die Erzählungen ließen die Zeit schneller vergehen. Schließlich gab es in den heißen, überbesetzten Wagen kein Wasser mehr. Wie die anderen trank auch Rob J. aus, was er dabeihatte, und wurde dann von Durst geplagt. Schließlich hielt der Zug an einem Kleinbahnhof in der Nähe eines Armeelagers am Rande von Marion, um Brennstoff aufzunehmen, und die durstigen Passagiere drängten aus den Waggons, um sich aus einem kleinen Fluss Wasser zu holen. Auch Rob J.

war unter ihnen, doch als er sich hinkniete, um seine Feldflasche zu füllen, entdeckte er etwas, das ihm den Magen umdrehte: Irgend jemand hatte benutzte Kompressen, blutige Verbände und anderen Krankenhausabfall in den Wasserlauf geworfen. Als Rob J. nach ein paar Schritten weitere Müllplätze entdeckte, schraubte er seine Feldflasche wieder zu und riet den anderen Passagieren, das gleiche zu tun.

Der Schaffner sagte, ein Stückchen weiter, in Lima, gebe es sauberes Wasser, und Rob J. kehrte auf seinen Platz zurück. Nachdem der Zug seine Fahrt fortsetzte, schlief er, und auch das Rattern und Schaukeln des Waggons weckte ihn nicht.

Als er endlich aufwachte, erfuhr er, dass der Zug Lima gerade verlassen hatte. »Ich wollte mir doch Wasser holen«, sagte er verärgert. »Machen Sie sich deswegen keine Gedanken«, tröstete ihn Harrison. »Ich habe welches.« Und damit reichte er Rob J. seine Flasche, und der nahm dankbar einen großen Schluck.

»Gab es in Lima genug Wasser für alle?« fragte er, während er die Flasche zurückgab.

»Oh, ich habe in Lima nichts gebraucht. Ich habe meinen Vorrat in Marion aufgefüllt, als wir Brennstoff einluden.« Der Mann wurde leichenblass, als Rob J. ihm erzählte, was er in dem Fluss gesehen hatte. »Dann werden wir jetzt krank?«

»Das kann man nicht so genau sagen.« Hinter Gettysburg hatte Rob J. eine ganze Kompanie vier Tage lang aus einer Quelle trinken sehen, in der, wie sich herausstellte, zwei tote Konföderierte lagen, und es hatte den Soldaten nichts geschadet. Er zuckte mit den Achseln. »Aber es würde mich nicht wundern, wenn wir beide in ein paar Tagen einen ordentlichen Durchfall bekämen.«

»Können wir nicht was dagegen tun?«

»Whiskey wäre nicht schlecht.«

»Überlassen Sie das mir!« Harrison machte sich auf die Suche nach dem Schaffner. Als er zurückkam, war wohl sein Geldbeutel leichter, dafür aber brachte er eine große Flasche mit, die noch zu zwei Dritteln voll war. Der Whiskey sei so stark, meinte Rob J., nachdem er ihn probiert hatte, dass er eigentlich wirken müsse. Als die beiden sich in South Bend trennten, war jeder überzeugt, dass der andere ein feiner Kerl sei, und sie schüttelten einander zum Abschied herzlich die Hände. Rob J. war schon in Gary, als ihm einfiel, dass er Harrisons Vornamen gar nicht kannte.

Er kam in der Kühle des frühen Morgens in Rock Island an. Ein frischer Wind wehte vom Fluss herauf. Rob J.

verließ erleichtert den Zug und ging mit dem Koffer in der gesunden Hand durch die Stadt. Er wollte eigentlich Pferd und Wagen mieten, doch dann traf er auf der Straße George Cliburn, und der Futtermittelhändler begrüßte ihn freudig und bestand darauf, ihn mit seinem Fuhrwerk nach Holden’s Crossing zu bringen.

Als Rob J. durch die Tür des Farmhauses trat, wollte Sarah sich gerade zu ihrem Frühstücksei und einem Brötchen vom Vortag an den Tisch setzen. Sie sah ihn an, ohne ein Wort zu sagen, und dann fing sie an zu weinen. Lange Zeit hielten sie einander umschlungen. »Bist du schwer verletzt?« fragte sie schließlich. Er versicherte ihr, dass es nicht schlimm sei.

»Du bist dünn geworden.« Sie wollte ihm ein Frühstück machen, doch er erklärte, er werde später etwas essen.

Er begann sie zu küssen und wollte sie, ungeduldig wie ein Junge, gleich auf dem Tisch oder dem Fußboden haben, doch sie meinte, es sei an der Zeit, dass er endlich in sein Bett komme, und er folgte ihr eiligst die Treppe hinauf. Im Schlafzimmer überkam ihn plötzlich Befangenheit. »Ich glaube, ich sollte erst einmal gründlich baden«, meinte er nervös. Sie flüsterte, er könne auch danach baden. Die langen Monate der Trennung, seine Erschöpfung und der Schmerz im Arm fielen mit seinen Kleidern von ihm ab. Sie küssten und erforschten einander begieriger als damals nach ihrer Hochzeit bei der Großen Erweckung in der Scheune des Farmers, denn jetzt wussten sie, was ihnen so gefehlt hatte. Seine gesunde Hand fand sie, und er ließ seine Finger sprechen.

Nach einer Weile gaben Sarahs Knie nach, und er zuckte vor Schmerz zusammen, als sie gegen ihn sank. Sie sah sich die Wunde an, ohne zu erbleichen, half ihm dann, den Arm wieder in die Schlinge zu legen, und zwang ihn, sich auf das Bett zu legen und die Initiative ihr zu überlassen. Rob J. schrie während sie sich liebten; einmal, weil der Arm weh tat.

Freude erfüllte ihn, nicht nur darüber, zu seiner Frau zurückgekehrt zu sein, sondern auch darüber, die Pferde im Stall mit Äpfeln füttern und feststellen zu können, dass sie sich an ihn erinnerten; zu Alden zu gehen, der gerade Zäune reparierte, und die Herzlichkeit auf dem Gesicht des alten Mannes zu sehen; den Kurzen Weg durch den Wald zum Fluss zu nehmen und unterwegs anzuhalten und Unkraut von Makwa-ikwas Grab zu entfernen; in der Nähe, wo das hedonoso-te gestanden hatte, an einen Baum gelehnt einfach nur dazusitzen und das Wasser friedlich vorbeifließen zu sehen, ohne dass vom anderen Ufer Soldaten mit schrecklichem Kriegsgeschrei heranstürmten und schossen. Spät an diesem Nachmittag gingen er und Sarah auf dem Langen Weg zu den Geigers. Auch Lillian weinte, als sie ihn sah, und küsste ihn auf den Mund. Der letzten Nachricht zufolge sei Jason bei guter Gesundheit, erzählte sie, und habe einen Posten als Verwalter eines großen Krankenhauses am James River.