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Skar lächelte böse. »Solange es Männer wie Euch gibt, Gondered, fürchte ich mich nicht vor Quorrl.«

Gondereds Hand schloß sich um den Schwertgriff unter seinem Mantel. Der Stoff bewegte sich raschelnd, und Skar sah, daß Gondered darunter ein glitzerndes Panzerhemd trug. Auch die letzte Spur von Freundlichkeit verschwand aus Gondereds Gesicht. »Das braucht Ihr auch nicht, Bert«, sagte er dumpf. Er fuhr mit einer abrupten Bewegung herum, entfernte sich ein paar Schritte und begann seine Leute anzubrüllen und zur Eile anzutreiben. Skar und Andred sahen schweigend zu, wie die Thbarg das Schiff untersuchten. Es war alles andere als ein flüchtiger Blick, wie Gondered angekündigt hatte. Sie brauchten weniger als eine halbe Stunde, aber es mußten an die hundert Mann sein, die nach und nach auf das Deck der SHANTAR herunterstiegen, unter Deck gingen und jeden Winkel und jede Ecke durchstöberten. Skar spürte, wie sich die Stimmung unter den Freiseglern mehr und mehr zuspitzte. Es war nicht viel, was er über das Volk der Freisegler wußte - er war den Männern während der letzten vierzehn Tage aus dem Weg gegangen, soweit dies in einer so beengten Umgebung wie einem Schiff möglich war; und sie ihm auch -, aber der Stolz dieser seefahrenden Händler war überall auf Enwor zur Genüge bekannt. Es gehörte nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, was jetzt hinter den scheinbar unbewegten Gesichtern der Männer vorging, und er sah mehr als eine Hand, die mit einer unbewußten Geste nach Säbel, Tau oder Enterhaken tastete. Im stillen bewunderte er die Disziplin, die Andreds Männer an den Tag legten. Gondereds Verhalten war mehr als eine bloße Provokation. Es war eine Demütigung, wie sie schlimmer kaum sein konnte, und zugleich eine ebenso überhebliche wie unnötige Demonstration von Stärke. Skar beobachtete den Thbarg genau - Gondered wirkte nur äußerlich gelassen und ruhig. Seine Freundlichkeit war nur eine dünne, nicht einmal besonders sorgsam aufgetragene Tünche, und dem Blick seiner dunklen, stechenden Augen schien nicht die winzigste Kleinigkeit zu entgehen. Skar war sicher, daß Gondered die gereizte Stimmung unter den Freiseglern ebenso deutlich bemerkte wie er. Gondered genoß die Situation sichtlich. Wahrscheinlich, überlegte Skar, wartete er nur darauf, seine Stärke und die Feuerkraft seines Seglers demonstrieren zu können.

Aber der gefährliche Moment ging vorbei, und schließlich zogen sich Gondereds Männer so schnell und unauffällig, wie sie gekommen waren, wieder zurück. Auch der Thbarg und seine beiden Begleiter wandten sich zum Gehen, blieben jedoch kurz vor Erreichen der Laufplanke noch einmal stehen.

»Ihr könnt weitersegeln, Andred«, sagte Gondered kalt. »Der Wind steht günstig, und wenn Eure Ruderer kräftig auslegen, dann erreicht Ihr Anchor noch vor Sonnenuntergang.« Er nickte, lächelte wieder sein dünnes, humorloses Lächeln und wandte sich noch einmal an Skar. »Auch wir segeln nach Anchor, Bert«, sagte er. »Ihr könnt den Rest der Reise auf unserem Schiff verbringen, wenn Ihr wollt. Ihr gewinnt einen halben Tag.«

Skar schüttelte den Kopf. »Es lohnt sich nicht mehr«, entgegnete er. »Mein Gepäck müßte umgeladen werden, und ich will Euch nicht länger von der Jagd auf Quorrl abhalten als nötig ist. Danke für das Angebot.«

Gondered zuckte die Achseln. »Wie Ihr wollt. Ich denke, wir sehen uns noch. In Anchor. Guten Wind, Kapitän.«

»Guten Wind«, erwiderte Andred steif. Mit unbewegtem Gesicht sah er zu, wie Gondered und seine drei Begleiter an Bord des Kaperseglers zurückkehrten und die Laufplanke eingezogen wurde. Ein tiefes, mahlendes Stöhnen ging durch den Rumpf des größeren Schiffes. Der Bug mit dem messerscharfen Rammsporn drehte sich ein wenig von der SHANTAR weg auf die entfernte Küste zu, die Segel wurden gesetzt, und das Schiff nahm wieder Fahrt auf. Andred starrte ihm länger als eine Minute nach, fuhr dann mit einer abrupten Bewegung herum und maß Skar mit einem undeutbaren Blick. »Ich glaube, Ihr seid mir eine Erklärung schuldig, Satai?« sagte er kalt.

Skar nickte. »Ich -«

Andred unterbrauch ihn mit einer hastigen Handbewegung. »Nicht hier«, sagte er. »In meiner Kabine. Ihr könnt schon hinuntergehen. Ich habe hier noch zu tun, komme aber gleich nach.« Er nickte, ging ohne ein weiteres Wort an Skar vorbei und begann seinen Männern Kommandos und Befehle zuzurufen.

Skar blieb noch einen Moment an der Reling stehen, ehe er sich ebenfalls umdrehte und langsam zum Achteraufbau der SHANTAR ging. Er hatte gespürt, wieviel Mühe es Andred gekostet hatte, ihn zumindest höflich zu behandeln - es war kein Zufall, daß der Freisegler nach fast zwei Wochen vom vertraulichen Du wieder zum reservierten Ihr zurückgekehrt war, und eigentlich kam es Skar jetzt erst richtig zu Bewußtsein, daß Andred vielleicht nicht nur seine Freiheit, sondern sein Leben und sein Schiff riskiert hatte, als er ihn deckte.

Er erreichte die Tür, blieb noch einmal stehen und sah dem rasch kleiner werdenden Kapersegler nach. Der Thbarg hatte volle Segel gesetzt und jagte mit großer Geschwindigkeit nach Norden, wie die SHANTAR der Küste folgend, jedoch näher; wahrscheinlich nahe genug, daß man von Deck aus noch das Geschehen auf den Küstenfelsen verfolgen konnte und gleichzeitig durch den gewaltigen schwarzen Schauen der Basaltklippen vor einer Entdeckung von See aus geschützt war. Skar konnte Gondered ein gewisses Maß an Anerkennung nicht versagen. In seinen Augen war der Thbarg nichts als eine Ratte, doch eine intelligente, gefährliche Ratte. Aber im Grunde hätte ihn diese Entwicklung nicht überraschen dürfen. Es war genau dieser Typ Mann, den Vela in ihre Dienste nehmen würde.

Mit einem entschlossenen Kopfschütteln vertrieb er den Gedanken, drehte sich herum und trat durch die Tür. Andreds Kabine lag am Ende eines langen, fensterlosen Ganges ganz im Heck des Schiffes. Es war der einzige Raum an Bord, der die Bezeichnung Kabine wirklich verdiente - auch er war klein, kaum fünf mal zehn Schritte messend, aber die Decke war wenigstens hoch genug, daß man stehen konnte, ohne sich ständig den Schädel anzustoßen, und durch die vier großen, aus farbigem Glas bestehenden Luken an der Rückseite drang genügend Sonnenlicht herein, um dem Raum wenigstens etwas von seiner Kerkeratmosphäre zu nehmen.

Skar schloß die Tür hinter sich, streifte seinen Umhang ab und warf ihn achtlos in eine Ecke. Gondereds Männer waren auch hier gewesen - einige der Bücher auf dem schmalen, mit einer silbernen Kette gesicherten Regal neben der Tür waren umgeworfen und nur achtlos wieder aufgestellt worden, und die Tür des Wandschranks stand einen Spaltbreit offen. Skar trat besorgt an die niedrige, metallbeschlagene Seekiste des Freiseglers heran und ließ sich davor in die Hocke sinken. Das Haar, das er in eines der Scharniere geklemmt hatte, war noch da.

Skar atmete innerlich auf. Er war sicher, daß die Thbarg auch seine Kabine durchsucht hatten, vielleicht gründlicher als jeden anderen Raum an Bord. Im nachhinein beglückwünschte er sich zu dem Entschluß, Andred gleich zu Beginn der Reise sein Tschekal und das schmale Satai-Stirnband in Verwahrung gegeben zu haben.

Als er sich wieder aufrichtete, wurde die Tür geöffnet, und Andred betrat den Raum. Er blieb einen Herzschlag lang stehen, sah zuerst Skar, dann die Seekiste an und ging schließlich mit übertrieben eiligen Schritten zu seinem Tisch. »Setz dich, Satai«, sagte er knapp, nachdem er selbst hinter dem wuchtigen, mit kostbaren Schnitzereien verzierten Schreibtisch Platz genommen hatte. Skar zog sich einen der niedrigen dreibeinigen Schemel heran, ließ sich darauf nieder und sah Andred an. Der Freisegler hatte seinen Regenmantel abgelegt und wirkte jetzt noch schmaler, als er ohnehin war. Seine Finger spielten nervös mit einer zusammengerollten Karte. Aber er hielt Skars Blick gelassen stand.

Skar begann sich allmählich unwohl zu fühlen. Ihm wäre wohler gewesen, wenn Andred ihm Vorhaltungen gemacht oder wenigstens irgend etwas gesagt hätte.