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Er zog einen Flunsch. »Niemand in dieser Familie versteht einen Spaß. Aber gut: Ein Bericht über die Fortschritte.« Er schnüffelte ein wenig und blinzelte mit den Augen, was seinem Blick etwas Vages verlieh. »Ich bin immer noch dabei, eine Liste der Bücher zusammenzustellen, die in der alten Bibliothek fehlen. Einige sehr wichtige Bände und Dokumente sind nicht da, wo sie sein sollten. Hauptsächlich Bände, die mit unserer eigenen Familiengeschichte zu tun haben.«

»Das ist alles?«, fragte der Waffenmeister. »Das ist alles, was du gemacht hast? Du bist doch schon Monate dran!«

»Schrei mich nicht an. Oder meine Laune schlägt ins Gegenteil um. Du weißt, dass ich immer noch nicht ich selbst bin.« Der Bibliothekar legte die Hände fest zusammen. Vielleicht glaubte er, dass wir so nicht sahen, wie sehr sie zitterten. »In der alten Bibliothek zu sein, hilft mir. Ich fühle mich sicher hier. Geborgen.«

»Wir haben für dich einen sehr komfortablen Raum im Ostflügel eingerichtet«, sagte die Matriarchin. »Er hat sogar Aussicht. Keine besondere vielleicht, aber trotzdem.«

»Nein! Nein.« William schüttelte heftig den Kopf. »Ich bin noch nicht bereit, mit anderen zu leben. Noch nicht. Davon hatte ich im Sanatorium genug. Es ist für mich leichter, ich selbst zu sein, wenn ich nicht … abgelenkt werde. Ich bin gern hier, zwischen den Büchern. Ich vertraue ihnen. Bei Büchern weiß man, woran man ist.« Er unterbrach sich unsicher und sah sich kurz um. »Obwohl ich manchmal glaube, dass ich in den Augenwinkeln Dinge sehe. Vielleicht sind sie real. Vielleicht auch nicht. Aber ich gehe kein Risiko mehr ein. - Eddie, schön, dich mal wieder zu sehen! Es ist immer gut, dich zu sehen. Ja. Wolltest du etwas?«

»Diese Bücher, die aus der alten Bibliothek verschwunden sind«, sagte ich geduldig. »Du sagtest, sie beträfen die Familiengeschichte der Droods.«

»127 Bände bisher«, erwiderte der Bibliothekar sofort. Er wirkte sofort präziser und konzentrierter, als er sich wieder auf vertrautem Terrain bewegte. »Bücher, Folianten, sogar Originalmanuskripte. Von einigen kann ich nur ihren Titel nennen, bei manchen sehe ich bloß, dass sie fehlen, weil auf dem Regal eine Lücke ist. Was wirklich darin steht, kann ich nicht sagen. Wir müssen wirklich eine anständige Bestandsliste erstellen, das sollte Priorität haben. Es gibt Lücken in den Regalen, die ich nicht erklären kann.

Mein erster Gedanke war übrigens, dass die Bücher vielleicht von der Nulltoleranz-Fraktion entwendet wurden, um sie Trumans Manifestem Schicksal zu überlassen. Aber mir wurde gesagt, dass bei einer gründlichen Durchsuchung seiner zerstörten Basis kein einziger Band gefunden wurde, also … Ich vertrete die Theorie, dass der Verräter unserer Familie daran schuld ist. Vielleicht wollte er die Schriften an unsere Feinde verkaufen. Vielleicht enthielten sie Hinweise auf seine wahre Identität.«

Er unterbrach sich wieder und sah sich nervös um, als habe er sich erschreckt. »Das ist die alte Bibliothek«, sagte er langsam. »Lange glaubte man, sie sei verschollen und zerstört. Es ist nicht die Bibliothek, die ich geführt habe, bevor das Herz meinen Verstand zerstörte. Nein. Das hier ist ein alter Ort, älter, als ihr glaubt. Älter, als irgendjemand glaubt. Hör auf mich, Martha. Vielleicht bin ich nicht mehr der Mann, der ich war, und ich habe vielleicht Probleme mit meinem Gedächtnis, aber ich bin nicht verrückt. Selbst wenn ich es manchmal spiele, nur um zu sehen, wie die kleine Vene auf deiner Stirn anschwillt. Ich kann mit einiger Sicherheit sagen, dass ich nicht verrückt bin, weil ich schon einmal verrückt war und deshalb weiß, wie sich das anfühlt. Das hier ist … anders. Da ist etwas hier, mit mir. Es versteckt sich in den Bücherstapeln, in den Schatten, in den Nischen. Es beobachtet. Es wartet. Ich weiß nicht, was es ist oder wie lange es schon hier ist. Vielleicht war es schon immer da. Manchmal denke ich, es ist etwas Gutes, manchmal nicht. Vielleicht gab es einen guten Grund, warum die alte Bibliothek verschwand. Und vielleicht, nur vielleicht, haben wir es wieder geweckt, als wir die alte Bibliothek wieder eröffneten.

Ich bin sicher, dass da auch etwas in Merlins Spiegel ist. Du solltest vorsichtig sein, Eddie. Kontrollier das Spiegelbild auf Dinge, die da nicht sein sollten.«

Er unterbrach sich, als sein Assistent, der junge Rafe, neben ihm im Fenster erschien. Rafe war während Williams Abwesenheit zum Familienbibliothekar ernannt worden, aber er hatte diesen Platz sofort geräumt, als William zurückkehrte. Rafe war der Erste, der zugab, dass er William nicht das Wasser reichen konnte. Er tätschelte William tröstend die Schulter. Rafe hatte ein freundliches Gesicht, fast wie ein Geistlicher, und verfügte über einen erstklassigen Verstand, wenn er sich konzentrierte.

»Da bist du ja«, sagte er tadelnd zu William. »Da lässt man dich mal zehn Minuten aus den Augen. Du hast heute Morgen deine Medizin wieder nicht genommen, nicht wahr?«

»Davon wird mein Urin blau«, grummelte William. »Ich traue keinem Medikament, das mein Urin blau werden lässt.«

Rafe sah mich durch das Fenster an. »Kann ich euch vielleicht weiterhelfen? Der Bibliothekar ist etwas gebrechlich, wisst ihr. Er sollte jetzt etwas schlafen.«

»Ich bin kein Kind, Rafe«, erwiderte der Bibliothekar. »Ich brauche kein Nickerchen.«

»In Ordnung«, sagte Rafe geduldig. »Warum kommst du nicht und trinkst eine Tasse Tee? Ich habe gerade eine frische Kanne aufgesetzt.«

»Hast du auch gefüllte Kekse?«

»Natürlich habe ich auch gefüllte Kekse. Und ein paar Chocolate Chip Cookies.«

»Das klingt doch wundervoll!«, sagte der Bibliothekar fröhlich. »Nichts geht über eine gute Tasse Tee, um einen klaren Verstand zu bekommen und die Nieren anzuregen. Ich werde mich mit dem Problem beschäftigen, Matriarchin, und dich informieren, wenn ich eine Antwort habe.«

Er marschierte davon und sah sich nicht einmal um. Rafe sah ihm hinterher und seufzte.

»Er hat gute und schlechte Tage. Er hat einen bemerkenswerten Verstand, wenn er er selbst ist. Die Arbeit, die er hier geleistet hat, ist außergewöhnlich. Wir sind dem, was wir tun wollten, um Monate voraus. Aber er ist immer noch …«

»… verstört«, half die Matriarchin aus.

»Nun, ja. Manchmal. Aber es ist schon viel besser geworden. Wirklich.«

»Natürlich, Rafe«, sagte der Waffenmeister. »Das verstehen wir. Kannst du uns etwas über die verschwundenen Bücher sagen oder die Identität unseres möglichen Verräters?«

»Nichts, das William nicht schon gesagt hätte. Ich dachte wirklich, wir hätten was in der Hand, als wir entdeckten, dass die Nulltoleranz-Fraktion Zugang zur alten Bibliothek hatte. Aber Callan ist sich ganz sicher, dass es nichts in den Basisräumen des Manifesten Schicksals gab, die er durchsucht hat.«

»Sucht weiter«, sagte die Matriarchin. »Und behalte William im Auge.« Sie machte eine scharfe Geste mit der Hand und Ethel schloss das Fenster. Sie hielt sich diesmal nicht mit Vorhängen oder anderem Chichi auf. Vielleicht konnte sogar Ethel spüren, wenn die Matriarchin nicht gut drauf war.

»Wie geht es Callan eigentlich?«, fragte ich vorsichtig.

»Er erholt sich«, sagte der Waffenmeister. »Er hat sich gut an seinen neuen Torques gewöhnt, aber wir passen gut auf ihn auf. Kein Drood hat es je überlebt, wenn man ihm seinen Torques entriss.«

»Zweifellos benimmt er sich etwas seltsam«, warf die Matriarchin ein. »Aber das hat Callan eigentlich schon immer getan. Er bestand darauf, wieder in den Außendienst zu gehen, als er körperlich wieder auf der Höhe war, und keiner hat es übers Herz gebracht, ihm das zu verbieten. Aber seitdem ist er ein gehetzter Mann. Er arbeitet zu jeder Stunde des Tages. Ich weiß nicht, ob er uns oder sich selbst beweisen will, dass er immer noch der Mann ist, der er einmal war.«

»Die Familie hat uns immer viel abverlangt«, gab ich zu bedenken.