Reynolds war erst frisch in sein Amt gewählt worden und hatte den Wählern versprochen, für die Sicherheit der Siedler in Illinois zu sorgen. Ein Gouverneur, der erfolgreich die Indianer bekämpfte, konnte sich Hoffnungen auf die Präsidentschaft machen. »Bei Gott, Sir«, sagte er bewegt zu Vandruff, »Sie bitten den richtigen Mann um Gerechtigkeit.«
Siebenhundert berittene Soldaten kamen und schlugen in der Nähe von Sauk-e-nuk ihr Lager auf. Ihre Anwesenheit sorgte für Aufregung und Angst. Gleichzeitig stampfte ein Rauch spuckendes Dampfschiff den Rock River herauf. Das Schiff lief auf einige der Felsen, die dem Fluss seinen Namen gaben, auf, aber die mookamonik konnten es wieder flottmachen. Bald darauf lag es vor Anker, seine Kanone direkt auf die Indianersiedlung gerichtet. Der Kriegshäuptling der mookamonik, General Edmund P. Gaines, berief eine Konferenz mit den Indianern ein. Hinter einem Tisch saßen der General, der Indianerbevollmächtigte St. Vrain und der Händler Davenport, der als Dolmetscher fungierte. Etwa zwanzig indianische Würdenträger waren dem Aufruf gefolgt. General Gaines behauptete, der Vertrag von 1803, der das Fort auf Rock Island ermöglicht hatte, habe dem Großen Vater in Washington auch alles Land der Sauks östlich des Mississippi überschrieben: sechzig Millionen Morgen. Er sagte den verblüfften und verwirrten Indianern, sie hätten dafür jährliche Entschädigungszahlungen bekommen, und jetzt wolle der Große Vater in Washington, dass seine Kinder Sau-e-nuk verließen und sich auf der anderen Seite des Masesi-bowi, des Mississippi, ansiedelten. Ihr Vater in Washington werde ihnen Mais schenken, damit sie den Winter überstünden. Häuptling der Sauks war Keokuk, der wusste, dass die Übermacht der Amerikaner zu groß war. Als Davenport ihm die Worte des weißen Kriegshäuptlings übersetzte, drückte eine große Faust Keokuks Herz.
Obwohl die anderen ihn ansahen, damit er antworte, blieb er stumm. Aber ein Mann stand auf, der im Kampf an der Seite der Briten genug Englisch gelernt hatte, um selbst zu sprechen. »Wir haben unser Land nie verkauft.
Wir haben nie eine Entschädigung dafür erhalten. Wir werden in unserem Dorf bleiben.«
Der Indianer, den General Gaines vor sich sah, war schon fast ein Greis und ohne den Kopfschmuck eines Häuptlings. In fleckigen Rehlederhosen stand er da, hohlwangig, mit einer hohen, knochigen Stirn. Seine hochgestellte Skalplocke, die seinen rasierten Schädel in zwei Hälften teilte, war mehr grau denn schwarz. Eine riesige Hakennase ragte herausfordernd zwischen weit auseinander liegenden Augen hervor. Sein mürrischer Mund wollte so gar nicht zu dem Grübchenkinn passen, das eher an einen Liebhaber erinnerte. Gaines seufzte und sah Davenport fragend an. »Schwarzer Falke heißt der Mann.«
»Was ist er?« fragte der General den Dolmetscher. Aber Schwarzer Falke antwortete selbst: »Ich bin ein Sauk.
Meine Vorfahren waren Sauks, große Männer. Ich möchte da bleiben, wo ihre Gebeine ruhen, und neben ihnen begraben werden. Warum sollte ich das Land verlassen?«
Er und der General starrten sich an, Stein gegen Stahl. »Ich bin weder hier, um euch zu bitten, euer Dorf zu verlassen, noch um euch dafür zu bezahlen. Meine Aufgabe ist es, euch zu entfernen«, sagte Gaines sanft.
»Friedlich, wenn ich kann. Mit Gewalt, wenn ich muss. Ich gebe euch jetzt zwei Tage Zeit für den Umzug.
Wenn ihr bis dahin den Mississippi nicht überquert, werde ich euch gewaltsam vertreiben.«
Die Indianer berieten sich und starrten dabei die Schiffskanone an, die auf sie gerichtet war. Die Soldaten, die in kleinen Gruppen johlend und schreiend vorbeiritten, waren gut genährt, gut bewaffnet und hatten genügend Munition. Den Sauks standen nur alte Flinten, nur wenige Kugeln und keine Nahrungsreserven zur Verfügung.
Keokuk schickte einen Läufer zu Weiße Wolke, einem Medizinmann, der bei den Winnebagos lebte. Weiße Wolke war der Sohn eines Winnebago-Vaters und einer Sauk-Mutter. Er war groß und beleibt, hatte lange, graue Haare und, was bei den Indianern sehr selten war, einen struppigen schwarzen Schnurrbart. Er galt als großer Schamane, der sich um die spirituellen und medizinischen Bedürfnisse der Winne-bagos, der Sauks und der Mesquakies kümmerte. Alle drei Stämme verehrten Weiße Wolke als Propheten, doch er hatte Keokuk keine tröstende Weissagung anzubieten. Das Militär sei in der Übermacht, sagte er, und Gaines werde nicht Vernunft annehmen. Der Indianerfreund Davenport traf sich mit dem Häuptling und dem Schamanen und drängte sie, zu gehorchen und ihr Land zu verlassen, bevor aus dem Streit ein blutiger Kampf werde.
So kam es, dass der Stamm in der zweiten Nacht Sauk-e-nuk verließ wie ein Rudel Tiere, das vertrieben wird, und über den Fluss in das Land seiner Feinde, der Iowas, ging.
In diesem Winter zerbrach für Zwei Himmel der Glaube an die Welt als sicheren Ort. Der Mais, den der Indianerbevollmächtigte in das neue Dorf westlich des Masesibowi brachte, war von schlechter Qualität und bei weitem nicht genug, um den Hunger fernzuhalten. Die Männer konnten nicht genug Wild jagen oder in Fallen fangen, da viele ihr Gerät für Vandruffs Whiskey weggegeben hatten. Zudem hatte der Stamm den Verlust der Ernte zu bedauern, die sie auf ihren Feldern zurücklassen mussten: den mehligen Mais, die fetten, nahrhaften Feldkürbisse und die riesigen, süßen Moschuskürbisse. Eines Nachts schlichen sich fünf Frauen über den Fluss auf ihre alten Felder und holten sich ein paar gefrorene Kolben von dem Mais, den sie im Frühjahr zuvor selbst gepflanzt hatten. Sie wurden von weißen Siedlern entdeckt und verprügelt.
Ein paar Tage später ritt Schwarzer Falke mit ein paar Männern nachts nach Rock Island. Sie füllten Säcke mit Mais von den Feldern und stahlen Kürbisse aus einem Lagerhaus. Es kam zu einem Streit, der den ganzen schrecklichen Winter über wütete. Keokuk, der Häuptling, befürchtete, dass der Überfall die weißen Soldaten auf den Plan rufen werde. Das neue Dorf sei zwar nicht Sauk-e-nuk, aber es könne ein guter Ort zum Leben werden, meinte er. Die Anwesenheit der mooka-monik auf dem anderen Flussufer bedeute nicht zuletzt einen Markt für die Felle der Sauk-Trapper.
Schwarzer Falke hielt ihm entgegen, die Bleichgesichter würden die Sauks immer weiter vertreiben und schließlich vernichten. Kampf sei der einzige Ausweg. Hoffnung für den roten Mann gebe es nur noch, wenn alle Stammesfehden begraben würden, die Indianer von Kanada bis Mexiko sich vereinigten und mit der Hilfe des englischen Vaters gegen den größeren Feind, den amerikanischen, zögen. Die Sauks debattierten lange. Bei Frühjahrsbeginn waren die meisten des Stammes entschlossen, mit Keokuk am Westufer des Mississippi zu bleiben. Nur dreihundertachtundsechzig Männer schlössen sich mit ihren Familien Schwarzer Falke an, zu ihnen gehörte Grüner Büffel.
Man belud Kanus. Schwarzer Falke, der Prophet, und Neosho, ein Sauk-Medizinmann, setzten sich an die Spitze der kleinen Flotte, dann stießen auch die anderen vom Ufer ab, kräftig gegen die starke Strömung des Masesibowi anpaddelnd. Schwarzer Falke wollte weder Tod noch Zerstörung - solange sie nicht angegriffen wurden. Als sie etwas weiter Flussabwärts eine Siedlung der mookamonik erreichten, befahl er seinen Leuten, die Trommeln zu schlagen und zu singen. Zählte man auch die Frauen, die Kinder und die Alten, so hatte er beinahe eintausenddreihundert Stimmen, und die Siedler flohen vor dem furchteinflößenden Lärm. Auf diese Art holten sie sich in einigen Siedlungen Lebensmittel, doch sie hatten viele Mäuler zu stopfen und keine Zeit für die Jagd.