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Aber Howard fuchtelte mit der Münze vor seinem Gesicht herum. »Ich zahle meine Schulden«, sagte er herausfordernd, und Rob nahm die Münze, ohne zu erwähnen, dass noch fünfzig Cents für die Medizin, die er dortgelassen hatte, fehlten. Howard hatte sich bereits barsch abgewandt, da fragte ihn Rob: »Wie geht es Ihrer Frau?«

»Schon viel besser. Sie braucht Sie nicht mehr.« Das war eine gute Nachricht, denn sie ersparte Rob einen langen und mühsamen Ritt. Statt dessen ritt er zur Farm der Schroeders, wo Alma bereits mit dem herbstlichen Hausputz begonnen hatte. Ihre Rippen konnten also nicht gebrochen sein. Sein nächster Besuch galt Donny Baker. Der Junge hatte noch immer Fieber, und der Entzündung an seinem Fuß sah man nicht an, ob sie sich zum Guten oder zum Schlechten hin entwickeln würde. Rob konnte nichts anderes tun, als den Verband wechseln und etwas Laudanum gegen die Schmerzen geben.

Ein schlimmer und unglücklicher Vormittag ging nun langsam zu Ende. Robs letzter Besuch galt der Farm der Gilberts, wo er Fletcher White in einer sehr schlechten Verfassung vorfand. Seine Augen waren trübe und blicklos, sein dürrer, alter Körper wurde von Hustenanfällen geschüttelt, jeder Atemzug war für ihn eine Qual.

»Es ging ihm schon besser«, flüsterte Suzy Gilbert.

Rob J. wusste, dass Suzy eine Schar Kinder und unendlich viel Arbeit hatte, also hatte sie wohl zu früh mit dem Wasserdampf und den heißen Getränken aufgehört. Als er Fletchers Hände in die seinen nahm, spürte er, dass der alte Mann nur noch sehr wenig Zeit zu leben hatte, und er wollte auf keinen Fall Suzy das Gefühl geben, sie sei schuld am Tod ihres Vaters. Er gab ihr etwas von Makwas starkem Tonikum, damit sie Fletcher Erleichterung verschaffen konnte. Dabei merkte er, dass er nur noch wenig von dem Tonikum hatte. Er war oft dabeigewesen, wenn sie es zusammenbraute, und glaubte, die wenigen Kräuteringredienzien zu kennen. Jetzt musste er versuchen, es selber herzustellen.

Eigentlich hätte er am Nachmittag Sprechstunde in seiner Praxis halten sollen, doch als er zur Farm zurückkehrte, herrschte dort ein wahres Chaos. Sarah war bleich im Gesicht. Mond, deren Augen bei Makwas Tod trocken geblieben waren, weinte bitterlich, und alle Kinder schauten ängstlich und verschüchtert drein.

Während Rob J.’s Abwesenheit waren Mort London und Fritz Graham, sein regulärer Hilfssheriff, sowie der extra für diesen Anlass vereidigte Otto Pfersick auf die Farm gekommen. Sie hatten ihre Gewehre auf Der singend einhergeht gerichtet, und Mort hatte ihn verhaftet. Dann hatten sie ihm die Hände auf den Rücken gebunden, ihm ein Seil umgelegt und ihn wie einen Ochsen hinter ihren Pferden hergezogen.

Die letzten Indianer in Illinois

»Sie haben einen Fehler gemacht, Mort«, sagte Rob.

Mort London sah in verlegen an, schüttelte aber den Kopf. »Nein, wir glauben, dass dieser Riese von einem Hurensohn es war, der sie getötet hat.«

Als Rob J. wenige Stunden zuvor im Büro des Sheriffs gewesen war, hatte London nichts davon erwähnt, dass er vorhabe, auf die Colesche Farm zu reiten und einen der Arbeiter zu verhaften. Irgend etwas stimmte nicht. Die Schwierigkeiten, in denen Der singend einhergeht jetzt steckte, waren wie eine Krankheit ohne erkennbare Ursache. Auf das »wir« reagierte Rob überhaupt nicht. Er wusste, wer »wir« waren, und er erkannte, dass Nick Holden aus Makwas Tod politischen Profit schlagen wollte. Aber er beherrschte seinen Zorn.

»Ein schlimmer Fehler, Mort.«

»Es gibt einen Zeugen, der den großen Indianer auf der Lichtung gesehen hat, wo sie gefunden wurde, kurz bevor es passierte.«

Das sei nicht überraschend, erwiderte Rob J., da Der singend einhergeht einer seiner Arbeiter sei und jenes Waldstück zu seiner Farm gehöre. »Ich möchte eine Kaution für ihn stellen.«

»Ich kann keine Kaution akzeptieren. Wir müssen warten, bis aus Rock Island ein Richter kommt.«

»Wie lange wird das dauern?« London zuckte die Achseln.

»Eins der wenigen guten Dinge, die wir von den Engländern übernommen haben, ist das Gebot der unverzüglichen Rechtssprechung. Das sollte man doch hier anwenden.«

»Ich kann doch wegen eines Indianers keinen Richter zur Eile treiben! Fünf, sechs Tage wird es noch dauern.

Vielleicht eine Woche.«

»Ich will Der singend einhergeht sehen.«

London führte Rob in den Arrestbau mit den zwei Zellen, der sich an sein Büro anschloss. Die Hilfssheriffs saßen in dem düsteren Korridor zwischen den beiden Zellen, die Flinten auf dem Schoß. Fritz Graham sah aus, als mache es ihm großen Spaß. Otto Pfersick dagegen machte den Eindruck, als kehre er lieber in seine Mühle zurück und mahle Mehl. Die eine Zelle war leer. Der singend einhergeht füllte die andere Zelle fast vollständig aus.

»Binden Sie ihn los«, sagte Rob J. mit dünner Stimme. London zögerte. Rob merkte, dass sie alle drei Angst hatten, sich dem Gefangenen zu nähern. Der singend einhergeht hatte einen schlimm aussehenden Bluterguss über dem rechten Auge, vielleicht von einem Gewehrschaft. Seine Körpergröße war wirklich furchterregend.

»Lassen Sie mich zu ihm hinein! Ich binde ihn selber los.« London schloss die Zelle auf, und Rob J. betrat sie allein. »Pyawanegawa«, sagte er, um ihn bei seinem richtigen Namen zu nennen, und legte ihm die Hand auf die Schulter. Er stellte sich hinter den Indianer und versuchte, den Knoten seiner Fessel zu lösen, doch der war zu fest gebunden. »Den muss ich aufschneiden«, sagte er zu London, »geben Sie mir ein Messer!«

»Den Teufel werde ich tun.«

»Dann die Schere aus meiner Arzttasche!«

»Als ob das keine Waffe wäre!« murmelte London, ließ aber Graham die Schere holen, worauf Rob J. den Strick durchschneiden konnte. Er massierte dem Indianer die Handgelenke, sah ihm dabei in die Augen und redete wie zu seinem tauben Sohn. »Cawso wabeskiou wird Pyawanegawa helfen. Wir sind Brüder von der gleichen Hälfte, den Langen Haaren.«

Er ignorierte die spöttischen, verächtlichen Blicke der zuhörenden Weißen auf der anderen Seite des Gitters. Er konnte nicht erkennen, ob Der singend einhergeht verstanden hatte, was er gesagt hatte. Die Augen des Sauks waren dunkel und trübe, doch als Rob J. sie studierte, entdeckte er eine Veränderung in ihnen, ein Ungewisses Aufblitzen, das Zorn oder auch das Wiederaufkeimen von Hoffnung sein konnte.

Nachmittags brachte er Mond zu ihrem Mann. Sie dolmetschte, während London ihn verhörte.

Pyawanegawa schien das Verhör zu verblüffen. Er gab ohne Zögern zu, an diesem Vormittag auf der Lichtung gewesen zu sein. Es sei an der Zeit, Holz für den Winter zu holen, sagte er und sah dabei den Mann an, der ihn dafür bezahlte. Außerdem habe er nach Ahornbäumen Ausschau gehalten, die man im Frühjahr wegen des Sirups anzapfen könne.

Er habe doch im gleichen Langhaus wie die tote Frau gewohnt, bemerkte London.

Ja. Ob er je Geschlechtsverkehr mit ihr gehabt habe? Mond zögerte mit der Übersetzung. Rob J. warf London einen vorwurfsvollen Blick zu, berührte dann aber Monds Arm und nickte. Sie übersetzte die Frage, und Der Singend einhergeht antwortete sofort und ohne erkennbare Verärgerung: Nein, niemals. Nach dem Verhör folgte Rob J. Mort London in sein Büro. »Können Sie mir sagen, warum Sie diesen Mann verhaftet haben?«

»Ich hab’s Ihnen doch schon gesagt! Ein Zeuge hat ihn auf der Lichtung gesehen, kurz bevor die Frau getötet wurde.«

»Wer ist dieser Zeuge?«

»Julian Howard.«

Rob fragte sich, was Julian Howard auf seinem Land zu suchen gehabt hatte. Er erinnerte sich noch an das Klimpern der Dollars in Howards Tasche, als der ihn für den Hausbesuch bezahlte. »Sie haben ihn für diese Zeugenaussage bezahlt«, sagte er, als wisse er das ganz sicher.

»Hab’ ich nicht. Nein«, erwiderte London auffahrend. Aber in der Rolle des Schurken war er ein Amateur, die Empörung über den Vorwurf wollte ihm nicht so recht gelingen.

Wahrscheinlich hatte Nick Julian das Geld gegeben, ihm geschmeichelt und versichert, dass er ja nur ein gottesfürchtiger Mann sei, der seine Pflicht tue.