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Die Grenzstadt, die einst als Pormi bekannt gewesen war und nun Neu-Ulmgarn hieß, befand sich in einem Prozeß völliger Umgestaltung. Heldonische Pioniere hatten die elenden Hütten und Schuppen der borgravischen Stadt vollständig eingeebnet und nach den Plänen berufener Architekten neue Straßen abgesteckt, die Betonfahrbahnen erhielten und ein fantasievolles Gittermuster mit einer Serie von diagonalen Alleen bildeten, die von großen runden Plätzen ausstrahlten. Zahlreiche Neubauten waren im Entstehen. Die öffentlichen Gebäude wurden aus schwarzem Naturstein oder rosageädertem Marmor errichtet, von klassischer Formvollendung und eindrucksvollen Dimensionen, ausgeschmückt mit bronzenen Fliesen und heroischen Statuen, in welchen das Thema der Kontinuität zwischen den Helden der Vergangenheit und den größeren Helden des Hakenkreuzes vorherrschte. Die Wohnund Geschäftshäuser sollten aus glasierten Ziegeln in verschiedenen Abtönungen und vorzugsweise in Fachwerkkonstruktion mit kunstvoll geschnitztem Balkenwerk errichtet werden. Neu-Ulmgarn wurde bereits von mehreren hundert Kolonisten bewohnt. Diese säumten gemeinsam mit den Trupps der Bauarbeiter die Straßen der halbfertigen Modellstadt, schwenkten kleine Hakenkreuzwimpel aus Papier, jubelten, hoben ihre Arme zum Parteigruß und riefen immer wieder »Heil Jaggar!«, als Ferics Wagen vorüberrollte.

Feric lächelte erfreut, als er aufrecht im Fond des offenen Wagens stand und die Begrüßung erwiderte. Nachdem er gerade von einer triumphalen Rundfahrt durch das Westland zurückgekehrt war, der neuen Provinz, die noch vor einem Monat Vetonia gewesen war, war er sehr genau über den günstigen Kriegsverlauf im Bilde. Die Heeresgruppen Süd und Nord hatten sich drei Wochen nach dem Beginn des Feldzugs vereinigt, eine volle Woche vor dem planmäßigen Termin, hatten die vetonische Armee innerhalb von drei Tagen zerschmettert und dann die Hauptstadt Barthag mit Waffings neuentwickelten Lenkraketen vollständig zerstört. Dies hatte den vollständigen Zusammenbruch Vetonias zur Folge gehabt, dessen Bewohner daraufhin in hellen Scharen in die südlichen Wildnisse oder nach Husak geflohen waren. Gegenwärtig führte Waffing die vereinigten Heeresgruppen gegen Kolchak, die Hauptstadt Husaks, mit deren Fall in wenigen Tagen gerechnet wurde. Mit der Zerstörung Kolchaks würde der Krieg seinen erfolgreichen Abschluß gefunden haben, und alles, was zu tun bliebe, würde die Reinigung der eroberten Länder und ihre Besiedelung mit wahren Menschen sein.

Und hier erblickte er den unwiderleglichen Beweis der Energie, des Fleißes und der Ordnungsliebe, mit denen die heldonischen Volksgenossen, angeleitet von der SS, erobertes Land reinigen und für die Eingliederung in das Staatsgebiet von Heldon bereitmachen konnten.

Als der Konvoi weiterfuhr und offenes Land erreichte, wandte Remler sich mit einem Ausdruck leichter Unsicherheit und Sorge zu Feric. »Mein Führer«, sagte er, »ich habe mir die Freiheit genommen, dem Fahrer Anweisung zu geben, daß er uns in ein nahegelegenes Registrierungslager fährt. Wir haben ein kleines Problem, das Ihrer persönlichen Entscheidung bedarf, und ich denke, Sie sollten ein borgravisches Lager sehen, bevor Sie handeln.«

Feric nickte ein wenig abwesend, denn seine Gedanken waren noch mit dem Fleiß und dem Einfallsreichtum der Helder beschäftigt, die auch hier auf dem Lande deutlich in Erscheinung traten. Die Straßendecke war jetzt harter grauer Beton anstelle des borgravischen Schlammes und Staubes. Da und dort zierten schmucke Bauerngehöfte in stilvoller und widerstandsfähiger heldonischer Holzbauweise die Landschaft, und Siedler bearbeiteten den neugewonnenen Boden. Ferics Konvoi folgte der neu ausgebauten Landstraße mehr als dreißig Kilometer weit durch eine Landschaft, die schon jetzt mehr wie ein Teil Heldons als ein solcher Borgravias wirkte.

In der Tat war von den früheren bastardisierten Bewohnern Borgravias nichts zu sehen, bis der Konvoi sich einem der großen Registrierungslager näherte, die überall in der Provinz Süd-Ulmland errichtet worden waren, sorgfältig abgesondert von den Zentren menschlicher Besiedelung.

Dieses Lager, typisch für diejenigen, die innerhalb kürzester Frist in den besetzten Gebieten errichtet worden waren, hatte eine bei weitem größere Ausdehnung als die nach gleichen Gesichtspunkten angelegten heldonischen Überprüfungslager, denn man hatte es hier mit anderen Größenordnungen zu tun. Allein in diesem Lager waren annähernd hunderttausend Borgravier zusammengefaßt. Sie bewohnten eine ausgedehnte, in Blocks unterteilte und von Straßen durchzogene Barackenstadt, die von einem elektrifizierten Stacheldrahtzaun ganz umgeben war.

Als der Fahrer des Kommandowagens vor dem hohen Zaun hielt, bot sich Feric ein Anblick, wie er ihn abstoßender kaum jemals zu Gesicht bekommen hatte. Hinter dem Stacheldraht zusammengepfercht war eine scheinbar unübersehbare Menge grotesker Kreaturen, die jeder übelkeiterregenden Beschreibung spotteten. Tausende von Papageiengesichtern klapperten mit ihren schnabelartig deformierten Kiefern. Bucklige Zwerge von jeder Spielart eilten gleich Herden von Monsterkrabben umher. Langarme mit verkümmerten Beinen bewegten sich wie Affen auf allen vieren durch das Gedränge. Es gab keine Hautfarbe, keine Deformation oder Hautkrankheit, die nicht vertreten war. Spitzköpfe standen Schulter an Schulter mit abscheulichen Krötenmenschen. Damit nicht genug, waren überall Kot, Abfälle und Schmutz sichtbar, und ein unbeschreiblicher Gestank hing über dem Lager.

»Ich wollte Sie zuerst mit der Realität des Problems vertraut machen, mein Führer«, sagte Remler. »Wir haben alle Borgravier zusammengetrieben, und die SS hat sich der Aufgabe, sie in den Lagern zusammenzufassen, ohne weiteres gewachsen gezeigt. Außerdem bereitet die Auslese kaum Schwierigkeiten; selbst ein Blinder hätte keine Mühe, das wahre menschliche Erbgut von dem genetischen Abfall zu unterscheiden, so lange er fühlen und riechen kann. Aber was sollen wir mit all diesen schmutzigen Mutanten und Bastarden anfangen? Allein in den borgravischen Lagern halten wir einige Millionen von ihnen fest, und in den anderen eroberten Provinzen ist die Situation nicht besser.«

Jenseits des Stacheldrahts stocherten Papageiengesichter, Blauhüte, Krötenmenschen und alle Arten von anderen Monstrositäten mit den Fingern in Unrat und Dung, um eßbare Brokken zu finden, die sie gierig in den Mund schoben. Feric kämpfte mit aufsteigender Übelkeit.

»Es ist offensichtlich, daß sie alle sterilisiert und dann in die unbewohnten Ödländer und Wildnisse exiliert werden müssen«, sagte er.

»Aber mein Führer, was soll Millionen der armen Teufel daran hindern, einfach zu ihren früheren Wohnsitzen zurückzuwandern? Sie haben gesehen, welche Wunder wir hier gewirkt haben; in ein paar Monaten wird dieses Land nicht mehr von den übrigen Provinzen Heldons zu unterscheiden sein. Wie aber soll das bewerkstelligt werden, wenn Scharen verarmter Mutanten vagabundierend das Land durchziehen?«

Es ließ sich nicht leugnen, daß Remler hier einen wesentlichen Punkt angesprochen hatte. Welch ein Gegensatz zwischen der zivilisierten Atmosphäre von Neu-Ulmgarn und der umgebenden Landschaft auf der einen Seite und dem verwahrlosten heruntergekommenen Zustand, in dem dieselbe Gegend sich befunden hatte, als das hinter dem Stacheldraht gefangene Geschmeiß sie bevölkerte, auf der anderen Seite! Wie sollte es möglich sein, Helder zur Besiedelung der neuen Provinzen zu finden, wenn sie an jeder Ecke mit dem widerwärtigen Anblick degenerierten Ungeziefers konfrontiert würden?

»Vielleicht würde es besser sein, die Kreaturen für die Dauer ihrer Lebensspannen in den Lagern festzuhalten«, sagte Feric, als ein stumpf blickender Krötenmann keine zehn Schritte vom Wagen entfernt die Hosen herunterließ und ungeniert defäkierte.