Eine flüchtige Untersuchung der kommerziellen Science Fantasy scheint diese Annahme zu stützen. Der Held mit dem magischen Schwert ist ein übliches, praktisch allgegenwärtiges Merkmal der sogenannten Schwert-und-Zauberei-Romane. Solche Bücher werden nach einer simplen Formel geschrieben, wonach diese übermaskuline Heldengestalt mit Hilfe seiner ungewöhnlich wirksamen Waffe, mit der er eine offensichtliche phallische Identifikation hat, große Hindernisse überwindet, um seinen unausweichlichen Triumph zu erlangen. Hitler war jahrzehntelang im Mikrokosmos der Science-Fiction-Fanklubs und Magazine zu Hause, und nicht wenige solcher Fantasien wurden in seiner eigenen Fan-Zeitschrift ›Storm‹ besprochen. Daher ist die Annahme erlaubt, daß er mit dem Genre absolut vertraut war; mehr noch, in zwei oder drei seiner früheren Romane bediente er sich selbst des Schwert-und-Zauberei-Motivs.
Herr des Hakenkreuzes ist zumindest schematisch ein typischer Schundroman der Schwert-und-Zauberei-Machart. Der Held (Jaggar) empfängt die phallische Waffe als ein Symbol seiner rechtmäßigen Vorherrschaft und kämpft sich dann triumphierend durch eine Reihe von blutigen Schlachten zum endgültigen Sieg. Abgesehen von der politischen Allegorie und den mehr spezialisierten Pathologien, auf die ich später zurückkommen werde, ist es vor allem die besessene Folgerichtigkeit und Intensität des phallischen Symbolismus, die Herr des Hakenkreuzes von einer Menge ähnlicher Science-Fantasy-Romane unterscheidet. Dies führt zu dem Schluß, daß Hitler die Ursachen der Beliebtheit des Schwert-und-Zauberei-Genres studierte und ganz bewußt den pathologischen Anreiz seines eigenen Buches über das gewöhnliche Maß hinaus erhöhte, indem er den phallischen Symbolismus bis zur krassen Aufdringlichkeit verstärkte. Dies würde Herr des Hakenkreuzes zu einer zynischen Ausbeutung verbreiteter sexualpathologischer Defekte machen, die in diesem Genre übrigens ganz alltäglich ist, wenngleich von einer derart gründlichen Natur, daß ihre Kraft weit über diejenige seiner schüchternen Vorbilder hinausgeht.
Ich glaube jedoch, daß diese Theorie sich sowohl durch Indizien innerhalb des Romans und durch die Natur des Science-Fiction-Genres selbst widerlegen läßt.
Zum einen liefert Herr des Hakenkreuzes überreichlich Hinweise auf eine geistige Verwirrung des Autors, die nichts mit der Frage des phallischen Symbolismus zu tun haben. Der Fetischismus, der den ganzen Roman durchdringt, konnte kaum bewußt ausgedacht worden sein, um dem durchschnittlichen ungebildeten Leser zu gefallen. Im ganzen Buch wird Uniformen eine das Maß von Besessenheit erreichende Aufmerksamkeit zuteil, insbesondere den anliegenden schwarzen Lederuniformen der SS. Die häufigen Verbindungen der vielfach wiederkehrenden Beschreibungen von ›fleckenlosem schwarzem Leder‹, ›blitzendem Chrom‹, ›eisenbeschlagenen Stiefeln‹ und ähnlichen Kleidungsund Schmuckstücken mit phallischen Gesten wie dem Parteigruß, Hackenknallen, Parademarsch und dergleichen, sind klare Hinweise auf einen unbewußten Fetischismus besonders morbider Sorte, der kaum geeignet ist, auf andere als gründlich gestörte Persönlichkeiten einen Reiz auszuüben.
Tatsächlich scheint Hitler in dem Buch anzunehmen, daß Massen von Männern in fetischistischen Uniformen, die diszipliniert in militärischem Schaugepränge marschieren und phallische Gesten und entsprechendes Zubehör zur Schau stellen, eine mächtige Wirkung auf einfache Menschen haben. Feric Jaggar kommt in Heldon durch nicht viel mehr als eine groteske Serie zunehmend grandioser phallischer Schaustellungen zur Macht. Dies ist unzweifelhaft phallischer Fetischismus von seiten des Autors, weil der Alternativschluß die Annahme der lächerlichen Vorstellung bedingen würde, daß eine ganze Nation sich auf der Basis von Massenschaustellungen von öffentlichem Fetischismus, Orgien eines krassen phallischen Symbolismus und Massenaufmärschen mit Fackelschein und fanatischen Reden einem Führer zu Füßen werfen würde. Es liegt auf der Hand, daß eine derartige nationale Massenpsychose in der realen Welt niemals geschehen könnte; Hitlers Annahme, daß sie nicht nur geschehen könnte, sondern ein Ausdruck des sogenannten rassischen Willens sein würde, beweist, daß er selbst an einer solchen Krankheit litt.
Über den Fetischismus hinaus zeigt der Roman innere Unvereinbarkeiten selbst nach den äußerst großzügigen Maßstäben der kommerziellen Science Fiction, die sichere Hinweise darauf sind, daß des Autors Kontakt mit der Wirklichkeit sich mehr und mehr lockerte, als er beim Schreiben eines Romans, der zweifellos als eine weitere kommerzielle Brotarbeit begonnen worden war, von seiner eigenen Besessenheit überwältigt wurde.
Der Roman hebt in einer Welt an, wo die höchste Technologie von der Dampfmaschine verkörpert wird, und schreitet in einer lächerlich kurzen Spanne fiktiver Zeit über Fernsehen, Maschinengewehre, moderne Panzer, Düsenmaschinen, künstlich gezüchtete Menschen bis zur interstellaren Raumfahrt voran. Hitler unternimmt keinen Versuch, etwas davon zu rechtfertigen oder zu erläutern; es ist Wunscherfüllung vom Anfang bis zum Ende. Zugegeben, ungerechtfertigte, ungereimte oder widersinnige Wunscherfüllungsfantasien sind in der schlechten ScienceFiction-Literatur weit verbreitet, aber kaum in diesem lächerlich offensichtlichen Ausmaß. Hitler scheint anzunehmen, daß die bloße Existenz eines Helden wie Feric Jaggar ausreicht, um diese Quantensprünge in Wissenschaft und Technologie hervorzurufen. Nimmt man eine enge Identifikation des Autors mit einem Helden dieser Art als gegeben an, dann handelt es sich hier um ein Symptom des gröbsten Narzißmus.
Vielleicht noch pathologischer sind Hitlers sekretorische und fäkale Besessenheiten. ›Faulige Gerüche‹, ›Pestilenz‹, ›Eiter‹, ›stinkende Misthaufen‹, übelriechende Senkgruben‹ und dergleichen sind in dem Buch überaus häufig. Immer wieder zeigt Hitler seine krankhafte Furcht vor Körpersekreten und Stoffwechselprozessen. Immerfort beschreibt er die verhaßten Krieger von Zind als ›sabbernd‹, ›defäkierend‹, ›urinierend‹ und so weiter. Ungeheuer sind mit Schleim bedeckt, der die Vorstellung von Nasenschleim erweckt. Die Kräfte des Bösen werden in Begriffen von schädlichen Ausscheidungen, Schmutz, üblen Gerüchen und Entstellungen beschrieben, während die Kräfte des Guten ›makellos‹, ›glänzend‹ und ›diszipliniert‹ sind. Ihre Personen und Ausrüstungsgegenstände haben schimmernde Oberflächen, die zu sterilem Glanz poliert sind. Die analen Bezüge dieser Dichotomie sollten selbst dem Laien einleuchtend sein.
Die Gewalt in dem Roman grenzt ans Psychotische. Hitler beschreibt die gräßlichsten Gemetzel, als fände er sie nicht nur attraktiv, sondern meine sogar, daß seine Leser davon in gleicher Weise fasziniert wären. Es besteht kein Zweifel, daß die Behandlung der Gewalt in Herr des Hakenkreuzes dem Buch einen besonderen morbiden Reiz hinzufügt. Hier wird dem Leser mit etwas aufgewartet, wenn das das richtige Wort ist, was in der gesamten Literatur einzigartig sein mag: die gräßlichsten, perversesten und abscheulichsten Gewalttaten, geschildert von einem Schriftsteller, der offenbar beabsichtigt, solche entsetzlichen Spektakel als erbaulich, erhebend und sogar als Ausdruck von edler Denkart vorzustellen. Selbst ein De Sade ging nicht so weit, denn seine Schrecken sind schlimmstenfalls als sexueller Kitzel gemeint, während Hitler Massenvernichtung, rücksichtsloses Abschlachten, übelkeiterregende Exzesse von Gewalt und Völkermord mit frommer Selbstgerechtigkeit, Tugend und Ehre gleichsetzt und darüber hinaus schreibt, als erwarte er nichts anderes, als daß der durchschnittliche Leser seinen Standpunkt als selbstverständliche Wahrheit teile. Sicherlich liegt darin der entscheidende Beweis, daß die Kraft des Buches nicht im Können des Autors liegt, sondern in den ungezügelten pathologischen Fantasien, die er unbedenklich in Druck gegeben hat.