Выбрать главу

Stefan wollte das Ventil des Vexxon-Zylinders öffnen, bevor er auf den Knopf des Rückkehrgürtels drückte, damit das Nervengas bereits austrat, wenn er durch das Tor ins Institut zurückkehrte und alle tötete, die sich an diesem Tag des Jahres 1944 im Hauptlabor des Instituts aufhielten. Das bedeutete jedoch, daß er schon am Ausgangspunkt seiner Reise eine bestimmte Menge des tödlichen Kampfstoffs freisetzen würde, was nur in einem unbesiedelten Gebiet gefahrlos möglich war. Die Straße vor dem zur Villa gehörenden Grundstück und die Nachbarhäuser hätten im Wirkungsbereich des Nervengases gelegen, und Stefan wollte nicht am Tod Unbeteiligter schuld sein.

Darüber hinaus hatte Laura weitere Bedenken geäußert: Obwohl das Gas angeblich nur 40 bis 60 Minuten giftig war, befürchtete sie, von seinen Rückständen könnten langfristig unbekannte toxische Wirkungen ausgehen. Sie hatte nicht die Absicht, auf Jasons und Thelmas Grundstück irgendwelche gefährlichen Stoffe zurückzulassen.

Der Tag war sonnig und klar.

Sie waren erst einige Straßenblocks weit gefahren und befanden sich am Beginn einer Senke zwischen riesigen Dattelpalmen, als Laura glaubte, in dem Himmelssegment, das ihr der Rückspiegel zeigte, einen seltsamen Lichtreflex beobachtet zu haben. Wie würden Blitze bei wolkenlos blauem Himmel aussehen? Nicht so gleißend hell wie bei wolkenverhangenem Gewitterhimmel, denn sie würden mit der Helligkeit der Sonne konkurrieren müssen. Vermutlich würden sie der Erscheinung gleichen, die Laura gesehen zu haben glaubte: einem seltsamen Lichtreflex.

Sie bremste, aber der Buick hatte bereits den tiefsten Punkt der Senke erreicht, so daß im Rückspiegel nur noch die Straße zu sehen war. Sie glaubte, auch ein Grollen wie entfernten Donner gehört zu haben, aber sie war sich ihrer Sache wegen des lauten Brummens der Klimaanlage ihres Wagens nicht ganz sicher. Sie hielt rasch am Straßenrand und beugte sich vor, um die Belüftung abzustellen.

»Was ist los?« fragte Chris, als sie das Automatikgetriebe in Parkstellung brachte, ihre Tür auf stieß und aus dem Wagen sprang.

Auch Stefan öffnete seine hintere Tür und stieg aus. »Laura?«

Sie legte eine Hand über die Augen und suchte den beschränkt sichtbaren Himmel ab. »Hast du das gehört, Stefan?«

In der warmen, trockenen Wüstenluft verhallte langsam ein fernes Rumpeln.

»Könnte Düsenlärm gewesen sein«, meinte Stefan.

»Nein! Als ich zuletzt auf Düsenlärm getippt habe, sind sie gekommen!«

Das Licht des Himmels pulsierte ein letztes Mal. Sie sahen keinen richtigen Blitz, keine über den Himmel zuckende Lichtspur, sondern nur deren Reflex in den oberen Schichten der Atmosphäre: ein pulsierendes weißes Aufleuchten im Himmelsblau über ihnen.

»Sie sind da«, stellte Laura fest.

»Ja«, stimmte Stefan zu.

»Irgendwo auf der Fahrt zur Hundertelfer werden wir angehalten, vielleicht von einer Verkehrsstreife, oder wir haben einen Unfall, der von der Polizei aufgenommen wird ... und dann tauchen sie auf. Stefan, wir müssen umkehren, ins Haus zurückfahren!«

»Das wäre zwecklos«, behauptete er.

Auch Chris war ausgestiegen. »Er hat recht, Mom. Was wir jetzt tun, hat keinen Einfluß mehr. Diese Zeitreisenden sind hergekommen, weil sie schon einen Blick in die Zukunft geworfen haben und genau wissen, wo sie uns finden werden -vielleicht in einer halben Stunde, vielleicht schon in zehn Minuten. Ob wir ins Haus zurückfahren oder weiterfahren, spielt keine Rolle; sie haben uns bereits irgendwo gesehen -möglicherweise sogar wieder im Haus. Wir können tun, was wir wollen - unsere Wege kreuzen sich auf jeden Fall!«

Schicksal.

»Scheiße!« sagte sie und versetzte dem Auto einen Tritt, der nichts nützte und sie nicht einmal erleichterte. »Ich hasse dieses verdammte Spiel. Wie soll man gegen gottverdammte Zeitreisende gewinnen? Das kommt mir vor wie Blackjack mit Gott als Bankhalter.«

Die Blitze waren erloschen.

»Eigentlich ist das ganze Leben eine Partie Blackjack mit Gott als Bankhalter, stimmt’s?« fuhr Laura fort. »Schlimmer kann’s also kaum werden. Steig ein, Chris, wir müssen weiter.«

Auf der Fahrt durch die westlichen Außenbezirke der Fremdenverkehrsstadt waren Lauras Nerven zum Zerreißen gespannt. Sie wußte, daß der Überfall ohne Vorwarnung erfolgen würde, dann, wenn sie ihn am wenigsten erwarteten, also war sie auf Gefahren von allen Seiten gefaßt.

Über den Palm Canyon Drive erreichten sie die Staatsstraße 111, ohne angehalten zu werden. Vor ihnen lagen 19 Kilometer einer hauptsächlich durch kahle Wüste führenden Strecke, bis die 111 auf die Interstate 10 stieß.

13

In der Hoffnung, eine Katastrophe verhindern zu können, kurbelte Oberführer Klietmann sein Fenster herunter und lächelte dem Polizeibeamten aus Palm Springs zu, der an die Scheibe geklopft hatte, um auf sich aufmerksam zu machen, und sich jetzt bückte und ihn prüfend anstarrte. »Was gibt’s Officer?« »Haben Sie den roten Randstein nicht gesehen, als Sie hier geparkt haben?«

»Den roten Randstein?« wiederholte Klietmann lächelnd, während er sich fragte, wovon zum Teufel der Cop redete.

»Hören Sie, Sir«, fragte der Uniformierte in spielerisch neugierigem Tonfall, »wollen Sie etwa behaupten, Sie hätten den roten Randstein nicht gesehen?«

»Doch, Sir, natürlich habe ich ihn gesehen!«

»Ihnen hätte ich auch nicht zugetraut, daß Sie schwindeln«, sagte der Cop, als kenne er Klietmann und vertraue auf seinen guten Ruf, was den Obersturmführer verblüffte. »Okay, Sir, warum haben Sie dann hier geparkt, wenn Sie den roten Randstein gesehen haben?«

»Ah, ich verstehe«, murmelte Klietmann, »rote Randsteine bedeuten Parkverbot. Ja, natürlich.«

Der Uniformierte blinzelte ihm zu. Er betrachtete Stein, der auf dem Beifahrersitz saß, und konzentrierte sich dann auf Bracher und Hubatsch auf den Rücksitzen, denen er lächelnd zunickte.

Klietmann brauchte nicht erst zu seinen Leuten hinüberzusehen, um zu wissen, wie nervös sie waren. Die Luft im Wagen knisterte förmlich vor Spannung.

Der Polizeibeamte wandte sich erneut an Klietmann und erkundigte sich lächelnd: »Leute, ihr seid alle vier Geistliche, stimmt’s?«

»Geistliche?« wiederholte Klietmann verständnislos.

»Ich kombiniere gern ein bißchen«, erklärte ihm der Cop. »Ich bin kein Sherlock Holmes, aber auf den Aufklebern an eurer Stoßstange steht >I love Jesus< und >Christ ist erstanden< und in Palm Springs findet ein Baptistenkongreß statt, und ihr tragt alle dunkle Anzüge.«

Deshalb hatte er zuvor angenommen, Klietmann werde garantiert nicht schwindeln: Er hielt sie für Baptistengeistliche.

»Sie haben recht«, bestätigte Klietmann sofort. »Wir sind zum Baptistenkongreß hier, Officer. Tut mir leid, daß wir im Parkverbot gestanden haben, aber bei mir zu Hause gibt’s keine roten Randsteine. Wenn Sie mich jetzt ...«

»Woher kommen Sie denn?« wollte der Uniformierte wissen. Es war nicht mißtrauisch, sondern durchaus freundlich gemeint. Klietmann wußte viel über die Vereinigten Staaten, aber nicht genug für ein Gespräch dieser Art, dessen Richtung er überhaupt nicht steuern konnte. Soviel er sich erinnerte, kamen die Baptisten aus dem Süden; da er nicht wußte, ob es sie auch im Norden, Osten oder Westen gab, versuchte er, sich an einen Staat im Süden zu erinnern. »Ich bin aus Georgia«, antwortete er, bevor ihm klarwurde, wie unwahrscheinlich diese Behauptung klingen mußte, wenn sie mit deutschem Akzent vorgebracht wurde.

Das Lächeln des Uniformierten wurde schwächer. Er sah an Klietmann vorbei zu Stein hinüber und fragte: »Und woher sind Sie, Sir?«