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Sie bugsierten den Schlitten aus der Schleusenkammer. Anschließend zerrte sie Henderson mit sich hinaus. Draußen angekommen, blickte Charity noch einmal auf die lädierten Türflügel der äußeren Schleusentür.

»Die Röhre draußen ist bestimmt zerfetzt worden. Wenn die Tür nicht gehalten hätte ...« Sie hob die Schultern. »Ich bin nur froh, daß ich das Ding gerollt und nicht geworfen habe. Das sind entscheidende Sekunden gewesen.« Sie deutete auf das Bedienungspult, das auf dieser Seite der Tür grüne und rote Lichter zeigte. »Machen Sie die Tür zu, Harris. Für den Fall, daß die Außentür doch noch nachgibt.«

»Die rote Taste, richtig?« Diesmal gehorchte die Tür sofort.

»Das Pult auf der Innenseite ist zerstört worden«, sagte sie grimmig. »Jemand hat die Kabel durchschnitten oder den Computer benutzt.«

»Derselbe jemand, der die Bombe aufgebaut hat«, meinte Skudder.

»Deshalb das hier«, sagte Harris und deutete auf die Löcher in der Innentür, die auf dieser Seite kleiner waren. »Und ich hatte schon gedacht, Sie wollten mich unehrenhaft entlassen.« Skudder gab einen verächtlichen Laut von sich. »Was machen wir mit den Löchern?« fragte er ruhig.

»Flicken«, sagte Charity und öffnete eine Oberschenkeltasche. »Genauso wie meinen Anzug.«

Skudder nahm das kleine Päckchen in die Hand und machte sich an dem fingerlangen Riß an ihrer Schulter zu schaffen, während sich Dubois und Estevez um die Löcher kümmerten.

»Halten die Flicken das aus?« fragte Skudder zweifelnd, als er mit Charitys Anzug fertig war.

»Der Luftdruck wird sie festhalten«, meinte Charity. »Auf der anderen Seite der Tür hätten wir damit keine Chance.« Ihr Blick wanderte über Schränke und Arbeitstische. Druckanzüge hingen in Metallgerüsten von der Decke herab. Die Käfige waren an Schienen aufgehängt und beweglich. Man konnte die verschiedensten Druckanzüge sehen, von leichten Ausführungen aus dünnem Plastik bis hin zu schweren Rüstungen, wie sie die militärischen Bautrupps getragen hatten. Weiter hinten im Schatten standen zwei Kraftverstärker, Ektoskelette aus Stahlgelenken, Motoren und Hydraulik, in denen ein leichter Druckanzug befestigt war, an der Taille aufgeklappt, damit der Träger über eine kleine Leiter von oben hineinsteigen konnte. Sensoren auf dem Druckanzug und vor den Handschuhen übertrugen die Bewegungen und den Kraftaufwand des Trägers an die Motorsteuerung. In Halterungen an den Wänden sah man tragbare Baumaschinen, wie sie von ein oder zwei Leuten bedient werden konnten, Bohrmaschinen und Schneidgeräte, teils mit Klingen, teils mit Laser. Die Wartungshalle sah aus, als sei sie erst vor Momenten verlassen worden. Hinter dem Durcheinander erkannte Charity einen Durchgang.

»Gehen wir«, sagte sie. »Passen Sie auf Ihre Füße auf, Henderson.«

»Wie Sie meinen«, kam die beleidigte Antwort.

»Irgendwo drinnen müssen die Liftanlagen sein.« Charity lachte grimmig. »Und die Laufbänder funktionieren ja anscheinend auch wieder.«

»Was sich in unmittelbarer Zukunft als sehr nützlich erweisen wird«, maulte der Würfel, diesmal nicht über Funk, sondern über seinen Lautsprecher. Da sie alle ihre Helme vorsichtshalber noch geschlossen hatten, klang der Tonfall stark gedämpft. Vermutlich hatte der Computer beinahe gebrüllt. Er hing noch immer auf dem lädierten Transportschlitten fest, der sich inzwischen noch stärker zum Boden neigte. Die Bombe war in der Halterung verrutscht, und mit ein wenig mehr Schlagseite würde das ganze Gebilde umkippen.

»Wie lange hält das Ding noch durch?« fragte Charity besorgt.

»Keine Ahnung«, sagte Harris. »Wenn Sie den Schlitten meinen. Der TACCOM ist ziemlich robust.«

»Ich entspreche der Schutzklasse zwei entsprechend der internationalen Norm ...«

»Ausgabe unterbrechen«, rief Charity.

»Wie Sie wünschen«, antwortete der Würfel verstimmt.

Sie ignorierte ihn und warf einen letzten sorgenvollen Blick auf den Schlitten, der sie stark an ein kenterndes Schiff erinnerte. Er schien an Höhe verloren zu haben, denn die vordere linke Kante hing nur noch zwanzig Zentimeter über dem Boden. Vermutlich war auch der Energiespeicher getroffen worden.

»Gehen wir«, sagte sie noch einmal. »Vielleicht finden wir ja eine Mitfahrgelegenheit für unseren kubischen Freund hier.«

Skudder lachte grimmig. »Oder noch eine Bombe.«

*

Das Schiffswrack schimmerte im Sonnenlicht wie eine deformierte Perle. Jede Schramme, jeder tiefe Riß der mattglänzenden Panzerung warf scharfe Lichtreflexe, und die winzigen Scherben der Panzerglaskuppeln glitzerten und tanzten bei jedem Blickwechsel. Gelegentlich sah es so aus, als wären Tausende von Sternen aus dem dunklen Himmel auf die Mondoberfläche herabgefallen.

Die diskusförmigen Gleiter duckten sich in einer Ringanordnung um das Schiff herum, und ein Teil ihrer Bordkanonen war auf das Wrack gerichtet, als könnte von dem Haufen zerschundenen, geborstenen Metalls noch irgendeine Bedrohung ausgehen. Die Moroni hatten in ihren Fahrzeugen abgewartet, bis die Sonne Kälte und Dunkelheit vertrieben und den Schauplatz in intensives, grelles Licht getaucht hatte, und dabei aufmerksam auf jedes Anzeichen von Bewegung geachtet. Nun setzte jeder der acht gelandeten Gleiter zehn Krieger aus, die sich vorsichtig von allen Seiten dem Wrack näherten. Aus der Entfernung sahen sie aus wie eine Schar Ameisen, die auf die Schale eines toten Käfers zukrabbelten.

Die Krieger trugen keine Druckanzüge, nur enganliegende Atemmasken, die auch die Augen schützten und deren Tanks sie auf dem Rücken trugen. Die Chitin-Panzerung war hart und widerstandsfähig genug, um ihnen einen kurzen Aufenthalt im Vakuum zu gestatten, und alles andere hatte keine Bedeutung für die, die diesen Trupp ausgerüstet hatten. Das Sonnenlicht gab ihnen genug Wärme, um sie vor der tödlichen Kälte zu schützen. Keiner von ihnen konnte jedoch hoffen, diese Mission zu überleben.

Sie erreichten das Wrack und näherten sich mit erhobenen Waffen den Löchern, die in der Hülle klafften. Einige von ihnen gingen hinter Felsen und Trümmerstücken in Deckung, während andere weitermarschierten. Es gab keine Absprachen und keine Handzeichen, jeder von ihnen dachte und handelte gleich, und die Entscheidung, wer in Deckung ging und wer nicht, ergab sich logisch aus der Anordnung der Trümmer und dem Weg, dem sie alle folgten. Dann verschwanden die ersten Ameisen im Schatten und betraten das Wrack, und die, die am weitesten entfernt in Deckung gegangen waren, erhoben sich und folgten ihnen langsam.

Im Inneren des Wracks war die Temperatur erträglich, und statt des blendenden Sonnenlichts erwartete sie Dunkelheit, die angenehme Erinnerungen weckte. Sie benutzten Suchgeräte, denn ihre empfindlichen Fühler hätten die wenigen Minuten ungemildertes Sonnenlicht nicht aushalten können, aber im Inneren gab es keine Spur von Leben. Langsam verteilten sie sich und begannen damit, das Wrack systematisch zu durchsuchen.

Es dauerte nicht lange, dann entdeckten sie den ersten Toten. Er lag halb unter Maschinenteilen begraben und trug einen roten Druckanzug. Es war ein Mensch, und obwohl ihre Anweisungen sie darauf vorbereitet hatten, breitete sich Unruhe unter den Moroni-Kriegern aus. Das Lastschiff konnte nur aus den Beständen der Schwarzen Festung stammen, und es in Menschenhand zu wissen war ein deutliches Zeichen dafür, wie der Krieg auf der Erde verlaufen war.