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Wie sich herausstellte, war die Fabrik von allen möglichen Sicherheitsvorrichtungen umgeben, wissenschaftlich wie magisch. Mehr als man von jedem Unternehmen hätte erwarten sollen. Es war ein hässlicher Ort: grobe Steinmauern, elektrische Zäune und mehr herumschwirrende Flüche, als man mit einem Voodoo-Amulett hätte bekämpfen können. Ich konnte aber ziemlich leicht reinschlüpfen und zur Fabrik gelangen. Manchmal denke ich, das ist das Beste an dem Job - in den Schatten rumschleichen, an Orten sein, an denen man nicht sein sollte, und Leute beobachten, die davon nichts wissen. Ich hätte eine Voyeurin werden sollen, wie meine Mama das wollte.

Die Gerüchte entsprachen größtenteils der Wahrheit. Das ganze Personal war tot, aber sie waren keine Zombies. Es waren Zusammengesetzte, Frankenstein-Kreaturen, einzelne Teile, die man zusammengenäht hatte, um neue Menschen zu machen und alle hatten deutliche Lobotomie-Narben auf der Stirn. Personal, das man einfach kontrollieren konnte, das niemals ermüdete und nicht bezahlt werden musste.

Ich habe ein Büro gefunden und die Akten durchsucht. Die verschiedenen Körperteile stammten von hingerichteten Gefangenen und Dissidenten; politische Opposition, Künstler, Homosexuelle. Das Übliche eben. Alle, mit denen das derzeitige Regime nicht einverstanden war. Heimlich hingerichtet und dann wieder zum Leben erweckt, um auf ewig für den Staat zu arbeiten. Ich wollte das nicht dulden. Also zerstörte ich alle Computer, versteckte Sprengstoff an den wichtigsten Stellen und fackelte den ganzen Laden ab. Ich wartete draußen und erschoss jeden, der den Flammen entkam. Akkuratesse ist immer wichtig. Ich nehme an, ich hätte ein paar Leute verhören sollen, um Details darüber zu erfahren, wie sie das gemacht hatten. Aber schon allein der Anblick dieser armen Kreaturen auf dem Boden der Fabrik, lebendig und auch wieder nicht, für immer zum Leiden verdammt - nein. Nicht, solange ich etwas daran ändern kann.«

»Eine schöne Geschichte«, sagte ich, nachdem klar war, dass Honey fertig war. »Aber mit ein paar Lücken darin. Wenn du schon eine Geschichte erzählst, Honey, dann solltest du auch alles erzählen.«

»Ach ja?« Honeys Stimme war gelassen, aber ihre Augen waren kalt. »Ich war mir nicht bewusst, dass die Droods überhaupt etwas von dieser Mission wussten.«

»Haben wir auch nicht«, meinte ich. »Aber es braucht keinen Raketenwissenschaftler, um rauszukriegen, warum du nach Kuba geschickt worden bist. Zombie-Sklavenarbeit ist nichts Neues. Einige Staaten benutzen Zombies seit Jahrhunderten. Aber diese wiedererweckten Toten verbrauchen sich schnell und fallen auseinander, egal, wie viel Konservierungsmittel man in sie hineinpumpt. Und sie brauchen eine Menge Aufsicht. Aber Zusammengesetzte, das ist neu. Wissenschaft auf Messers Schneide ist das, besonders, wenn man auch computergesteuerte Implantate in die unterworfenen Gehirne einpflanzt. Ich glaube, eine ganze Menge amerikanischer Industrieller wüssten liebend gerne, wie man das macht. Keine Gewerkschaften mehr, keine Notwendigkeit mehr, sich auf illegale Aliens verlassen zu müssen - und kein weiteres Gerede hinter dem Rücken. Deine Befehle waren wohl ziemlich klar: rausfinden, ob die Gerüchte wahr sind und wenn ja, wie das gemacht wurde. Dann die Details stehlen und zurückbringen. Aber du konntest das nicht über dich bringen, Honey, oder? Nicht nachdem du gesehen hattest, welches Leid dahinter steckt. Also hast du die Befehle missachtet. Und das Richtige getan. Du schnulzige, sentimentale Idealistin, du.«

Honey lächelte bezaubernd. »Sagt es nicht meinen Vorgesetzten. Sie glauben, die Kubaner hätten lieber ihre Fabrik in die Luft gejagt, als sich ihre Geheimnisse stehlen zu lassen.«

»Uns kannst du vertrauen«, sagte der Blaue Elf.

»Das hätte sowieso nie funktioniert«, sagte Peter. »Der Widerstand der Öffentlichkeit gegen diese Idee ist zu groß.«

»Nicht, wenn es niemand weiß«, sagte Walker. »Ich habe sogar schon Schlimmeres in der Nightside gesehen.«

Wir warteten ab, aber er hatte nichts mehr zu sagen. Also erzählte Peter seine Geschichte.

»Meine Arbeit als Industriespion ist eigentlich ziemlich langweilig und alltäglich. Ich höre zu und beobachte, verbringe Stunden vor einem Computer, um nach Mustern oder Trends zu suchen, die nötig sind, deine Gegner in dem Moment zu übervorteilen, in dem sie dich übers Ohr hauen. Und immer bist du auf der Suche nach jemand Nützlichem auf der anderen Seite, der mit der richtigen Motivation vielleicht überläuft. Früher hing alles von Bestechung ab, vom Fallenstellen und von Erpressung, aber heutzutage muss alles legal und sauber sein. Langweilig, aber ich habe ein paar … ungewöhnliche Fälle gesehen. Vielleicht liegt's an meinem Familiennamen.

Ich habe immer versucht, meine Verwandtschaft mit dem Autonomen Agenten herunterzuspielen; teilweise, weil ich allen beweisen wollte, dass ich es alleine schaffe, aber meist, weil ich den alten Bastard nicht leiden kann. Aber die Leute reden trotzdem.

Ich wurde also angeheuert, um eine neue Firma zu untersuchen, die sich auf das verzwickte Feld der genmanipulierten Lebensmittel spezialisiert hatte. Die öffentliche Meinung ist größtenteils gegen genmanipulierte Pflanzen und Tiere, besonders seit die Boulevardpresse den Begriff ›Frankenfood‹ geprägt hat. Es ist der Öffentlichkeit nur sehr schwer zu verkaufen, aber die Firma, die es schafft, das Image zu knacken, könnte Unmengen an Geld scheffeln. Dieses neue Unternehmen schien an nichts besonders Neuem oder Aufregendem zu arbeiten, aber Gerüchte besagten, dass sie auf einigen Gebieten, auf denen andere Firmen versagt hatten, Erfolge erzielten. Also wurde ich geschickt, strenggeheim, um mich mal etwas umzusehen.

Ich brauchte beinahe einen Monat, um mich in das Vertrauen der entscheidenden Leute zu schleichen. Aber Leute, die etwas wirklich Großartiges erreicht haben, wollen immer unbedingt mit jemandem darüber reden, und mit wem könnten sie das besser als mit ihrem besten Freund? Es stellte sich heraus, dass die genetische Manipulation nicht die Lebensmittel betraf; sie war an den Arbeitskräften vorgenommen worden. Sie selbst waren hergestellt, gezüchtet worden. Direkt in den unteren Etagen der Fabrik. Deshalb hat mich Honeys Geschichte so an diese erinnert. Gezüchtete menschliche Klone, mit einem zusätzlichen X-Faktor. Aliengene, um genau zu sein, auf dem schwarzen Markt gekauft. Man kann alles dieser Tage kaufen, wenn man weiß, wo man suchen muss.

Diese Mensch-Alien-Hybriden sahen auf den ersten Blick ziemlich normal aus - aber ihr Verstand war schärfer, schneller und sie konnten dich von allem überzeugen. Von allem. Da war etwas an ihren Stimmen, oder vielleicht waren es auch Pheromone oder Telepathie. Ich habe nie herausgefunden, was genau es war. Aber diese Leute waren wirklich fähig, Kühlschränke an Eskimos oder einem Politiker Moral zu verkaufen. Sie konnten einen die Meinung ändern lassen oder das Geschlecht oder die Religion, einfach so. Sie bereiteten sich auf eine wirklich große Verkaufskampagne vor, um ihr neues Produkt auf den Markt zu werfen. Ein billiger und leckerer Snack, der vollgestopft war mit Spuren von Alien-DNA. Und weil man das ist, was man isst …

Wer weiß schon, was heutzutage wirklich in unseren Lebensmitteln steckt.

Wie unsere entzückende Freundin von der CIA war ich nicht mit dem Ganzen einverstanden und habe die Fabrik mit Mann und Maus in die Luft gejagt. Ganz besonders meine neuen besten Freunde waren dabei; ihre Selbstzufriedenheit mit ihren Plänen war unerträglich. Eine Schande, aber man kann eben kein Omelett machen, ohne eine ganze Menge Eier zu zerschlagen. Ich habe es aussehen lassen wie einen Unfall, bei dem ich selbst nur mit dem nackten Leben davonkam. Und mit genug Computerdateien, um meine Auftraggeber davon zu überzeugen, dass es nichts gab, was zu verfolgen sich lohnte. Wirklich, eine Schande. Ich hätte für die echten Unterlagen einen wirklich guten Bonus bekommen.«