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Ich beugte mich über Jobe, als er wieder zu atmen begann, und schaltete ihn mit einem Nervengriff aus. Jetzt würde er für eine gute Stunde oder noch länger schlafen. Ich lächelte in mich hinein. Einer war ausgeschaltet, mehr oder weniger unverletzt. Nur noch drei übrig. Ich schaltete die Heiterkeitsbombe ab und ließ sie wieder in die Manteltasche gleiten.

»Naja, wenigstens atmet er wieder«, sagte der Tanzende Narr ein wenig zweifelnd. »Ich glaube, das ist eine Verbesserung.«

»Was, im Vergleich zu ganz tot?«, sagte die Seltsame Chloe. »Das würde ich auch sagen. Aber so können wir ihn nicht brauchen. Aber ich sollte …«

»Nein, solltest du nicht«, sagte Big Aus schnell. »Die Scheiße aus ihm rauszutreten hilft auch nicht.«

»Mir hilft es.«

»Das habe ich nicht gehört«, sagte Big Aus entschieden.

»Ich sagte, es hilft mir!«

»Können wir uns beim Schreien bitte etwas zurückhalten?«, fragte ich. »Mein Gerät hält uns unsichtbar und unhörbar, aber nur solange ihr es nicht übertreibt. Kein Grund zur Panik, lasst ihn einfach hier. Meine Sicht ist gut genug, um uns reinzubringen.«

Der Tanzende Narr sah mich misstrauisch an. »Und das hast du uns nicht früher gesagt, weil …?«

»Weil wir Sargnagel Jobe hatten«, antwortete ich. »Und ihr wisst, dass ich es nicht mag, meine Geheimnisse preiszugeben, bis es unbedingt sein muss.«

Big Aus sah auf den bewusstlosen Sargnagel Jobe herunter. »Ich bin nicht sicher, ob ich die Idee mag, ihn einfach hier zu lassen.«

»Wir können ihn ja auf dem Rückweg wieder auflesen«, meinte ich. »Und außerdem, was kann ihm schon passieren? Dass ihn jemand umbringt? Ich denke, daran hat er sich mittlerweile gewöhnt. Also, gehen wir jetzt oder nicht?«

»Wir gehen rein«, sagte Big Aus. »Wir geben auf keinen Fall auf. Nicht, wenn wir so nah dran sind. Zeig uns den Weg, Shaman.«

Ich führte sie zum Verrätertor und zeigte ihnen die Steinplatten, die sie nicht betreten durften. Wir mussten das Tor auf eine langsame und indirekte Weise erreichen und dabei die Schutzzauber vermeiden, die unsichtbar in der Luft hingen. Ich ließ die anderen auf einem Bein hüpfen, auf dem Boden kriechen und wieder aufstehen und sogar rückwärts gehen. Meistens zu meinem eigenen Vergnügen, aber hin und wieder, weil wirklich Fallen auf dem Weg lauerten, die wir vermeiden mussten. Sargnagel Jobe wäre nie in der Lage gewesen, uns reinzubringen. Es gab Schutzmechanismen, die sein Gehirn gegrillt hätten, nur wenn er sie ansah, und andere Stellen, bei denen uns nur das richtige Passwort am Leben hielt.

Aber wir kamen wirklich bis zum Verrätertor, und ich führte die anderen durch die gähnende Öffnung, die den einzigen Eingang in die Festung darstellte. Ein Portal in Schrecken, Tod und Schlimmeres als den Tod für viel zu viele Leute. Ich konzentrierte mich auf mein Gesicht, sodass ich nichts sah, was ich nicht wollte, aber auch so hatte ich die ganze Zeit Gänsehaut. Es ist nicht leicht, durch einen Ort zu gehen, von dem man weiß, dass er einen auf hundert verschiedene Arten töten kann, wenn man seine Konzentration auch nur eine Sekunde schleifen lässt.

Ich konnte die Schreie immer noch fühlen, wenn ich sie auch nicht mehr hörte.

Nachdem wir durch das Tor und in den von Mauern umschlossenen und mit Kopfstein gepflasterten Hof getreten waren, war alles ruhig und still. Die Gespenster waren draußen, die Patrouillen der Yeomen Warders konnten uns nicht sehen oder hören. Alles, was jetzt zwischen uns und den Raben stand, war die abgeschlossene Tür des Rabenhauses. Ich erstarrte, als ich Schritte hörte, und deutete den anderen an, stehen zu bleiben und den Mund zu halten. Ein halbes Dutzend Yeomen Warders kamen leise schwatzend aus den Schatten. Ich verfluchte sie im Stillen. Mit den Geistern fertig zu werden hatte länger gedauert als ich dachte, und die Patrouille kam jetzt wieder hier vorbei. Die leuchtend rotgoldenen Uniformen sahen auf wunderliche Weise altmodisch aus, die Männer darin dagegen durchaus hart, kompetent und erfahren. Einer von ihnen trug einen Raben auf der Schulter und fütterte ihn mit Trauben, die sehr nach Augäpfeln aussahen.

»Das ist ein Rabe?«, fragte die Seltsame Chloe leise. »Das ist es? Ich dachte, wir hätten es mit etwas Besonderem zu tun. Nicht einfach nur mit überdimensionalen Krähen!«

»Du solltest deine Ignoranz nicht so zur Schau stellen«, sagte ich entschieden. »Ein Rabe ist der Rolls-Royce in der Familie der Krähen.«

»Bist du sicher, dass sie uns nicht hören können?«, fragte der Tanzende Narr und trat dabei von einem Fuß auf den anderen.

»Laufen sie auf uns zu, schreien schreckliche Flüche und schießen mit ihren riesigen Schießgewehren auf uns?«, fragte ich zurück. »Wenn nicht, dann können sie uns nicht sehen oder hören.«

»Lasst die Wachen das Rabenhaus für uns öffnen«, schlug Big Aus vor. »Und dann bringen wir sie alle um.«

»Die Raben oder die Wachen?«, fragte der Tanzende Narr.

»Nur die Raben«, sagte ich schnell. »Wenn wir hier in der Festung menschliches Blut vergießen, lösen wir jeden einzelnen Alarm aus, den sie haben.«

»Nein«, erklärte Big Aus rundheraus. »Wir töten sie alle, Raben, Männer und jeden anderen, der sich uns in den Weg stellt.«

Ich entschied, dass das jetzt weit genug gegangen war. Ich hätte mich gerne noch um meine Freunde gekümmert, bevor ich Big Aus ausschaltete, aber das Geheimnis eines aktiven Agenten ist es, flexibel zu sein. Also zog ich meinen Tarnzauber zurück in meinen Torques und ließ die anderen plötzlich im Hof erscheinen. Die Yeomen Warders reagierten sofort. Auf einmal hatten sie wie aus dem Nichts wirklich große Waffen in der Hand und riefen uns zu, wir sollten uns ergeben. Der Tanzende Narr neben mir heulte einen uralten schottischen Kampfschrei und griff die Wachen an. Dabei bewegte er sich so schnell, dass ich ihm kaum folgen konnte. Er war im selben Moment neben und zwischen ihnen, aber nie da, wohin ihre Waffen zielten. Mit seinem Déjà Fu konnte er wirklich den Kugeln ausweichen. Ich hatte gesehen, dass er das konnte.

Im Nahkampf hatten die Yeomen Warders keine Chance. Sie konnten trotz ihres eigenen Könnens keine Hand an den Tanzenden Narren legen. Er wusste, was sie tun würden, bevor der Gedanke ihr Gehirn überhaupt erreicht hatte. Er selbst bewegte sich wie der trainierte Tänzer, der er war, jede Bewegung war kalkuliert und graziös, schnell und brutal. Aber die Kampfgeräusche lockten mehr Yeomen Warders an, die jetzt in den Hof rannten und sich drängten, in den Kampf einzugreifen.

Der Tanzende Narr war tatsächlich einer der besten Kämpfer, die ich je gesehen hatte, aber am Ende hatte er keine Chance. Umzingelt und mit den Gegnern in der Überzahl, sah er schließlich nur noch eine Zukunft: eine, in der die Yeomen Warders unvermeidlich die Scheiße aus ihm rausprügelten. Er ging kämpfend zu Boden, aber er ging zu Boden und stand auch nicht wieder auf. Abgekämpft, schwer atmend und mit blauen Flecken übersät, standen die Yeomen Warders um den Bewusstlosen herum.

Die Seltsame Chloe hätte ihn fast gerettet. Sie war wütend geworden und hätte mit einem einzigen Blick, der über die versammelten Wachen gestrichen wäre, alle wie mit einem Maschinengewehr niedermähen können. Aber natürlich konnte ich das nicht erlauben. Also glitt ich schnell hinter sie, als ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Kampf gerichtet war, und schaltete sie mit dem gleichen Nervengriff aus, den ich auch bei Sargnagel Jobe angewandt hatte. Die Seltsame Chloe seufzte einmal, dann ging sie in die Knie. Ich fing sie auf und legte sie vorsichtig auf das Kopfsteinpflaster. Ich wollte nicht, dass sie sich wehtat. Ich straffte mich und war sehr zufrieden mit mir. Alle drei meiner Kollegen waren sicher aus dem Spiel und keiner von ihnen hatte gemerkt, dass ich daran schuld war.