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Während Skudder in der Kabine zurückblieb und sich wie Harris und die anderen auf seinem Sitz festschnallte, ging Charity zurück ins Cockpit, ließ sich auf den Copilotensitz sinken und suchte den Himmel ab. Sie wußte, wie unwahrscheinlich es war, daß die durchgebrochenen Gleiter ausgerechnet hierher kamen. Wahrscheinlich würden sie nicht einmal in die Nähe der Stadt gelangen, ehe die computergesteuerten Lasergeschütze der Eifelfestung sie erfaßten und vom Himmel holten.

Jean wollte die Hand zum Instrumentenpult ausstrecken, aber Charity hielt ihn mit einer raschen Bewegung zurück. »Lassen Sie das«, sagte sie.

»Ich wollte nur das Radargerät ...«

»... einschalten, damit sie den Radarstrahl auffangen und eine Rakete auf ihn setzen«, fiel ihm Charity ins Wort.

Jeans Augen weiteten sich. »So etwas ist möglich?«

Fast gegen ihren Willen mußte Charity lächeln. »So etwas war schon damals bei uns möglich«, sagte sie. »Ich sehe, alles haben Ihnen die Jared doch nicht beigebracht.« Sie beugte sich im Sitz vor und suchte weiter konzentriert den Himmel im Süden ab.

Eine helles Funkeln erregte ihre Aufmerksamkeit. Dem ersten silbernen Blitz gesellte sich ein zweiter und dritter hinzu, und wenig später erkannte sie eine ganze Flotte der scheibenförmigen Schiffe, die tief über dem Wald herangerast kamen. Es waren zwei Flotten. Die erste Gruppe bestand aus fünf oder sechs Schiffen, die von einem gut dreimal so großen Schwarm verfolgt wurden. Im grellen Licht der tiefstehenden Sonne war das Blitzen der Laserkanonen kaum zu sehen, aber aus dem Wald unter den Gleitern schossen immer wieder Flammen hoch, und manchmal taumelte eines der Schiffe, wenn es getroffen wurde.

Die Gleiter näherten sich mit rasender Geschwindigkeit, flogen in kaum zwei oder drei Kilometern Entfernung vorbei - und plötzlich brachen zwei von ihnen aus der Formation aus und kamen in einer engen Kehre zurück.

Direkt auf ihren Helikopter zu.

Charity war so verblüfft, daß ihre Reaktion wahrscheinlich zu spät gekommen wäre, hätte der Pilot die Gefahr nicht im gleichen Moment wie sie erkannt. Mit einer blitzartigen Bewegung zog er den Neurohelm über, griff mit der linken Hand nach dem Steuerknüppel und ließ die Rechte auf die rote Taste der Notautomatik krachen. Über ihren Köpfen heulten die Turbinen auf, und im gleichen Augenblick zündeten unter dem Rumpf des Helikopters eine Anzahl kleiner, aber äußerst effektiver Schubraketen, die den Hubschrauber regelrecht in die Höhe katapultierten, so daß er sich schon über den Baumwipfeln befand, ehe die Rotorblätter sich überhaupt zu drehen begannen.

Charity klammerte sich verzweifelt an den Sitz. Der Helikopter taumelte, kippte auf die Seite und drohte für einen Moment wieder abzustürzen.

Sie wußte, wie gefährlich so ein Alarmstart war. Die Wahrscheinlichkeit, daß die Rotoren nicht die notwendige Drehzahl erreichten, um das Fahrzeug in der Luft zu halten, ehe der Schub der Raketen nachließ, war ziemlich hoch.

Trotzdem rettete ihnen allen Jeans Reaktion das Leben, denn während sich der Helikopter schwerfällig auf die Seite legte, schlug genau an der Stelle, wo er eine halbe Sekunde zuvor noch gestanden hatte, ein ganzes Bündel beinahe unsichtbarer Laserstrahlen ein und verwandelte den Boden in kochende Lava.

Der Helikopter geriet ins Trudeln. Die Rotorblätter zerfetzten den Wipfel eines Baumes, abgerissene Blätter und Äste prasselten gegen die gläserne Kanzel, und für einen winzigen, fürchterlichen Moment legte sich die Maschine auf die andere Seite und näherte sich noch einmal mit heulenden Turbinen dem Boden. Der Baum hinter ihnen verwandelte sich in eine Flammensäule, als die Moroni ihr Laserfeuer neu ausrichteten, und plötzlich erstrahlte die Kabine in einem grausamen, weißen Licht.

Charity schlug mit einem Schrei die Hände vor die Augen. Ihr Gesicht brannte, und die Luft war plötzlich so heiß, daß sie kaum noch atmen konnte. Trotzdem war ihr klar, daß sie Glück gehabt hatten. Der Strahl hatte den Helikopter nur gestreift.

Sekunden vergingen, bis sie überhaupt wieder etwas sehen konnte. Stöhnend nahm sie die Hände herunter und registrierte, daß sich der Hubschrauber mittlerweile gute fünfzig oder sechzig Meter über dem Wald befand und in einer geradezu irrsinnigen Zickzacklinie flog, um dem Laserfeuer der beiden Gleiter zu entgehen. Trotzdem vibrierte die Kabine immer wieder unter den Einschlägen der nahezu unsichtbaren Strahlen. Früher oder später würde sie einer der Blitze erwischen oder die Rotoren treffen.

Ein riesiges, silbernes Etwas raste an ihnen vorüber, und wieder sackte der Hubschrauber zehn Meter weit und flog in einem irrsinnigen Kurs weiter, als der Gleiter nahezu auf der Stelle wendete und seine Laserkanonen auf sie abfeuerte. Von dem zweiten Angreifer war im Augenblick nichts zu sehen, aber Charity entging nicht das grelle Gewitter, das irgendwo hinter ihnen tobte. Wahrscheinlich waren ihnen einige der Jared-Schiffe zu Hilfe gekommen.

Und doch konnte es für sie keine Rettung mehr geben, begriff Charity plötzlich. Jean flog die Maschine mit geradezu unglaublichem Geschick, aber gegen die überlegene Bewaffnung und Geschwindigkeit des Moroni-Gleiters hatte auch er keine Chance.

»Drehen Sie bei!« schrie Charity.

Der Pilot wandte verblüfft den Kopf, und für eine halbe Sekunde sah Charity das verzerrte Spiegelbild ihres eigenen schreckensbleichen Gesichtes in der Scheibe seines Helmes. »Beidrehen!« schrie sie noch einmal. »Greifen Sie an! Das ist unsere einzige Chance!«

Wie um ihre Worte zu unterstreichen, erbebte der Helikopter in diesem Moment und sackte meterweit in die Tiefe, ehe Jean ihn wieder in seine Gewalt bekam. Die Luft roch plötzlich verbrannt, und auf dem Pult vor ihnen begann eine rote Lampe zu flackern.

Wieder raste der Moroni-Gleiter an ihnen vorbei und kehrte in einer engen Schleife zurück, doch diesmal versuchte der Pilot nicht, ein Ausweichmanöver zu fliegen, sondern riß den Stalscopter nahezu auf der Stelle herum - und raste direkt auf die riesige Flugscheibe zu!

Das Manöver schien den Piloten des Moroni-Schiffes völlig zu verblüffen, denn obwohl er in diesem Augenblick die Chance dazu gehabt hätte, verzichtete er darauf, seine Laserkanonen abzuschießen und den Helikopter zu vernichten. Eine halbe Sekunde lang näherten sich die beiden ungleichen Fahrzeuge mit irrsinniger Geschwindigkeit, dann ließ Jean die Maschine nach links in die Tiefe kippen.

Doch diesmal kam seine Reaktion zu spät. Rotes, grausames helles Licht erfüllte plötzlich die Kanzel. Die Temperatur stieg ins Unerträgliche. Irgend etwas explodierte, und im hinteren Teil der Maschine erklangen erschrockene, gellende Schreie. Das Heulen der Turbinen klang plötzlich stotternd, und auf der Instrumentenkonsole glühte und flackerte es, als wäre das gesamte Pult in Flammen aufgegangen.

Während die Maschine abtrudelte, hielt Charity nach dem Angreifer Ausschau. Der Gleiter schwebte hundert Meter über ihnen, aber auch er schien beschädigt zu sein. Offensichtlich hatte Jean seine Bordwaffen im gleichen Moment abgefeuert wie der Pilot des Moroni-Schiffes. Aus einem gewaltigen Loch in der Unterseite der Silberscheibe quoll Rauch, und das Schiff flog nicht mehr gleichmäßig dahin, sondern schwankte von einer Seite auf die andere.

»Festhalten!« schrie Jean. »Das wird eine Bruchlandung!«

Der Wald schien ihnen mit einem Satz entgegenzuspringen. Charity fand gerade noch Zeit, sich mit verzweifelter Kraft an den Armlehnen des Sitzes festzuklammern, ehe die Maschine durch die Baumwipfel brach. Ein ungeheurer Schlag erschütterte den Helikopter. Die Kanzel vor ihnen zersplitterte, und dann bohrte sich der Helikopter mit solcher Wucht in den Boden, daß Charity fast das Bewußtsein verlor, als sie in die Sicherheitsgurte geschleudert wurde.

Sekundenlang kämpfte sie mit verzweifelter Kraft gegen eine Ohnmacht an. Vor ihren Augen bewegten sich schwarze Schleier, ihr Mund füllte sich mit dem bitteren Geschmack ihres eigenen Blutes. Benommen tastete sie nach dem Verschluß ihres Sicherheitsgurtes, entriegelte ihn und stürzte schwer gegen das Instrumentenpult.