Выбрать главу

Die Senkung, welche er füllte, zog sich genau von Norden nach Süden, parallel mit dem nicht viel über eine halbe Stunde entfernten Hauptcanon. Zwischen diesem letzteren und dem Walde gab es zwei Verbindungswege, zwei Seitenthäler, ein nördliches, welches der» große Wolf «benutzt hatte, und ein südliches, durch welches Droll und Frank jetzt gekommen waren. Diese beiden von Osten nach Westen gehenden Nebenthäler bildeten mit dem Hauptcanon und dem Walde ein Rechteck, dessen innere Fläche aus dem hohen, stundenlangen Felsenblocke bestand, in welchen die Gewässer sich ihre senkrechten und mehrere hundert Fuß tiefen Wege eingefressen hatten.»Een Wald, een Forscht, mit richtigen Büschen und Beemen, als ob er von eenem königlich sächsischen Oberförschter angelegt worden wäre!«sagte Frank.»Besser konnten mersch gar nich treffen, denn das gibt een Verschteck, wie's im Hauptbuche schteht. Meenste nich?«

«Nee, «antwortete die Tante Droll.»Dieser Wald kommt mer verdächtig oder gar beinahe färchterbar vor. Ich trau' ihm nich.«

«Wieso denn und warum denn? Denkste etwa, daß da Bären ihr nächtliches Difficil offgeschlagen haben?«

«Das weniger. Bären sind grad nich ze färchte, sondern andre Kreature, welche aber genau ebenso gefährlich sind.«

«Was denn für welche?«

«Indianersch.«

«Das wäre dumm; das wäre freilich dumm!«

«Es sollt mich freue, wenn ich mich irre thät', aber meine Gedanke werde wohl de richtige sein.«

«Willste wohl die Gewogenheet haben, mir diese Gedanken logisch zu perturbieren?«

Die beiden standen an der Felsenecke, wo es Schatten gab, und hielten die Augen scharf auf den vom Monde beschienenen Waldesrand gerichtet. Dabei fragte Drolclass="underline" »Wer wird wohl besser wisse, daß hier een Wald is, wir oder die rote Kerls?«

«Die Indianer.«

«Werde se ebensogut wisse wie wir, daß mer sich im Walde am beste verschtecke kann?«

«Natürlich.«

«Habe ich dir nich schon erklärt, daß Indianer in der Nähe sein müsse?«

«Ja, denn bei ihnen hat der» große Wolf «sich Hilfe geholt.«

«Wo werde nun diese Leute schtecke? Im öden, nackten Canon oder im bequemen Walde?«

«In dem letzteren.«

«Gut, also müsse mer uns hier sehr in acht nehme. Ich bin überzeugt, daß mer Grund habe, sehr vorsichtig zu sein.«

«So meenste wohl, daß wir den Wald vermeiden müssen?«

«Nee, aber offpasse müsse mer. Siehste vielleicht was Verdächtiges?«

«Nee, gar nischt.«

«Ich ooch nich. So wolle mersch also versuche. Rasch 'nüber, und dann unter de Schträucher niedergeduckt und gehorcht, ob sich was regt. Vorwärts!«

Sie sprangen über die lichte, vom Monde beschienene Stelle hinüber. Bei den Bäumen angekommen, kauerten sie sich nieder, um zu lauschen. Sie hörten nichts; kein Blättchen regte sich; aber Droll sog die Luft ein und fragte leise:»Frank, schnuppere mal! Es riecht nach Rooch. Denkste nich?«

«Ja, «antwortete der Gefragte;»aber der Geruch is kaum zu bemerken. Es is nur eene halbe Ahnung von eener Viertelschpur von Rooch.«

«Weil's weit herkommt. Mer müsse de Sache untersuche und uns näher schleiche.«

Sie nahmen sich bei den Händen und schritten langsam und leise vorwärts. Es war dunkel unter dem Kronendache, und sie mußten sich also mehr auf ihren Tastsinn als auf ihr Gesicht verlassen. Je weiter sie vorwärts kamen, desto bemerkbarer wurde der Rauchgeruch: freilich avancierten sie nur langsam. Dem Hobble-Frank mochte doch ein Bedenken gegen ihr gefährliches Unternehmen kommen, denn er fragte flüsternd:»Wär's nich besser, wir ließen den Rooch Rooch sein? Wir begeben uns ganz nutzlos in eene Gefahr, die mir nicht komprimieren kann.«

«Eene Gefahr is es freilich, «antwortete Droll,»aber mer müsse es wage. Vielleicht könne mer unsre Freunde rette.«

«Hier?«

«Ja. Falls der» große Wolf «nich an unserm Lagerplatz bleibe will, wird er grad hierher komme.«

«Das wäre famos!«

«Famos? Na, na, es kann uns das Lebe koste!«

«Das schadet nischt, wenn wir nur unsre Gefährten retten. Jetzt kann es mir nich einfallen, umzukehren.«

«Recht so, Vetter; bist een tüchtiger Kerl. Aber List is besser als Gewalt. Also nur vorsichtig, nur vorsichtig!«

Sie schlichen weiter, bis sie stehen bleiben mußten, weil der Schein eines Feuers zu sehen war. Auch waren unbestimmte Töne, wie ferne Menschenstimmen, zu vernehmen. Der Wald schien sich nun mehr nach rechts auszubreiten. Sie folgten dieser Richtung und erblickten bald noch mehrere Feuer.

«Een großes, großes Lager, «flüsterte Droll.»Das werde de Utahkrieger sein, welche sich zum Zuge gegen de Navajos versammle. Da sind jedenfalls viele hundert beisamme.«

«Schadet nischt. Wir müssen näher. Ich will wissen, was mit Old Shatterhand und den andern wird. Ich muß —«

Er wurde unterbrochen, denn vor ihnen ertönte jetzt plötzlich ein viel-, vielstimmiges Geheul, nicht des Schmerzes oder der Wut, sondern des Jubels.

«Ach! Jetzt bringe se de Gefangene, «meinte Droll.»Der» große Wolf «kommt von Nord, und wir komme von Süd. Nun müsse mer unbedingt erfahre, was mer mit ihne anfange will.«

Bis jetzt waren sie in aufrechter Stellung vorwärts geschritten; jetzt mußten sie sich anschleichen. Sie legten sich also auf den Boden nieder und krochen weiter. Nach kurzer Zeit erreichten sie die himmelhoch scheinende Felsenwand, welche die östliche Grenze des Waldes bildete. Ihr entlang schlichen sie sich weiter, indem sie sich nebeneinander hielten. Sie hatten jetzt die Feuer zu ihrer linken Hand und erblickten sehr bald den kleinen See, an dessen Ufer das Feuer der Häuptlinge brannte.»Een Teich oder een See!«meinte Droll.»Das habe ich geahnt. Wo Wald is, muß ooch Wasser sein. Mer könne nich mehr weiter, weil das Wasser bis an den Felsen geht. Mer müsse also wieder nach links nebber.«

Sie befanden sich am südlichen Ende des Sees, an dessen westlichem Ufer das Feuer brannte, an welchem die Häuptlinge gesessen hatten. Sie krochen am Ufer hin, bis sie einen hohen Baum erreichten, dessen untere Äste man leicht mit den Händen erlangen konnte. Da wurde neue Nahrung in das erwähnte Feuer geworfen; die Flamme loderte hoch empor und beleuchtete die gefangenen Bleichgesichter, welche jetzt gebracht wurden.

«Jetzt müsse mer genau offpasse, «sagte Droll.»Kannste klettere, Vetter?«

«Wie een Eechhörnchen!«

«Dann roff off den Boom. Von da oben aus habe mer eene viel freiere und schönere Aussicht als hier unten.«

Sie schwangen sich hinauf und saßen dann oben im Laube, so daß selbst der scharfäugigste Indianer sie nicht hätte bemerken können.

Die Gefangenen hatten laufen müssen; also waren sie an den Füßen nicht gefesselt. Sie wurden an das Feuer geführt, wo sich die Häuptlinge, der» große Wolf «natürlich bei ihnen, wieder niedergelassen hatten. Dieser Indianer hatte die im Gürtel verborgenen Adlerfedern hervorgeholt und wieder in den Schopf gesteckt. Er war Sieger und durfte also sein Abzeichen wieder tragen. Sein Auge ruhte mit dem Ausdrucke eines hungrigen Panthers auf den Weißen, doch sagte er jetzt noch nichts, da der älteste Häuptling das Recht besaß, zuerst das Wort zu ergreifen.