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»Wohin führt uns diese Bahn überhaupt?« fragte Skudder nach einer Weile.

»Direkt in die Zentrale, hoffe ich. Diese Röhren laufen wie die Speichen eines Rades in acht oder zehn Richtungen, aber sie sind verschieden lang.« Sie seufzte. »Wenn die erste Kabine in die falsche Richtung fährt, dann werden wir irgendwo draußen im Tagebau-Gebiet landen. Weiter draußen, wenn wir eine der Ost-Achsen erwischt haben.«

»Können Sie die Bezeichnung nicht klären?« fragte Harris und deutete auf die kryptische Bahnsteig-Beschriftung.

»Tut mir leid, nein.« Charity hob die Hand zu einer Geste der Hilflosigkeit. »Die Codierung ist nicht aus meiner Zeit. Ich habe die Mondbasis drei oder vier Jahre vor der Invasion das letzte Mal betreten.« Der Satz weckte Erinnerungen, auf die sie gerne verzichtet hätte. »Ist nicht gerade die schönste Zeit meines Lebens gewesen. Und dieses Geschmiere da sieht aus, als hätten sie es erst kurz vor Schluß angebracht.«

Skudder sah sie von der Seite an, und ein Gefühl der Wärme stieg in ihr auf, als sie es bemerkte. Sie lächelte ihm zu.

»Hier ist eine Karte«, sagte Dubois, die sich seit einigen Minuten am Fahrkarten-Terminal zu schaffen gemacht hatte. Sie hatte die Verkleidung aus ihren Halterungen gelöst und die Verkabelung freigelegt, und anscheinend hatte sie die Leitungen gefunden, die das Terminal mit dem Zentralcomputer verbunden hatten. Henderson stand daneben und reichte hin und wieder eines der elektronischen Werkzeuge an.

»Haben Sie das Terminal abkoppeln können?« fragte Charity überrascht.

»Ja.« Dubois tippte auf den Bildschirm, der inmitten des freiliegenden Kabelgewirrs hing. »Es funktioniert wieder.«

»Nur Fahrkarten können wir keine mehr kaufen«, murmelte Skudder.

»Witzbold«, versetzte Charity. »Das bedeutet, daß alle Systeme vom Zentralcomputer aus blockiert worden sind, ganz egal, ob Terminals, Schleusenkontrollen, Zugangstüren oder Sicherheitsschotts.«

»Unsere Freunde sind also in der Zentrale«, folgerte Harris.

»Oder sind zumindest dort gewesen«, stimmte Charity zu. »Ich frage mich, ob Stone den Moroni diese detaillierten Kenntnisse über die MacDonald-Systeme verschafft hat, in der guten alten Zeit, als er noch exklusiv für sie gearbeitet hat.« Sie registriert beiläufig den Blick, den sich Harris und Dubois zuwarfen.

»Achtung«, sagte Estevez in die Pause hinein.

»Was ist?«

Die Frau runzelte die Stirn. Ihre behandschuhten Finger stellten schwerfällig einen Regler nach. »Ich höre etwas«, sagte sie.

»Na endlich«, meinte Skudder erleichtert.

»Moment noch.« Sie hob die Hand, starrte durch die Glasscheibe, während sie einen anderen Drehknopf an der Kinnseite ihres Helms benutzte.

»Es kommt nicht aus der Röhre«, sagte sie dann.

Charity löste ihre Waffe aus der Befestigung hinter der rechten Schulter. Die anderen taten es ihr nach. Je zwei von ihnen blickten in verschiedene Zugangsflure zum Bahnsteig.

»Nichts«, sagte Harris von der einen Tür her. Charity stand neben Skudder und versuchte verzweifelt, ein klares Bild zu bekommen. Das Kabel hatte in der Schleusenkammer etwas abbekommen, und ihre Zielanzeige flackerte von Zeit zu Zeit. Sie konnte nur hoffen, daß der Wackelkontakt nicht gerade in den entscheidenden Sekunden auftrat.

»Ich sehe nichts«, sagte Skudder nach einer Weile. Er zögerte. Die Biegung war nur sechs Meter von ihnen entfernt, und sie konnten den nachfolgenden Abschnitt nicht einsehen.

»Was ist los?« fragte sie.

»Ich bin mir nicht sicher«, sagte er. »Ich werfe einen Blick um die Ecke. Gib mir Deckung.« Er warf ihr einen Blick zu und tippte mit dem Zeigefinger auf ihre lädierte Waffe.

»Aber paß auf, wohin du zielst.«

Er war schon losgegangen, bevor sie einen Einwand erheben konnte. Während er sich der Biegung näherte, schaltete sie versuchsweise ihre Mikrofonanlage um. Seine Schritte dröhnten in ihren Ohren, unterlegt von ihrem eigenen Herzschlag und Atem und dem sirrenden Geräusch von insgesamt fünf Tornisterpumpen, die auf dem Bahnsteig verteilt waren. Es war ihr rätselhaft, wie Estevez trotz aller Filter in diesem Wirrwarr etwas zu erkennen glaubte.

Skudder erreichte die Biegung. Er ging in die Hocke und nahm die Waffe eng an den Körper, bevor er regungslos verharrte. Sie fragte sich schon, worauf er wartete, als er plötzlich blitzartig nach vorn schnellte. Die Waffe im Anschlag, sah er in den Gang hinein. Sie erkannte noch, daß sich sein Körper etwas entspannte, dann ging alles sehr schnell.

Ein dicker Strahl einer weißlichen Flüssigkeit traf ihn und verklebte seinen Helm. Instinktiv hatte er die Waffe hochgerissen, aber sie entglitt seinen verklebten Fingern. Das Kabel zu seinem Helm spannte sich und riß mit einem hellen Glockenton. Die zähe Masse schäumte auf, sobald sie den Druckanzug berührte, und bildete dampfende Pfützen auf dem Boden.

»NEEEIHNNN«, schrie sie und rannte los. Ein dunkler, schwarzer Schatten glitt um die Biegung, und sie hatte einen flüchtigen Eindruck von schlängelnden, zupackenden Armen und einem dicken, wulstigen Körper. Skudder konnte sich losreißen und taumelte in ihre Richtung, wischte mit den Handschuhen hilflos über die geblendete Sichtscheibe seines Helms. Ein schwarzer Arm traf seine rechte Wade, und das Bein knickte unter ihm zusammen. Charity blieb stehen und brachte die Waffe in Anschlag. Ihre Zielanzeige flackerte kurz in allen Farben und weigerte sich dann, von ihrem Gegner Kenntnis zu nehmen. Mit einem erstickten Fluch löste sie eine Hochgeschwindigkeitssalve von kleinen Wuchtgeschossen aus. Die Projektile rissen große Flocken von Schaum aus der weißen, quellenden Masse, und sie sah noch, wie einer der tentakelartigen Arme einfach abgerissen wurde, dann schlug ihr ein dicker Strahl der weißlichen Flüssigkeit entgegen und riß sie einfach von den Beinen.

Das Zeug war glitschig wie Schmierseife. Sie versuchte mit panischer Hast, wieder auf die Beine zu kommen, und glitt wieder aus. Ihre Stiefel fanden keinen Halt. Sie verzichtete auf den vergeblichen Versuch, ihren Helm von der klebrigen Masse zu befreien, nachdem schon Skudder keinen Erfolg damit gehabt hatte, und versuchte, sich dorthin zu schieben, wo sie Skudder vermutete. Ihre Waffe hatte sie bei dem Sturz verloren, aber diesmal hatte das Kabel gehalten, und als sie wieder ausrutschte, hatte sie plötzlich wieder eine Zielanzeige. Im Infrarot war das widerliche Zeug in einem schönen Dunkelblau dargestellt, entsprechend einer erstaunlich niedrigen Temperatur, und drei rote Gestalten bewegten sich am Rand des Gesichtsfeldes. Sie erkannte eine gelbe Linie, die von einer der Gestalten über sie hinwegzuckte, und ihr verklebtes Mikrofon übertrug die Einschlaggeräusche von weiteren Geschossen. Sie fuhr mit der Hand zu der Buchse herunter und dann an dem Kabel entlang, und es gelang ihr, das Kolbenmagazin der Waffe zu packen. Hastig zog sie das Gewehr zu sich heran und drehte es in die andere Richtung. Skudder war als teils gelb, teils grüne Gestalt zu erkennen, und hinter ihm erhob sich ein grüner, erschreckender Umriß, der auf den ersten Blick an einen Kraken oder eine Spinne erinnerte, wie der Kopf einer riesigen Medusa, mit Schlangenarmen, die wild nach allen Seiten peitschten und sich in Skudders Beine verschlungen hatten.

Dann tanzten gelbe Lichter über den Medusenkopf, und weitere Arme fielen ab, verharrten reglos oder verkürzten sich plötzlich. Sie rappelte sich mühsam auf die Knie und hob die Waffe an. Der eigentliche Körper des Wesens war ein massiver Block, der halb in der schäumenden blauen Masse verborgen war. Bevor sie abdrücken konnte, peitschten zwei grüne Arme auf sie zu, und das geisterhafte Infrarotbild verschwand. Sie wurde nach vorn gerissen.

»Ich bin's«, rief sie noch, als der Stiefel sie schon an einer Stelle traf, wo es wirklich weh tat. Sie schnappte nach Luft, spürte, wie Skudder sie packte, und erwartete weitere Schläge, aber entweder hatte er begriffen, oder er hatte zu viele eigene Probleme, um sie weiter zu verprügeln. Dann schnürte ihr ein stählerner Arm den Hals ab, und sie hörte, wie der massive Nackenring ihres Helms knirschte. Instinktiv packte sie den glitschigen Arm mit beiden Händen und riß heftig daran. Der Ruck katapultierte sie auf das Wesen zu, und der mörderische Zug ließ nach, bevor der Helm zerbrechen konnte. Sie zog sich weiter, bis sie gegen den Block stieß. Eine schwere Explosion schüttelte sie durch, und irgend etwas, das flach, dünn und schwer war, fiel mit der Kante auf sie und ihren Gegner herab. Dubois, dachte sie wütend, und die Wut verlieh ihr neue Kräfte. Sie hielt sich am Ansatz des Arms fest, der mit einigen anderen zusammen auf sie einpeitschte, ignorierte die Schläge, die ihren Rückentornister trafen, und befreite mühsam ihre Handwaffe aus dem Gürtelholster. Ihre glitschigen Finger glitten dreimal vom Verschluß ab. Ein Stoß traf sie in der Nierengegend, und der neue Schmerz ließ sie aus vollem Halse schreien. Sie trat mit dem Stiefel nach dem Körper des Wesens, traf etwas, das deutlich metallisch widerhallte, und stieß mit der Mündung der Handwaffe in diese Richtung. Die Pistole verschoß Projektile und Laserpulse, und sie zog beide Auslöser durch, verschoß das gesamte Magazin und entleerte die Batterie innerhalb zweier Herzschläge eine Handbreit neben ihren Stiefel.