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»Machen wir uns auf den Weg«, sagte sie ergeben und blendete den Scheinwerfer auf, bis er die ganze Breite des Gangs ausleuchtete. »Ich glaube nicht, daß die Moroni diesen Weg benutzt haben, um in den Hangar zu kommen. Sie hätten das Transportband nicht abgeschaltet.«

Sie setzten sich in Bewegung, wobei sie den Schlitten mit der inzwischen neu befestigten Bombe und dem Würfel hinter sich herzogen. Der Gang war so luftleer wie der Hangar, was bedeutete, daß am anderen Ende eine Druckschleuse und ein Magazin für Anzüge und Gerät auf sie wartete. Solange sie sich noch im Vakuum befanden, bedeutete ein Treffer den sofortigen Tod, zumindest eine drastische Einschränkung der Bewegungsfreiheit. Die Druckanzüge hatten an Beinen, Armen und Taille Notfall-Verriegelungen, die den totalen Druckverlust für einige Minuten aufschieben konnten, dabei aber meistens auch die Blutzufuhr abschnitten, und das abgeschnürte Körperteil zu völliger Unbeweglichkeit verdammten.

Das Band vibrierte unter ihren eiligen Schritten, und Charity verfluchte innerlich die Lautlosigkeit des Vakuums. In den Teilen der Basis, die unter Druck standen, würden sie wenigstens einen akustischen Alarm hören können, ganz zu schweigen von dem Lärm, den sie selbst produzierten. Die Moroni waren gründlich, und kleine Taster für Erschütterungen und Licht waren billig und leicht anzubringen. Ihre einzige Chance hatte darin gelegen, daß das Gelände der MacDonald-Basis eigentlich zu groß gewesen war für eine vollständige Absicherung, aber sie hatten wieder einmal vergessen, wie zahlreich die Moroni waren. Beiläufig fragte sie sich, wann sie diese Kanone in dem Hangar montiert hatten und ob sie vielleicht auf den kleinen Trupp gewartet hatte.

»Zu wenig«, murmelte sie.

»Was?« fragte Dubois, die neben ihr ging.

»Es waren zu wenige Moroni im Hangar«, führte Charity aus, »oder zu viele, je nachdem, wie man es sehen möchte.«

»Ich habe keine Moroni gesehen«, warf Skudder ein.

»Ich auch nicht«, stimmte Harris zu. »Ich habe nicht einmal diese Kanone gesehen.«

»Da war eine Lichtanzeige«, entgegnete Skudder.

»Genau«, sagte Charity. »Eine Ladekontrolle. Sobald die Kanone wieder feuerbereit ist, leuchtet sie auf.« Sie versuchte sich zu erinnern, was sie gesehen hatte, bevor die Explosionen sie geblendet hatten. »Ich habe sonst nichts erkennen können«, ergänzte sie nachdenklich.

»Die Salve muß alles in Stücke gerissen haben«, meinte Harris. »Und was die Granaten übriggelassen haben, hat die Wand unter sich begraben.«

»Vielleicht.« Charity wußte, daß ihr Tonfall nicht gerade überzeugt klang. »Wir wissen lediglich, daß da eine Kanone war und daß wir sie getroffen haben. Solche Kanonen sind zu schwer, um sie innerhalb von dreißig Sekunden an einen anderen Standort zu schaffen.«

»Und eine Kanone wird von jemandem bedient«, sagte Skudder.

Das Scheinwerferlicht wurde von einer Wand reflektiert, fünfzig Meter vor ihnen. »Achtung«, sagte Charity und hob die Hand. »Wir gehen besser etwas langsamer.« Die anderen blieben stehen. Einen Moment verharrte die Welt regungslos. Dann setzte sich das Laufband mit einem heftigen Ruck in Bewegung, genau auf die verschlossene Schleusentür zu.

»Hinlegen«, schrie Charity, die ohnehin das Gleichgewicht verloren hatte, und wünschte sich verzweifelt höhere Schwerkraft. Die Scheinwerfer tanzten wild durcheinander und beleuchteten wahllos Stellen an Decke, Boden und Wand an, die sich rasch an ihnen vorbeibewegten. Skudder und Harris wurden in ihren Riemen von den Beinen gerissen, da der Schlitten hinter ihnen zurückblieb. Henderson, der erstaunlicherweise nicht das Gleichgewicht verloren hatte, prallte gegen den Schlitten und hielt sich daran fest. Das Laufband wurde immer schneller, hatte sie schon über die ersten fünf, zehn Meter getragen und beschleunigte immer mehr. Sie waren schon zu nahe an der Schleuse, um das Tor mit panzerbrechenden Granaten aufzusprengen. Der Rückschlag der Explosion hätte sie alle getötet. Charity rollte sich herum und drückte Dubois' Waffe sicherheitshalber zur Seite. Die Dunkelheit vor ihnen teilte sich plötzlich und hellweißes Licht schlug ihnen entgegen, zunächst nur eine dünne Linie, die quälend langsam immer breiter wurde, während sich die Entfernung mit rasender Geschwindigkeit immer mehr verringerte.

Im nächsten Moment wurden sie in eine große Schleusenkammer geschleudert. Charity schützte ihren Helm mit dem linken Arm und preßte die entsicherte Waffe mit dem rechten Arm eng an ihren Körper. Sie rollte hilflos über den glatten Boden, bis eine harte Metallkante gegen ihren Rücken schlug und ihre Bewegung schmerzhaft stoppte. Estevez, die sich irgendwie auf den Beinen hatte halten können, stolperte in den Raum und kam über Dubois zu Fall. Bevor irgendeine von ihnen reagieren konnte, folgten die beiden Männer, die sich verzweifelt an dem Band festgekrallt hatten. Diesmal wirkte sich die Masse des Schlittens in der anderen Richtung aus, und der Schlitten glitt über Skudder und Harris hinweg und zog sie ein Stück mit sich, ehe er gegen die andere Tür der Druckschleuse prallte und dabei Henderson abwarf.

Dabei kippte er eine Halterung um, die vor der inneren Tür gestanden hatte, und ein zylindrischer Behälter sprang aus seiner Befestigung und rollte auf Charity zu, die ihn instinktiv mit der Hand stoppte. Dann sah sie die Aufschrift, riß ihn hoch und schob ihn über den Boden auf den Gang zu, den sie gerade erst verlassen hatte. Estevez die alles mitangesehen hatte, starrte sie mit schreckgeweiteten Augen an.

»Die Tür zu«, schrie sie. »Da drüben, die rote Taste.« Harris war aufgesprungen und blickte in die Richtung, in die sie deutete, dann schlug er mehrmals mit der flachen Hand auf die Taste. Nichts geschah.

»Weg von der Tür«, rief Charity und kam auf die Knie. Harris sah sie verwirrt an, zog sich dann hastig zur Seite, als sie an ihm vorbei auf die innere Schleusentür zielte. Die Explosivgeschosse stanzten acht faustgroße Löcher in den blanken Stahl, und gleich darauf wirbelte Luft in die Kammer und schlug sich sofort in weißem Nebel nieder. Ein gelbrotes Warnlicht links über der Tür drehte sich plötzlich. Im nächsten Moment schlugen die äußeren Türflügel zusammen, als die Notautomatik die Druckschleuse nach außen verriegelte.

»Was war das für ein Ding?« fragte Skudder. Charity ließ die Waffe fallen und griff nach dem Stellrad, mit dem sich die innere Tür von Hand öffnen ließ.

»Das war eine Bombe«, erklärte sie keuchend. »Wenn die Außentür nicht hält, sind wir geliefert.« Sie setzte das Rad in Bewegung. »Hilf mir, los, mach schon.«

Er faßte das Rad und drängte sie unsanft beiseite. Sie machte Platz, nahm ihm den Riemen vom Schlitten ab, während er sich mit aller Kraft an dem Rad zu schaffen machte. Ein Türflügel der Innentür öffnete sich langsam. Weitere Luft strömte ein, diesmal ohne Niederschlag.

»Estevez, Dubois, aufpassen.« Der Adrenalinstoß ließ alle Bewegungen, die in der niedrigen Mondschwerkraft ohnehin verzögert waren, wie in Zeitlupe erscheinen. Sie drängte die beiden Frauen durch die entstandene Öffnung, überließ es ihnen, sich um eventuelle Schwierigkeiten auf der anderen Seite zu kümmern. Dann traf sie ein furchtbarer Schlag in den Rücken, und da die Schleusenkammer inzwischen auf Normaldruck war, konnten sie die Explosion auch hören. Der Boden bäumte sich unter ihren Füßen auf. Sie stolperte gegen den Türflügel, der sich nicht bewegt hatte, und der ausgezackte Rand eines der Einschußlöcher zerriß ihren Schutzanzug an der Schulter, ein Unfall, der sie vor wenigen Sekunden noch das Leben gekostet hätte.

Charity fand das Gleichgewicht wieder und drehte sich hastig um. Die schwere Außentür war plötzlich ausgebeult; sie wölbte sich jetzt in die Kammer hinein, und der Rahmen, in dem die beiden Türflügel aufgehängt waren, wies Risse auf, aber die Tür hatte gehalten.

»Wir haben Glück gehabt«, sagte sie und schob den völlig verwirrten Skudder aus der Schleusenkammer. »Irgend jemand hat aus einer Wasserstoff-Druckflasche und einer Granate eine niedliche kleine Bombe gebastelt, die hier in der Schleuse auf uns gewartet hat.« Sie half Harris auf die Beine. »Der Schlitten«, sagte sie, nahm ihre Waffe vom Boden, blickte auf und sah zum ersten Mal flüchtig, was hinter der Tür lag. Die Halle war groß, aber recht niedrig. Die Beleuchtung war eingeschaltet. »Als wir hereinkamen, wurde die Bombe scharfgemacht. Die Explosion hätte uns getötet, und die Reste wären in den Gang hinausgeblasen worden oder direkt auf die Mondoberfläche.«