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»Ich stimme dir zu«, sagte ich freundlich.

»Aber du sagst uns doch, daß er 2000 geschlagen werden wird.«

»Ich sage, daß jeder, den die Neuen Demokraten aufstellen könnten, geschlagen werden wird«, erwiderte ich. »Jeder. Quinn, Leydecker, Keats, Kane, Pownell, jeder. Dies ist der richtige Augenblick für Quinn zuzugreifen, in Ordnung, aber die nächste Sprosse ist nicht notwendigerweise schon die höchste.«

Missakian, gedrungen, präzise, schmallippig, der Public-Relations-Experte, der Mann mit dem klaren Blick, sagte: »Kannst du dich etwas genauer äußern, Lew?«

»Ja«, sagte ich und schoß los.

Ich legte ihnen meine nicht sehr riskante Prognose vor, daß, wer auch immer im Jahre 2000 gegen Präsident Mortonson anträte — höchstwahrscheinlich Leydecker — geschlagen werden würde. Amtierende Präsidenten werden in diesem Land nicht abgewählt, es sei denn, ihre erste Amtszeit wäre ein Desaster von Hooverschen Ausmaßen gewesen, und Mortenson hatte einen netten, sauberen, farblosen, schwerfälligen, durch nichts herausragenden Präsidenten abgegeben, so wie ihn viele Amerikaner mögen. Leydecker würde eine ansehnliche Herausforderung darstellen, aber es gab wirklich keine großen Streitfragen als Wahlkampfthemen, und er würde geschlagen werden. Möglicherweise schwer geschlagen, obwohl er eindeutig das Kaliber eines Präsidenten hatte. Es wäre also ratsam, so argumentierte ich, sich nicht in Leydeckers Weg zu stellen. Die Kandidatur sei ihm gegönnt. Jeder Versuch von Seiten Quinns, ihm die Nominierung im nächsten Jahr streitig zu machen, würde vermutlich sowieso fehlschlagen und Leydecker gewiß zu Quinns Feind machen, was nicht wünschenswert war. Laßt Leydecker die Ehre, laßt ihn bei dem Versuch, den unbesiegbaren Mortonson zu schlagen, in seinen Untergang rennen. Wir würden warten und den dann immer noch jungen, von keiner Niederlage befleckten Quinn im Jahre 2004 aufstellen, in dem die Verfassung Mortonson eine neuerliche Kandidatur verwehren würde.

»Quinn soll sich also 2000 für Leydecker stark machen und sich dann auf seine Hände setzen?« fragte Ephrikian.

»Mehr als das«, sagte ich. Ich sah zu Bob Lombroso hinüber. Er und ich hatten die Strategie schon diskutiert und Übereinstimmung erzielt; und nun begann Lombroso, indem er sich mit seinen mächtigen Schultern nach vorne neigte und die armenische Seite des Tisches mit einem eleganten, schwerlidrigen Blick streifte, unseren Plan zu umreißen.

Quinn würde in den nächsten Monaten in die nationale Öffentlichkeit treten; gipfeln würde das in einer Reise durchs Land im Frühsommer ‘99 und einigen größeren Reden in Memphis, Chicago, Denver und San Francisco. Mit einigen soliden, publizitätsträchtigen Leistungen in New York hinter sich (Enklavensicherung, stromlinienförmige Erneuerung der Lehrpläne, De-Gottfriedisierung der Polizei), würde er anfangen, sich zu größeren Themen zu äußern, etwa dem regionalen Kernenergie-Austausch, der Wiedereinführung der aufgehobenen Privatsphären-Gesetze von 1982 und — warum nicht? — der Pflicht zur Ölgelierung. Im Herbst dann würde er einen direkten Angriff auf die Republikaner starten, nicht so sehr auf Mortonson selbst als vielmehr auf ausgesuchte Mitglieder von dessen Kabinett (besonders Energieminister Hospers, Informationsminister Theiss und Umweltminister Perlman). So würde er langsam eine nationale Figur werden, ein junger Politiker im Kommen, ein Mann, mit dem man rechnen mußte. Die Leute würden anfangen, über seine präsidentiellen Möglichkeiten zu reden, obwohl die Umfragen ihn in gutem Abstand hinter Leydecker als dem Favoriten für die Nominierung zeigen würden — darauf würden wir schon achten — und er sich nie tatsächlich als Bewerber erklären würde. Er würde die Medien annehmen lassen, daß er Leydecker jedem anderen der erklärten Kandidaten vorzöge, aber darauf achten, keine ausdrückliche Unterstützungserklärung für Leydecker abzugeben. Auf dem Konvent der Neuen Demokraten in San Francisco im Jahre 2000 würde Quinn, sobald Leydecker nominiert wäre und die traditionelle Annahme-Rede gehalten hätte, in der er seinen Mitstreiter noch nicht nennen würde, eine mutige und dramatische, letzten Endes aber erfolglose Bewerbung um die Nominierung als Vizepräsident vom Stapel lassen. Warum Vizepräsident? Weil der Kampf auf dem Konvent ihm starke Beachtung von selten der Medien eintragen würde, ohne ihn Anklagen wegen verfrühten Ehrgeizes auszusetzen und ohne den mächtigen Leydecker zu vergrämen, was eine Bewerbung um die Präsidentschaftsnominierung gewiß tun würde. Warum erfolglos? Weil Leydecker die Wahl sowieso an Mortonson verlieren würde und Quinn nichts dabei zu gewinnen hatte, mit ihm als sein Mitstreiter eine Niederlage zu erleiden. Besser, vom Konvent abgewiesen — was ihm das Image eines brillanten, vielversprechenden Neulings gäbe, dem alte Politikerhengste sich in den Weg stellten —, als an den Urnen besiegt zu werden. »Unser Modell«, schloß Lombroso, »ist John F. Kennedy, der, 1956 genau auf diese Weise als Vizepräsident abgedrängt, sich 1960 die Nominierung für die Präsidentschaft holte. Lew hat Simulationen durchgespielt, die die Übereinstimmung der Dynamik zeigen, ihr könnt die Profile sehen.«

»Großartig«, sagte Ephrikian. »Wann ist die Ermordung fällig — 2003?«

»Bleiben wir doch ernst«, sagte Lombroso sanft.

»Okay«, sagte Ephrikian. »Hier hast du Ernst. Was, wenn Leydecker sich entscheidet, 2004 noch einmal anzutreten?«

»Er wird dann einundsechzig Jahre alt sein«, gab Lombroso zurück, »und er wird eine frühere Niederlage am Hals haben. Quinn wird dreiundvierzig sein und ungeschlagen. Der eine auf dem Weg nach unten, der andere offensichtlich auf dem Weg nach oben, und die Partei wird nach acht Jahren abseits der Macht nach einem Sieger lechzen.«

Ein langes Schweigen trat ein.

»Mir gefällt der Plan«, verkündete Missakian schließlich.

Ich sagte: »Und du, Haig?«

Mardikiän hatte eine Weile nicht gesprochen. Nun nickte er. »Quinn ist noch nicht soweit, im Jahr 2000 die Macht im Lande zu übernehmen. 2004 wird er es sein.«

»Und das Land wird sie ihm gerne geben«, sagte Missakian.

13

Das eine muß man der Politik lassen, sagte jemand, sie führt einem die merkwürdigsten Partner ins Bett. Ohne die Politik wären Sundara und ich in jenem Frühling gewiß niemals in eine ad-hoc-Vierergruppe mit Catalina Yarber, der Proktorin des Transit-Glaubens, und Lamont Friedman, dem hochionisierten jungen Finanzgenie, gestolpert. Ohne die Begegnung mit Catalina Yarber hätte sich Sundara vielleicht nicht für Transit entschieden. Hätte Sundara nicht konvertiert, wäre sie sehr wahrscheinlich noch meine Frau. Und so, und so, die Fäden der Verursachung — alle führen sie zurück zum selben Punkt in der Zeit.

Folgendes geschah: Als Mitglied von Paul Quinns engstem Mitarbeiterkreis erhielt ich zwei Freikarten für das Roswell-Day-Festessen — ansonsten 500 Dollar pro Gedeck —, das die Neue Demokratische Partei des Staates New York alljährlich Mitte April veranstaltet. Dies geschieht nicht nur zum Andenken an den ermordeten Gouverneur, sondern ist, in der Tat vorwiegend, eine Gelegenheit, die Parteikasse aufzufüllen und dem jeweiligen Superstar der Partei eine Bühne zu geben. Der Hauptredner des Abends war diesmal natürlich Quinn.

»Es wird langsam Zeit, daß ich mal auf eines eurer politischen Diners mitkomme«, sagte Sundara.

»Die sind reines Formaldehyd.«

»Trotzdem.«

»Du wirst es abscheulich finden, Schatz.«

»Gehst du?« fragte sie.

»Ich muß.«

»Ich glaube, dann werde ich die andere Karte ausnützen. Wenn ich einschlafe, gib mir einen Stoß, sobald der Bürgermeister mit seiner Rede anfängt. Den find’ ich heiß.«

So fuhren wir denn an einem milden, verregneten Abend zum Hafen-Hilton hinaus, dieser großen Pyramide, die auf ihrer schwimmenden Plattform 500 Meter vor der Spitze Manhattans funkelt, und gaben uns mit der Creme des liberalen Establishments der Ostküste ein Stelldichein im strahlenden Gipfelsaal, von dem aus ich — unter anderem — Sarkisians Wohnturm auf der anderen Seite der Bucht sehen konnte, wo ich fast vier Jahre früher zum ersten Mal Paul Quinn begegnet war. Viele Ehemalige von jener pompösen Party würden beim heutigen Abendessen zugegen sein. Sundara und ich bekamen einen Tisch, an dem zwei von ihnen saßen, Friedman und Ms. Yarber.