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Los, Scharführer, bleib nicht in Deckung wie ein feiger Judenlümmel! dachte Klietmann aufgebracht. Zeig dich, zieh ihr Feuer auf dich!

Sekunden später kam Hubatsch aus seiner Deckung, und die Frau sah ihn losrennen. Während sie sich auf ihn konzentrierte, sprang Klietmann hinter seinem blaugeäderten Quarzfelsen auf.

23

Im Führerbunker beugte Stefan sich im Ledersessel vor und wiederholte: »Lügen, nichts als Lügen, mein Führer. Dieser Versuch, Ihre strategischen Reserven in Richtung Normandie zu locken, ist der Kernpunkt des von den Verschwörern im Institut geschmiedeten Plans. So sollen Sie dazu veranlaßt werden, einen schweren Fehler zu machen, den Sie an sich nicht machen würden. Sie sollen sich auf die Normandie konzentrieren; in Wirklichkeit liegt das Invasionsgebiet jedoch bei .«

»Calais!« warf Hitler ein.

»Ganz recht.«

»Ich habe schon immer vermutet, daß die Landung im Gebiet um Calais stattfinden wird. Sie werden den Ärmelkanal an der engsten Stelle überqueren wollen.«

»Sie haben recht, mein Führer«, bestätigte Stefan.

»Allerdings kommt es am 7. Juni zu Landungen in der Normandie .«

In Wirklichkeit würde die Invasion am 6. Juni beginnen, aber am 6. würde das Wetter so schlecht sein, daß das deutsche Oberkommando ein alliiertes Landungsunternehmen für ausgeschlossen hielt ». aber das ist lediglich ein mit schwachen Kräften unternommenes Ablenkungsmanöver, um unsere besten Panzerdivisionen an die normannische Küste zu locken, während die eigentliche Invasionsfront fast gleichzeitig bei Calais eröffnet wird.«

Diese Informationen bestärkten den Diktator in seinen Vorurteilen und seinem Glauben an die eigene Unfehlbarkeit. Er ließ sich wieder in seinen Sessel fallen und schlug mit der Faust auf die Schreibtischplatte. »Ich hab’s gewußt! Was Sie sagen, klingt richtig, Stefan. Aber ... mir sind Dokumente - aus der Zukunft zurückgebrachte Fotokopien der entsprechenden Seiten aus Geschichtswerken - vorgelegt worden, die ...«

»Fälschungen«, behauptete Stefan, wobei er sich darauf verließ, daß die Paranoia des anderen diese Lüge plausibel erscheinen lassen würde. »Anstatt Ihnen echte Dokumente vorzulegen, hat man eigens Fälschungen hergestellt, um Sie irrezuführen.«

Mit etwas Glück würde die von Churchill zugesagte Bombardierung des Instituts morgen stattfinden und zur Vernichtung der Zeitmaschine, aller zu einem Neubau befähigten Wissenschaftler und sämtlichen aus der Zukunft mitgebrachten Materials führen. Danach würde Hitler keine Möglichkeit mehr haben, den Wahrheitsgehalt von Stefans Behauptungen überprüfen zu lassen.

Hitler saß etwa eine Minute lang schweigend da, starrte die Luger auf seinem Schreibtisch an und dachte angestrengt nach.

Über ihnen nahm der Luftangriff wieder an Intensität zu und ließ die Bilder an den Wänden und die Bleistifte in dem Kupferkessel klappern.

Stefan wartete ängstlich gespannt darauf, ob er Glauben finden würde.

»Wie sind Sie hierhergekommen?« wollte Hitler dann wissen. »Wie haben Sie das Tor jetzt noch benützen können? Soviel ich weiß, wird es streng bewacht, seitdem Kokoschka und die anderen fünf desertiert sind.«

»Ich bin nicht durchs Tor zu Ihnen gekommen«, antwortete Stefan. »Ich habe nur meinen Zeitreisegürtel benützt und bin geradewegs aus der Zukunft gekommen.«

Dies war die frechste seiner bisherigen Lügen, denn der Gürtel war keine Zeitmaschine, sondern lediglich ein Rückkehrgerät, das seinen Träger ins Institut zurückbrachte. Stefan vertraute darauf, daß Hitler zwar von der Zeitmaschine und ihrer Funktionsweise wußte, ihm aber vermutlich Detailkenntnisse fehlten. Vielleicht wußte er gar nicht, wie die Gürtel tatsächlich funktionierten.

Merkte Hitler jedoch, daß Stefan aus dem Institut gekommen war, dann würde ihm auch klarwerden, daß Kokoschka und die fünf anderen keine Deserteure waren. Damit brach das ganze Verschwörermärchen zusammen - und Stefan war ein toter Mann.

»Sie haben den Gürtel ohne die Maschine benützt?« fragte der Diktator stirnrunzelnd. »Ist das möglich?«

Stefans Kehle war vor Angst wie ausgedörrt, aber er sprach trotzdem überzeugend. »Ja, mein Führer, es ist ganz leicht, den Gürtel ... so einzustellen, daß er einen nicht ins Tor, sondern an einen beliebigen anderen Ort zurückbringt. Und wir können von Glück sagen, daß das der Fall ist, denn bei einer Rückkehr ins Institut wäre ich von den Juden, die bedauerlicherweise das Tor kontrollieren, am Herkommen gehindert worden.«

»Juden?« fragte Hitler verblüfft.

»Ja, mein Führer. Die Verschwörung innerhalb des Instituts ist meines Wissens nach das Werk jüdisch versippter Mitarbeiter, die es verstanden haben, ihre Abstammung zu verheimlichen.«

Die Miene des Geistesgestörten verhärtete sich in plötzlichem Zorn. »Juden! Immer das gleiche Problem! Jetzt auch im Institut.«

Als Stefan das hörte, wußte er, daß er gewonnen hatte und es ihm gelungen war, den Gang der Geschichte wieder in die rechte Bahn zu lenken.

Das Schicksal bemüht sich, ursprünglich vorgesehene Entwicklungslinien durchzusetzen.

24

»Chris, kriech lieber unter den Wagen«, forderte Laura ihn auf.

Noch während sie sprach, kam der Bewaffnete südwestlich von ihr mit einem Sprung aus seinem Versteck, sprintete auf sie und den Rand des Arrayos zu und suchte offenbar den spärlichen Schutz einer weiteren niedrigen Sanddüne.

Sie richtete sich blitzschnell auf, vertraute darauf, daß der Buick ihr Deckung vor dem Mann hinter dem Toyota bieten würde, und eröffnete das Feuer. Das erste Dutzend Geschosse ließ Sand und Gesteinssplitter hinter den Füßen des Rennenden aufspritzen, aber der nächste Feuerstoß erwischte ihn an den Beinen. Der Mann brach schreiend zusammen und wurde auch am Boden noch mehrmals getroffen. Er wälzte sich zur Seite, verlor den Halt und fiel über die Felskante des an dieser Stelle mindestens zehn Meter tiefen Arroyos.

Noch während der Bewaffnete in die Tiefe stürzte, hörte Laura MP-Feuer - nicht aus der Richtung des Toyotas, sondern irgendwo hinter sich. Bevor sie sich herumwerfen und dieser neuen Gefahr begegnen konnte, wurde sie von einem Feuerstoß im Rücken getroffen, fiel nach vorn und blieb mit dem Gesicht nach unten auf dem harten Schiefergrund liegen.

25

»Juden!« wiederholte Hitler aufgebracht. Dann erkundigte er sich: »Was ist mit dieser Atomwaffe, die uns angeblich helfen soll, den Krieg zu gewinnen?«

»Eine weitere Lüge, mein Führer. Obwohl in der Zukunft immer wieder versucht werden wird, eine Waffe dieser Art zu entwickeln, wird es stets nur Mißerfolge geben. Die Sache ist ein Schwindel, den die Verschwörer ausgeheckt haben, um Forschungsmittel und -kapazitäten des Reichs durch ein sinnloses Projekt zu binden.«

Durch die Bunkerwände kam ein Rumpeln, als befänden sie sich nicht unter der Erde, sondern hoch in der Luft inmitten eines Gewitters.

Die schweren Bilderrahmen polterten gegen den Beton.

Die Bleistifte klapperten in ihrem Kupferkessel.

Hitler erwiderte Stefans Blick und starrte ihn lange prüfend an. »Wären Sie mir nicht treu ergeben«, meinte er dann, »hätten Sie einfach bewaffnet herkommen und mich im Augenblick Ihrer Ankunft erschießen können.«

Tatsächlich hatte Stefan mit diesem Gedanken gespielt, denn nur die Ermordung Adolf Hitlers hätte einige der Flecken von seiner eigenen Seele tilgen können. Aber es wäre eine egoistische Tat gewesen, denn mit dem Mord an Hitler hätte er den Gang der Geschichte radikal verändert und die ihm bekannte Zukunft extrem gefährdet. Er durfte nicht vergessen, daß seine Zukunft zugleich auch Lauras Vergangenheit war; falls er die vom Schicksal vorausbestimmten Entwicklungslinien durch seine Einmischung stark veränderte, konnte es geschehen, daß es der Welt im allgemeinen und Laura im besonderen viel schlechter ging. Wenn er Hitler hier ermordete, konnte es sein, daß er bei seiner Rückkehr ins Jahr 1989 eine drastisch veränderte Welt vorfand, in der es Laura nicht gab, nie gegeben hatte.