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»Mit Sicherheit Typhus«, sagte Beckermann. Rob glaubte das nicht. Es zeigten sich keine roten Flecken am Bauch, und niemand schied blutigen Stuhl aus. Aber er ließ sich auf keinen Disput ein. Was es auch war, was die Leute da befiel, es wurde nicht weniger besorgniserregend, wenn man es mit dem einen oder dem anderen Namen bezeichnete. Beckermann berichtete ihnen, dass am Vortag zwei Patienten trotz ausgedehnten Schröpfens gestorben waren. Rob versuchte, ihm das Schröpfen als Heilmittel gegen Fieber auszureden, aber Beckermann war nicht der Mann, der den Rat des einzigen Kollegen am Ort annahm. So verabschiedeten sie sich schon nach wenigen Minuten wieder. Nichts ärgerte Rob J. mehr als ein schlechter Arzt.

Zunächst war es eigenartig für Rob, Sarah anstelle von Makwa-ikwa bei sich zu haben. Sarah gab sich die allergrößte Mühe und beeilte sich, alles zu tun, was er verlangte. Doch der Unterschied war, dass er die einzelnen Verrichtungen von ihr verlangen und sie ihr beibringen musste, während Makwa wusste, was zu tun war, ohne dass er es sagte. Bei den Patienten oder während des Reitens zwischen den einzelnen Besuchen hatten er und Makwa oft lange geschwiegen, was sie beide als angenehm empfanden. Sarah dagegen, die froh war, bei ihm zu sein, redete und redete, zumindest am Anfang, denn je mehr Patienten sie behandelten und je erschöpfter sie wurden, desto stiller wurde auch sie.

Die Krankheit breitete sich schnell aus. Wenn in einem Haushalt einer erkrankte, steckten sich für gewöhnlich alle anderen Familienmitglieder an. Doch Rob J. und Sarah gingen von Haus zu Haus und infizierten sich nicht, als wären sie von einem unsichtbaren Panzer geschützt. Alle drei oder vier Tage versuchten sie, nach Hause zurückzukehren, um zu baden, die Kleider zu wechseln und ein paar Stunden zu schlafen. Das Haus war warm und sauber und duftete nach den heißen Mahlzeiten, die Makwa für sie kochte. Nur kurz widmeten sie sich ihren Söhnen, dann packten sie das Pflanzentonikum ein, das Makwa während ihrer Abwesenheit gebraut und auf Robs Anweisung hin mit ein wenig Wein vermischt hatte, und ritten wieder hinaus. Zwischen den Abstechern nach Hause schliefen sie zusammengekuschelt, wo sie Platz fanden, meistens in Heuschobern oder auf dem Boden vor dem Kamin eines Patientenhauses.

Eines Morgens kam ein Farmer namens Benjamin Haskell in seine Scheune und bekam Stielaugen, als er den Doktor mit dem Arm unter den Röcken seiner Frau überraschte. Das war ihr einziger Versuch eines ehelichen Verkehrs während der gesamten Dauer der Epidemie, sechs Wochen lang. Die Blätter hatten sich eben verfärbt, als sie begonnen hatte, und an ihrem Ende war der Boden bereits mit Schnee bestäubt.

An dem Tag, als sie heimkehrten und ihnen bewusst wurde, dass sie nicht mehr würden hinausreiten müssen, schickte Sarah die Kinder mit Makwa-ikwa im Buckboard zu Muellers Farm, um Körbe mit Winteräpfeln zum Kompottkochen zu holen. Sie lag lange vor dem Kamin in der Wanne und erhitzte dann neues Wasser für Rob.

Als er in dem Blechzuber lag, kam sie zurück und wusch ihn langsam und zärtlich, so wie sie es mit den Patienten gemacht hatte - und doch ganz anders, denn statt eines Lappens benutzte sie ihre bloßen Hände.

Dampfend und fröstelnd lief er ihr anschließend durch das kalte Haus nach bis hinauf ins Schlafzimmer, wo sie unter der warmen Decke blieben, bis Stunden später Makwa mit Rob und Alex zurückkehrte. Einige Monate später war Sarah wiederum schwanger, doch sie erlitt sehr früh eine Fehlgeburt, und Rob bekam es mit der Angst, da sie dabei äußerst heftig blutete. Er erkannte, dass es für seine Frau gefährlich werden würde, wenn sie noch einmal empfing, und traf von da an seine Vorkehrungen. Besorgt beobachtete er sie, ob sich nicht dunkle Schatten über ihr Gesicht legten, wie es bei Frauen nach einer Fehlgeburt oft der Fall war. Doch abgesehen von einer gewissen Blässe und Phasen der Nachdenklichkeit in denen sie mit geschlossenen Augen still dasaß, schien sie sich so schnell zu erholen, wie er nur hoffen konnte.

»Keine Tochter«, sagte sie eines Abends, nachdem er Asche aufs Feuer gestreut hatte, nahm seine Hand und legte sie auf ihren flachen Bauch. »Nein«, erwiderte er, »aber im Frühjahr kannst du wieder mit mir zu den Patienten reiten.« Und diesen Trost konnte sie nicht ablehnen.

Frühlingsmusik

So kam es, dass die Cole-Jungen häufig und für lange Zeiträume in der Obhut der Sauk-Frau blieben. Shaman war der Duft Makwa-ikwas nach zerdrückten Beeren bald so vertraut wie der weiße Geruch seiner leiblichen Mutter, ihre Dunkelheit so vertraut wie Sarahs milchigweiße Blondheit - und schließlich vertrauter. Wenn Sarah ihre Kinder abgab, ergriff Makwa freudig die Gelegenheit und drückte den Jungen, den Sohn von Cawso wabeskiou, dem weißen Schamanen, mütterlich an ihre warme Brust. Es schenkte ihr eine Erfüllung, die sie nicht mehr erlebt hatte, seit sie ihren kleinen Bruder in den Armen gehalten hatte. Sie belegte den kleinen weißen Jungen mit einem Liebeszauber, und manchmal sang sie ihm vor.

Ni-na ne-gi-se ke-wi-to-se-me-ne ni-na,

Ni-na ne-gi-se ke-wi-to-se-me-ne ni-na,

Wi-a-ya-ni,

Ni-na ne-gi-se ke-wi-to-se-me-ne ni-na.

Ich gehe mit dir, mein Sohn,

Ich gehe mit dir, mein Sohn,

Wohin du auch gehst,

Ich gehe mit dir mein Sohn,

Manchmal sang sie, um ihn zu beschützen:

Tti-la-ye ke-wi-ta-mo-ne i-no-ki,

Tti-la-ye ke-wi-ta-mo-ne i-no-ki-i-i.

Me-ma-ko-te-si-ta

Ki-ma-ma-to-me-ga.

Ke-te-ma-ga-yo-se.

Geist, ich rufe dich heute,

Geist, ich spreche zu dir.

Einer, der deiner sehr bedarf,

Wird dich anbeten.

Gewähre mir deine Gnade.

Bald summte Shaman diese Lieder, während er ihr auf Schritt und Tritt folgte. Alex trottete bedrückt nebenher, denn er musste zusehen, wie ein weiterer Erwachsener Anspruch auf seinen Bruder erhob. Er gehorchte Makwa-ikwa, doch sie erkannte, dass der Argwohn und die Abneigung, die manchmal in seinen jungen Augen aufblitzten, Spiegelbilder der Gefühle waren, die seine Mutter ihr gegenüber hegte. Es machte ihr nicht viel aus.

Alex war noch ein Kind, und sie konnte sich bemühen, sein Vertrauen zu gewinnen. Und was Sarah anging- die Sauks hatten Feinde gehabt, solange Makwa-ikwa sich erinnern konnte.

Jay Geiger, der zu sehr mit seiner Apotheke beschäftigt war, hatte Mort London angestellt, damit der die ersten Felder seiner Farm pflügte. Es war eine langwierige und sehr beschwerliche Arbeit. Von April bis Ende Juli hatte Mort gebraucht, um die tiefe, schwere Krume aufzubrechen. Es war aber auch eine teure Angelegenheit, denn die umgedrehten Soden mussten nun zwei bis drei Jahre ruhen und verrotten, bevor man neu pflügen und endlich ansäen konnte, und außerdem hatte Mort die Illinois-Krätze aufgeschnappt, die fast alle Männer befiel, die in der Prärie Felder bearbeiteten. Einige glaubten, die verfaulenden Soden würden giftige Dämpfe freisetzen, die den Farmer krank machten, während andere behaupteten, die Krätze komme von den Bissen der winzigen Insekten, die die Pflugschar aufscheuchte. Es war ein unangenehmes Leiden, denn auf der Haut bildeten sich kleine, juckende und nässende Pusteln. Mit einer Schwefelbehandlung konnte die Krätze so weit eingedämmt werden, dass sie nur noch lästig, aber nicht mehr gefährlich war, doch bei Vernachlässigung entwickelte sich aus ihr ein lebensbedrohendes Fieber, wie es zum Beispiel Alexander Bledsoe, Sarahs ersten Mann, getötet hatte.

Jay bestand darauf, dass auch die Ecken seines Felds sorgfältig gepflügt und später besät wurden. Entsprechend dem uralten jüdischen Gesetz erntete er im Herbst die Ecken nicht ab, sondern überließ sie den Armen. Als seine ersten Felder anfingen, gute Maiserträge abzuwerfen, konnte er den zweiten Abschnitt in Angriff nehmen, auf dem er Weizen anbauen wollte. Zu dieser Zeit war Mort London bereits Sheriff, und keiner der anderen Siedler war bereit, für Lohn zu arbeiten. Es war eine Zeit, in der chinesische Kulis es nicht wagten, ihre Eisenbahntrupps zu verlassen, da sie Gefahr liefen, gesteinigt zu werden, wenn sie einer Stadt zu nahe kamen. Gelegentlich kam ein Ire und manchmal auch ein Italiener nach Holden’s Crossing, meistens auf der Flucht vor der Sklavenarbeit beim Bau des Illinois and Mississippi Canal, aber Papisten wurden vom Großteil der Bevölkerung mit Argwohn betrachtet und schleunigst wieder weitergeschickt. Jay hatte mit einigen Sauks flüchtige Bekanntschaft geschlossen, denn sie waren die Armen, die seine Feldecken abernten durften. Schließlich kaufte er vier Ochsen und einen Stahlpflug und stellte zwei der Krieger, Kleines Hörn und Steinhund, ein, damit sie für ihn die Prärie umpflügten. Die Indianer wussten um Geheimnisse, wie man die Ebenen aufbrach und ihr Fleisch und Blut bloßlegte: die schwarze Erde. Bei der Arbeit entschuldigten sie sich beim Boden, weil sie ihn verletzten, und sie sangen Lieder, um die entsprechenden Geister günstig zu stimmen. Sie wussten auch, dass der weiße Mann zu tief pflügte. Als sie die Pflugschar für eine flachere Bearbeitung einstellten, verrottete das Wurzelgeflecht unter der umgepflügten Erde tatsächlich schneller als zuvor, und sie konnten auf diese Weise zwei Morgen pro Tag bearbeiten anstatt eineinhalb. Außerdem bekamen weder Kleines Hörn noch Steinhund die Krätze.