Выбрать главу

»Dann war ich ganz in seiner Nähe«, sagte Rob J. »Nur ein paar Stunden entfernt.«

Lillian nickte. »So Gott will, kommt er bald nach Hause.« Sie konnte den Blick kaum von Rob J.s Arm wenden.

Sarah lehnte die Einladung zum Abendessen ab: Sie wollte ihren Mann ganz für sich allein haben.

Doch das war ihr nur zwei Tage lang gegönnt, denn am dritten Morgen hatte es sich herumgesprochen, dass Rob J. zurück war. Die Leute kamen - einige nur, um ihn zu begrüßen, doch der größte Teil, um das Gespräch wie zufällig auf einen Furunkel am Bein oder einen schlimmen Husten oder Bauchschmerzen zu bringen, die nicht vergehen wollten. Sarah kapitulierte. Alden sattelte Boss für ihn, und Rob J. ritt zu einem halben Dutzend Farmen, um alte Patienten zu besuchen.

Tobias Barr hatte zwar fast jeden Mittwoch in Holden’s Crossing Sprechstunde gehalten, doch die Leute waren nur in Notfällen hingegangen, und Rob J. stand vor derselben Aufgabe wie damals, als er neu nach Holden’s Crossing gekommen war: unbehandelte Leistenbrüche verfaulte Zähne und chronische Bronchitis. Bei den Schroeders sagte er, er sei erleichtert, dass Gustav nicht noch mehr Finger bei irgendwelchen Unfällen auf der Farm verloren habe, was wirklich stimmte, obwohl er es scherzhaft sagte. Alma servierte ihm Zichorienkaffee und Mandelbrot und erzählte ihm die lokalen Neuigkeiten, von denen ihn einige sehr betrübten. Paul Gruber war im letzten August auf seinem Weizenfeld tot umgefallen. »Wahrscheinlich das Herz«, meinte Gus. Und Suzy Gilbert, die immer darauf bestanden hatte, Rob J. schwere Kartoffelpfannkuchen vorzusetzen, war einen Monat zuvor im Kindbett gestorben. Es gab Neuzugänge in der Stadt: Familien aus Neuengland und aus dem Staat New York sowie drei katholische Familien, die frisch aus Irland eingewandert waren. Er könne kein Wort verstehen, was die redeten, sagte Gus mit starkem deutschem Akzent, und Rob J. konnte nicht umhin zu lächeln. Am Nachmittag ritt er an einer inzwischen umfangreichen Ziegenherde vorbei zum Konvent der Franziskanerinnen.

Miriam Ferocia begrüßte ihn strahlend. Er setzte sich in den Bischofssessel und erzählte ihr, was er erlebt hatte.

Als er von Lanning Ordway und dessen Brief an Reverend David Goodnow berichtete, hing sie gespannt an seinen Lippen. Sie bat ihn, Goodnows Namen und Adresse notieren zu dürfen. »Es gibt Menschen, für die diese Information sehr wertvoll sein wird«, sagte sie.

Und dann erzählte sie ihm von ihrer Welt. Der Konvent blühte: Vier neue Nonnen und zwei Novizinnen waren dazugekommen, und neuerdings fanden sich auch Leute zum Sonntagsgottesdienst ein. Wenn weiterhin Siedler zuzögen, meinte sie, werde bald eine katholische Kirche gebaut.

Er hatte den Verdacht, dass sie seinen Besuch erwartet hatte, denn er war noch gar nicht lange da, als Schwester Mary Peter Celestine eine Platte mit frischgebackenen, dünnen, knusprigen Salzkeksen und ausgezeichnetem Ziegenkäse brachte. Und richtigen Kaffee, den ersten, den er seit mehr als einem Jahr getrunken hatte, mit sahniger Ziegenmilch.

»Wollen Sie mich mästen?« fragte er scherzhaft.

»Es ist schön, dass Sie wieder zu Hause sind«, erwiderte die grimmige Miriam lächelnd.

Mit jedem Tag fühlte er sich kräftiger. Er ließ sich aber mit allem noch Zeit, schlief lange, genoss Sarahs gute Küche und schlenderte über die Farm. Und jeden Nachmittag behandelte er ein paar Patienten.

Er musste sich an das gute Leben erst wieder gewöhnen. Am siebten Tag taten ihm Arme, Beine und der Rücken weh. Er lachte darüber und erklärte Sarah, er sei wohl nicht mehr gewohnt, in einem Bett zu schlafen.

Und dann spürte er eines Morgens, als er noch im Bett lag, ein Grummeln in seinem Bauch, versuchte es aber zu ignorieren, weil er noch nicht aufstehen wollte. Doch dann konnte er den Drang nicht mehr hinausschieben, und er war erst halb die Treppe hinunter, als er anfing zu rennen, wovon Sarah aufwachte.

Er schaffte es nicht bis zum Aborthäuschen, sondern hockte sich neben den Weg ins Unkraut wie ein betrunkener Soldat und brummte und stöhnte, als es aus ihm herausbrach.

Sarah war ihm gefolgt, und es war ihm sehr peinlich, dass sie ihn so sah.

»Was ist los?« fragte sie.

»Wasser... im Zug«, keuchte er.

Im Laufe der Nacht kamen noch drei Schübe. Am Morgen schluckte er Rizinusöl, um seinen Körper ganz zu reinigen, und als er sich am Abend immer noch elend fühlte, nahm er Bittersalz. Am Tag darauf bekam er hohes Fieber und wurde von schrecklichen Kopfschmerzen geplagt, und er wusste, was ihm fehlte, noch bevor Sarah ihn an diesem Abend zum Waschen auszog und die roten Flecken auf seinem Bauch sah.

»Wir haben schon genug Leute mit Typhus behandelt und durchgebracht«, erklärte Sarah resolut. »Du musst mir nur sagen, was ich dir zu essen geben soll.«

Der bloße Gedanke an Essen verursachte ihm Übelkeit, doch er erklärte es ihr trotzdem. »Fleischbrühe - mit Gemüse, wenn du welches bekommen kannst. Fruchtsäfte. Aber zu dieser Jahreszeit...«

In einem Fass im Keller seien noch Apfel, sagte sie, und Alden werde sie zerstampfen. Sie entwickelte eine eifrige Geschäftigkeit, denn es war besser zu arbeiten, als sich zu sorgen. Doch nach weiteren vierundzwanzig Stunden erkannte sie, dass sie Hilfe brauchen würde, denn die Reinigung der Bettpfannen, das ständige Umziehen und Baden, um das Fieber zu drücken, das Auskochen der Wäsche hatten ihr kaum Zeit zum Schlafen gelassen. Sie schickte Alden zum Konvent, um die Nonnen zu bitten, ihr zu helfen. Sie kamen zu zweit, wie Sarah es erwartet hatte, da sie wusste, dass sie immer paarweise arbeiteten: eine junge Nonne mit einem Babygesicht namens Schwester Mary Benedicta und eine ältere Frau, hochgewachsen und mit einer langen Nase, die sich als Mater Miriam Ferocia vorstellte. Als sie in sein Zimmer traten, öffnete Rob J. die Augen. Er lächelte, nachdem er erkannt hatte, wer gekommen war, und Sarah verschwand in das Zimmer der Jungen und schlief sechs Stunden lang.

Die Nonnen waren gute Krankenschwestern. Das Zimmer des Patienten sah stets ordentlich aus, und es roch nie schlecht darin. Nach drei weiteren Tagen sank Rob J.s Fieber. Zuerst freuten sich die drei Frauen, doch dann zeigte Mater Miriam Ferocia Sarah, dass der Stuhl blutig wurde, und sie schickten Alden nach Rock Island, um Dr. Barr zu holen.

Als der Arzt eintraf, bestand der Stuhl fast nur noch aus Blut, und Rob J. war sehr blass. Seit der ersten krampfartigen Darmentleerung waren acht Tage vergangen.

»Die Krankheit ist sehr schnell vorangeschritten«, stellte Dr. Barr fest, als befände er sich auf einem Treffen der Ärztegesellschaft. »Manchmal tut sie das«, erwiderte Rob J.

»Vielleicht sollten wir Chinin oder Kalomel einsetzen«, meinte Dr. Barr. »Manche glauben, die Krankheit sei so ähnlich wie Malaria.« Rob J. widersprach. »Typhus hat nichts mit Malaria zu tun«, sagte er mühsam.

Tobias Barr hatte nicht so viel in der Anatomie gearbeitet wie Rob J., doch auch er wusste, was die schweren Blutungen bedeuteten. Der Darm war durch den Typhus siebartig durchlöchert worden, und der Zustand würde nur noch schlimmer werden. Rob J. würde nicht mehr lange durchhalten. »Ich könnte Ihnen etwas Dover’s Powder dalassen«, schlug Dr. Barr vor. Dover’s Powder war eine Mischung aus Brechwurz und Opium. Rob J.