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Ramses’ Ansehen verblaßte mehr und mehr.

»Was für ein zerknirschtes Gesicht!« wunderte sich Chenar, als er Dolente ansah. »Bist du etwa unglücklich?«

»Mehr, als du dir vorstellen kannst.«

»Geliebte Schwester, willst du es mir nicht sagen?«

»Mein Mann und ich sind aus Memphis verbannt.«

»Soll das ein Scherz sein?«

»Ramses hat uns gedroht.«

»Ramses! Unter welchem Vorwand?«

»Mit Hilfe seines verfluchten Freundes Ameni beschuldigt er Sary übelster Machenschaften. Wenn wir ihm nicht gehorchen, wird er uns vor Gericht schleifen.«

»Hat er Beweise in Händen?«

Dolente verzog den Mund.

»Nein, nur ein paar nichtige Behauptungen. Aber du kennst die Richter, sie könnten zu unseren Ungunsten entscheiden.«

»Soll das bedeuten, daß du und Sary tatsächlich eine Verschwörung gegen Ramses angezettelt habt?«

Die Prinzessin zögerte.

»Ich bin kein Richter, sag mir die Wahrheit, Schwesterchen.«

»Wir haben da etwas angezettelt, das stimmt schon, aber ich schäme mich dafür nicht! Ramses wird uns alle, einen nach dem anderen, stürzen!«

»Weine nicht, Dolente, ich bin mir dessen wohl bewußt.«

Sie jammerte und klagte bitterlich.

»Du nimmst uns das also nicht übel?«

»Im Gegenteil, ich bedaure, daß euer Versuch gescheitert ist.«

»Ramses hatte dich für den Schuldigen gehalten.«

»Er weiß, daß ich ihn hintergangen habe, aber er glaubt, ich hätte die Kampfeslust verloren.«

»Würdest du Sary und mich als Verbündete annehmen?«

»Das wollte ich dir gerade vorschlagen.«

»Aber in der Provinz werden wir zur Ohnmacht verdammt sein!«

»Das ist nicht sicher. Ihr werdet in einem Haus bei Theben wohnen, das mir gehört, und dort werdet ihr Verbindungen knüpfen zu den hohen Beamten und Priestern, die Ramses nicht gerade mit Wohlgefallen sehen. Man muß sie überzeugen, daß seine Thronfolge nicht unvermeidbar ist.«

»Du bist mir eine wirkliche Stütze.«

Chenars Blick wurde argwöhnisch.

»Diese angezettelte Verschwörung – wem genau hätte sie genützt?«

»Wir wollten nur Ramses ausschalten.«

»Du wolltest deinen Mann auf den Thron befördern, nicht wahr? Unter Berufung auf deine Stellung als Tochter des Pharaos! Als meine Verbündete mußt du derlei Hirngespinste allerdings aufgeben und dich einzig und allein in meine Dienste stellen. Ich werde nämlich am Ende regieren, und an jenem Tage werden meine Getreuen ihren verdienten Lohn erhalten.«

Bevor Acha in die Ostländer zurückkehrte, nahm er noch an einem jener prunkvollen Empfänge teil, die Chenar zu geben pflegte. Man kostete von erlesenen Speisen, lauschte wundervollen Musikdarbietungen, tauschte Vertrauliches aus und entrüstete sich über den Regenten und seine junge Gemahlin, während man auf Sethos ein Loblied sang. Niemand wunderte sich, daß der ältere Sohn des Königs mit dem jungen Gesandten plauderte, über den seine Vorgesetzten weiterhin nur Gutes zu berichten wußten. »Deine Beförderung ist so gut wie sicher. In weniger als einem Monat wirst du Verhandlungsführer für die Angelegenheiten in den Ostländern sein. In deinem Alter ist das wahrlich eine Auszeichnung.«

»Wie kann ich dir danken?«

»Indem du mich weiterhin auf dem laufenden hältst. Warst du eigentlich bei Ramses’ Hochzeit?«

»Ja, mit seinen getreuesten Freunden.«

»Hat man dir irgendwelche peinlichen Fragen gestellt?«

»Keine einzige.«

»Du genießt also weiterhin sein Vertrauen?«

»Ganz sicher.«

»Wollte er von dir über die Ostländer unterrichtet werden?«

»Nein, er wagt es nicht, seinem Vater zuvorzukommen, und widmet sich lieber seiner jungen Gemahlin.«

»Hast du bei deinen Gesprächen Fortschritte gemacht?«

»Ganz entscheidende sogar, etliche kleinere Fürstentümer würden dich liebend gern unterstützen, sofern du dich großzügig erweist.«

»Wollen sie Gold?«

»Das wäre höchst willkommen.«

»Über Gold verfügt allein der Pharao.«

»Aber es ist dir doch nicht verboten, durch mich bedeutsame Versprechungen zu machen, auf geheimen Wegen sozusagen.«

»Ein glänzender Einfall.«

»Bis du die Macht übernimmst, wird mein Wort eine gefährliche Waffe sein. Ich werde dich beschreiben als den einzigen Thronanwärter, der in der Lage ist, es allen recht zu machen. Und wenn der Tag gekommen ist, wählst du dir deine Getreuen aus.«

Zur Überraschung des Hofes änderten weder Nefertari noch Ramses ihre Lebensweise. Der Regent arbeitete weiter im Schatten seines Vaters und seine Gemahlin im Dienste Tujas. Chenar erklärte, dies sei wahrhaft listig und geschickt, denn bei dieser augenscheinlichen Unterwürfigkeit könnte weder König noch Königin argwöhnen, daß sie Schlangen am Busen nährten.

Das Netz, das er spann, verdichtete sich allmählich. Moses auf seine Seite zu ziehen war Chenar allerdings noch nicht gelungen, aber die Gelegenheit würde schon noch kommen.

Und da gab es noch jemanden, den er vielleicht für sich gewinnen könnte. Es war dies ein heikles Unterfangen, doch der Versuch lohnte sich.

Am Tag der Eröffnung eines großen Weihers im Harim Mer-Our, wo in Zukunft die jungen Mädchen nach Herzenslust baden und Boot fahren dürften, begrüßte Chenar Iset, die Schöne, die unter den Ehrengästen weilte. Ihre Schwangerschaft war jetzt deutlich sichtbar.

»Wie geht es dir?«

»Ich fühle mich wundervoll, ich werde einen Sohn gebären, der Ramses alle Ehre machen wird.«

»Hast du Nefertari schon kennengelernt?«

»Eine hinreißende Frau. Wir sind Freundinnen.«

»Deine Stellung…«

»Ramses wird zwei Gemahlinnen haben. Wenn er mich liebt, verzichte ich gern auf die Rolle der Königin.«

»Ein edler Zug an dir, er rührt mich, aber angenehm dürfte das nicht sein.«

»Du wirst Ramses und die, die ihn lieben, niemals verstehen, Chenar.«

»Ich beneide meinen Bruder um sein Glück, aber an deinem Glück wage ich zu zweifeln.«

»Ihm einen Sohn und Nachfolger zu schenken, ist das nicht der schönste Ruhm?«

»Nur nicht so voreilig, Ramses ist noch nicht Pharao.«

»Solltest du Sethos’ Entscheidung in Frage stellen?«

»Natürlich nicht, aber die Zukunft ist voller Ungewißheiten. Du bist mir sehr teuer, meine Liebe, und das weißt du auch. Ramses hat sich dir gegenüber doch ungeheuer grausam verhalten. Deine Anmut, deine Klugheit und deine adelige Abstammung sicherten dir doch das Anrecht auf die Rolle der großen königlichen Gemahlin.«

»Diesen Traum träume ich nicht mehr, mir ist es lieber so, wie es ist.«

»Bin ich denn ein Traum? Was Ramses dir genommen hat, werde ich dir zurückgeben.«

»Wie könntest du so etwas wagen, da ich doch sein Kind trage?«

»Denk darüber nach, Iset, überleg es dir gut.«

Trotz vorsichtiger Annäherungsversuche und durch Mittelsmänner überbrachter verlockender Angebote war es Chenar nicht gelungen, einen der Leibärzte Sethos’ zu dingen. Sie waren unbestechlich, denn sie fürchteten Sethos mehr als seinen älteren Sohn. Des Pharaos Gesundheit war ein Staatsgeheimnis, und jedes Ausplaudern würde streng geahndet werden.

Da er an die Ärzte nicht herankam, wählte Chenar einen anderen Weg. Die Herstellung der Arzneien, die sie verordneten, oblag den Tempelapotheken.

Die richtige herauszufinden erforderte viel Fingerspitzengefühl, aber es gelang. Im Sachmet-Heiligtum wurden die Heiltränke und Arzneien für Sethos hergestellt. Den Vorsteher der Arzneikammer, diesen alten, verwitweten und wohlhabenden Mann, zu bestechen barg zu viele Gefahren, doch bei seinen Gehilfen wurde man fündig. Einer von ihnen, etwa vierzig Jahre alt und mit einer jüngeren Frau verheiratet, beklagte seinen spärlichen Lohn, der es ihm nicht gestattete, in ausreichender Zahl Kleider, Schmuck und Schönheitssalben zu kaufen.