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»Auf diesem Kriegsschiff?« rief der Korsar erstaunt. »Wo habt ihr sie an Bord genommen?«

»In Veracruz.«

»Gut, sie wird mit uns nach der Tortuga kommen, und wünscht sie die Freiheit, so muß sie die Lösesumme bezahlen, die meine Mannschaft festsetzen wird. Geht jetzt! Ihr habt eure Fahne tapfer verteidigt! Mögt ihr glücklich die Küste erreichen!«

»Seid bedankt, Kapitän!«

Die große Schaluppe wurde ins Meer gelassen. Man hatte sie mit Lebensmitteln für acht Tage, mit einigen Gewehren und Ladung versehen.

Der Unteroffizier und die achtzehn Seeleute schifften sich ein, während das große Banner Spaniens vom Mastbaum gleichzeitig mit der auf der Spitze des Girksegels wehenden Fahne niedergelassen wurde. Das Hissen der schwarzen Fahne des Flibustiers wurde mit zwei Kanonenschüssen begrüßt.

Der Schwarze Korsar war auf das Vorderdeck gestiegen und hatte der großen Schaluppe nachgeschaut, die sich nach Süden zur Maracaibobucht hin rasch entfernte.

Seine Mannschaft hatte inzwischen die Verwundeten in den Krankenraum geschafft und die Leichen in die Hängematten gelegt, um sie im Meer zu versenken.

Der Kapitän winkte Morgan zu sich heran.

»Sagt meinen Leuten, daß ich zu ihren Gunsten auf den mir entfallenen Teil bei dem Verkauf des Schiffs verzichte!«

»Aber Kommandant!« rief der Leutnant erstaunt. »Das Schiff ist viele tausend Piaster wert!«

»Was nützt mir das Geld? Ich führe Krieg aus persönlichen Gründen und nicht aus Gier nach Reichtum. Im übrigen habe ich meinen Anteil gehabt!«

Als ihn Morgan ungläubig ansah, fuhr der Korsar fort: »Ja, die neunzehn Gefangenen haben ihre Freiheit einlösen müssen!«

»Das kann nicht viel gewesen sein!«

»Mir genügt es. Sagt auch meinen Leuten, daß sie die Einlösungssumme für die Herzogin, die sich an Bord des Fahrzeugs befindet, bestimmen sollen! Der Gouverneur von Veracruz oder der von Maracaibo wird zahlen müssen, wenn er die Dame wiedersehen will.«

»Unsere Leute lieben wohl das Geld, aber mehr noch ihren Kommandanten. So werden sie Euch auch die Gefangenen der Kajüte überlassen.«

»Wir werden sehen.«

Eben wollte sich der Kapitän nach dem Hinterdeck wenden, als plötzlich die Kajüte rasch geöffnet wurde und eine hochgewachsene, junge, schlanke Frauengestalt erschien, gefolgt von zwei Mulattinnen und zwei Pagen. Ihr Gesicht zeigte jene zarte, rosige Haut, wie sie nur bei nordischen Rassen vorkommt. Ihre hellblonden Haare waren in dicken Zöpfen um den Kopf gewunden, und ihre graublauen Augen mit den feingezeichneten dunklen Brauen schimmerten wie Stahl.

Sie trug ein Gewand aus blauer Seide mit großem Spitzenkragen, wie er zu jener Zeit Mode war. Keine Gold- und Silberstickereien, sondern vornehme Einfachheit zeichnete es aus. Um den Hals trug sie allerdings mehrere Perlenschnüre – Perlen, die vielleicht Tausende von Piaster kosteten – und in den Ohren zwei herrliche Smaragde, Steine, die in jenem Zeitalter sehr gesucht und geschätzt wurden.

Die beiden Mulattinnen, die ihr folgten, waren auch schöne Frauen mit bronzefarbener Haut. Gleichfalls dunkelfarbig waren die Pagen.

Als die Dame die Toten und Verwundeten sah, wich sie zuerst mit Schaudern zurück. Der Anblick der Blutlachen widerte sie an. Dann aber fiel ihr Blick auf den Schwarzen Korsaren, der sich ihr genähert hatte, und sie fragte zornig: »Könnt Ihr mir eine Erklärung dafür geben, mein Herr?«

Er verbeugte sich vor ihr. »Eine Seeschlacht, Madame, die zuungunsten der Spanier ausgefallen ist!«

»Und wer seid Ihr?« fragte sie weiter.

Der Kapitän warf sein Schwert beiseite, zog galant seinen Federhut und antwortete: »Ich bin ein Edelmann von drüben jenseits des Meeres!«

»Das sagt mir nicht, wer Ihr seid!« entgegnete sie, jedoch ein wenig sanfter infolge der Höflichkeit des Flibustiers.

»Dann also: Ich bin Cavaliere Emilio di Roccabruna, Herr von Valpenta und Ventimiglia, aber hier habe ich einen ganz anderen Namen!«

»Und welchen, Cavaliere?«

»Ich bin der Schwarze Korsar!«

Bei der Nennung dieses Namens malte sich ein wilder Schrecken in den Zügen der schönen Dame. Die rosige Farbe war einer tiefen Blässe gewichen.

»Der Schwarze Korsar«, murmelte sie wie erstarrt. »Der schreckliche Flibustier der Tortuga, der die Spanier so tödlich haßt?«

»Vielleicht irrt Ihr Euch darin, Madame! Ich bekämpfe wohl die Spanier, aber ich habe keinen Grund, sie zu hassen. Daß ich nicht so grausam bin, wie Ihr glaubt, habe ich den Überlebenden dieses Schiffs hier bewiesen. Seht Ihr dort unten, wo sich das Meer mit dem Himmel vereinigt, jenen schwarzen Punkt? Es ist eine Schaluppe mit neunzehn spanischen Seeleuten, die ich freiließ, obgleich ich nach Kriegsrecht sie töten oder gefangennehmen konnte.«

»So hätten also die Gerüchte gelogen, die Euch als den wildesten Piraten der Tortuga darstellen?«

»Möglich.«

»Und was wollt Ihr jetzt mit mir machen, Cavaliere?«

»Bevor ich antworte, gestattet mir eine Frage. Wer seid Ihr?«

»Eine Flämin.«

»Und Euer Name?«

»Ist es denn nötig, daß ich ihn nenne?«

»Ihr müßt mir doch sagen, wer Ihr seid, wenn Ihr die Freiheit wiedererlangen wollt!«

»Die Freiheit? Ah, richtig, ich bin ja Eure Gefangene!«

»Nicht meine allein, die der Freibeuter. Wenn es sich um mich handelte, würde ich Euch mein bestes Boot mit meinen Leuten zur Verfügung stellen, die Euch im nächsten Hafen ausschiffen sollten, aber ich darf mich nicht den Gesetzen der Küstenbrüder entziehen.«

Sie dankte ihm lächelnd. »Ich finde es nur so seltsam, daß ein Edelmann mit so ritterlicher Gesinnung ein Seeräuber geworden ist.«

»Es gibt Motive, die es erklären«, sagte er stirnrunzelnd. »Einige werden Seeräuber, um Rache zu nehmen. Hat Montbars, der Gefürchtete, nicht auch die Indianer gerächt, die durch die Habsucht der spanischen Abenteurer ausgerottet wurden? ... Wollt Ihr mir jetzt Euren Namen sagen, Madame?«

»Honorata Willerman, Herzogin von Weltendrem!«

Er verbeugte sich. »Nun bitte ich Euch dringend, Herzogin, in die Kajüte zurückzugehen. Wir haben hierein trauriges Werk zu vollbringen, die im Kampfe Gefallenen zu bestatten. Darf ich Euch heute abend zu Tisch am Bord meines Schiffes erwarten?«

Sie reichte ihm zum Dank ihre kleine weiße Hand, neigte ein wenig das Haupt und zog sich wieder zurück.

Bevor sie in den Wohnraum trat, wandte sie sich noch einmal zu dem Schwarzen Korsaren um. Er stand unbeweglich auf seinem Platze, den Federhut in der Hand.

Seine Augen hafteten noch lange auf der Tür der Kajüte. Sein Blick war düster und seine Stirn umwölkt, als ob ihn ein Gedanke quälte, als ob seine Augen eine Vision verfolgten ... Dann raffte er sich auf, schüttelte die Gedanken ab und murmelte: »Bah, Torheiten!«

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Das erste Feuer

Der Kampf zwischen dem Korsarenfahrzeug und dem Linienschiff war für beide Mannschaften unheilbringend gewesen.

Mehr als zweihundert Leichen bedeckten den Boden, das Vorderkastell und die Schanze des geraubten Schiffs. Einige waren durch die aus den Mastkörben geworfenen mörderischen Granaten gefallen, andere durch die Kugeln auf Deck und wieder andere durch Flinten, Pistolen oder blanke Waffen.

Einhundertundsechzig Mann hatten die Spanier verloren und achtundvierzig Mann der Korsar. Außerdem gab es siebenundzwanzig Verwundete, die im Krankenraum der »Fólgore« lagen.

Auch die Fahrzeuge selbst wiesen Beschädigungen auf. Die »Fólgore« hatte, dank der Schnelligkeit ihres Angriffs und der fixen Manöver, nur leicht zu ersetzende Rahen verloren. Die zertrümmerten Stellen an der Brüstung waren ebenfalls bald wiederherzustellen. Dagegen befand sich das spanische Schiff in schlimmerer Lage. Es wieder unter Segel zu setzen war fast unmöglich.