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Sie erreichten einen der haushohen, bizarr geformten Maschinenblöcke, die den Boden der riesigen Halle bedeckten. Kyle gab Hartmann und Net mit einer Geste zu verstehen, zurückzubleiben und begann ebenso rasch wie geschickt, an der Front der Maschine hinaufzuklettern, aber weder Hartmann noch die Wasteländerin dachten daran, ihm zu gehorchen. Nicht halb so elegant wie er, aber beinahe ebenso schnell kletterten sie hinter ihm her. Kyle versuchte auch gar nicht erst, sie zum Umkehren zu bewegen, sondern kletterte etwas langsamer, damit sie zu ihm aufholen konnten.

Plötzlich schrie Net auf. Hartmann wandte erschrocken den Kopf und sah, daß einer der blauen Leuchtfinger in ihre Richtung herumgeschwenkt war. Gelähmt vor Entsetzen beobachtete er, wie das unheimliche Licht die Maschine berührte und dicht über ihnen über den Stahl strich. Er wartete auf eine Erschütterung oder eine Hitzewelle, die auf sie einbrandete, aber nichts von alledem geschah. Wo das seltsame Leuchten auf das Metall traf, da verschwand der Stahl einfach. Zurück blieb ein klaffender Riß in der Oberfläche der Maschine, dessen Kanten so glatt waren, als wären sie mit einem Präzisionsinstrument geschnitten worden.

Der Strom tödlichen Lichtes erlosch so plötzlich, wie er aufgeflammt war, und Kyle machte ein Zeichen, weiterzuklettern. Nach wenigen Augenblicken erreichten sie die Oberseite der Maschine. Kyle schwang sich mit einer kraftvollen Bewegung hinauf, zog zuerst Net und dann Hartmann zu sich in die Höhe und ließ sich auf die Knie fallen. Zum ersten Mal, seit der bizarre Kampf begonnen hatte, nahm er das Gewehr von der Schulter und entsicherte es. Hartmann und Net taten es ihm gleich.

Von ihrer erhöhten Position aus konnten sie einen Großteil der Halle überblicken. Und plötzlich begriff Hartmann, woher der schier unerschöpfliche Nachschub der Moroni kam.

Kyles aus dem Nichts erschaffene Armee hatte beinahe die Hälfte der Schwarzen Festung erobert und rückte weiter vor, aber aus dem hinteren Teil der Halle warfen sich ihnen immer mehr und mehr Moroni entgegen; Insektenkrieger, die im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Nichts erschienen, denn hinter dem riesigen Block des zu den Sternen führenden Transmitters erhob sich eine schier endlose Reihe kleinerer Geräte - drei Meter durchmessende, schimmernde Ringe aus Metall, aus denen Tausende und Abertausende von Ameisen hervorquollen.

Hartmann hob sein Gewehr und visierte einen dieser Ringe an, aber Kyle drückte die Waffe herunter und schüttelte hastig den Kopf. Er sagte nichts, aber er deutete auf eine der großen Laserkanonen in ihrer Nähe, die in ununterbrochener Folge grelle Lichtblitze ausspie, und Hartmann begriff. Er verstand aber nicht, weshalb sie überhaupt hier heraufgestiegen waren.

»Dort!« Kyle deutete auf einen Punkt vielleicht vierzig oder fünfzig Meter von ihnen entfernt. »Da sind sie. Mindestens einer von ihnen.«

Hartmann konnte außer einer schier unendlichen Zahl schwarz glitzernder, sechsgliedriger Körper nichts erkennen, aber Kyle war bereits wieder auf den Füßen und rannte geduckt zum jenseitigen Rand des Maschinenblocks, wo eine schmale, geländerlose Treppe steil in die Tiefe führte. Heftig gestikulierend bedeutete er Hartmann und Net, hinunterzusteigen, hob dann plötzlich sein Gewehr und gab kurz hintereinander drei Schüsse auf die Laserkanone ab, die er Hartmann zuvor gezeigt hatte. Das Geschütz explodierte in einem grellen Feuerball. Beinahe sofort erwiderte eine zweite Laserkanone das Feuer, aber Kyle war bereits ein halbes Dutzend Stufen die Treppe herab und in Sicherheit. Der gewaltige Maschinenblock erbebte unter den Einschlägen der grellen Lichtblitze, und Hartmann fühlte eine Welle erstickender Hitze über sich hinwegstreifen, aber ihr riesiger Schutzschild hielt. Unversehrt erreichten sie das Ende der Treppe.

Auch hier tobte der Kampf mit unverminderter Heftigkeit. Kyle schlug zwei, drei Moroni nieder, die sich nach einem kurzen Moment der Benommenheit wieder aufrichteten und nun auf seiner Seite kämpften, und auch Hartmann und Net mußten sich im allerersten Moment erbittert ihrer Haut wehren, bis die bizarre Veränderung von allen Ameisen in ihrer unmittelbaren Umgebung Besitz ergriffen hatte.

»Dort entlang!« sagte Kyle schweratmend. Er deutete nach links. »Schnell!«

Er rannte weiter, so schnell, daß sie Mühe hatten, ihm noch zu folgen. Für einen Moment geriet der Kampf um sie herum ins Stocken, aber sie kamen dennoch plötzlich kaum noch von der Stelle. Nach einigen Augenblicken sah Hartmann auch, warum. Vor ihnen hatte sich ein Kreis aus Dutzenden, vielleicht Hunderten von Moroni gebildet, die wortlos und augenscheinlich starr vor Schrecken oder Entsetzen auf etwas herabblickten, das Hartmann nicht erkennen konnte. Kyle mußte die Insektenkrieger beinahe gewaltsam zur Seite stoßen, um eine Gasse für sich und seine zwei Begleiter zu bahnen.

Die Moroni bildeten einen fünfzehn oder auch zwanzig Meter durchmessenden Kreis um ein großes, dunkles Etwas, das in einer riesigen Blutlache auf dem Boden lag. Hartmann sah, daß hier ein erbitterter Kampf getobt haben mußte. Dutzende von toten Moroni bedeckten den Boden, einige davon regelrecht in Stücke gerissen. Erst als Kyle mit einem Satz über eine dieser sonderbaren Gestalten hinwegsprang, erkannte Hartmann, was da am Boden lag.

Eine Ratte. Eine der mutierten Riesenratten, von denen sie an die hundert mitgenommen hatten.

Hartmann blieb erschrocken stehen und sah sich noch einmal um, und plötzlich sah er Dutzende der riesigen Nager, die allermeisten verendet oder so schwer verletzt, daß sie ihre Wunden nicht überleben würden. Einige von ihnen hatten sich noch im Tode in die Körper der Ameisen verbissen, die sie umgebracht hatten, aber die allermeisten schienen sich auf den formlosen Schatten gestürzt zu haben, über den sich Kyle jetzt beugte. Hartmann ging zögernd weiter und blieb wieder stehen. Er konnte noch immer nicht erkennen, was es war, das die Ratten da umgebracht hatten. Obwohl er jetzt nur noch weniger als fünf Meter davon entfernt war, sah er nur Schatten und Umrisse, die keine waren, als glitte sein Blick ab wie eine Hand auf spiegelglattem Untergrund. Er fühlte sich auf eine höchst unheimliche Weise unwohl.

Ein rascher Blick zur Seite zeigte ihm, daß es Net ebenso erging. Auch sie starrte das Ding an, neben dem Kyle stand, und der Ausdruck auf ihrem Gesicht schwankte zwischen Ekel und einer tiefen Angst. Was um alles in der Welt war das?

Hartmann überwand endlich seinen Widerwillen und war mit drei, vier schnellen Schritten bei Kyle. Schaudernd blickte er auf das herab, was vor dem Megamann auf dem Boden lag. Es war verrückt - er stand praktisch vor dem unheimlichen Etwas, aber er konnte es immer noch nicht richtig erkennen. Vor dem Etwas lag eine tote Ratte. Ihr Rückgrat war gebrochen und der Körper mit einem Dutzend Wunden übersät, deren bloßer Anblick ihm den Magen herumdrehte. Ihre Krallen und die fast fingerlangen Reißzähne waren auch im Tode in den Körper ihres Gegners geschlagen, und Hartmanns Augen nahmen den Kadaver der Ratte in jedem noch so winzigen Detail wahr - aber nicht das Wesen, das sie umgebracht hatte!

»Was ... was ist das?« murmelte er hilflos. Er hob den Blick und sah Kyle an, aber im allerersten Moment erkannte er in dessen Gesicht nichts als Bestürzung und Ratlosigkeit. Es dauerte eine Sekunde, bis der Megamann überhaupt zu registrieren schien, daß er etwas gesagt hatte.

»Das ist einer von ihnen«, sagte er.