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Mork fuhr auf. »Es ist genug, Satai«, zischte er. »Du brauchst mir nicht die Worte in den Mund zu legen, die ich zu sagen habe. Ich weiß sehr wohl, was ich meine. Und du auch!«

Die letzten Worte hatte er geschrien. Skar blickte über den Felsen, aber die Drachen unten in der Höhle rührten sich nicht. »Sei leise, bei allen Göttern!« antwortete er scharf. »Und überlege erst einmal - Legis war nicht eine Sekunde allein. Was hätte sie schon tun können, das wir nicht bemerkt hätten?«

Mork wischte seinen Einwand mit einer unwilligen Geste beiseite. »Hexenwerk!« fauchte er leiser, aber keineswegs ruhig. »Sie ist eine Hexe, Satai! Sie hat sie umgebracht!«

Skar bewegte sich ein wenig. Seine Hand glitt unauffällig zum Gürtel und legte sich auf den Schwertgriff. Mork war am Ende seiner Selbstbeherrschung angelangt. Seine Hände zitterten. »Du hast uns verraten, Hexe«, keuchte er. »Und auch wir wären tot, wenn ich nicht darauf bestanden hätte, dich zu begleiten.« Legis schüttelte verwirrt den Kopf. »Das ... das ist nicht wahr, Mork«, sagte sie schleppend. »Ich weiß nicht, was den Männern ...« Sie brach plötzlich ab, und in ihren Augen glomm ein erschrockener Funke auf. Ihr Blick suchte den Skars.

»Du lügst!« brüllte Mork. Mit einer Bewegung, die zu schnell war, als daß Skar sie noch hätte verhindern können, warf er sich auf die Errish und riß sie hoch. Legis schrie, schlug dem Quorrl die geballten Fäuste ins Gesicht und trat um sich. Mork spürte es nicht einmal.

»Laß sie los!« schrie Skar. Er sprang ebenfalls auf, packte die Hände des Quorrl und versuchte seinen Griff zu sprengen. Es war unmöglich. Mork drückte mit der ganzen gewaltigen Kraft seiner Muskeln zu. Legis' Schreie wurden zu einem krächzenden Stöhnen. Ihre Rippen knackten hörbar. Noch wenige Sekunden, und der Quorrl würde ihr den Brustkorb eingedrückt haben.

Skar sprang zurück, riß sein Schwert aus dem Gürtel und schlug mit der flachen Seite der Klinge zu. Der Stahl traf Morks Handgelenk mit erbarmungsloser Wucht. Der Quorrl brüllte, mehr vor Wut als Schmerz, ließ die Errish los und wich zwei, drei Schritte zurück. Sein Blick sprühte vor Haß.

Während Legis mit einem qualvollen Wimmern in die Knie brach, zog der Quorrl seine eigene Waffe aus der Scheide und nahm eine gebückte, sprungbereite Kampfhaltung ein. »Du also auch«, grollte er. »Ihr habt das geplant, nicht? Du hast mit ihr gemeinsame Sache gemacht!«

»Sei vernünftig«, antwortete Skar. »Ich verstehe -«

»Nichts verstehst du«, unterbrach ihn Mork. »Aber ich verstehe jetzt, Satai. Ihr habt das von Anfang an geplant, du und diese Hexe. Aber wenn ich schon sterbe, dann gemeinsam mit euch.« Er sprang vor, mit einer Geschmeidigkeit, die Skar diesem Koloß niemals zugetraut hätte. Sein Schwert hackte nach Skars Kopf, verfehlte ihn um Millimeter und schlug Funken aus dem Fels. Skar drehte sich blitzschnell zur Seite, ließ den Quorrl über sein ausgestrecktes Bein stolpern und schlug ihm den Schwertknauf in den Rücken. Mork schrie, taumelte, von seinem eigenen ungestümen Schwung getragen, noch einige Schritte weiter und brach in die Knie.

Aber auch Skar war gestürzt. Der Ansturm des Giganten hatte ihn zu Boden geschleudert. Sein Bein war taub, und als er sich aufraffte, konnte er nur mit Mühe einen Schmerzenslaut unterdrücken. Einen zweiten Angriff dieser Art würde er nicht überleben. Mork war kein normaler Gegner. Skars Erfahrung aus unzähligen Arenakämpfen nutzte ihm hier nicht viel. Der Quorrl war eine lebende Kampfmaschine, ein Gebirge aus Fleisch und Muskeln, gegen das Skars ausgefeilte Kampftechnik beinahe nutzlos war. »Hör auf, Mork«, sagte er keuchend. »Ich will dich nicht töten.« Aber er würde es müssen. Mork war kein Gegner, den er kampfunfähig machen konnte. Wenn Mork das nächste Mal angriff, würde einer von ihnen sterben.

»Hör auf«, sagte Skar noch einmal.

Mork knurrte, wechselte das Schwert blitzschnell von der rechten in die linke Hand und stürmte mit gesenktem Schädel heran. Skar wartete, bis der Quorrl ganz knapp vor ihm war, federte blitzschnell hoch und setzte mit einem halben Salto über den Schuppenkrieger hinweg. Sein Schwert beschrieb eine komplizierte Bahn, traf Mork mit der ganzen gewaltigen Wucht des Sprunges und trennte ihm den Kopf von den Schultern. Der Quorrl stürmte noch ein paar Schritte weiter, brach langsam und beinahe widerwillig in die Knie und sackte dann wie eine haltlose Gliederpuppe in sich zusammen.

Skar ließ schweratmend sein Schwert sinken. In seinen Ohren rauschte das Blut, und hinter seiner Stirn wurde ein hysterisches, lautloses Lachen laut. Ein Gefühl des Irrsinns schoß aus seiner Seele empor und überflutete seine Gedanken.

Erst als ihn Legis an der Schulter berührte, klärten sich seine Gedanken wieder. Er sah auf, blickte in ihr bleiches, erschrockenes Gesicht und wollte etwas sagen. Aber seine Kehle war zugeschnürt, so daß er nur ein unartikuliertes Stöhnen hervorbrachte. »Du hattest keine andere Wahl, Skar«, sagte Legis sanft. Sie schien seine Gedanken zu erraten. »Er war nicht mehr bei Sinnen. Er hätte uns beide getötet, wenn du nicht ihn getötet hättest.« Vielleicht wäre es besser gewesen, dachte Skar. Aber er sagte nichts.

»Wir müssen weiter«, fuhr Legis fort. »Der Aufgang ist dort drüben. Komm jetzt.« Sie deutete in die Dunkelheit vor sich und setzte sich in Bewegung. Skar folgte ihr.

Als sie die Deckung der Felsen verließen, glaubte Skar einen schwarzen, zottigen Schatten hinter sich zu erkennen.

23.

Der Aufgang, von dem Legis gesprochen hatte, war eine steile, kaum zwei Fuß breite Treppe, die an der Außenseite eines der mächtigen Stützpfeiler emporführte. Sie brauchten fast eine Stunde, bis sie sie erreichten. Legis führte ihn auf einem scheinbar sinnlosen Zickzack-Kurs durch die Höhle, jede Deckung und jedes Versteck, das sich ihnen unterwegs bot, ausnutzend. Zwei- oder dreimal kam eine der gewaltigen Raubechsen in ihre Nähe, aber sie hatten Glück - vielleicht war auch der Errish doch noch mehr von ihrer einstigen Macht geblieben, als sie bisher zugegeben hatte, und sie lenkte die Tiere ab; Skar schien es ein paarmal, als rede sie mit den Bestien, während sie stumm und wie in Trance dastand und aus weit geöffneten, starren Augen in die Dunkelheit hineinblickte. Er fragte nicht danach, und auch Legis sprach kaum ein Wort, ehe sie die Treppe erreichten.

Legis keuchte vor Erschöpfung, als sie neben dem gewaltigen Granitpfeiler anlangten. Mit einem erleichterten Seufzer ließ sie sich gegen den rauhen Stein sinken, hob die Hände und fuhr sich erschöpft durch das Gesicht. Ihre Haut glänzte vor Schweiß, obwohl es hier unten bitter kalt war.

»Wie geht es ... weiter?« fragte Skar stockend. Auch sein Herz raste. Auf dem Weg hierher hatte er eine neue Definition des Wortes Angst kennengelernt. Sein Atem schmeckte bitter. Legis deutete mit einer Kopfbewegung nach oben. »Wir sind direkt unter dem Palast«, sagte sie. »Die Treppe mündet in einen Lagerraum. Er steht leer und ist fast vergessen.«

Wieder hatte Skar das Gefühl, daß in ihren Worten irgendein Fehler war, aber wieder entglitt ihm der Gedanke, bevor er ihn fassen konnte. Sein Blick wanderte die steinerne Säule empor. Sie hatte einen Durchmesser von gut hundert Fuß und strebte senkrecht in die Höhe, um irgendwo über ihnen mit der Decke zu verschmelzen. Und es war nur eine von einem ganzen Wald steinerner Streben, die das Gewicht des Felsens und des Palastes darüber trugen. Die Treppe war roh aus dem Fels herausgemeißelt worden. Es gab kein Geländer - nur den glatten Stein auf der linken und einen bodenlosen Abgrund auf der rechten Seite. Skar wurde es schon fast vom Hinsehen schwindelig.

»Keine Wachen?« fragte er zweifelnd.

Legis verneinte. »Damals jedenfalls nicht«, schränkte sie aber nach einem Moment des Überlegens ein. »Die Männer, die uns gefangennahmen, haben hier unten auf uns gewartet. Aber sie waren froh, wieder von hier verschwinden zu können - wir konnten ein paar ihrer Gespräche belauschen, ehe sie uns wegbrachten. Die Drachen sind wild, und sie reagieren zornig auf die Anwesenheit von Fremden hier unten. Selbst wir gehen nicht oft hierher. Vela wird ihre Männer nicht lange schützen können. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.« Sie lächelte schwach, setzte den Fuß auf die unterste Stufe und blieb noch einmal stehen. »Die Quorrl«, sagte sie. »Wer hat sie getötet? Du weißt es.«