«So werden wir ein Wörtchen mitsprechen, «fiel Droll ein.
«Ja, wir sprechen mit, «meinte auch Frank.»Es sollte mir lieb sein, wenn ich das Gewehr, welches mir der Lord gab, zum erstenmal gegen diese Kerls probieren könnte. Wie steht es denn, hat der Canon hier etwa Zugänge?«
«Nein. Es gibt nur einen, nämlich die Spalte, durch die ihr nach den Kessel gekommen seid, und die kennen die Utahs nicht.«
«Aber die Navajos?«
«Nur wenige von ihnen, und diesen wird es nicht einfallen, sie zu benutzen, denn der Weg ist — «
Er unterbrach sich, um zu horchen. Sein scharfes Ohr hatte ein Geräusch vernommen. Auch die andern hörten es. Es klang wie das Stolpern eines ermüdeten Pferdes im Geröll. Nach kurzer Zeit erschien ein einzelner Reiter, ein Navajo, dessen Pferd kaum mehr zu laufen vermochte. Der Mann schien verwundet zu sein, denn sein Anzug war mit Blut befleckt und er arbeitete trotzdem unausgesetzt mit Händen und Füßen, um seinen Gaul zu erneuter Anstrengung anzutreiben.
Der» junge Bär «verließ sein Versteck und trat hinaus. Sobald der Navajo ihn erblickte, hielt er sein Pferd an und rief erfreut:»Uff! Mein junger Bruder! Sind die erwarteten Krieger der Navajos schon angekommen?«
«Noch nicht.«
«So sind wir verloren!«
«Wie kann ein Krieger der Navajos sich verloren geben!«
«Der große Geist hat uns verlassen und sich zu den Hunden der Utahs gewendet. Wir haben sie im Thale der Hirsche überfallen, um sie zu erwürgen; aber unsre Häuptlinge hatten den Verstand verloren, und wir wurden geschlagen. Wir flohen, und die Utahs folgten uns; sie waren stärker als wir; dennoch hätten wir uns gehalten; aber heute früh ist ein großer neuer Trupp zu ihnen gestoßen; sie sind nun viermal so stark wie wir und drängten gar mächtig hinter uns her.«
«Uff! So seid ihr vernichtet?«
«Fast. Zehn Flintenschüsse abwärts von hier wogt der Kampf. Ich wurde abgesandt, um vom See aus Hilfe zu holen, denn wir dachten, die erwarteten Krieger seien bereits angekommen. Nun sind unsre Leute verloren.«
«Noch nicht. Steig ab, und ruhe dich hier aus! Es wird Hilfe kommen.«
Wie erstaunte der Mann, als er jetzt fünfzig Timbabatschen und vier Weiße erscheinen sah! Diese letzteren hatten den Bericht des Navajo nicht verstanden, da sie der Sprache desselben nicht mächtig waren; sie ließen ihn sich von dem» kleinen Bären «verdolmetschen. Als sie hörten, wie es stand, sagte Drolclass="underline" »Wenn es so steht, so müssen sich die Navajos augenblicklich zurückziehen. Es mag schnell jemand zu ihnen hinabreiten, um ihnen zu sagen, daß wir sie hier aufnehmen werden. Und ein Zweiter muß an den See, um unsre Gefährten und die übrigen Timbabatschen zu holen.«
«Was fällt dir ein!«widersprach der Hobble-Frank.»Nach diesem Plane sind die Navajos verloren.«
«Wieso?«fragte Droll erstaunt.»Meinst du, daß ich kein Westmann bin?«
«Der beste Westmann kann einmal einen schlechten Gedanken haben. Die Navajos stehen gegen eine solche Übermacht, daß sie vernichtet werden, sobald sie sich zur Flucht wenden, denn die Utahs reiten sie dann einfach nieder. Sie müssen unbedingt bleiben; sie müssen sich halten, bis das Gefecht zum Stehen kommt. Und daß dies geschieht, dafür werden wir sorgen.«
«Brav, Frank, du hast recht!«stimmte der Humply-Bill bei.
Und der Gunstick-Uncle meinte auch:»Ja, ja, sie müssen unten bleiben — bis wir die Utahs dort vertreiben!«
«Gut!«nickte der Hobble, höchst stolz auf den Beifall, welchen er fand.
«Ein Krieger der Timbabatschen reitet schnell nach dem See, um Hilfe zu holen; drei bleiben hier bei den Pferden, damit diese keine Dummheiten machen, und wir übrigen laufen, was wir können, den Navajos zu Hilfe. Vorwärts!«
Dieser Vorschlag wurde sofort ausgeführt. Die vier Weißen, mit dem wackern» kleinen Bären «voran, und die Timbabatschen rannten, so schnell der schlechte Weg es erlaubte, vorwärts. Noch waren sie nicht sehr weit gekommen, so hörten sie einen Schuß fallen, bald noch einen. Da Freund wie Feind vorzugsweise mit Pfeil und Bogen bewaffnet war, so konnte es keine Gewehrsalven geben. Aber in kurzem vernahmen sie das Geschrei der Kämpfenden, und dann sahen sie dieselben.
Ja, es stand schlecht mit den Navajos. Ihre Pferde waren meist erschossen; sie fanden hinter den Kadavern derselben die einzige Deckung, welche es gab, denn die Seitenwände des Canon waren hier glatt und winkellos, so daß sie kein Versteck gewährten. Ihre Pfeile schienen ihnen auszugehen, denn sie schossen nicht leichtsinnig und nur dann, wenn sie ihres Zieles sicher waren. Einige der Kühnsten von ihnen rannten umher, um die Pfeile der Utahs aufzulesen und denselben zurückzusenden. Diese letzteren waren so zahlreich, daß sie in mehreren Reihen hintereinander die ganze Breite des Canons ausfüllten. Sie kämpften zu Fuß und hatten ihre Pferde zurückgelassen, damit sie ihnen nicht erschossen würden. Das war ein großes Glück für die Navajos. Wären die Utahs aufgestiegen und auf sie losgestürmt, es wäre kein einziger von ihnen am Leben geblieben.
Jetzt verstummte das Kampfgeheul für kurze Zeit. Man sah die Hilfe kommen. Die vier Weißen blieben, als sie die Utahs im Bereiche ihrer Kugeln wußten, ganz offen in der Mitte des Canons stehen, legten die Gewehre an, zielten und drückten ab. Ein Geheul von seiten der Utahs bewies, daß die Kugeln getroffen hatten. Noch vier Schüsse, ein erneutes Heulen. Die Timbabatschen duckten sich nieder und krochen vorwärts, um auch zum Schuß zu kommen.
Der Humply-Bill war der Ansicht, daß die vier Weißen nicht zugleich schießen dürften, weil in diesem Falle während des Ladens eine zu lange Pause entstehe. Zwei laden und zwei schießen, so sollte es gehalten werden, und die andern stimmten bei.
Es zeigte sich nur zu bald, was vier tüchtige Männer mit guten Gewehren vermögen. Jeder Schuß traf seinen Mann. Diejenigen Utahs, welche Gewehre besaßen, zielten jetzt nicht mehr auf die Navajos, sondern auf die Weißen. Dadurch bekamen die ersteren Luft.
Seitwärts von den Jägern hatte sich der» kleine Bär «auf das Knie niedergelassen und gebrauchte sein Gewehr, daß es eine wahre Freude war. Schuß auf Schuß saß bei ihm. Die Utahs wichen zurück. Nur diejenigen von ihnen, welche Gewehre besaßen, blieben stehen; aber ihre Kugeln flogen zu kurz, und näher wagten sie sich nicht heran. Da rief der Hobble-Frank dem» kleinen Bären «zu:»Wir fünf bleiben halten. Die Navajos mögen sich hinter uns zurückziehen. Sage es ihnen!«
Der Sohn des Häuptlings gehorchte dieser Aufforderung, und die Roten sprangen auf und rannten zurück, um sich hinter den Weißen festzunisten. Es war ein trauriger Anblick. Erst jetzt sah man, wie sehr die Navajos gelitten hatten. Sie zählten höchstens noch sechzig Mann, und nicht die Hälfte von ihnen hatten ihre Pferde noch. Glücklicherweise konnten sie sich ungehindert zurückziehen, denn die Timbabatschen blieben liegen und hielten die Utahs im Schach. Es war eine Schande für die letzteren, daß sie nicht ein allgemeines, schnelles Vordringen wagten; aber dann wären eine Anzahl von ihnen gefallen, und das vermeidet der Indianer stets. Er greift am liebsten nur dann an, wenn er für sich nichts zu befürchten hat.
So kam es, daß auch die Navajos rückwärts rannten und dann die Weißen mit dem» kleinen Bär «eine Strecke retirierten, ohne daran gehindert zu werden. Die Utahs rückten ganz einfach nach. Sie sparten ihre Pfeile und setzten nur mit ihren wenigen Gewehren das Gefecht fort. So zogen sich die einen von Strecke zu Strecke zurück, und die andern folgten nach, bis die ersteren in die Nähe der Stelle gekommen waren, an welcher sie sich vorher versteckt gehabt hatten. Die Weißen rieten, nun schnell die Höhlen und Vertiefungen aufzusuchen; der» kleine Bär «machte den Dolmetscher — ein plötzlicher, allgemeiner Rückzug, und die bisher so hart Bedrängten waren verschwunden. Sie befanden sich in Sicherheit, denn hier gab es Deckung gegen jedes Geschoß, während die Utahs sich nicht verstecken konnten. Wenn nun bald die erwartete Hilfe kam, so konnte man getrost dem weitern Verlaufe des Kampfes entgegensehen.