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»Ich bin nicht wie mein Vorgänger. Ich bin unheimlicher. Willkommen zurück, Eddie.«

Ich habe im Herrenhaus ein eigenes Zimmer, auch wenn ich in Knightsbridge meine eigene kleine und hübsche Wohnung besitze. Dank Merlins Spiegel konnte ich hin und her pendeln. Der jahrhundertealte Spiegel kann als Portal überallhin fungieren. Ich starrte konzentriert mein Spiegelbild an. William hatte mich ein klitzekleines Bisschen erschreckt, als er sagte, es könnte etwas oder jemand in diesem Spiegel gefangen sein. Jemand, der beobachtete und abwartete. Aber alles schien, wie es sein sollte. Also sagte ich die aktivierenden Worte und konzentrierte mich auf ein Ziel. Der Spiegel sprang mir aus der Hand und wuchs zu einem Portal zwischen dem Herrenhaus und dem Ort heran, an dem Molly Metcalf lebte: der Wald zwischen den Welten. Durch das Tor hindurch konnte ich hohe Bäume sehen und üppige grüne Vegetation, die in langen Strahlen von goldenem Sonnenlicht leuchtete. Der älteste, der erste Wald erstrahlte in allen Primärfarben des Frühlings. Der Wald schien sich ewig hinzuziehen, es gab Lichtungen, Wasserfälle, sanfte Hügel und Felsvorsprünge. Ich verbringe eine Menge Zeit damit, den Wald mit Molly zusammen zu erforschen. Der wilde Wald war ihr Zuhause, wo sie hingehörte, und der einzige Ort, an dem sie und ich zusammen sein und ein wenig Privatsphäre haben konnten. Abgesehen von der lokalen Fauna selbstverständlich, die Molly und mich scheinbar unglaublich faszinierend fand.

Der Wald zwischen den Welten ist ein uralter Ort, unberührt von der Zivilisation und eigentlich kein wirklich wohnlicher Ort. Ich war dort nur willkommen, weil Molly ein gutes Wort für mich eingelegt hatte. Die Tiere fühlten sich in Mollys Gegenwart immer wohl, aber sie nahmen mich nur hin, weil sie es tat, und blieben vorsichtig und auf der Hut. Hier liefen die wirklich wilden Lebewesen frei herum, einschließlich einer Menge Arten, die seit Langem von der Erde verschwunden sind. Es gab große Wildschweine mit einem enormen Gebiss und schartigen Hauern. Es gab Wolfshunde und Schwarzbären und auch ältere, fremdartigere und eher mythologische Wesen. Einige kannte ich nur davon, dass sie mich als ein Paar glühender Augen aus dem düsteren Unterholz anstarrten. Molly behandelte alle mit gleicher Selbstverständlichkeit und Zuneigung und schubste sie nur beiseite, wenn sich zu viele von ihnen um sie scharten. Als sie das das erste Mal in meiner Gegenwart mit einem vier Meter großen Bären machte, erlitt ich fast einen Herzinfarkt. Es gab auch alle möglichen Vogelarten, die die duftende Luft mit ihrem Gesang erfüllten, und ganze Wolken von bunten Schmetterlingen.

Es gab auch andere Insekten und eine Menge Fliegen, aber keines von ihnen belästigte uns je. Als ich Molly fragte, warum nicht, sagte sie nur: Das würden sie nicht wagten.

Als ich durch den Spiegel in ihre Welt trat, kam sie auf mich zugelaufen, um mich zu begrüßen. Meine Molly Metcalf, die wilde Hexe, das Gelächter in den Wäldern, herrlich und frei. Eine großartige, wundervolle Frau, die nur ein paar Jahre jünger war als ich und die mit ihrer blassen Haut und dem jetschwarzen Haar aussah wie eine zierliche Porzellanpuppe mit großem Busen. Sie hatte Augen, die dunkel genug waren, um darin zu ertrinken, trug mehr dunklen Kajal darum als ein Panda auf Männerfang und besaß einen knallroten Kussmund, der fürs Lachen und die Sünde wie gemacht schien. Sie trug ein langes, pastellgrünes Gewand mit einem goldenen Gürtel und hatte sich aufs Geratewohl ein halbes Dutzend Blumen ins Haar gesteckt. Sie warf sich mir an den Hals, sodass ich beinahe umfiel, und ich hielt sie fest, als wolle ich sie nie wieder loslassen.

Die Liebe ist mir in meinem Leben spät begegnet. Und unerwartet. Die Droods glauben eher an Heirat als an Liebe. Heirat bindet einen an die Familie, die Liebe steht ihr im Wege. Die Familie will, dass im Leben nichts wichtiger ist als die Pflicht gegenüber dieser Familie. Jeder muss seinen Platz kennen. Molly, gesegnet sei sie für ihre gegenteilig geartete Seele, kannte ihren Platz nicht, und das ist nur einer der Gründe, warum ich sie so sehr liebe.

Sie drückte ihren Busen gegen meine Brust, als wir uns küssten. Sie weiß, wie sehr ich das mag. Schmetterlinge flatterten fröhlich um uns herum, als wir uns die Kleider vom Leib rissen.

Etwas später lagen wir nebeneinander auf einer Grasnarbe, der Schweiß auf unseren kühler werdenden Körpern trocknete langsam. Wir hatten uns eng aneinander gekuschelt. Ich brachte Molly, was meine Mission anging, auf den neuesten Stand, und jetzt schmollte sie ein wenig, weil sie nicht mitgehen durfte.

»Du weißt, wir arbeiten am besten als Team, Eddie. Wer wird dir Rückendeckung geben, wenn ich nicht da bin?«

»Ich habe als Feldagent der Droods Jahre überlebt, bevor das mit uns ein Thema wurde«, sagte ich amüsiert.

»Es ist ein ständiges Rätsel für mich, dass du überhaupt ein Jahr überlebt hast. Du bist viel zu vertrauensselig.«

»Die Einladung des Autonomen Agenten gilt nur mir allein«, sagte ich geduldig. »Es ist sein Spiel, also macht er auch die Spielregeln.«

»Warum sollte er dich überhaupt aussuchen? Ich meine, tut mir leid, Süßer, nichts für ungut und so, aber warum ausgerechnet dich, von allen Droods? Warum nicht jemand mit mehr Erfahrung, der ihm vom Alter her näher steht, so wie vielleicht dein Onkel Jack?«

»Möglicherweise weil ich die Welt vor den Hungrigen Göttern gerettet habe. Du erinnerst dich doch, oder? Ich meine, du warst doch dabei. Du hast geholfen

»Schmoll jetzt nicht, Eddie, das steht dir nicht. Natürlich hast du dir diese Ehre verdient. Ich kann mich nur nicht des Eindrucks erwehren, dass das alles ein Trick oder eine Art Falle ist. Eine, die sich nicht mal unbedingt gegen dich richtet. Was, wenn das nur eine Möglichkeit ist, mit der man die sechs besten Agenten der Welt an einem Ort versammelt und dann alle umbringt? Der letzte große Coup des Autonomen Agenten. Um zu beweisen, dass er immer noch der Beste ist, nach all den Jahren.«

»Dein Verstand ist wundervoll misstrauisch«, sagte ich voller Zuneigung. »Natürlich hast du recht. Es würde mich gar nicht wundern, wenn sich das Ganze wirklich als ein hinterhältiger Plan oder eine Falle erwiese. Aber ich muss trotzdem gehen. Was er anbietet, ist das Risiko wert.«

»Ist es das?« Molly stützte sich auf einen Ellenbogen, um mich zu betrachten. Sie runzelte sorgenvoll die Stirn. »Ich meine, welche Information könnte dieser Mann haben, die die erstaunliche Familie Drood nicht schon besitzt? Geheimnisse bleiben nie lange welche.«

»Einige schon«, erwiderte ich. »Und Alexander King ist herumgekommen. Er hat vielleicht nicht Geschichte geschrieben, aber er hat hinter den Kulissen bestimmt geholfen, die Geschichte zu formen. In der geheimen Welt der Spione gibt es oft Geheimnisse hinter den Geheimnissen. Wenn jemand etwas weiß, das wir nicht wissen, dann ist das Alexander King.«

»Also musst du gehen.« Molly setzte sich auf und zog ihre Knie an die nackte Brust. Sie sah absichtlich geradeaus, sodass sie mich nicht ansehen musste. »In Ordnung, ich habe schon verstanden. Die Pflicht ruft, auch nach allem, was du für deine Familie getan hast und was sie dir angetan haben. Du warst schon immer loyaler, als es dir gut tut.« Sie drehte sich abrupt um, um mich mit ihren dunklen Augen anzustarren. Dann streckte sie eine Hand aus und zwickte mich fest in meine linke Brustwarze, damit sie meine volle Aufmerksamkeit hatte. »Pass auf dich auf, Eddie, und tu, was auch immer du tun musst, um dieses verdammte Spiel zu gewinnen. In der Zwischenzeit werde ich mal mit ein paar von meinen Freunden und Verbündeten reden. Leute, die mit den berüchtigten Droods nicht reden würden. Mal sehen, was die so zu dem verdammten Alexander King zu sagen haben.«

»Na klar, Molly. Du kannst meine Brustwarze jetzt loslassen. Bitte.«

Sie ließ los und sah wieder weg. »Es kann sein, dass ich eine Weile nicht erreichbar bin. Ich muss mich um eine Familienangelegenheit kümmern.«