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»Wasser«, wiederholte Mama verächtlich.

»Vierzehnmal hat das Wasser versucht, ihn umzubringen.«

»Kinder geraten immer in Gefahr.«

»Damals, als du auf einem feuchten Boden ausgerutscht bist, während du ihn gerade im Arm hieltest. Damals, als David den kochenden Kessel umwarf. Dreimal hat er sich verirrt, und wir haben ihn am Flußufer wiedergefunden. Im letzte Winter, als das Eis auf dem Tippy-Canoe brach…«

»Bildest du dir ein, daß er das erste Kind ist, das jemals ins Wasser gefallen ist?«

»Das giftige Wasser, das ihn Blut erbrechen ließ. Der schlammbedeckte Büffel, der ihn auf der Weide angegriffen hat…«

»Schlammbedeckt. Jeder weiß doch, daß Büffel sich suhlen wie die Schweine. Das hat überhaupt nichts mit Wasser zu tun.«

Plötzlich schlug Papa mit der Faust hart auf den Boden. Das Geräusch hallte wie ein Gewehrschuß durchs Haus. Mama erschrak und schaute zur Treppe empor, dorthin, wo die Kinder schliefen. Alvin Junior huschte blitzschnell wieder die Treppe hinauf und wartete, daß sie ihm befahl, wieder ins Bett zurückzukehren. Doch sie hatte ihn anscheinend nicht gesehen, denn sie rief überhaupt nichts und kam ihm auch nicht nach.

Als er sich auf Zehenspitzen wieder hinabschlich, stritten sie immer noch, nur ein wenig leiser.

Papa flüsterte, doch in seinen Augen loderte Feuer. »Wenn du glaubst, daß das hier nichts mit Wasser zu tun hat, dann bist du die Wahnsinnige.«

Mama wirkte jetzt ganz eisig. Alvin Junior kannte diesen Blick — wütender konnte Mama gar nicht mehr werden. Da gab es keine Ohrfeigen, kein Ausschimpfen. Nur Kälte und Schweigen, und jedes Kind, das von ihr so behandelt wurde, sehnte sich schon bald nach dem Tod und den Qualen der Hölle, weil es dort wenigstens wärmer wäre.

Bei Papa schwieg sie nicht, doch ihre Stimme war entsetzlich kalt. »Der Heiland selbst hat Wasser vom Samariterbrunnen getrunken.«

»Ich kann mich aber nicht daran erinnern, daß Jesus in diesen Brunnen hineingefallen wäre«, erwiderte Papa.

Alvin Junior dachte daran, wie er sich am Schöpfeimer festgehalten hatte, während er in die Dunkelheit hinabgestürzt war, bis das Seil an der Winde griff und der Eimer dicht oberhalb des Wassers hängenblieb. Man hatte ihm erzählt, daß er damals keine zwei Jahre alt gewesen war, doch noch immer träumte er manchmal, wie er tiefer und tiefer in den Brunnen fiel und wie es immer dunkler und dunkler um ihn wurde. In seinen Träumen war der Brunnen zehn Meilen tief, und er stürzte endlos lange in die Tiefe, bevor er endlich aufwachte.

»Dann denk mal an folgendes, Alvin Miller, da du ja meinst, du würdest die Heilige Schrift kennen.«

Papa wollte protestieren, daß er nichts dergleichen gesagt habe.

»Der Teufel selbst hat zum Herrn in der Wüste gesagt, daß die Engel Jesus auffangen würden, auf daß sein Fuß nicht einmal einen Stein berühre.«

»Ich weiß wirklich nicht, was das mit Wasser zu tun haben soll…«

»Es ist ja wohl offensichtlich, daß ich betrogen worden wäre, wenn ich dich wegen deines Verstandes geheiratet hätte.«

Papas Gesicht lief rot an. »Nenn du mich keinen Einfaltspinsel, Faith. Ich weiß, was ich weiß, und…«

»Er hat einen Schutzengel, Alvin Miller. Er hat jemanden, der über ihn wacht.«

»Du und deine heiligen Schriften. Du und deine Engel.«

»Dann erkläre du mir mal, wie er diese vierzehn Unfälle überleben konnte, ohne daß ihm dabei auch nur ein Haar gekrümmt wurde. Wie viele andere Jungen werden denn sechs Jahre alt, ohne jemals verletzt zu werden?«

Plötzlich sah Papas Gesicht ganz merkwürdig aus, ein bißchen verzerrt, als fiele es ihm schwer, überhaupt etwas zu sagen. »Ich sage dir, es gibt etwas, das ihn töten will. Ich weiß es.«

»Du weißt überhaupt nichts dergleichen.«

Papa sprach noch langsamer, preßte die Worte hervor, als würden sie ihm Schmerzen bereiten. »Ich weiß es.«

Er hatte solche Mühe mit dem Sprechen, daß Mama einfach fortfuhr, ohne seine Entgegnung zu beachten. »Wenn es irgendeinen Teufelsplan gibt, ihn umzubringen — was ich nicht behaupte, Alvin —, dann gibt es jedenfalls einen noch stärkeren himmlischen Plan, ihn zu retten.«

Dann, auf einmal, hatte Papa überhaupt keine Mühe mehr mit dem Sprechen. Papa versuchte nur nicht mehr, das Schwierige auszusprechen, und Alvin Junior fühlte sich im Stich gelassen, aber er wußte auch, daß sein Papa nicht aufgegeben hätte, es sei denn, irgendeine schreckliche Kraft hinderte ihn am Reden. Papa war ein starker Mann, überhaupt nicht feige. Und Papa so geschlagen zu sehen, das ließ den Jungen ängstlich werden. Natürlich hatte Kleinalvin mitgekriegt, daß Mama und Papa über ihn sprachen, auch wenn er nicht alles verstand, was sie sagten. Papa jedenfalls glaubte, daß irgend jemand Alvin Junior tot haben wollte, doch wenn Papa versuchte, seinen wirklichen Beweis vorzubringen, dann stopfte ihm irgend etwas den Mund und ließ ihn verstummen.

Alvin Junior war sofort klar, daß das, was Papa zum Schweigen brachte, das genaue Gegenteil des leuchtenden Lichtes war, das Alvin und den Roten heute nacht erfüllt hatte. Es gab etwas, das wollte, daß Alvin stark und gut wurde. Und es gab noch etwas anderes, das Alvin tot haben wollte. Was immer das Gute war, es konnte ihm seine schreckliche Sünde vor Augen führen und ihm beibringen, wie er sie auf alle Zeiten ausschließen konnte. Aber das böse Ding besaß die Macht, Papas Mund zum Schweigen zu bringen, den stärksten, besten Mann zu schlagen, den AI Junior jemals gekannt hatte.

Als Papa seine Einwände fortsetzte, wußte sein siebenter Sohn, daß er dabei nicht den Beweis vorbrachte, auf den es eigentlich ankam. »Weder Teufel noch Engel«, sagte Papa, »es sind die Elemente des Universums, siehst du denn nicht, daß er ein Verstoß gegen die Natur ist? Es ist Macht in ihm, wie du und ich sie nicht einmal erahnen können. Soviel Macht in einem Wesen, daß die Natur selbst es nicht aushält — soviel Macht, daß er sich selbst schützt, sogar wenn er gar nicht weiß, daß er es tut.«

»Und wenn der siebente Sohn eines siebenten Sohns soviel Macht haben sollte, wo bleibt dann deine Macht, Alvin Miller? Du bist auch ein siebenter Sohn — das ist doch angeblich auch etwas Besonderes, aber ich sehe dich nicht beim Rutengehen oder…«

»Du weißt nicht, was ich tue…«

»Ich weiß, was du nicht tust. Ich weiß, daß du nicht glaubst…«

»Ich glaube an alles Wahre…«

»Ich weiß, daß alle anderen Männer unten auf dem Gemeindeplatz sind und diese prachtvolle Kirche bauen, nur du nicht…«

»Dieser Prediger ist ein Narr…«

»Denkst du niemals darüber nach, daß Gott vielleicht deinen kostbaren siebenten Sohn dazu verwenden könnte, um dich zur Umkehr und zur Buße zu bewegen?«

»Ach, an so einen Gott glaubst du also? Von der Sorte, die versucht, kleine Jungen umzubringen, damit ihre Papas zum Gottesdienst gehen?«

»Der Herr hat deinen Jungen gerettet, als Zeichen seiner Liebe und seines Mitleids…«

»Der Liebe und des Mitleids, die meinen Vigor sterben ließen…«

»Aber eines Tages wird seine Geduld am Ende sein…«

»Und dann wird er wieder einen von meinen Söhnen ermorden.«

Sie schlug ihm ins Gesicht. Alvin Junior sah es mit eigenen Augen. Es war kein Schlag, wie sie ihn ihren Söhnen gelegentlich verpaßte, wenn sie frech oder faul gewesen waren, sondern ein schwerer Hieb, der ihm fast das Gesicht fortgerissen hätte. Rücklings stürzte er zu Boden.

»Ich sage dir eines, Alvin Miller.«

Ihre Stimme war so kalt, daß sie schon brannte. »Wenn diese Kirche fertig ist und du keinen Handschlag dafür getan hast, dann wirst du aufhören, mein Ehemann zu sein, und ich werde aufhören, deine Ehefrau zu sein.«