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Ihre Eltern hatten beide Sorge, dass es mit ihr kein gutes Ende nehmen würde. Mrs. Cameron betete darum, dass sie einen älteren Mann finden würde, der bereit war, ihre Launen hinzunehmen. Mr. Cameron sagte, solche Männer gebe es heutzutage nicht mehr. Wenn es sie je gegeben habe, seien sie alle im Krieg gefallen.

Der Krieg hatte unter den Männern gewütet. Das bedeutete, dass eine ganze Generation junger Frauen keine Ehemänner finden würde. Auf jeden Norman Thorne kamen fünf junge Frauen, die bemerkt werden wollten. Und Mrs. Cameron kannte Elsie gut genug, um zu wissen, dass sie viel zu kompliziert und anstrengend war, um Normans Interesse länger zu fesseln.

Aber wie die Arbeitskollegen ihrer Tochter hatte sie das bockige, launische Wesen ihrer Tochter satt. »Tu, was du willst«, sagte sie, während sie einen Kopfkissenbezug aus dem Wasser zog und gegen das hölzerne Waschbrett schlug. »Nur komm nicht zu mir gelaufen, wenn Norman Thorne dich sitzen lässt.«

KAPITEL 2

Nord-London — Sommer 1921

Norman trottete schlurfend neben Elsie her. Fiat hatte ihm gekündigt, und er lebte von zehn Schillingen Stütze die Woche. »Alle sind entlassen worden«, sagte er. »Es ist überall das Gleiche. Dad hat gesagt, es gibt drei Millionen Arbeitslose, und es soll noch schlimmer werden.«

Elsie musste schnell gehen, um mit ihm Schritt zu halten, er hatte längere Beine. »Und was willst du tun?«

»Keine Ahnung.«

»Aber irgendwas musst du tun, Schatz. Du kannst nicht auf Dauer von der Stütze leben.«

(Sie meinte: „Wenn du nicht bald eine andere Arbeit findest, werden wir ewig nicht heiraten können.” Aber Norman wich aus, wie immer bei diesem Thema.)

»Sie haben uns belogen«, beschwerte er sich stattdessen. »Als wir an die Front gegangen sind, haben sie uns erzählt, wenn wir heimkommen, würden wir ein Land vorfinden, „das seiner Helden würdig” sei. Weißt du noch? Sie haben uns Arbeit und Geld versprochen -«, er schlug zornig nach einem Busch, an dem sie vorüberkamen, »- und gekriegt haben wir verdammt noch mal gar nichts.«

Elsie überging das „Verdammt noch mal”. Jetzt war nicht der Moment, ihm das Fluchen zu verbieten. Sie hätte am liebsten gesagt, dass es ihr ärger zu schaffen machte als ihm. Alles war so gut gelaufen, solange er verdient hatte. So gut, dass er sogar gelächelt hatte, wenn sie Andeutungen übers Heiraten machte. Nun stand er ohne Arbeit da, und alles war anders.

Von Heirat könne keine Rede sein, solange er arbeitslos war. Frau und Kinder kosteten Geld. Kein Mann dürfe Versprechungen machen, die er dann doch nicht einlösen konnte. Zu einer Ehe gehöre mehr als ein paar Küsse. Not und Armut führten zu Wut und Hass.

Solche Dinge wollte Elsie nicht hören. Sie hatte eine romantische Ader und redete sich ein, dass die Liebe alle Schwierigkeiten überwinden könne. Was konnte es ihnen schon ausmachen, arm zu sein, wenn sie zusammenhielten? Sie wusste, dass sie für Norman sehr viel mehr empfand als er für sie. Sie nannte ihn „Bärchen”, „Schatz” oder „Liebster”, aber er nannte sie immer nur „Elsie” oder „Else”.

Sie hakte sich bei ihm unter und setzte ihr strahlendstes Lächeln auf. »Du hast mir doch immer erzählt, dass man mit Hühnern gut verdienen kann. Warum baust du dir nicht eine Hühnerfarm auf?«

»Und wo bitte?« Sein Ton war gereizt, als fände er ihren Vorschlag albern. Aber er stieß sie nicht weg.

»Jedenfalls nicht in London. Irgendwo außerhalb. Sussex oder Surrey vielleicht. Auf dem Land ist der Grund billiger.«

Er blieb stehen. »Und wie soll ich das bezahlen?«

»Du könntest deinen Vater fragen, ob er dir was leiht. Du hast doch gesagt, dass er immer sehr sparsam war und etwas zur Seite gelegt hat. Wer weiß! Vielleicht gibt er lieber mit warmer Hand, als zu warten, bis die Hand kalt ist. Er hat doch niemanden, dem er es hinterlassen kann.«

»Meinst du wirklich?«

»Warum denn nicht? Hühner züchten ist besser, als von der Stütze leben.«

Es war erstaunlich, wie schnell seine Niedergeschlagenheit verflog. »Du könntest recht haben, Else. Er hat gesagt, dass er mir jederzeit unter die Arme greifen würde, wenn Not am Mann ist.«

»Na bitte.«

Flüchtig drückte er ihre Hand. »Wir könnten uns aber nicht mehr so oft sehen. Sussex ist ganz schön weit von Kensal Rise.«

»Das schaffen wir schon«, meinte sie. »Wir schreiben uns eben jeden Tag. Das macht unsere Liebe nur stärker.«

Norman war überrascht, wie schnell sein Vater die hundert Pfund für das Vorhaben lockermachte. Elsie meinte, er glaube eben an seinen Sohn. Norman vermutete, dass es ihm mehr darum ging, ihn von Elsie zu trennen. Mr. Thorne war ein wenig zu erpicht darauf, seinen Sohn nach Sussex zu schicken. Vielleicht hoffte er auf den alten Spruch, aus den Augen, aus dem Sinn.

»Die Veränderung wird dir guttun«, sagte er vergnügt. »Es wird Zeit, dass du neue Leute kennenlernst und versuchst, auf eigenen Beinen zu stehen. Hier versauerst du langsam, mein Junge.«

Das Gefühl hatte Norman manchmal auch. Er mochte Elsie gern. Er fragte sich sogar, ob er sie liebte, wenn sie guter Laune war. Aber er konnte nie voraussagen, wann das sein würde. Das machte ihn fertig. Es gab Tage, da war sie glücklich und vergnügt, dann wieder welche, da war sie alles andere. Und immer musste er sich ihrer Stimmung anpassen. Nie umgekehrt.

Sie bezeichnete ihre Höhen und Tiefen als ihre „Nerven”. »Ich sorge mich eben, Bärchen. Das macht mich nervös. Meine Mutter sagt, das vergeht, wenn ich eine eigene Familie habe. Wenn man Kinder hat, hat man keine Zeit mehr dafür.«

Norman bezweifelte das. Mit einem Kind würde sie sich bestimmt noch mehr sorgen. Aber er sagte nichts. Es war leichter, mit Elsie zurechtzukommen, wenn sie Pläne machen konnte. Für sie war es selbstverständlich, dass er Teil ihrer Zukunft sein würde.

Ein-, zweimal versuchte er anzudeuten, dass es auch anders kommen könnte. »Ich bin nicht der einzige Mann auf der Welt, Else. Kann doch leicht sein, dass du was Besseres findest.«

»Wie denn? Du bist doch mein einziger liebster Schatz.«

»Vielleicht finde ich was Besseres«, meinte Norman nicht ganz im Scherz.

Sie ließ es ihn büßen, wenn er so etwas sagte. Ein älterer Mann hätte ihr eingeschnapptes Getue zum Vorwand genommen, um die Sache zu beenden. Aber ein gottesfürchtiger Junge von neunzehn Jahren, der, von Elsies überschwänglicher Liebe geschmeichelt, schon umgarnt war, konnte das nicht.

Das erklärt vielleicht, warum der Plan, außerhalb von London eine Hühnerfarm aufzuziehen, Norman ebenso willkommen war, wie seinem Vater. Er hoffte, eine Verschnaufpause würde ihm helfen, einen Entschluss zu fassen.

Er kaufte ein Stück Land an der Blackness Road in Crowborough in Sussex und übernahm es am 22. August 1921. Um gleich von Anfang an freundliches Wohlwollen auf das Unternehmen herabzubeschwören, nannte er das Anwesen Wesley Geflügelfarm. (John Wesley war der Begründer der methodistischen Bewegung.)

Norman wohnte am Ort. Tagsüber baute er die Verschläge und die Auslaufhöfe für die Hühner. Es war noch warm im September, und die Arbeit war hart. Sein einziges Transportmittel war sein Fahrrad, und er ging sehr vorsichtig mit seinem Geld um.

Nach dem Landkauf musste er Holz und Draht besorgen, aber zugleich genug zurückbehalten, um einen Grundstock an Hühnern anlegen zu können. Das bedeutete, dass er die meiste Zeit allein auf seinem Hof verbrachte und abends niemals ausging.

Natürlich fehlte ihm Elsie. Sie schrieb ihm jeden Tag, um dafür zu sorgen, dass er sie nicht vergaß. „Norman, mein liebster Schatz…” „Ach, mein Liebling, ich hebe Dich so sehr…” „Denkst Du so oft an mich, wie ich an Dich denke, Bärchen?…” „Wächst die Liebe zu deinem kleinen Schatz ein wenig mit der Entfernung…?”