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Ich preschte vor, meine gerüsteten Beine trieben mich an. Der Kopf des Monsters war immer noch nur ein paar Meter vom Boden entfernt. Ich sprang darauf und hielt mich an einem der spitzen Hörner fest. Sofort hob das Ungeheuer seinen Kopf und trug mich in den Himmel. Eines der Augen auf den langen Fühlern schwang zu mir herum. Für einen Augenblick trafen sich unsere Blicke. Wenn sich hinter diesem starren Blick Intelligenz verbarg, dann war es keine, bei der ich darauf hoffen konnte, sie zu erkennen oder zu verstehen. Also griff ich mir den Fühler mit meiner goldenen Hand direkt unter dem Auge und riss ihn dem Ungeheuer einfach vom Kopf.

Der fleischige Fühler riss ab, aus der Wunde quoll schwarzes Blut. Das Auge auf dem Fühler wand sich grimmig in meiner Hand, bis ich es fortwarf. Der große Kopf wankte Übelkeit erregend unter meinen Füßen, als das Monster wieder aufbrüllte, ohrenbetäubend laut. Ich stellte mich fester hin, hob meine gerüstete rechte Hand und konzentrierte mich. Die Seltsame Materie wuchs zu einer langen, goldenen Schwertklinge. Ich rammte sie mit all meiner Stärke in den Monsterkopf, trieb die Klinge den ganzen Weg hinein, bis meine Knöchel auf die schuppige Haut trafen. Der Kopf ruckte unter dem schweren Einschlag ein Stück nach unten und warf mich beinahe hinab. Ich zog die Klinge heraus und sah, wie die Wunde, die ich verursacht hatte, beinahe sofort wieder heilte. Der Kopf war einfach zu groß. Ich hatte nicht einmal den Schädel erreicht, vom Gehirn gar nicht zu reden.

Immer angenommen, dass das Monster so etwas überhaupt besaß.

Einer der anderen Augenfühler kam jetzt wieder an mich heran, verführerisch nah, und ich zerschnitt ihn mit meiner goldenen Klinge. Das Monster tauchte seinen Kopf hinab, auf die dunklen Seewasser zu. Im letzten Moment sprang ich herunter, meine gerüsteten Beine fingen den Aufprall mit Leichtigkeit ab. Ich stand am Rand des Sees und sah zu, wie das Ungeheuer in den düsteren Wassern verschwand. Die ganze riesige und unnatürliche Gestalt war im nächsten Moment verschwunden und nichts als ein paar kleine Wellen auf der Wasseroberfläche erinnerten noch an seine Existenz. Ich zog die lange, goldene Klinge in meine Hand zurück und rüstete ab. Das Monster war weg, und ich bezweifelte, dass wir es wiederfinden würden.

Wir hatten es verletzt und das war ihm wahrscheinlich jahrhundertelang nicht passiert.

Wie auch immer, es war verschwunden. Ich wollte nicht als der Mann in die Geschichte eingehen, der das berühmte Ungeheuer von Loch Ness getötet hatte.

Ich wandte dem See den Rücken zu. Honey watete durch die Überreste ihrer Kommunikationskonsole. Walker sah auf die überdimensionale Waffe in seinen Händen, als wäre er nicht gewohnt, so etwas zu benutzen. Nach allem, was ich wusste, war das auch der Fall. Mit einer eleganten, beiläufigen Geste ließ er das Ding verschwinden und ging hinüber zu Peter, der konzentriert auf sein Kamerahandy starrte. Der Blaue Elf betrachtete auf seine silberne Hand von Nuada, die seinen Arm von der Schulter bis zu den Fingerspitzen bedeckte. Er zog eine Grimasse und schickte die uralte Waffe wieder dorthin, wo sie hergekommen war. Er sah mich an, und ich lächelte so freundlich, wie ich konnte.

»Es braucht mehr als nur einen Harnisch, Blue. Warum hast du überhaupt die Airgedlamh gerufen? Warum hast du nicht deinen Torques benutzt?«

»Weil er mir Angst macht«, sagte der Blaue Elf. »Ich glaube nicht, dass ich ihn benutzen kann und immer noch ich bin.«

Er ging ebenfalls zu Peter und Walker hinüber. »Sagt mir, dass ihr das verdammte Ding gefilmt habt!«, sagte er laut. »Wag nicht, zu sagen, dass du's versaut hast, Peter King, oder ich werde dich höchstpersönlich in den See werfen, damit du dieses Monster wieder hervorzerrst!«

»Ich hab's! Ich hab den ganzen Kampf als Film!«, sagte Peter und strahlte von einem Ohr zum anderen. »Ein Beweis, ein tatsächlicher Beweis!«

Honey und ich stellten uns dazu, und wir alle betrachteten den Film auf dem winzigen Bildschirm des Handys. Es sah gut aus. Es würde wahrscheinlich noch viel besser aussehen, wenn man es auf einem Bildschirm mit ordentlicher Größe sähe. Aber wie der Mann gesagt hatte: ein tatsächlicher Beweis.

»Wo ist Katt?«, fragte Walker abrupt. Wir alle sahen uns um, aber von ihr war nichts zu sehen.

Wir fanden ihre Leiche schließlich unter den Trümmern der Kommunikationskonsole. Sie hatte den Haupteinschlag des Monsterkopfes zwar vermieden, sich aber dabei das Genick gebrochen. Ohne ihre fantastische Lebendigkeit sah sie sehr klein und zierlich aus. Wie eine weggeworfene Blume oder Puppe. Peter kniete sich neben sie und schloss ihr die Augen.

»Sie hat wahrscheinlich gar nicht mitbekommen, was sie getroffen hat«, meinte Walker. »Armes, kleines Ding.«

»Jetzt wünschte ich, ich hätte die Zeit gehabt, sie besser kennenzulernen«, sagte Peter. »Ich glaube, man hätte … Spaß mit ihr haben können.«

»Oh bitte!«, sagte der Blaue Elf. »Sie hätte dich bei der erstbesten Gelegenheit getötet!«

»Wie ich schon sagte: Wir hätten Spaß miteinander haben können.« Peter stand auf und wandte sich ab.

»So ist das nun mal mit der Spionage«, meinte Honey. »Heute hier, morgen tot. Ich wollte ihr eigentlich die Schuld an der Sabotage meines Tauchboots geben. Ich habe keine Beweise, nur ein Gefühl. Jetzt macht es wohl keinen Unterschied mehr. Wir haben einen Beweis für die Existenz dieses Monsters. Zeit also, zum nächsten Teil des Spiels überzugehen.«

»Einfach so?«, fragte Peter.

»Ja«, sagte ich. »So ist das nun mal mit der Spionage.«

Am Ende übergaben wir den Leichnam von Lethal Harmony of Kathmandu dem See. Eine letzte Ruhestätte so gut wie jede andere. Honey sah zu, wie die Wellen sich auf der dunklen Oberfläche langsam verliefen.

»Ein Tauchboot weniger«, sagte sie endlich. »Es hat wahrscheinlich ein paar Milliarden Dollar gekostet. Ich weiß einfach, dass sie einen Weg finden werden, mir das vom Lohn abzuziehen!«

Kapitel Fünf

Gesucht und gefunden

In den Wäldern, bei Nacht, gibt es schlimmere Dinge als Tyger.

Die Teleportarmbänder setzten uns mitten im Herzen eines dichten Waldes ab. Es war Abend und wurde zunehmend dunkler. Ringsumher nur große und schlanke Bäume. Sie waren von üppigem Grün und Rankenpflanzen überwuchert. Der Boden unter meinen Füßen war hart und trocken; grobe, braune Erde, zerbrochen und zerrissen. Die Vegetation war an einer Seite dichter als an der anderen, die hinunter zu einem träge fließenden Strom führte, aus dessen schlammigen braunen Wassern Baumstümpfe ragten. Die Luft war glühend heiß und feucht und lag nach der bitteren Kälte am Loch Ness schwer in meinen Lungen. Mir brach der Schweiß aus. In der Ferne, hinter dem von Bäumen begrenzten Horizont, ging die Sonne in glühendem Orange und Dunkelrot unter. In weniger als einer Stunde würde es dunkel werden, und so weit von jeder Zivilisation entfernt würde es wirklich stockdunkel sein. Um uns herum brummte die Luft von Vogel- und Tierrufen und dem ständigen Summen von Insekten.

»Na toll«, meinte der Blaue Elf bitter. »Eine Umgebung, die noch unangenehmer ist als die letzte, auch wenn ich auf einen Stapel Zauberbücher gewettet hätte, dass so etwas unmöglich ist. Hier ist es wie in einem verdammten Backofen. Ich fühle wirklich, wie meine Haut sich bräunt. Sind das Moskitos?«

»Wahrscheinlich«, erwiderte ich.

»Mist.« Der Blaue Elf sah zum dunkler werdenden Himmel auf. »Warum ich, Herr? Warum ich? War ich so schlecht in meiner letzten Inkarnation? Was habe ich getan? Habe ich etwa Hundebabys zu Tode getreten?«

»Du würdest auch im Paradies etwas finden, um dich zu beschweren«, sagte ich amüsiert.

Er schnaubte laut. »Die würden mich doch ums Verrecken gar nicht erst reinlassen.« Er sah sich anklagend um. »Ja, großartig, ein anderer Ort, auf den ich nicht vorbereitet bin. Ich bin kein Naturbursche. Wenn ich könnte, würde ich sogar jemanden bezahlen, der das alles für mich macht. Hat irgendjemand eine Idee, wo zum Teufel wir jetzt wieder sein könnten?«