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Alles geschah schweigend, nur das Einatmen von Luft, ein belustigtes Brummen, ein Keuchen waren zu hören.

Er musste nur wenig tun. Er hätte gern die Lust hinausgezögert, doch er konnte es nicht, er hatte zu lange abstinent gelebt. Sie war erfahren und geschickt, er war drängend und schnell - und danach enttäuscht. Als würde man in eine wunderbare Frucht beißen und merken, dass sie nicht das ist, was man erhofft hatte.

Als er dann im Dunkeln den Körper erkundete, schienen ihm die Brüste schlaffer, als er sie in Erinnerung hatte, und die Haut unter seinen Fingern war glatt und narbenlos. Er krabbelte zum Feuer, nahm ein glimmendes Scheit und schwenkte es, bis es brannte. Als er dann mit dieser Fackel zum Lager zurückkroch, seufzte er: Das breite, flache Gesicht, das ihn anlächelte, war in keiner Weise unerfreulich, er hatte es nur noch nie zuvor gesehen.

Am nächsten Morgen kehrte Makwa-ikwa in ihr Langhaus zurück. Sie trug wieder ihr gewohntes formloses Kleid aus verblichenem, grobem Stoff. Offensichtlich war das Kranichfest zu Ende. Rob J. lag verdrossen da, während sie den Maisbrei für das Frühstück zubereitete, und verbot ihr, ihm je wieder eine Frau zu schicken. Sie nickte auf eine höfliche, unverbindliche Art, die sie zweifellos als Mädchen gelernt hatte, wenn die christlichen Lehrer streng mit ihr sprachen. Die nächtliche Besucherin, die sie ihm geschickt habe, heiße Rauchfrau, sagte sie, und während sie den Brei kochte, erzählte sie ihm ohne Gefühlsregung, dass sie selbst nicht mit einem Mann schlafen könne, denn wenn sie es täte, würde sie ihre Heilkräfte verlieren. Verdammter Eingeborenenblödsinn, sagte er sich verzweifelt. Doch sie glaubte offensichtlich daran.

Dann dachte er darüber nach, während sie den Maisbrei aßen und ihren herben Sauk-Kaffee tranken, der noch bitterer schmeckte als sonst. Der Gerechtigkeit halber musste er eingestehen, dass auch er sie verschmähen würde, wenn der Beischlaf das Ende seines ärztlichen Praktizierens bedeutete. Gegen seinen Willen musste er die Art bewundern, wie sie die Situation gemeistert hatte. Sie hatte es so eingerichtet, dass das Feuer seiner Leidenschaft gelöscht war, bevor sie ihm offen und ehrlich sagte, wie die Dinge standen. Eine höchst ungewöhnliche Frau, gestand er sich nicht zum erstenmal ein.

An diesem Nachmittag drängten sich die Sauks in das hedonoso-te, in dem Rob die ganze Zeit gelegen hatte.

Pyawanegawa hielt eine kurze, an seine Stammesbrüder gerichtete Ansprache, doch Makwa-ikwa übersetzte sie für Rob.

»I’neni’wa. Er ist ein Mann«, sagte der große Indianer und verkündete, dass Cawso wabeskiou, der Weiße Schamane, von nun an ein Sauk und einer der Langen Haare sei. Für den Rest ihrer Tage würden alle Sauks Brüder und Schwestern von Cawso wabeskiou sein. Der Läufer von den Tapferen Männern, der ihn bewusstlos geschlagen hatte, nachdem das Stock-und-Ball-Spiel bereits gewonnen war, wurde nach vorne geschoben. Er grinste und scharrte verlegen mit den Füßen. Der Mann hieß Steinhund. Eine Entschuldigung kannten die Sauks nicht, doch sie kannten eine Entschädigung. Steinhund schenkte Rob einen Lederbeutel ähnlich dem, den Makwa-ikwa trug, nur dass er nicht mit einem Federreif, sondern mit Wildschweinborsten verziert war.

Makwa-ikwa erklärte ihm, der Beutel diene dazu, sein Medizinbündel aufzunehmen, das sogenannte mee-shome, das nie jemand gezeigt werden dürfe, weil es die Sammlung geheiligter persönlicher Dinge sei, aus der die Sauks ihre Kraft und Stärke zögen. Damit er den Beutel tragen konnte, schenkte sie ihm einen Riemen aus vier gefärbten Sehnen, einer braunen, einer orangefarbenen, einer blauen und einer schwarzen, die sie als Schultergurt an dem Beutel befestigte. »Die Stränge heißen izze«, erklärte sie ihm. »Wann immer du sie trägst, können Kugeln dich nicht verletzen, und deine Anwesenheit wird die Ernte reifen lassen und die Kranken heilen.«

Er war gerührt und gleichzeitig verlegen. »Ich bin glücklich, ein Bruder der Sauks zu sein.«

Es war ihm schon immer schwergefallen, seinen Dank auszudrücken. Als sein Onkel Ranald ihm seinerzeit den Posten eines Operationsassistenten am Universitätskrankenhaus verschafft hatte, damit er während des Studiums chirurgische Erfahrung sammeln konnte, hatte er kaum ein paar Worte herausgebracht. Und jetzt ging es ihm nicht besser. Glücklicherweise lag auch den Sauks wenig an zur Schau getragener Dankbarkeit und ebenso wenig an Abschiedszeremonien, und so machte sich keiner etwas daraus, als Rob hinausging, sein Pferd sattelte und davonritt.

Zu Hause in seiner Hütte unterhielt er sich damit, Dinge für sein geheiligtes Medizinbündel zusammenzusuchen.

Einige Wochen zuvor hatte er im Wald einen kleinen, sauberen, weißen Tierschädel gefunden. Er hielt ihn für einen Stinktierschädel, die Größe schien zu passen. Gut, und was sonst noch? Etwa den Finger eines von der Nabelschnur erdrosselten Neugeborenen? Wassermolchauge, Froschzehe, Fledermauspelz, Hundezunge? Nein, er wollte sein Medizinbündel mit großer Ernsthaftigkeit zusammenstellen. Was waren die Dinge, die sein Wesen berührten, die Schlüssel zu seiner Seele, das mee-shome, aus dem Robert Judson Cole seine Macht bezog?

Also legte er in seinen Beutel das geheiligte Erbstück der Cole-Familie, das Chirurgenmesser aus blauem Stahl, das sie Rob J.s Skalpell nannten und das immer an den ältesten Sohn ging, der den Beruf des Medicus ergriff.

Was war ihm sonst noch von seinem früheren Leben geblieben? Die kalte Luft des schottischen Hochlandes konnte er nicht in den Beutel stecken, ebensowenig die warme Geborgenheit der Familie. Er hätte gern ein Bildnis seines Vaters besessen, da er dessen Gesicht schon lange vergessen hatte. Seine Mutter hatte ihm zum Abschied eine Bibel geschenkt, die ihm aus diesem Grund sehr viel bedeutete, doch sie passte nicht in sein mee-shome. Er wusste, dass er seine Mutter nie wiedersehen würde, wahrscheinlich war sie schon tot. Ihm fiel ein, dass er versuchen könnte, sie zu zeichnen, solange ihm ihre Gesichtszüge noch vertraut waren. Die Skizze ging ihm leicht von der Hand, nur bei der Nase hatte er Schwierigkeiten, und es dauerte eine Stunde vergeblichen Bemühens, bis er sie korrekt zu Papier gebracht hatte. Dann rollte er die Zeichnung zusammen, verschnürte sie und legte sie in den Beutel.

Ein Stück Kernseife kam ebenfalls hinein, als Symbol all dessen, was ihm Oliver Wendeil Holmes über Reinlichkeit und Chirurgie beigebracht hatte. Das brachte ihn auf einen neuen Gedanken, und er nahm den Tierschädel und die Zeichnung wieder heraus. Statt dessen legte er Stoffstreifen und Verbände hinein, die wichtigsten Medikamente und jene chirurgischen Instrumente, die er bei seinen Hausbesuchen brauchte.

Am Ende war sein Beutel eine Arzttasche, die das Rüstzeug seines Berufes enthielt. Somit war es das Medizinbündel, das ihm seine Macht gab, und Rob war sehr glücklich über das Geschenk Steinhunds, das ihm der Schlag auf den Kopf eingebracht hatte.

Die Geißenjäger

Es war für Rob J. ein wichtiges Ereignis, als er seine Schafe kaufte, denn ihr Blöken war das letzte Detail, das ihm noch gefehlt hatte, um sich richtig zu Hause zu fühlen. Zuerst half er Alden bei der Arbeit mit den Merinos, doch schnell zeigte sich, dass der Knecht mit Schafen ebenso gut umgehen konnte wie mit allen Tieren, und bald konnte Alden ganz alleine Schwänze stutzen, männliche Lämmer kastrieren und die Tiere auf Räude absuchen, so als wäre er schon seit Jahren Schafhirte. Es war auch gut, dass Rob J. auf der Farm nicht gebraucht wurde, denn je weiter sich die Nachricht von der Anwesenheit eines guten Arztes verbreitete, desto größere Strecken musste er für seine Hausbesuche zurücklegen. Bald, das wusste er, würde er seinen Wirkungskreis einschränken müssen, denn Nick Holdens Traum wurde Wirklichkeit, und immer neue Familien trafen in Holden’s Crossing ein.

Nick kam eines Morgens, um sich die Herde, die er als »stinkend« abtat, anzusehen, dann nahm er Rob J.

beiseite, um ihn »in etwas Vielversprechendes einzuweihen: eine Mühle«. Einer der Neuankömmlinge war ein Deutscher namens Pfersick, ein Müller aus New Jersey. Pfersick wusste, wo er das Gerät für seine Mühle kaufen konnte, aber er hatte kein Kapital. »Neunhundert Dollar sollten reichen. Ich gebe ihm sechshundert gegen eine fünfzig-prozentige Gewinnbeteiligung. Sie geben ihm dreihundert und erhalten fünfundzwanzig Prozent - ich leihe Ihnen, was Sie brauchen -, und fünfundzwanzig lassen wir Pfersick für die Betriebskosten.« Rob hatte erst knapp die Hälfte von Holdens Kredit zurückgezahlt, und er hasste Schulden. »Wenn Sie das ganze Geld aufbringen, warum nehmen Sie dann nicht gleich fünfundsiebzig Prozent?«