»Ich habe auf dem Sonar einen neuen Kontakt«, sagte Honey. »Es ist groß, es bewegt sich und es hält direkt auf mich zu. Es ist für die Frontscheinwerfer noch zu weit weg, aber … es ist echt groß. Ich meine, ernsthaft. Der Computer schätzt, es ist über 120 Meter groß, von einem Ende zum anderen. Geschätztes Gewicht … nein, wartet mal, das kann doch nicht stimmen …«
Walker und ich standen Schulter an Schulter, als wir uns zusammen über die Datenströme beugten, die über die Konsolenmonitore jagten. Was auch immer auf Honey und ihr kleines, gelbes Tauchboot zukam, der Computer schätzte sein Gewicht auf 87 Tonnen. Nein. Das war unmöglich; das war kein lebender Organismus, den ich verstand.
»Wie nah ist es jetzt?«, fragte Peter.
»Jetzt hat es die Richtung gewechselt«, sagte Honey mit ruhiger und professioneller Stimme. »Es kam direkt auf mich zu, aber jetzt … es scheint das Tauchboot zu umkreisen und auf Abstand zu bleiben. Verdammt, diese Geschwindigkeitsberechnung kann auch nicht stimmen. Nichts, das so groß und so schwer ist, kann sich in diesem Gewässer so schnell fortbewegen.«
»Nichts, das wir kennen«, meinte Walker. Er runzelte die Stirn. »Ich glaube, es ist Zeit, dass Sie an die Oberfläche kommen, Honey. Es soll dem Brunftschrei folgen -«
»Zu spät!« Honeys Stimme klang lauter, als sie wohl selbst beabsichtigte. »Es ist hier! Direkt vor mir! Es ist riesig! Es ist direkt vor meiner Frontscheibe hergeschwommen. Ich hatte es einen Augenblick lang direkt im Scheinwerferlicht!«
»Was ist es?«, fragte der Blaue Elf. »Wie sieht es aus?«
»Ein hässlicher Kerl«, sagte Honey. Sie klang erschüttert, aber ihre Stimme hatte sie wieder unter Kontrolle. »Es ist wieder dazu übergegangen, das Tauchboot zu umkreisen. Bewegt sich allerdings jetzt langsamer. Ich glaube, es ist neugierig. - Oh! Ich habe grade wieder einen Blick durch das Fenster auf sein Gesicht erhascht. Es kam direkt hoch und hat mich angesehen. Das ist nicht Nessie. Überhaupt nicht. Okay, das war's, ich komme an die Oberfläche. Ich bleibe nicht eine Minute länger mit diesem … Ding hier unten.«
»Langsam«, meinte ich. »Langsam, aber stetig und sehr vorsichtig. Tu nichts, was das Biest in Aufregung oder Panik versetzen könnte.«
»Oder was es verscheuchen könnte«, meinte Peter schnell. »Ich kann das Ding nicht filmen, wenn du es nicht hier an die Oberfläche bringst.«
»Du kannst mich mal«, sagte Honey. »Schnauze jetzt, und lenkt mich nicht ab. Ich weiß, was ich tue. Verdammt, das Ding ist groß! Es lässt das Tauchboot winzig erscheinen.«
»Hat das Fahrzeug irgendwelche Verteidigungssysteme?«, fragte Walker. »Schusswaffen, Energieschilde, so etwas in der Art?«
»Nicht einmal einen Lautsprecher, durch das ich rüde Schimpfworte schicken könnte«, sagte Honey. »Offenbar war dieses entzückende kleine und gelbe Ding niemals für etwas anderes als kurzfristige Aufklärung gedacht. Und darum hatte ich Langley nicht gebeten. Wenn ich dorthin zurückkehre, werde ich wohl mit ein paar Leuten ein ernstes Wörtchen reden müssen. Ich tauche noch auf, sehr langsam. Ich bin nicht weit von euch entfernt. Ich sollte in eurer Nähe an die Oberfläche kommen. Das Monster folgt mir - und bleibt dicht dran. Die Wirbel, die das Ding im Wasser verursacht, reichen schon aus, um das Tauchboot rollen zu lassen.«
»Kannst du es schon identifizieren?«, fragte Katt. »Ich kann in den Daten, die du uns schickst, keinen Kopf oder Schwanz erkennen. Was glaubst du, ist es ein Dinosaurier? Ein Brontosaurus oder ein Plesiosaurus, so etwas in der Art?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung«, erwiderte Honey. »Es ist groß und eklig; das ist alles, was ich sagen kann. Allein das, was ich im Scheinwerferlicht kurz erkennen konnte, löst eine Gänsehaut aus. Was auch immer das ist, es gehört nicht mehr in unsere Welt.«
»Komm nach oben«, sagte ich. »Wir können dir nicht helfen, solange du da unten bist.«
»Ich weiß«, sagte Honey. »Ich tauche noch auf. Immer noch in eure Richtung. Ich bin gleich bei euch.«
Ich sah über den See und suchte das dunkle Wasser mit meinen Augen ab, aber ich konnte verdammt noch mal nichts erkennen. Der bedeckte Himmel hatte die Wasseroberfläche so dunkel werden lassen wie die Nacht. Die Oberfläche wurde von den Windböen aufgewühlt, das war alles.
»Scheiße! Scheiße!«
Honeys Stimme klang eher wütend als ängstlich. Ich sah mich rasch nach der Konsole um. Auf dem Bildschirm sah ihr dunkles Gesicht erschüttert, aber entschlossen aus.
»Was ist los, Honey?«, fragte Walker. Seine Stimme klang beruhigend.
»Mein Antrieb ist ausgefallen.« Honey klang vernünftig, aber man konnte ihre Verstörtheit daran erkennen, wie schnell ihre Finger über die Kontrollen flogen. Sie hämmerte mit unnötiger Kraft auf die Tastaturen ein und bekam keine Antwort. »Die Maschinen sind offline, die Sensoren haben sich abgeschaltet. Alles, was ich tun kann, ist diese Verbindung aufrechterhalten. - … Scheiße. Das war die Lebenserhaltung. Das ist nicht gut, Leute. Ich bin stillgelegt, die Energieanzeigen fallen und … ich sinke wieder.«
»Geht der Brunftschrei noch raus?«, fragte der Blaue Elf.
»Nein. Aber wenigstens ist die Hülle noch sicher - oh!«
Wir alle hörten einen dumpfen Knall, als etwas das Tauchboot von außen traf und Honey in ihrem Pilotensitz hin und her geschüttelt wurde. Nur die Gurte hielten sie in ihrem Platz. Etwas traf jetzt das Tauchboot noch härter. Alle möglichen Alarme und LEDs blinkten in der Kabine auf. Honey wurde in ihrem Sitz hin- und hergeworfen wie eine Lumpenpuppe.
»Die Hülle … ist noch intakt«, brachte sie schließlich hervor. »Aber ich weiß nicht, wie viele Treffer dieses blöde Scheißding noch einstecken kann. Dafür ist es nicht gemacht - oh, verdammt!«
»Was ist jetzt?«, fragte Peter.
»Der Brunftschrei geht doch noch raus! Er sollte es nicht, aber er tut es.«
»Schalt ihn ab!«, rief ich. »Vielleicht verliert das Monster dann das Interesse und verschwindet!«
»Kann ich nicht!« Honeys Stimme überschlug sich jetzt fast. »Ich kann nicht mehr auf den Computer zugreifen. Das kann einfach kein Zufall sein! Irgendjemand hat mein Tauchboot sabotiert!«
Wir sahen uns an, und ich wusste, dass wir alle darüber nachdachten, wer genügend Zeit allein an der Kommunikationsstation verbracht hatte, um die Programmierung des Tauchboots zu ändern. Das hätte jeder sein können. Immerhin waren wir alle Profis.
»Die Luft wird nicht mehr aufbereitet«, meinte Honey. »Und die Lichter gehen alle aus.«
Wieder traf etwas das Tauchboot und schob es zur Seite. Die Alarmglocken im Cockpit klangen jetzt schrill und rabiat.
»Sie sind beinahe hier, Honey«, sagte Walker. »Keine 200 Meter mehr. Können Sie nicht noch etwas Energie aus den Batterien locken? Irgendeine allerletzte Energiereserve?«
»Ein Hüllenbruch!«, rief Honey. »Es kommt Wasser herein - die halbe Elektronik, die noch funktioniert, wird sich kurzschließen. Ich sinke, Leute. Keine Chance mehr, euch zu erreichen. O Gott. Es wird kalt hier drin. Und dunkel. So wollte ich niemals gehen …«
Ich rüstete hoch. Die anderen wichen vor mir zurück und schrien vor Schreck auf. Es ist eine Sache, von der unmenschlichen Kraft eines gerüsteten Droods zu wissen, eine andere, das mit eigenen Augen zu erleben. Nicht viele sehen es und bleiben am Leben, um davon zu erzählen. Ich ließ die Kommunikationskonsole links liegen und sprintete ans Ufer des Sees. Meine goldenen Füße sanken tief in den Boden, als meine gerüsteten Beine mir zu übernatürlicher Geschwindigkeit verhalfen. Kaum berührte ich das dunkle Wasser, sprang ich schon kopfüber hinein.
Ich fühlte weder die Kälte noch das Wasser, als ich mit kräftigen Zügen hinunter in die Tiefen des Sees schwamm. Meine Rüstung schützte mich und verschaffte mir die nötige Atemluft. Ich hätte in dieser Rüstung auch auf dem Mond spazieren gehen können, und die Legende sagt, dass ein paar Familienmitglieder das auch getan haben. Ich konnte im trüben Wasser trotz meiner durch die Maske verstärkten Sicht nicht sehr weit sehen, aber kaum war ich unter der Oberfläche, konnte ich den Brunftschrei hören, der von dem sterbenden Tauchboot ausging. Er hatte nur einen Bruchteil seiner ursprünglichen Macht, aber ich hätte diesen schrecklichen Klang überall erkannt. Ich hielt direkt darauf zu, meine gerüsteten Arme und Beine pflügten mit unglaublicher Geschwindigkeit durch das Wasser. Ich war weitgehend blind, aber der Gesang wurde immer lauter, bis ich auf einmal direkt über dem Tauchboot war.