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Drinnen glühten rote Kohlen im Kamin, und die Luft war warm, aber sehr schlecht. Möbel fehlten. Ein feister Mann lag, gegen einen Sattel gelehnt, auf dem Boden, und im Schein des Feuers sah Shaman, dass er kahlköpfig war, dafür aber im Gesicht so viele kräftige, schwarze Haare hatte wie andere Männer auf dem Kopf. Zerwühlte Decken auf dem Boden zeigten an, wo die anderen geschlafen hatten. »Habt aber ganz schön lange gebraucht!«

sagte der Feiste. Er trank einen Schluck aus dem dunklen Krug in seiner Hand und hustete. »Haben aber nicht getrödelt«, erwiderte der Mann, der sie hierhergeführt hatte, mürrisch. Als er den Schal abnahm, der sein Gesicht geschützt hatte, sah Shaman, dass er einen kleinen weißen Bart hatte und älter aussah als die anderen. Der Mann legte Shaman die Hand auf die Schulter und drückte ihn nieder. »Sitz!« sagte er wie zu einem Hund. Shaman kauerte sich in der Nähe des Feuers nieder. Es war ein guter Platz für ihn, denn von dort hatte er sowohl den Mund des Verletzten wie den seines Vaters im Blick.

Der ältere Mann zog seine Pistole aus dem Halfter und richtete den Lauf auf Shaman. »Flicken Sie unseren Freund hier besser ordentlich zusammen, Doc!« Shaman hatte große Angst. Das Loch am Ende des Laufs sah aus wie ein nacktes Auge, das ihn direkt anstarrte. »Ich tue überhaupt nichts, solange jemand eine Waffe in der Hand hält«, sagte sein Vater zu dem Mann auf dem Boden. Der Feiste schien zu überlegen. »Raus mit euch!«

sagte er dann zu seinen Gefolgsleuten.

»Bevor Sie gehen«, befahl nun Shamans Vater, »holen Sie Holz, und machen Sie ein größeres Feuer! Und setzen Sie Wasser zum Kochen auf. Haben Sie noch eine Lampe?«

»‘ne Laterne«, sagte der alte Mann.

»Holen Sie sie!« Shamans Vater legte dem Feisten die Hand auf die Stirn. Dann knöpfte er dessen Hemd auf und schob es beiseite. »Wann ist das passiert?«

»Gestern früh?« Der Mann sah Shaman mit zugekniffenen Augen an. »Ihr Junge?«

»Mein jüngster Sohn.«

»Der Taube.«

»... Sie wissen wohl einiges über meine Familie...« Der Mann nickte. »Der Ältere, der soll angeblich von meinem Bruder Bill sein. Wenn der auch nur ein bisschen nach meinem Billy geraten ist, dann muss er jetzt schon ein tüchtiger Bengel sein. Wissen Sie, wer ich bin?«

»Ich kann’s mir denken.« Jetzt sah Shaman, dass sein Vater sich vorbeugte und den Mann scharf fixierte. »Sie sind beide meine Jungen. Wenn Sie von meinem älteren Sohn reden - er ist mein älterer Sohn. Und Sie werden sich auch in Zukunft von ihm fernhalten, so wie Sie es in der Vergangenheit getan haben.«

Der Mann auf dem Boden lächelte. »Na, wieso sollt’ ich eigentlich keinen Anspruch auf ihn erheben?«

»Vor allem, weil er ein guter, ordentlicher Junge ist, der alle Chancen für ein anständiges Leben hat. Und falls Ihr Bruder wirklich sein Vater war, werden Sie ihn kaum sehen wollen, so wie Sie hier liegen wie ein gejagtes, verwundetes Tier in diesem stinkenden, dreckigen Schweinestall von einem Versteck.«

Einen Augenblick lang starrten sich die beiden nur an. Dann schnitt der Mann eine Grimasse und wandte sich ab, und Shamans Vater begann, ihn zu behandeln. Er nahm dem Mann den Krug weg und zog ihm das Hemd aus.

»Keine Austrittswunde.«

»Ja, das Mistding steckt noch drin, das hätt’ ich Ihnen gleich sagen können. Wird vermutlich verflucht weh tun, wenn Sie da rumbohren, was? Kann ich noch ein Schlückchen oder zwei haben?«

»Nein, ich geb’ Ihnen was, das wird Sie besser betäuben.« Der Mann funkelte ihn böse an. »Ich lass’ mich doch nicht einschläfern, damit Sie mit mir anstellen können, wozu Sie grad Lust haben, und ich kann mich nicht wehren.«

»Ihre Entscheidung«, sagte Shamans Vater. Er gab ihm den Krug zurück und ließ ihn trinken, während er wartete, bis das Wasser kochte. Dann wusch er mit der braunen Seife und einem sauberen Tuch aus seiner Arzttasche die Gegend um die Wunde, die Shaman nicht deutlich erkennen konnte. Sein Vater nahm eine dünne Stahlsonde und führte sie in die Schusswunde ein, und der feiste Mann erstarrte, öffnete den Mund und streckte seine dicke, rote Zunge heraus, so weit er konnte.

»... Ist fast bis zum Knochen gedrungen, hat ihn aber nicht zersplittert. Die Kugel muss schon ziemlich matt gewesen sein, als sie Sie traf.«

»Glückstreffer«, sagte der Mann. »Der Hurensohn war ziemlich weit weg.« Sein Bart war schweißverklebt und seine Haut grau. Shamans Vater holte eine Fremdkörperzange aus seiner Tasche. »Damit werde ich die Kugel entfernen. Sie ist um einiges dicker als die Sonde, und es wird noch viel mehr weh tun. Es ist wohl besser, wenn Sie mir vertrauen«, sagte er.

Der Patient drehte den Kopf, und Shaman konnte nicht sehen, was er sagte, aber offensichtlich hatte er um etwas Stärkeres als Whiskey gebeten. Sein Vater nahm eine Äthermaske aus seiner Tasche und winkte Shaman zu sich, der schon öfters bei der Narkose zugesehen, aber nie mitgeholfen hatte. Jetzt drückte er dem feisten Mann die Maske vorsichtig auf Mund und Nase, während sein Vater den Äther daraufträufelte. Das Kugelloch war größer, als Shaman erwartet hatte, und am Rand dunkelrot verfärbt. Sobald der Äther Wirkung zeigte, begann sein Vater, die Zange vorsichtig und Stück für Stück in die Wunde hineinzuschieben. Ein hellroter Tropfen erschien am Rand des Lochs und lief am Arm des Mannes hinunter. Doch als die Zange wieder zum Vorschein kam, steckte eine Bleikugel zwischen den Greifern.

Sein Vater wusch die Kugel und legte sie auf die Decke, damit der Mann sie fand, wenn er aufwachte.

Als sein Vater die Männer wieder aus der Kälte hereinrief, brachten sie einen Topf weißer Bohnen mit, die sie gefroren auf dem Dach aufbewahrt hatten. Sie ließen sie über dem Feuer auftauen und gaben dann Shaman und seinem Vater etwas davon. Es waren irgendwelche Fleischstücke darin, vielleicht von einem Hasen, und Shaman dachte, dass das Gericht etwas Gewürz hätte vertragen können. Aber er verschlang es hungrig.

Nach dem Essen erhitzte sein Vater noch einmal Wasser und begann, den ganzen Körper des Patienten zu waschen, was die anderen Männer zuerst mit Argwohn und dann gelangweilt verfolgten. Sie legten sich hin und schliefen einer nach dem ändern ein, aber Shaman blieb wach. Bald darauf musste er zusehen, wie der Patient ekelerregend würgte und sich übergab.

»Whiskey und Äther passen nicht zusammen«, erklärte sein Vater. »Du legst dich jetzt hin und schläfst. Ich pass’ schon auf.« Shaman gehorchte, und als sein Vater ihn wach rüttelte und ihm befahl, seinen Mantel anzuziehen, sickerte bereits graues Licht durch die Ritzen in den Bretterwänden. Der feiste Mann lag auf dem Boden und sah ihnen zu.

»Zwei oder drei Wochen lang werden Sie ziemlich starke Schmerzen haben«, sagte sein Vater. »Ich lasse Ihnen etwas Morphium da, es ist nicht viel, aber alles, was ich bei mir habe. Am wichtigsten ist, dass Sie die Wunde sauberhalten. Sollte sie brandig werden, rufen Sie mich, und ich komme noch einmal her.«

Der Mann schnaubte. »Pah, wir sind doch längst weg von hier, bevor Sie zurückkommen können.«

»Ganz gleich, falls Sie Schwierigkeiten bekommen, schicken Sie nach mir! Ich komme zu Ihnen, egal wo Sie sind.«

Der Mann nickte. »Bezahl ihn gut!« sagte er zu dem Alten mit dem weißen Bart, der einen Stapel Scheine aus einem Bündel zog und sie dem Arzt gab. Shamans Vater nahm zwei Scheine und warf den Rest auf die Decke.

»Eineinhalb Dollar für den nächtlichen Hausbesuch, fünfzig Cent für den Äther.« Er ging zur Tür, drehte sich aber noch einmal um. »Weiß einer von Ihnen vielleicht etwas über einen Mann namens Ellwood R. Patterson?

Ist manchmal mit einem Kerl namens Hank Cough und einem Jüngeren namens Len oder Lenny unterwegs.«