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Wir saßen also um das Feuer und tranken Tee aus einem Sortiment nicht zueinander passender Becher. Auf meinem stand Der Welt bestes Arschloch. Während wir Wasser für eine zweite Tasse kochten, holte Honey ein großes Messer hervor und verschwand in der Dunkelheit. Ihr weißer Overall erschien in der Dunkelheit hier und da wie ein Geist, der sich nicht entscheiden konnte, ob er Form annehmen sollte oder nicht. Man hörte Krachen und Rascheln, ein lautes Platschen und dann kam Honey triumphierend mit einem großen, toten Biber wieder, den sie gefangen und am Flussufer getötet hatte. Sie häutete und bereitete das Vieh mit professioneller Geschicklichkeit zu und schon bald hing Fleisch auf angespitzten Stöcken über dem Feuer. Es roch tatsächlich ziemlich gut. Ein Biber für fünf Leute war zwar nicht viel, und der Geschmack war eher interessant, aber wir hatten alle Hunger und keiner lehnte ab. Walker aß seinen Teil mit großer Begeisterung und leckte sich doch tatsächlich das Fett von den Fingern, als er fertig war. Der Blaue Elf schmunzelte.

»Tu's nicht«, sagte Honey streng. »Ich habe bereits alle Witze über Biber und an was und wo sie gerne herumknabbern, gehört. Außerdem habe ich eine Knarre, und ich werde sie benutzen.«

»Hört doch mal all die Geräusche im Wald«, versuchte ich, taktvoll das Thema zu wechseln. »Als ob sich alle Lebewesen da draußen töten, auffressen und gegenseitig ducken. Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Und möglicherweise gleichzeitig.«

»So klingt die Wildnis eben, Stadtjunge«, sagte Honey.

»Sie sollten mal hören, wie die Nightside klingt«, meinte Walker. »Wo sich die wirklich Wilden gegenseitig übers Ohr hauen. Wir haben die besten Nachtklubs, die großartigsten Shows, nicht enden wollende Musik, man kann tanzen, bis einem die Füße bluten, und Aschenputtel kommt nie nach Hause.«

»Wissen Sie, Walker«, sagte der Blaue Elf. »Ich finde Sie ausgesprochen unheimlich.«

»Danke«, erwiderte Walker.

Wir saßen um das Feuer und die Nacht verging langsam. Wenn das überhaupt möglich war, wurde es noch dunkler. Die Hitze des Tages hatte sich verflüchtigt, und schließlich saßen wir alle so nah bei den Flammen, wie wir konnten. Das flackernde Licht des Feuers bemalte unsere Gesichter mit ständig sich ändernden Schatten und suggerierte manchmal sogar unerwartete Enthüllungen über unseren Charakter. Hin und wieder hörten wir etwas Großes und Schweres durch den Wald krachen, aber nichts betrat je den Lichtkreis des Feuers. Am Anfang zuckten wir noch bei jedem Geräusch zusammen, aber nichts geschah, und nach einer Weile kümmerten wir uns nicht mehr darum. Es war kalt, wir waren müde und wir konnten auch nicht ständig Tee trinken. Schließlich rührte sich der Blaue Elf, als würde ihm seine Position unbequem.

»Ich muss wirklich mal austreten«, jammerte er.

»Danke, dass du uns das mitteilst«, sagte ich. »Geh runter zum Fluss. Dazu ist der da.«

»Aber da ist es dunkel! Da sind … Viecher. Sehr hungrige Viecher, die sich in der Finsternis verstecken. Ich will nicht alleine gehen.«

»Na, ich werde dich nicht bei der Hand nehmen«, sagte Peter. »Oder bei irgendwas anderem, wenn wir schon dabei sind.«

»Nur Mut, kleiner Soldat«, sagte Honey.

»Wovor hast du denn Angst?«, fragte ich. »Du trägst doch einen Torques, oder nicht?«

Er sah mich bitterböse an, krabbelte auf die Beine und schlurfte in die Dunkelheit. Wir konnten seine Taten anhand der gedämpften Flüche und des gelegentlichen Krachens gegen diejenigen Bäume hören, die ihm nicht schnell genug auswichen. Schließlich war ein entferntes Plätschern zu hören.

»Er hat den Fluss gefunden«, meinte Walker feierlich.

»Oh, gut!«, erwiderte Honey.

»Wenn der Sasquatch von Feuer angelockt würde, dann glaube ich, wäre er schon aufgetaucht«, sagte ich.

»Geduld«, sagte Honey. »Bei der Jagd geht es um Geduld. Und natürlich darum, mit einer richtig großen Knarre Viechern den Kopf abzuschießen.«

»Kein Wunder, dass du bei der CIA gelandet bist«, sagte Peter.

Walker zog eine Grimasse. »Vielleicht sollten wir im Voraus entscheiden, was wir mit dem Sasquatch tun werden, wenn er sich dazu herablässt zu erscheinen. Ihn mit Peters Handykamera aufnehmen?«

»Ich würde ihn echt gern erschießen«, sagte Honey. »Und ihn ausstopfen und aufstellen. Ich habe in meiner Wohnung genau den richtigen Platz dafür. Oder ich benutze ihn als Fellteppich.«

»Das wäre vielleicht in Ordnung, wenn es sich einfach um eine unbekannte Affenform handelte«, sagte ich diplomatisch. »Aber was, wenn er sich als ein Neandertaler oder eine Art Missing Link herausstellt? Vielleicht sogar als der Letzte seiner Art?«

»Was würden Sie tun, wenn es sich als halb menschlich herausstellt?«, fragte Walker. »Es einem Zoo übergeben oder ihm eine Wählerstimme geben? Nein, Eddie, Sie hatten die richtige Idee mit Nessie. Es wäre eine Sünde, so eine Kreatur auszurotten, aber auf der anderen Seite ist es wesentlich besser dran, wenn man es allein lässt. Es muss nicht zu einer Zielscheibe für Jäger und Zoologen werden. Wir werden es fotografieren und dann wieder sich selbst überlassen, in der ihm vertrauten Wildnis.«

»Richtig«, sagte ich. »Das hier ist seine Heimat. Wir sind hier die Eindringlinge.«

»Du sentimentales Weichei, du«, meinte Honey. »Wie konnte jemand wie du jemals ein aktiver Drood- Agent werden?«

Ich sah sie böse an. »Ich habe den Mitleidstest für die CIA nicht bestanden. Sie fanden nämlich, ich hätte welches.«

»Kinder, Kinder«, murmelte Walker. »Wir sollten die mögliche Bedrohung, die wir für die Kreatur darstellen, nicht zu leicht nehmen. Es gab bereits Hinweise auf gewalttätiges Benehmen. Er wird vielleicht nicht stillstehen und für die Kamera posieren wollen. Eine bestimmte Vorsicht ist ratsam.«

Ich dachte an den Revolvercolt, der sich unter meiner Jacke verbarg. Die Waffe, die nie ihr Ziel verfehlte und niemals alle Kugeln verschoss. Als was auch immer sich der Sasquatch herausstellte, ich war sicher, dass ich ihn mit dem Colt würde niederschießen können, wenn es sein musste. Um mich oder die anderen zu beschützen. Aber ich wollte es gar nicht töten. Wir waren hier, um Informationen zu sammeln, keine Trophäen. Also sagte ich den anderen nichts von der Waffe.

Wir alle hörten jetzt, dass der Blaue Elf vom Fluss zurückkam. Er fand seinen Weg eher durch Entschlossenheit als durch Können. Er platzte in den Lichtkreis des Feuers, wartete einen Moment, bis er wieder ruhiger atmete, und plumpste dann schwer neben mir nieder. Seine Hände zitterten leicht, als er sie in Richtung der Flammen streckte.

»Ich hoffe, du hast nicht vergessen, sie danach zu waschen«, bemerkte ich.

Er lächelte kurz. »Du würdest nicht glauben, wie viele Tiere da draußen nicht die leiseste Ahnung vom Konzept ›Privatsphäre‹ haben. Ich konnte ihre Augen überall um mich herum in der Dunkelheit glühen sehen. Und ich konnte noch nie, wenn irgendjemand zusah.«

»Du hättest nicht so viel Tee trinken sollen«, bemerkte Honey.

»Trotzdem, als ich … mit meinen Händen beschäftigt war, konnte ich etwas nachdenken«, sagte der Blaue Elf und ignorierte Honey demonstrativ. »Und ich glaube, ich bin in der Lage, den Sasquatch aufzuspüren und zu lokalisieren.«

Wir alle setzten uns auf und sahen ihn an. Er lächelte triumphierend und froh, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen.

»Es ist Teil der elbischen Natur, sich der Dinge, die aus dem Rahmen des Natürlichen fallen, bewusst zu sein«, sagte er. »Alles Magische zu spüren; die unnatürlichen Kreaturen dieser langweiligen, materialistischen Welt. Ihre Natur ruft nach unserer, wie eine beinahe ausgestorbene Art eine andere. Meine Reichweite ist etwas begrenzter, weil ich nur ein Halbelb bin, aber trotzdem. Wenn der Sasquatch uns irgendwie nahe kommt, dann sollte ich das beinahe sofort wissen.«