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»Zedd! Hör auf damit! Komm zurück!«

Er keuchte leise, flüsterte etwas. Kahlan legte ihr Ohr an seinen Mund. Wieder flüsterte er etwas.

Kahlan war entsetzt. »Zedd, das kann ich dir unmöglich antun.«

»Was hat er gesagt?« wollte Chase wissen.

Sie sah den Grenzposten mit angstvoll aufgerissenen Augen an. »Er meinte, ich solle ihn mit meiner Kraft berühren.«

»Die Unterwelt«, keuchte Zedd. »Es ist die einzige Möglichkeit.«

»Was ist los, Zedd?«

»Ich sitze in der Falle«, flüsterte er. »Berühre mich, oder ich bin verloren.«

»Tu besser, was er sagt«, warnte Chase.

Kahlan hielt überhaupt nichts von der Idee. »Zedd, das kann ich dir unmöglich antun!«

»Nur so kann der Einfluß gebrochen werden. Beeil dich.«

»Mach schon!« fuhr Chase sie an. »Zum Streiten haben wir keine Zeit!«

»Mögen die guten Seelen mir vergeben«, flüsterte sie und schloß die Augen.

Sie fühlte sich in Panik gefangen; sie hatte keine Wahl. Aus Angst vor dem, was sie tun würde, wurde ihr Verstand ganz still und ruhig. In der Ruhe gab sie ihre Zurückhaltung auf. Sie spürte, wie die Kraft wuchs, ihr den Atem nahm. Endlich befreit, fuhr ihre Kraft in den Zauberer.

Ein heftiger Aufprall in der Luft ringsum. Fichtennadeln regneten überall herab. Chase beugte sich über sie und stöhnte gequält auf. Er war dichter dran gewesen, als er hätte sein dürfen. Stille senkte sich über die Wälder. Der Zauberer atmete noch immer nicht.

Zedd hörte auf zu zittern, seine Augen senkten sich. Er zwinkerte ein paarmal, dann hob er die Hände und packte Kahlans Arme. Er schnappte nach Luft und atmete einmal tief durch.

»Danke, meine Liebe«, brachte er zwischen tiefen Atemzügen hervor.

Kahlan war überrascht, daß die Kraft, ihre Magie, ihn offenbar nicht so übermannt hatte, wie sie es hätte tun müssen. Kahlan war erleichtert und überrascht.

»Zedd, geht es dir gut?«

Der Zauberer nickte. »Das verdanke ich dir. Wärst du nicht hier gewesen oder hättest länger gewartet, ich wäre in der Unterwelt gefangen gewesen. Deine Kraft hat mich zurückgeholt.«

»Wieso hat sie dich nicht verändert?«

Zedd strich seinen Umhang glatt, seine mißliche Lage und seine Hilflosigkeit schien ihm peinlich zu sein. »Wegen des Ortes, an dem ich war«, er reckte sein Kinn empor, »und weil ich ein Zauberer erster Ordnung bin. Ich habe deine Kraft als Rettungsleine benutzt, um meinen Weg zurückzufinden. Sie hat in der Dunkelheit wie ein Leuchtzeichen gewirkt. Ich bin ihr gefolgt, ohne mich von ihr berühren zu lassen.«

»Was hast du in der Unterwelt gemacht?« fragte Chase, bevor sie Gelegenheit dazu hatte.

Zedd warf dem Grenzposten einen erbosten Blick zu und antwortete nicht.

Kahlan war plötzlich sehr besorgt. »Beantworte die Frage, Zedd. Das ist vorher noch nie passiert. Wieso bist du in die Unterwelt gesogen worden?«

»Sobald ich nach dem Stein der Nacht suche, betritt ein Teil von mir diese Welt. Auf diese Weise kann ich feststellen, wo er sich befindet.«

Kahlan versuchte, nicht darüber nachzudenken, was er da sagte. »Aber der Stein der Nacht befindet sich noch immer in D’Hara. Richard ist noch in D’Hara.« Sie packte ihn mit beiden Fäusten an seinem Umhang. »Zedd…«

Zedd senkte den Blick zum Boden. »Der Stein der Nacht befindet sich nicht mehr in D’Hara. Er befindet sich in der Unterwelt.« Er sah verärgert zu ihr auf. »Aber das heißt nicht, daß Richard nicht noch in D’Hara ist. Es heißt nicht, daß ihm etwas zugestoßen ist. Es betrifft ausschließlich den Stein der Nacht.«

Chase machte sich mit angestrengter Miene daran, noch vor Einbruch der Dunkelheit das Nachtlager aufzuschlagen. Kahlan klammerte sich, noch immer starr vor Entsetzen, an Zedds Umhang.

»Zedd … bitte. Könnte es sein, daß du dich irrst?«

Er schüttelte langsam den Kopf. »Der Stein der Nacht befindet sich in der Unterwelt. Aber meine Liebe, das bedeutet nicht, daß Richard auch dort ist. Laß die Angst nicht mit dir durchgehen.«

Kahlan nickte. Die Tränen liefen ihr die Wangen herab. »Zedd, es muß ihm einfach gutgehen. Es darf nicht anders sein. Wenn Rahl ihn so lange dortbehalten hat, bringt er ihn doch jetzt nicht um.«

»Wir wissen nicht einmal, ob Rahl ihn tatsächlich in seiner Gewalt hat.«

Offenbar wollte er es bloß nicht zugeben. Wieso sollte er sich im Palast des Volkes, aufhalten, wenn Darken Rahl ihn nicht gefangenhielt?

»Zedd, als du zuvor den Stein der Nacht gesucht hast, hast du gemeint, du könntest ihn spüren, könntest spüren, daß er lebt.« Sie konnte sich kaum überwinden zu fragen, brachte fast die Worte nicht heraus, aus Angst vor seiner Antwort. »Hast du ihn in der Unterwelt gespürt?«

Er sah ihr lange in die Augen. »Ich habe ihn nicht gespürt. Aber ich weiß nicht, ob ich ihn in der Unterwelt überhaupt spüren würde. Wenn er tot wäre.« Er zog sie an sich, als sie zu weinen anfing, legte ihren Kopf an seine Schulter. »Aber ich glaube, daß nur der Stein der Nacht dort war. Ich glaube, Rahl wollte mich dort in eine Falle locken. Er muß Richard den Stein der Nacht abgenommen und ihn in die Unterwelt geschickt haben, um mir dort eine Falle zu stellen.«

»Wir bleiben ihm auf den Fersen«, wimmerte sie. »Ich kehre nicht um.«

»Natürlich tun wir das.«

Kahlan fühlte eine warme Zunge auf ihrem Handrücken. Sie streichelte den Wolfspelz, lächelte ihn an.

»Wir werden ihn finden, Herrin Kahlan. Macht Euch keine Sorgen, wir werden ihn finden.«

»Brophy hat recht«, rief Chase über seine Schulter. »Ich freue mich schon auf die Lektion, die wir ihm damit erteilen werden.«

»Das Kästchen ist in Sicherheit«, sagte der Zauberer, »das allein zählt. Morgen in fünf Tagen beginnt der Winter, und dann wird Darken Rahl tot sein. Danach bekommen wir Richard zurück, wenn nicht schon früher.«

»Keine Sorge, ich bringe uns noch vorher dorthin, falls du das gemeint haben solltest«, brummte Chase.

16

Als ginge es um sein Leben, klammerte sich Richard in die dicken Dornen auf Scarlets Schultern, während sie mit einer Linkskurve zum Sinkflug überging. Zu seiner Verwunderung hatte er herausgefunden, daß er nicht etwa herunterrutschte, wenn sie sich in eine Kurve legte, sondern noch fester an sie gedrückt wurde. Das Fliegen war für Richard eine ebenso aufregende wie angsteinflößende Erfahrung. Unter ihm spannte sich die Muskulatur, wenn sie die Luft mit ihren mächtigen Schwingen schlug und mit jedem Schlag an Höhe gewann. Wenn sie ihre Flügel zusammenklappte und Richtung Erdboden tauchte, traten ihm vom Wind die Tränen in die Augen, stockte ihm der Atem, und sein Magen kletterte in seinem Innern empor. Schon die Vorstellung, auf einem Drachen zu reiten, war für ihn ein Wunder.

»Kannst du sie sehen?« rief er über das Geräusch des Windes hinweg.

Scarlet bejahte mit einem Grunzen. Im schwächer werdenden Licht wirkten die Gars wie schwarze Punkte, die sich über das felsige Gelände tief unten bewegten. Kräuselnd stieg Rauch von den Feuerquellen auf, und selbst in dieser Höhe konnte Richard die beißenden Dämpfe riechen. Scarlet stieg steil in die Höhe, dann kippte sie in einer steilen Rechtskurve nach unten weg.

»Es sind viel zu viele«, rief sie nach hinten.

Sie drehte den Kopf und linste ihn aus einem ihrer gelben Augen an. Richard zeigte nach vorn.

»Geh dort runter, hinter diesen Hügeln, und gib acht, daß sie uns nicht sehen.«

Scarlet stieg mit kräftigen Stößen höher. Als sie höher waren als je zuvor, glitt sie fort von den Feuerquellen. Sie stieß zwischen felsigen Hängen hinab und flog, sich zwischen ihnen hindurchschlängelnd, zurück zu der Stelle, wo sie nach Richards Angaben landen sollte. Mit leisem Flügelschlag setzte sie sanft neben einer Höhlenöffnung auf und senkte ihren Hals, damit er absteigen konnte. Offenbar wollte sie ihn nicht länger als nötig auf dem Rücken haben.