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Nicht zuletzt aus folgendem Grund: Ich war nicht sicher, ob wir dann alle in der Lage wären, wieder aufzustehen. Wirkliche Kälte ist konstant und unerbittlich, und sie tötet einen Zentimeter für Zentimeter, wenn man nicht aufpasst.

Nach einer Weile bemerkte ich, dass Honey ein wenig aufgeholt hatte, um neben mir herzutrotten. Ich hob meinen Kopf ein wenig, um sie anzusehen. Honeys kaffeefarbene Haut war vor Kälte grau geworden, und ihre Augen hatten einen erschöpften, verletzten Blick.

»Warum trägst du nicht deine Rüstung?«, fragte sie mich plötzlich. »Dann würde dir die Kälte nichts ausmachen.«

»Ich habe mich entschieden, das nicht zu tun«, sagte ich. Meine Lippen waren so taub, dass ich jedes Wort sorgfältig und konzentriert formen musste. »Weil … wir als Team zusammenarbeiten müssen. Zusammen arbeiten, zusammen etwas erreichen. Als Gleiche, die einander respektieren. Weil wenn wir ein Team sind … werden wir vielleicht aufhören, einander zu töten.«

»Du hast nicht eine Minute geglaubt, dass Katts oder Blues Tod Unfälle waren, oder?«

»Nein. Du?«

»Natürlich nicht. Ich bin bei der CIA. Wir werden darauf gedrillt, in jeder Situation und bei jedem Plan das Schlimmste anzunehmen. Und du hast den Autonomen Agenten gehört. Nur einer von uns kann zurückkehren und den Preis einstreichen. Einander zu töten ist ab einem bestimmten Punkt unvermeidlich.«

»Töten ist niemals unvermeidlich«, sagte ich grob. »Ich bin ein Agent und kein Killer.«

Honey warf mir einen bedeutungsvollen Blick unter ihren eisverklebten Augenwimpern zu. »Glaubst du wirklich, dass du diese Gruppe davon abhalten kannst, einander an die Kehle zu gehen?«

»Klar. Ich bin ein Drood. Ich kann alles. Ich habe das auch schriftlich, irgendwo.«

»Du könntest deine Rüstung anlegen«, meinte Honey. »Und in die Stadt vorlaufen und Hilfe holen.«

»Keiner kann sagen, wie lang das wohl dauert. Oder wie viele von euch noch am Leben wären, wenn ich wiederkäme.«

»Du kannst nicht für uns alle sorgen.«

»Das wirst du ja sehen.«

Sie kicherte kurz. »Du bist ein guter Mann, Eddie Drood. Aber wie du jemals ein aktiver Agent werden konntest, liegt jenseits meiner Vorstellungskraft.«

»Ich habe den Prüfer bestochen.«

Wir gingen weiter, kämpften um jeden Schritt und jeden Atemzug und zwangen unsere langsam absterbenden Körper durch den toten Wald. Ich verlor mein Zeitgefühl. Die Sonne schien immer über uns zu sein, die Schatten bewegten sich nicht, und ein Teil des Waldes sah aus wie der andere. Keine besonderen Landmarken, nichts, das man anpeilen konnte. Nichts, was anzeigte, dass wir weitergekommen waren. Wir standen alle dicht vor dem Zusammenbruch. Das letzte bisschen unserer gesammelten Kraft verbrauchte sich und nur Willenskraft und brutale Sturheit hielten uns aufrecht. Keiner beklagte sich, fluchte oder bat um Hilfe. Wir waren immerhin Profis.

Ja, ich hätte aufrüsten können. Weitergehen und sie zurücklassen können. Aber ich konnte das nicht tun. Einer hatte in dieser Gruppe ein Vorbild zu sein und unglücklicherweise sah es aus, als müsse ich das sein. Wenn man bedachte, wie viel Ärger ich immer mit Autoritäten gehabt hatte, war es schon erstaunlich, wie oft ich mich selbst als eine wiederfand. Manchmal denke ich, das ganze Universum wird von Ironie angetrieben.

Und dann, lange nachdem ich den Punkt erreicht hatte, an dem ich es einfach nicht mehr aushielt und nicht mehr weiterkonnte und trotzdem weiterging, blieben die Bäume zurück. Ich blieb stolpernd an der Kante eines langen und sanften Abhangs stehen, der hinunter zu einer Stadt mitten auf einer weit offenen Ebene führte. Es gab nicht viel zu sehen. Nur hohe Steinmauern, die grobe und funktionale Gebäude umgaben. Nicht sehr viel größer als eine mittlere Stadt, wirklich mit nur einer Straße, die hinein- oder hinausführte. Es hätte überall sein können, überall. Kein Verkehr auf der Straße, keine Anzeichen von Leben. War es möglich, dass wir den ganzen Weg gekommen waren, über totes Land hinweg, nur um eine Geisterstadt zu erreichen?

Es spielte keine Rolle. Es war Obdach. Und in der Stimmung, in der ich war, hätte ich den ganzen Ort niedergebrannt, nur um ein Feuer zu machen.

Die anderen drängten sich neben mir zusammen und sahen auf die Stadt auf der Ebene hinunter, zu kalt und taub und zu erschöpft, um selbst die offensichtlichsten Fragen zu stellen. Ich begann, den sanften Abhang herunterzugehen. Es ergab keinen Sinn, zu streiten. Wir hätten nirgendwo sonst hingehen können.

Wir folgten der einzigen Straße, die auf das Haupttor zuführte, das tief in die hohe Mauer eingelassen war. Das Ziegelwerk war vom Wetter stark angegriffen, aber es stand dennoch fest und stark, was mehr war, als man vom massiven Haupttor hätte sagen können. Irgendetwas hatte das Tor aus seinen Angeln gerissen und es auf den formlosen, kalten Boden außerhalb der Mauer geworfen. Das hätte gestern oder auch vor Jahren gewesen sein können; es gab keine Möglichkeit, das herauszufinden. Innerhalb der immens hohen Mauern lag die Stadt still, offen und völlig schweigend da. Die Straßen waren verlassen, ohne Zeichen von Leben in einem der Gebäude und ohne einen Laut irgendwo, der von Menschen oder Maschinen hätte stammen können. Eine kurze kyrillische Inschrift war tief in den Stein über dem Portal eingraviert.

»Kyrillisch!«, sagte Walker. »Wir sind in Russland! Kann jemand zufällig kyrillisch lesen?«

»Ich kann's«, sagte Honey.

»Na klar kannst du«, erwiderte ich. »Man sollte seinen Feind kennen. Also, was steht da?«

»Wahrscheinlich Ihr, die ihr eintretet, lasst alle Hoffnung fahren«, grummelte Peter.

»Naja«, sagte Honey und versuchte, ihre halb eingefrorene Stirn zu runzeln. »Ich kann zumindest einen Buchstaben und zwei Zahlen lesen: X25.«

»Oh, scheiße«, sagte ich.

»Das klingt irgendwie immer besonders schlimm, wenn er das sagt«, meinte Walker. »Was ist los, Eddie? Müssen wir annehmen, dass du diesen Ort kennst?«

»Wenn es irgendwie möglich wäre, woanders hinzugehen, würde ich das tun«, sagte ich. »So schnell ich kann. Ich kenne den Ruf dieser Stadt. Ich weiß, was sie ist und wozu sie da war. Und wir sollten nicht hier sein.«

»Ich will nach Hause«, sagte Peter kläglich.

»Russland«, sagte Honey nachdenklich. »Ich habe Kontakte hier. Wenn ich nur eine funktionierende Kommstation finden könnte … Was ist denn so schlimm an diesem Ort, Eddie?«

»Das ist eine von den alten, geheimen Wissenschaftsstädten der Sowjets«, sagte ich. »Eine, die vor Jahren verlassen wurde. X25 heißt, dass wir uns im Tunguska-Territorium befinden, in Nordsibirien.«

»Warte mal«, sagte Peter. »Tunguska wie in ›Tunguska-Ereignis von 1908‹? Dann sind wir deswegen hier!«

»Das hoffe ich«, sagte ich. »In X25 gab es auch ein Geheimnis, aber ich glaube wirklich nicht, dass ich wissen will, was das ist. X25 war ein schlimmer Ort, an dem schlimme Dinge passiert sind und vielleicht immer noch passieren.«

»Zumindest bietet sie Obdach und die Möglichkeit warmer Kleidung und Nahrung«, sagte Walker. »Eines nach dem anderen.«

Und so wurden wir die ersten Menschen, die seit Jahren X25 betraten. Lämmer auf der Schlachtbank. Wir gingen die leeren Straßen auf der Suche nach einem passenden Laden entlang, in den man einbrechen konnte. Um unsere Gedanken von der Kälte und die anderen von zu vielen Fragen über X25 fürs Erste abzuhalten, zog ich meine Ein-Drood-ist-die-Quelle-allen-Wissens-Show ab und klärte sie über das auf, was ich über das große Tunguska-Ereignis wusste.