»Tod den Dominatoren!« rief Best.
»Auf den Endsieg!«
»Es lebe Heldon!« rief Bogel.
»Auf unseren glorreichen Führer Feric Jaggar!« brüllte Waffing, den Bierkrug in die Höhe hebend. Die anderen Großkommandeure stießen mit ihm an; alle riefen »Heil Jaggar!« und schütteten das Bier in sich hinein.
Feric aber fühlte sich von einer wilden Freude überkommen, die alle Zweifel hinwegspülte; nichts war so geeignet, einen Menschen oder ein Volk über sich selbst hinauswachsen zu lassen, wie ein Kampf um Leben und Tod. Er hob seinen Bierkrug und brachte einen weiteren Toast aus: »Auf die Kraft der Evolution! Auf Blut und Eisen und den totalen Sieg des Tüchtigsten!«
Angeführt von Waffing, brachen die Großkommandeure in spontane Hochrufe aus und zerschmetterten ihre Bierkrüge an der Wand.
Für Feric gab es nicht den geringsten Zweifel, daß der blitzartige Zugriff auf die großen Ölfelder im Südosten von Zind der Schlüssel zum Sieg war. Solange diese reichen Ölfelder in den Händen des Gegners blieben, würde die mächtige, hochmechanisierte Armee von Heldon innerhalb eines Monats uneingeschränkter Kriegführung aus Kraftstoffmangel liegenbleiben, während die frühzeitige Eroberung der Ölfelder Heldon befähigen würde, die Streitkräfte von Zind mit massivem Einsatz von Panzern und Flugzeugen zu zermalmen.
Unglücklicherweise mußte diese Situation den Doms ebenso offensichtlich sein wie jedem anderen. Daher blieb Feric kein anderer Weg offen als die Vortäuschung eines mit aller Kraft geführten Vorstoßes durch das nördliche Zind gegen die Hauptstadt Bora; wenn die Dominatoren überzeugt waren, daß die heldonische Strategie auf raschem Kriegsentscheid durch Überrollen des nördlichen Kernlandes von Zind und Einnahme der Hauptstadt beruhte, würden sie geneigt sein, die Hauptmasse ihrer Streitkräfte in einem Versuch, Bora zu schützen, im Norden zu binden. Eine zweite Heeresgruppe aus schnellen Panzerund motorisierten Infanterieverbänden, unterstützt von den ersten Geschwadern der neuen Düsenmaschinen, könnte dann aus Neu-Ulmland nach Südosten vorstoßen und die Ölfelder erobern, ehe Zind eine wirksame Reaktion möglich sein würde.
Der Schlüssel zum Erfolg dieser Strategie lag in der Glaubwürdigkeit des heldonischen Vorstoßes auf Bora in den Augen der Doms; darum würde dieser ein Großangriff der Hauptmacht der Armee gegen das eigentliche Bollwerk des Feindes sein müssen. Schwere Verluste, Kämpfe von unglaublicher Erbitterung und harter Widerstand waren gewiß. Unter diesen Umständen würde eine spektakuläre Schaustellung von fanatischem Heroismus seitens der heldonischen Streitkräfte sicherlich erforderlich sein. Schon aus diesem Grund war Feric sich darüber im klaren, daß er selbst diesen großangelegten Scheinangriff würde führen müssen, während Wafflng die Eroberung der Ölfelder überlassen bliebe. Seine auffällige Anwesenheit in der vordersten Front der auf Bora vordringenden Heeresgruppe würde ein übriges tun, um der Operation in den Augen der Herren von Zind das letzte Maß von Glaubwürdigkeit zu verleihen.
So ergab es sich, daß Feric, als das erste Licht des Morgens den Himmel über dem welligen Hügelland des östlichen Heldon zu erhellen begann, erwartungsvoll angespannt neben Best in seinem Befehlspanzer an der Spitze der größten Armee saß, die Heldon je ins Feld geführt hatte. Zweihundert Kilometer weiter nördlich überquerten zwei heldonische Panzerdivisionen zu dieser Stunde den Roul auf Pontonbrücken in der Nähe von Lumb. Diese verhältnismäßig kleine Streitmacht war um Hunderte von leeren Armeelastwagen zum Truppentransport verstärkt, um den Anschein einer viel größeren Armee zu erwecken; inzwischen würden die Doms überzeugt sein, daß der heldonische Hauptstoß durch Wolack erfolgen würde, und ihre Truppen nach Westen schicken, um dem Angriff zu begegnen. Indem sie den wirklichen Angriff zweihundert Kilometer weiter südlich durch den Rumpfstaat Malax führte, würde die heldonische Heeresgruppe daher in der Lage sein, den feindlichen Streitkräften hundertfünfzig oder mehr Kilometer tiefer in Zind selbst in die offene Südflanke zu fallen. Feric hoffte, daß dieses Täuschungsmanöver in einem Täuschungsmanöver seiner Strategie noch mehr Glaubwürdigkeit verleihen würde, während es gleichzeitig die Möglichkeit bot, den Krieg mit einem feinen Vorspiel und einer betäubenden Niederlage für Zind zu eröffnen.
»Zwei Minuten bis zur Stunde X, mein Führer!« sagte Best. Feric nickte und blickte auf zum offenen Turmluk des Befehlspanzers, hinter dem eine Armee aufmarschiert war, die sicherlich selbst den Alten Furcht und Schrecken eingeflößt haben würde.
Siebenhundert schnelle Panzer — die meisten von ihnen ausgerüstet mit den neuen Flammenwerfern — bildeten die eherne Spitze der Heeresgruppe. Sie wurde gefolgt und flankiert von zwei motorisierten SS-Divisionen mit bewaffneten Schützenpanzern und Spähwagen, denen drei Divisionen motorisierter Infanterie folgten. Vervollständigt wurde diese ganz motorisierte Vorhut der Heeresgruppe von zehn Batterien Artillerie auf Selbstfahrlafetten. Eine starke Luftflotte, die von sicheren Feldflugplätzen in Heldon operierte, würde beim ersten Zeichen ernsthaften Widerstandes die Luft mit stählernen Schwingen füllen. Der Rest der Heeresgruppe bestand aus einer Viertelmillion Soldaten verschiedener Waffengattungen, die den Angriffsspitzen auf breiter Front folgten, bereit, wenn nötig, in die Kämpfe einzugreifen und im übrigen beschäftigt mit der Säuberung und Sicherung des Hinterlandes. Feric hatte der Truppe befohlen, alle Gebäude, die nicht für eigene Zwecke benötigt wurden, dem Erdboden gleichzumachen und nichts am Leben zu lassen. Alles, was Zind war, sollte buchstäblich vom Angesicht der Erde getilgt werden!
»Eine Minute, mein Führer«, sagte Best, und in diesem Moment schob sich der bronzefarbene Rand der Sonne über den dunstigen Osthorizont, überhauchte die Zirruswolken mit rosigen und orangefarbenen Tönen und verlieh der grauen Einförmigkeit des Hügellandes plötzlich Farben, Tiefe und Struktur. Feric schloß das Turmluk, schnallte sich an, schaltete das Funkgerät ein und gab den Befehl zum Starten der Motoren. Das dumpfe Aufbrüllen Hunderter anspringender Panzermotoren ging unter im heulenden Donner immer neuer Wellen von Jagdbombern, die im Tiefflug über die Panzerspitzen hinwegrasten, dem Sonnenaufgang entgegen.
Best nickte Feric zu.
»Vorwärts!« rief Feric.
Best kuppelte ein, und mit einem mächtigen Ruck setzte sich der Befehlspanzer in Bewegung, um rasch Geschwindigkeit aufzunehmen. Die Erde erzitterte unter dem Gewicht der Panzermassen, die hinter und neben ihm vorwärtsbrausten. Weit im Osten stiegen auf breiter Front Fontänen roter Flammen und dicken schwarzen Rauches auf, als die Jagdbomber den kümmerlichen Grenzbefestigungen von Malax den Garaus machten. Erst mehrere Sekunden später war das anhaltende Rumpeln und Grollen des Bombardements durch den Lärm der Panzerketten, Motoren und Antriebsräder zu vernehmen.
Die Flugzeuge kreisten weiter über den zerbombten Stellungen, als Feric seine Panzertruppe über sanfte Bodenwellen und Senken vorwärtsführte, eine graubraune Staubwolke aufwirbelnd, die Hunderte von Metern in den Himmel stieg. So rasselte und dröhnte eine wahre Lawine von Männern und Stahl zur Grenze; es schien Feric, als rollte sie geradewegs auf eine Wand von Rauchwolken zu, die von den jähen Explosionsblitzen der Bombeneinschläge durchzuckt wurde.
Als die Panzerspitze noch etwa einen Kilometer von diesem schrecklichen Inferno entfernt war, drehten die Jagdbomber ab, und wieder war der Donner ihrer Triebwerke bis in die Bäuche der Panzer zu hören, als Staffel um Staffel nach Westen zurückflog, ihrer Bombenlast ledig.
Wenige Minuten später führte Feric seine Streitmacht über die Grenze von Malax und in eine unwirkliche Landschaft der Zerstörung.
»So mochte den Alten die Oberfläche des Mondes erschienen sein«, flüsterte Best.