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«So meinst du, daß ich nicht das Recht habe, von dieser Sache zu sprechen?«

«Ich kann es dir nicht verbieten.«

«Wir hatten eine Zeichnung darüber.«

«Die nützt dir nichts, denn wenn du dich nach derselben richtest, wirst du nichts finden. Ich habe den aufbewahrten Gegenständen einen andern Platz gegeben.

«Und den darf ich nicht erfahren?«

«Nein.«

«So bist du weniger dankbar als dein Vater!«

«Ich thue meine Pflicht, werde es dir aber nicht vergessen, daß du bei seinem Tode zugegen gewesen bist. Auf die Ausnutzung des Geheimnisses mußt du verzichten; jeden andern Wunsch aber werde ich dir mit Freuden erfüllen.«

«Ist das dein Ernst?«fragte da Old Firehand schnell.

«Ja. Meine Worte sind stets so gemeint, wie ich sie spreche.«

«So werde ich an Stelle dieses unsres Gefährten einen Wunsch aussprechen.«

«Thu es! Liegt es in meiner Macht, so werde ich denselben gern erfüllen.«

«Wem gehört das Land, auf welchem wir uns hier befinden?«

«Mir. Ich habe es von den Timbabatschen erworben und werde es einst meinem Sohn, dem» kleinen Bären «hinterlassen.«

«Kannst du dein Recht darauf beweisen?«

«Ja. Bei den roten Männern gilt das Wort; die weißen Männer aber verlangen ein Papier mit schwarzen Buchstaben. Ich habe ein solches anfertigen und von den weißen Häuptlingen unterschreiben lassen. Es ist auch ein großes Siegel darauf. Das Land am Silbersee, so weit es rundum von den Bergen eingefaßt wird, ist mein Eigentum. Ich kann mit demselben thun, was mir beliebt.«

«Und wem gehört der Felsenkessel, durch den wir heut gekommen sind?«

«Den Timbabatschen. Die weißen Häuptlinge haben die ganze Gegend ausgemessen und abgezeichnet; dann hat der weiße Vater in Washington sich unterschrieben, daß sie Eigentum der Timbabatschen ist.«

«Diese können also davon verkaufen, verpachten oder verschenken, ganz wie es ihnen gefällt.«

«Ja, und niemand darf etwas dagegen haben.«

«So will ich dir sagen, daß ich den Felsenkessel von ihnen kaufen will.«

«Thue es!«

«Du bist einverstanden?«

«Ja. Ich kann es ihnen nicht verbieten, zu verkaufen, und dir nicht, zu kaufen.«

«Darum handelt es sich nicht, sondern darum, ob es dir lieb oder unlieb ist, uns in deine Nachbarschaft zu bekommen.«

«Euch? Nicht bloß dich? So wollt ihr alle im Kessel wohnen?«

«Allerdings. Ich will auch die Strecke bis an deine Grenzen kaufen, in welcher die Felsenenge liegt.«

Das Gesicht des» großen Bären «nahm einen pfiffigen Ausdruck an, als er fragte:»Warum wollt ihr grad an einer Stelle wohnen, an welcher es kein Wasser gibt, und wo kein einziger Grashalm wächst? Der Weiße kauft nur solches Land, welches ihm großen Nutzen bringt. Ich errate eure Gedanken. Es ist der Stein, der Felsen, welcher Wert für euch hat.«

«Das ist richtig. Aber er gewinnt erst dann an Wert, wenn wir Wasser bekommen können.«

«Nehmt es euch aus dem See!«

«Das ist es, was ich mir von dir erbitten wollte.«

«Du sollst so viel haben, wie du brauchst.«

«Darf ich eine Leitung anlegen?«

«Ja.«

«Du verkaufst mir das Recht dazu, und ich bezahle es dir?«

«Wenn der Kauf notwendig ist, so habe ich nichts dagegen. Du magst einen Preis bestimmen, aber ich schenke ihn dir. Ihr habt mir einen großen Dienst geleistet; ohne euch wären wir in die Hände der Utahs gefallen; ich werde alle deine Wünsche erfüllen. Dieser Mann, welcher vorhin mit mir sprach, wollte die Schätze des Geheimnisses haben; das darf ich nicht zugeben; dafür werde ich euch aber behilflich sein, die Schätze des Felsenkessels auszubeuten. Du hörst, daß ich errate, um was es sich handelt. Es soll mich freuen, wenn eure Hoffnungen nicht zu Schanden werden.«

«Das laß ich mir gefallen, «flüsterte der Hobble-Frank seinem Vetter zu.

«Das Wasser haben wir also mehrschtenteels schon; wenn dann das Gold ooch so bereitwillig fließt, so können wir bald Crassussens schpielen.«

«Meenste vielleicht Krösussens? Krösus is doch wohl derjenige König gewese, der so schteenreich gewese is?«

«Fang mir nich etwa ooch so an wie der dicke Jemmy, der immer in die falsche Konterpunktion gerät! Crassus is die richtige Modulation. Wennste mein Freund und Vetter bleiben willst, so — horch!«

Vor dem Eingange ließ sich ein Pfiff hören. Das war das mit den Rafters verabredete Zeichen. Die Weißen sprangen auf und eilten nach dem Eingange des Thales. Die Roten blieben sitzen. Vorn angekommen, erfuhren sie, daß man aus der Gegend der Felsenenge ein Geräusch wie Huftritte gehört habe. Es wurden schnell die nötigen Maßregeln getroffen. Die Weißen lagen unter und hinter den Bäumen versteckt und warteten mit Spannung auf das, was nun kommen werde.

Vor ihnen lagen die bereits erwähnten Büsche. Die Zwischenräume derselben wurden vom Monde hinreichend beleuchtet. Hobble-Frank und Droll lagen nebeneinander. Sie hatten einen ziemlich freien Raum vor sich, den sie mit scharfen Blicken überwachten.

«Du, «flüsterte Frank,»bewegt sich nich etwas dort links am Busche?«

«Ja. Ich sah drei dunkle Punkte. Das müsse Indianersch sein.«

«Gut! Die sollen gleich schpüren, daß ich jetzt Besitzer eenes feinen Gewehrs bin.«

Er legte an. Da erhob sich einer der Indianer, um den freien Raum schnell zu überspringen. Er war im Lichte des Mondes deutlich zu erkennen. Der Schuß Franks krachte, und der Indianer fiel, in die Brust getroffen, nieder. Seine beiden Kameraden sprangen zu ihm hin, um ihn in Sicherheit zu bringen; ein Rafter schoß auf sie, traf aber nicht; sie verschwanden mit dem Toten.

Es verging einige Zeit, ohne daß man ferner etwas hörte oder sah. Das war auffällig. Darum kroch Winnetou vorwärts, um den vorn liegenden Raum vorsichtig abzusuchen. Nach ungefähr einer Viertelstunde kehrte er nach der Stelle zurück, an welcher er sich mit Old Firehand, Shatterhand und dem» großen Bären «befunden hatte, und meldete:»Die Krieger der Utahs haben sich geteilt. Die eine Hälfte von ihnen hält mit allen Pferden dort links, wo der Weg aus dem Felsenkessel mündet; die andern sind rechts am Beginn des Canons; dort haben sie ein Loch geöffnet, in welchem sie verschwinden.«

«Ein Loch?«fragte der» Bär «erschrocken.»So kennen sie den unterirdischen Gang, und mein Geheimnis ist verraten. Das kann kein andrer als das» lange Ohr «gethan haben. Wie hat er das erfahren können? Kommt mit mir! Ich muß sehen, ob es wahr ist.«

Er eilte fort, auf der Höhe des Dammes hin, und die drei folgten ihm. Bald sahen sie, unter den Bäumen versteckt, den Anfang des Canons hell unter sich liegen. Der Steinhaufen war entfernt, und beim Scheine des Mondes erkannte man die Utahs, welche in den Gang eindrangen.

«Ja, sie kennen mein Geheimnis, «meinte der» große Bär«.»Sie wollen nach der Insel, um uns in den Rücken zu kommen, und sie wollen meine Schätze haben. Aber das soll ihnen nicht gelingen. Ich muß rasch auf die Insel. Old Firehand und Old Shatterhand mögen mich begleiten; Winnetou aber mag hier bleiben; ich muß ihm etwas zeigen.«

Er führte den Apachen einige Schritte vorwärts nach einer Stelle, an welcher der Damm senkrecht in den See fiel. Dort lag ein großes, viele Zentner schweres Felsstück auf einer Unterlage von kleineren Steinen, welche eigentümlich geordnet waren. Der» große Bär «deutete auf einen dieser Steine und sagte:»Sobald Winnetou von hier aus sieht, daß ich auf der Insel ein Feuer anbrenne, mag er an diesen Stein stoßen, worauf dieser Felsen hinab in das Wasser rollen wird. Mein roter Bruder mag aber schnell zurückspringen und nicht erschrecken, wenn er ein großes Krachen hört.«

«Warum soll der Felsen in das Wasser?«fragte Winnetou.

«Das wirst du später sehen. Jetzt ist keine Zeit zum Erklären; ich muß fort. Schnell!«

Er rannte davon, und die beiden Jäger folgten ihm. An dem Feuer angekommen, riß er einen Brand aus demselben und stieg in eins der Boote.