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»Wenn das einer könnte, dann du«, sagte ich großzügig.

Katt seufzte. »Ich weiß nicht, wieso Alexander mich für seinen ach so kostbaren Wettkampf ausgesucht hat.«

»Ich glaube, er dachte, dass wir als Team funktionieren sollen. Jeder soll sein besonderes Talent in die Waagschale werfen, wie wir es gerade brauchen«, sagte ich. »Alle von uns arbeiten zusammen, für das große Ganze.«

»Bis wir einander hintergehen«, sagte Katt.

Ich lächelte sie an. »Ich bin sicher, damit hast du kein Problem. Könnte ich jetzt meinen Arm zurückhaben, bitte? Ich habe nicht die Absicht, dir zu nahe zu kommen, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich würde gern in meinem Bett sterben, vorzugsweise an Altersschwäche. Also tu uns beiden einen Gefallen und sei woanders Vamp.«

Sie lächelte sonnig, ließ meinen Arm los und ging weg. »Dein Verlust, Schätzchen.« Sie schlenderte davon, trotz des schlammigen Seeufers immer noch graziös und sicher auf den Beinen. Sie ging auf Walker zu, und ich wünschte ihm heimlich alles Glück dieser Welt. Ich schlenderte zu Honey hinüber, die misstrauisch über die dunklen, unbewegten Wasser des Lochs starrte, als verdächtige sie den See, etwas im Schilde zu führen. Sie stand aufrecht und groß da, die Hände auf den Hüften und sah ganz wie ein General aus, der sich vor dem Angriff mit dem Schlachtfeld vertraut macht.

»Wir müssen uns organisieren«, sagte sie und machte damit ohne sich umzudrehen klar, dass sie meine Anwesenheit bemerkt hatte. »Wir haben eine Deadline, und die Uhr tickt. Alexander sah nicht so schlecht aus, wie man mich glauben machen wollte, aber wir haben keine Möglichkeit, herauszufinden, wie echt diese Projektion war. Er könnte jederzeit über den Jordan gehen und all seine Geheimnisse mit ins Grab nehmen, der selbstsüchtige Bastard. Er ist verpflichtet, seine gehorteten Informationen an den weiterzugeben, der am ehesten guten Gebrauch davon machen wird. Und nicht an jemanden, der ein blödsinniges Spiel gewinnt.«

»Ich glaube nicht, dass Alexander King jemals viel auf Pflicht gegeben hat«, meinte ich. Sie warf mir lächelnd einen kurzen Blick zu. »Ich glaube, wir arbeiten dabei besser zusammen, Eddie. Wir sind die einzigen wirklichen Profis in dieser Gruppe.« »Da ist Walker«, gab ich zu bedenken.

»Den kenne ich zu wenig. Außerdem sollte man keinem von der Nightside vertrauen.« »Und der Blaue Elf könnte uns alle überraschen.« »Einem Elben darf man niemals trauen.«

Ich musste lächeln. »Komm schon, Honey, du gehörst zur CIA. Du vertraust doch keinem.« Sie sah mich ernst an. »Irgendjemandem muss man vertrauen, oder man bekommt nichts geregelt. Die Tage der unabhängigen Operationen sind vorbei, Eddie. Die Welt ist zu groß geworden, zu kompliziert, als dass einsame Wölfe ihren Eingebungen und Instinkten trauen könnten. Nur die großen Organisationen haben die Ressourcen, um mit den Problemen von heute fertig zu werden.«

»Meine Familie wäre dieser Meinung«, sagte ich. »Aber ich hatte mit meiner Familie schon immer Probleme.«

»Davon habe ich gehört«, erwiderte Honey. »Warum tut ihr das, Eddie? Warum glauben die Droods, das Recht zu haben, die ganze Welt zu regieren? Ohne Rücksicht auf Verluste?«

»Weil wir das schon seit Hunderten von Jahren tun«, sagte ich. »Und wir sind verdammt gut darin.«

»Nicht immer«, widersprach Honey.

»Naja«, sagte ich. »Niemand will unausstehlich sein.«

Sie lachte. Es war ein freies und fröhliches Geräusch und stand ganz im Gegensatz zu ihrem entschlossenen Auftreten und dem kühlen, professionellen Gesichtsausdruck.

»Du hast dieser Sache dein ganzes Leben gewidmet, nicht wahr?«, fragte sie. »Alle Droods. Ihr spielt das Spiel, bis es euch umbringt oder bis ihr dabei tot umfallt. Warum solltet ihr das tun?«

»Irgendjemand muss es tun«, sagte ich.

»Nein, nicht wirklich. Also, warum?«

»Du willst es wirklich wissen?« Ich dachte darüber nach. »Pflicht. Verantwortung. Oder vielleicht, weil es trotz all seiner Verrätereien und Gefahren das beste Spiel der Welt ist. Das einzige, in dem wir unsere Talente voll einbringen können. Warum machst du's?«

»Ach, zum Teufel, Eddie. Das ist nur ein Job. Um die Karriereleiter hinaufzuklettern. Ich will jemand sein und Dinge tun, die etwas bewegen. Und ich will die Entscheidungen treffen, die etwas bewegen.« Sie warf mir wieder einen kurzen Blick zu. »Ihr Droods kümmert euch nicht um Politik. Wir anderen können uns diesen Luxus nicht leisten.« Sie sah wieder über den See, und ihre Körpersprache machte deutlich, dass das Thema für sie beendet war. »Also, wie findet man in einem See dieser Größe ein Monster?«

»Gute Frage«, erwiderte ich.

Aus dem Augenwinkel konnte ich Katt sehen, wie sie ihren Charme an Walker ausprobierte. (Das wäre ein schlechter Geheimagent, der nicht an zwei Dinge gleichzeitig denken könnte.) Katt versuchte immer wieder, ihren Arm durch Walkers zu schieben, und er wehrte das ab, ohne dass man den Eindruck bekam, er sei sich dessen bewusst. Schließlich wandte er sich ihr doch zu und sah sie an. Sie nahm sich tatsächlich zurück. Selbst aus dieser Entfernung konnte ich die Kälte seines Blicks spüren; er war kälter, als die schottische Luft je hätte sein können. Er sagte etwas, und Katt reagierte, als hätte man sie ins Gesicht geschlagen. Sie schenkte Walker noch ein schnelles professionelles Lächeln, wandte sich um und ging, die Nase hoch in der Luft, davon. Walker wandte sich wieder dem See zu. Sein Gesicht war unbewegt, nachdenklich und vollkommen unberührt. Ich entschied, dass ich Walker wohl besser im Auge behielt. Jeder, der Lethal Harmony of Kathmandu niederstarren und sie in die Flucht schlagen konnte, war eindeutig ein Mann, mit dem man rechnen musste.

Katt stakste am Blauen Elf vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, vielleicht, weil sie wusste, dass all ihr Charme und ihre Fähigkeiten an den bekanntlich homosexuellen Halbelben verschwendet waren. Sie hatte nichts, was ihn interessieren konnte, außer vielleicht ein paar Modetipps. Honey sagte in diesem Moment etwas Nützliches, aber Langweiliges über die Notwendigkeit, schnell zu handeln, aber ich sah immer noch zum Blauen Elfen hinüber. Wir alle waren in dieser wilden und urwüchsigen Landschaft fehl am Platz, aber er sah verlorener aus als gewöhnlich. Seine Hände hatte er tief in den Gürtel geschoben und sein Kinn grub sich in seine schlapper werdende Halskrause. Er starrte den schlammigen Boden unter seinen Füßen finster an. Er sah einsam und müde aus und schien mit der Situation überfordert. Meine erste Reaktion war: Gut. Geschieht ihm recht.

Aber - ich kannte Blue schon sehr lange, wie man es auch drehte und wendete. Ich hatte ihn gemocht, ihm vertraut und ihm eine Chance gegeben, sich im Krieg gegen die Hungrigen Götter als Held zu erweisen. Er hatte dieser Chance und damit auch mir den Rücken zugewandt, nur um sich mit seinen arroganten Elbenverwandten versöhnen zu können. Ich hätte das vorausahnen sollen - und es besser wissen müssen. Der Blaue Elf hatte eine lange Geschichte von gebrochenen Versprechungen, kaltblütigem Betrug und anderen Abstürzen. Er behauptete gern, dass er in seinen jungen Tagen jemand Bedeutendes gewesen sei, aber das war eine Lüge. Allerdings hätte es so sein können. Wenn er nicht alles weggeworfen und seinen Schwächen nachgegeben hätte. Und er war ein Halbelb. Einem Elben durfte man niemals trauen. Das wusste jeder. Ich hätte es wirklich nicht persönlich nehmen sollen, dass er mich vor meiner ganzen Familie im Stich gelassen hatte, nachdem ich mich für ihn verbürgt hatte. Dass er mich schlecht hatte aussehen lassen.

Das war es gewesen, was der Blaue Elf getan hatte.

Er hatte einen Torques von den Droods gestohlen und war damit davongekommen. Man musste ihn dafür bewundern. Das hatte niemand bisher geschafft. Das musste man ihm lassen, er konnte wirklich in großen Dimensionen denken. Und vor allem verstand ich wirklich, was Familienzwänge waren, wusste um die Notwendigkeit, gegen besseres Wissen dazugehören zu wollen und akzeptiert zu werden - und auch um all die dummen, selbstzerstörerischen Dinge, die man dafür unwillkürlich tat. Also überließ ich Honey ihrem autoritären Selbstgespräch und schlenderte zum Blauen Elf hinüber. Ich beeilte mich nicht. Ich wollte ihm Zeit geben, selbst zu gehen, wenn er das wollte. Aber er sah sich um, als spüre er, dass ich herankam, hob eine Hand kurz zu dem goldenen Torques, den er um den Hals trug und wandte sich mir dann beinahe trotzig zu. Sein Kopf erhob sich, ein entschlossener Zug um den Mund herum zeigte sich, und er wich nicht zurück. Es war wohl ein langer Weg gewesen von dem gebrochenen und gestrauchelten Mann, den ich mehr tot als lebendig in seiner schäbigen kleinen Wohnung in Wimbledon gefunden hatte. Wenigstens hatte ihm die Begegnung mit dem Rat der Feen etwas Rückgrat verliehen. Ich hielt in respektvollem Abstand zu ihm an und nickte kurz. »Es ist kalt«, sagte ich. »Du hast nicht zufällig einen Flachmann mit Hochprozentigem bei dir, oder?«